• Keine Ergebnisse gefunden

Begriffliche und technische Einordnung

Im Dokument Der Schutz vor unerwünschter Werbung (Seite 142-145)

Teil I Einleitung

A. Begriffliche und technische Einordnung

Definitionsgemäß handelt es sich bei Push-Mitteilungen oder Push-Nachrichten um ein Ver-fahren, bei dem elektronische Daten von einem Informationsanbieter auf das an das Internet angeschlossene Endgerät – hier dem Smartphone – des Nutzers „geschoben“ (deshalb „Push“-Nachricht) werden.635 In der Praxis sieht dies so aus, dass der Nutzer sich in einem App Store eine App herunterlädt und installiert. Daraufhin wird ihm nach dem ersten Öffnen die Frage gestellt, ob er Mitteilungen mittels Push-Verfahren zugesandt bekommen möchte. Hier besteht lediglich die pauschale Möglichkeit einer Einwilligung oder Ablehnung.636 Entscheidet sich der Nutzer für die Einwilligung, so erhält er ab diesem Zeitpunkt an durch die App die vom Unter-nehmen versandten Push-Nachrichten – unabhängig davon, ob dies Werbenachrichten sind oder Informationen, welche die Nutzung der App betreffen.

B. Rechtliche Beurteilung

I. Lauterkeitsrechtliche Zulässigkeit

Die rechtliche Einordnung ist sowohl in lauterkeits- als auch in persönlichkeitsrechtlicher Sicht problematisch. Lauterkeitsrechtlich könnten Push-Nachrichten eine stets unzumutbare Belästi-gung darstellen, wenn sie unter § 7 Abs. 2 Nr. 3 UWG fallen. Dies setzt voraus, dass diese

633 Schürmann/Günther, MMR 2015, 419 (419).

634 Vereinzelt zur Thematik Schürmann/Günther, MMR 2015, 419; Pohle, K&R, 2008, 711; Franck/Müller-Pelt-zer, K&R 2016, 718.

635 Lange, WRP 2002, 786 (788); Sieber/Klimek, K&R 1999, 305 (305); im Gegensatz zu Pull-Medien, bei de-nen der Nutzer sich die benötigten Daten selbst aus der Informationsquelle „zieht“.

636 Als Beispiel dient Apples Betriebssystem iOS.

elektronische Post darstellen. Gemäß der europäischen Richtlinie über die Verarbeitung perso-nenbezogener Daten und den Schutz der Privatsphäre in der elektronischen Kommunikation637 ist „elektronische Post jede über ein öffentliches Kommunikationsnetz verschickte Text-, Sprach-, Ton- oder Bildnachricht, die im Netz oder im Endgerät des Empfängers gespeichert werden kann, bis sie von diesem abgerufen wird.“

Push-Nachrichten sind multimedial, sie können Text-, Sprach- und Bildnachrichten beinhalten.

Verschickt werden sie grundsätzlich über das Internet, das unstreitig ein öffentliches Kommu-nikationsnetzwerk darstellt.638 Die Nachricht wird auch gespeichert im Sinnde der Richtlinie, wenn man berücksichtigt, dass die Speicherung nur so lange vorliegen muss, „bis sie von die-sem abgerufen wird“.639 Die Nachricht steht dem Empfänger so lange auf seinem Sperrbild-schirm oder in seiner Mitteilungszentrale auf dem Smartphone zur Verfügung, wie er dies wünscht. Zwar mag die hinter der Push-Nachricht liegende Information nicht mehr verfügbar sein, die Push-Nachricht selbst jedoch schon. Erst mit Öffnen und somit „Abruf“ der Nachricht verschwindet der Inhalt der Push-Mitteilung.640 Auch aus teleologischen Gründen sind keine zu hohen Anforderungen an die Abrufbarkeit zu stellen, da ansonsten der Schutzzweck der Richtlinie unterlaufen werden würde. Denn der europäische Gesetzgeber betont in Erwägungs-gründen 5, 6 und 7 der Richtlinie 2002/58/EG, dass die Richtlinie dazu diene, den Schutz der Privatsphäre gegenüber fortschrittlichen, digitalen Technologien zum Schutz der Bürger hoch-zuhalten. Demnach sind Push-Mitteilungen elektronische Post im Sinne des § 7 UWG. Das heißt, dass die Zustellung kommerzieller Botschaften mit Hilfe der Push-Technologie stets als unzumutbare Belästigung und somit als unzulässig anzusehen ist, solange nicht eine vorherige ausdrückliche Einwilligung des Adressaten vorliegt.

II. Deliktsrechtliche Zulässigkeit

Zu demselben Ergebnis gelangt man, wenn der Gang über das Persönlichkeitsrecht beschritten wird. Das Mobiltelefon gehört zur Privatsphäre.641 Der Eingriff durch kommerzielle

Push-637 Richtlinie 2002/58/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Juli 2002 über die Verarbeitung personenbezogener Daten und den Schutz der Privatsphäre in der elektronischen Kommunikation (Datenschutz-richtlinie für elektronische Kommunikation).

638 Vgl. Richtlinie 2002/21/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 7. März 2002 über einen ge-meinsamen Rechtsrahmen für elektronische Kommunikationsnetze und -dienste (Rahmenrichtlinie), Art. 2 d);

EUR-Lex, Datenschutz im Bereich der elektronischen Kommunikation, abrufbar unter: http://eur-lex.eu-ropa.eu/legal-content/DE/ALL/?uri=uriserv%3Al24120.

639 Vgl. die rechtliche Auseinandersetzung bei Schürmann/Günther, MMR 2015, 419 (420).

640 A. A. Schürmann/Günther, MMR 2015, 419 (420).

641 Vgl. bereits bei Telefonwerbung Teil III, Kapitel 7, § 2, B. I. 2. und Richtlinie 2002/58/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Juli 2002 über die Verarbeitung personenbezogener Daten und den Schutz der Privatsphäre in der elektronischen Kommunikation (Datenschutzrichtlinie für elektronische Kommunikation), Rn. 24.

Nachrichten stellt aufgrund der Lautstärke, des Vibrierens und der Nähe zum inneren Bereich des Nutzers eine besonders aufdringliche Werbeform dar. Die Push-Nachrichten können teil-weise den Bildschirm blockieren und können zudem weitere Ressourcen in Form von Band-breite und Datenvolumen in Anspruch nehmen.642 Das hierdurch entstehende Störpotential rechtfertigt das Erfordernis eines Opt-ins.

III. Einwilligungsvoraussetzungen

Es stellt sich jedoch die Frage, in welcher Form die Einwilligung rechtswirksam durch den Werbenden eingeholt werden kann. Sowohl auf Apples als auch auf Googles Betriebssystem wird man nach Installation der App nur gefragt, ob man sich mit dem Erhalt von Push-Mittei-lungen einverstanden erklärt. Die Nachfrage geht dabei nicht explizit auf Werbung ein, sondern lediglich pauschal auf den Dienst als solchen. Die Bordmittel der Betriebssysteme lassen jedoch weitere Einschränkungen der Mitteilungen zu. So lässt sich später feinjustieren, wie Push-Meldungen auf dem Telefon des Nutzers erscheinen dürfen.643 Die Justierung ermöglicht dabei aber keine inhaltliche Differenzierung, sondern nur eine Anpassung der Art und Weise wie Mitteilungen zugestellt werden.

Fraglich ist, ob die Beantwortung der pauschalen Frage nach dem Wunsch des Erhalts von Push-Mitteilungen den Anforderungen eines Opt-ins nach § 7 Abs. 2 Nr. 3 UWG genügt. Die der Norm zugrundeliegende Richtlinie 2002/58/EG führt zur Einwilligung aus644, dass diese

„in jeder geeigneten Weise gegeben werden [kann], wodurch der Wunsch des Nutzers in einer spezifischen Angabe zum Ausdruck kommt, die sachkundig und in freier Entscheidung erfolgt.“

Folglich genügen die derzeitigen Einwilligungsmöglichkeiten inhaltlich nicht den Anforderun-gen einer „spezifischen Angabe“, die auf „sachkundiAnforderun-gen“ ErwägunAnforderun-gen beruht.645 Der Nutzer wird nicht aufgeklärt, in welche Art von Push-Mitteilungen er einwilligt. Aufgrund der Stellung des Schutzes der Privatsphäre ist auch für ihn die Vermutung aufzustellen, dass die Nachrichten lediglich redaktionelle Inhalte beinhalten und ihm, wenn überhaupt, erst Werbung angezeigt

642 Schürmann/Günther, MMR 2015, 419 (421).

643 So können der Nachrichtenton und der Nachrichtenhinweis unterbunden oder modifiziert werden. Es kann eingestellt werden, ob der Push-Hinweis temporär erscheint, ob dieser im Verlauf angezeigt wird oder ob Töne oder andere visuelle Hinweise erlaubt sind.

644 Vgl. auch BGH, GRUR 2008, 1010 – Payback.

645 Vgl. Schürmann/Günther, MMR 2015, 419 (422).

wird, nachdem er das hinter der Push-Nachricht liegende Angebot aufgerufen hat.646 Es ist zu verlangen, dass die jeweiligen Verantwortlichen der Betriebssysteme Android und iOS soft-warebasierte Lösungen implementieren, die bereits im Vorfeld die Nutzer transparent über die Reichweite ihrer Einwilligung informieren.

§ 7 Weitere Formen der Direktwerbung

Zur Vollständigkeit ist abschließend auf ältere Formen der Direktwerbung einzugehen. Eine detaillierte Untersuchung kann hier jedoch unterbleiben, da die gemachten Ausführungen als Grundlage für die heutige Beurteilung von Telefon- und E-Mail-Werbung bereits oben darge-stellt wurden.

Im Dokument Der Schutz vor unerwünschter Werbung (Seite 142-145)