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Gesamtwirtschaftliche Effizienz (total economy point of view)

II. Die Clubtheorie - Grundlagen

II.3. Gesamtwirtschaftliche Effizienz (total economy point of view)

Diese wie viele weitere Verfeinerungen des Buchanan-Modells betreffen aller-dings nicht einen sehr bedeutenden Aspekt, der im Folgenden im Vordergrund stehen soll39: Die auf der Basis des „within-club point of view“ des Grundmo-dells entwickelten Erweiterungen garantieren die Effizienz nur für die Clubmit-glieder, nicht aber für die Gesamtwirtschaft und -gesellschaft. „Sollten Clubs aber eine Alternative für die staatliche Bereitstellung der betreffenden Güter dar-stellen, so wird man zumindest die Bedingungen für eine gesamtwirtschaftliche Effizienz angeben müssen“ (Apolte 1995, S. 613). Die Analyse des Buchanan-Grundmodells hat bereits erkennen lassen, dass sich die Gesamtbevölkerung ei-ner Volkswirtschaft nicht unbedingt vollständig in Clubs aufteilen lässt. Wenn jeder Club seine Clubgutmenge und seine Mitgliederanzahl optimiert, so kann es sein, dass manche Individuen von Clubs ausgeschlossen bleiben und somit nicht in den Genuss des Clubgutes kommen. Neben das bereits beschriebene Problem der Personenteilbarkeit innerhalb eines Clubs tritt somit zusätzlich das Clubteil-barkeitsproblem auf der Ebene der Gesamtbevölkerung auf. Artle/Averous (1973) und Ng (1973) haben erstmals darauf verwiesen, dass sowohl die jewei-lige Situation der Clubmitglieder als auch die jeweijewei-lige Situation der Nicht-Clubmitglieder betrachtet werden müssen, um gesamtwirtschaftliche Effizienz zu erreichen. „Such a representation is termed a total-economy viewpoint, since everyone’s well-being is included. In contrast, the within-club models present only the viewpoint of members; hence, either a representative member’s utility is maximized, as in the case of homogeneous clubs, or a social welfare function including only the members’ utility levels is maximized, as in the case of mixed clubs” (Cornes/Sandler 1999, S. 371).40 Gesamtwirtschaftliche Effizienz ist dann erreicht, wenn innerhalb einer Volkswirtschaft die Clubgrößen pareto-optimal sind. Ein Zustand wird als pareto-optimal bezeichnet, falls der Nutzen eines In-dividuums nicht gesteigert werden kann, ohne gleichzeitig den Nutzen wenigs-tens eines Individuums zu reduzieren (Woll 2000, S. 640). Ng (1973) wirft chanan (1965) vor, keine pareto-optimalen Bedingungen aufzustellen, da Bu-chanan in seiner Analyse die durchschnittlichen Nettonutzen je Clubmitglied maximiert.41 Von einem „total-economy point of view“ aus müssen jedoch die Gesamtnettonutzen der Volkswirtschaft insgesamt maximiert werden: „However, it can be seen clearly that the number of persons, s, maximizes the net benefit per person, but not necessarily the total net benefit. If we increase the number of persons by one, the net benefit per person will be decreased slightly, but the

39 Siehe insbesondere auch Kapitel II.5.

40 Clubs werden als „mixed clubs“ bezeichnet, wenn die Clubmitglieder heterogen sind.

Vgl. Kap. II.4.

41 Buchanan (1965, S. 2 – 6) wählt diesen Ansatz, da er von identischen Individuen aus-geht und nur ein repräsentatives Individuum betrachtet. Vgl. Kap.II.2.1.

crease in benefit to this new consumer may outweigh this aggregate decrease”

(Ng 1973, S. 294). Somit bedeutet eine Maximierung der durchschnittlichen Nettonutzen je Clubmitglied nicht unbedingt die gleichzeitige Optimierung des Gesamtnettonutzens.

Abb. 6: Der „total economy point of view“

Cornes/Sandler (1999, S. 371 – 372) machen dies am folgenden Beispiel in Tab.

1 deutlich: Ein einzelner Club in einer Welt mit sechs identischen Individuen realisiert einen Gesamtnettonutzen von 16 €, wenn er aus vier Mitgliedern be-steht und somit zwei unversorgt bleiben. Der Gesamtnettonutzen erhöht sich auf 18 €, wenn die Mitgliederzahl auf sechs erhöht wird. Die vier Clubmitglieder im

F E D J

S T

s* s2

s1

Xopt

sopt X*

X3

s1

s2

s* NN(X2)

s NN(X1)

NN(X*)

s X

II Aggregierte Nettonutzen I

NN(s1) NN(s*)

45°

X2

0

III IV

X1

NN(s2)

ersten Fall erreichen folglich einen durchschnittlichen Nettonutzen von 4 € pro Mitglied, während die sechs Mitglieder im zweiten Fall nur einen durchschnitt-lichen Nettonutzen von 3 € erhalten. Aus gesamtwirtschaftlicher Sicht sollte sich somit ein Club bestehend aus sechs Mitgliedern bilden. Aus der „within-club“-Perspektive wird sich aber ein Club mit nur vier Mitgliedern formieren. Die Sichtweise des „total economy point of view“ lässt sich auch mit Hilfe der Abb.

6 darstellen, deren Aufbau an die Abb. 2 des Buchanan-Grundmodells angelehnt ist.42 Es wird vorausgesetzt, dass jedes Clubmitglied das Clubgut voll in An-spruch nimmt. Die Ordinate in den Quadranten I und II zeigt den aggregierten Nettonutzen43, die Abszisse nach rechts die Clubgutmenge X und nach links die Clubmitgliederanzahl s. Die Nettonutzenkurve NN im I. Quadranten zeigt den aggregierten Nettonutzen bei jeweils gegebenem s und steigendem X. Der Ver-lauf der NN-Kurve sagt aus, dass mit steigendem X der Nettonutzen steigt, aber ab einem bestimmten Punkt aufgrund der steigenden Bereitstellungskosten auch wieder sinkt. Dort, wo die NN-Kurve ihr Maximum erreicht, liegt die optimale Menge von X. So ist beispielsweise X3 die optimale Menge für NN(s2). Der II.

Quadrant zeigt die NN-Kurve bei jeweils gegebenem X und hier steigendem s.

Der aggregierte Nettonutzen sinkt nach einem Maximum aufgrund des Conges-tion-Effekts, wenn X konstant gehalten wird. So ist beispielsweise s2 optimal für NN(X2). Analog zu Abb. 2 werden die optimalen Punkte im I. Quadranten durch die Xopt-Kurve und die optimalen Punkte im II. Quadranten durch die sopt-Kurve dargestellt. Das Gleichgewicht des „total economy point of view“ liegt im Schnittpunkt E dieser beiden Kurven. Entlang des Pfades X1TSJDF…E ist wie-derum die Interdependenz der beiden Variablen erkennbar.

In der Literatur hat es eine intensive Diskussion darüber gegeben, ob nun der „within-club point of view“ oder der „total economy point of view“ zu ei-nem Pareto-Optimum führt.44 Helpman/Hillman (1977) weisen jedoch darauf hin, dass Buchanan (1965) und Ng (1973) in ihren Arbeiten von unterschiedli-chen Problemstellungen ausgehen. Die „within-club“-Lösung ist der beste An-satz, wenn kein Clubteilbarkeitsproblem vorliegt.45 Dies ist dann der Fall, wenn die Gesamtbevölkerung einer Volkswirtschaft s ohne Rest in die optimalen Clubmitgliederzahlen s* der Clubs, die die durchschnittlichen Nettonutzen je Clubmitglied maximieren, aufgeteilt werden kann, so dass jedes Individuum mit

42 Die graphische Darstellung geht auf Ng (1973, S. 294 – 297) zurück. Sandler/Tschirhart (1980, S. 1494) fassen diese, wie in Abb. 6 gezeigt, in einer Graphik zusammen.

43 Der aggregierte Nettonutzen ergibt sich aus dem aggregierten Gesamtnutzen abzüglich der totalen Kosten (Ng 1973, S. 295).

44 Insbesondere Berglas (1976a, S. 117) behauptet, dass die Analyse von Ng (1973) inkor-rekt ist. Zur Diskussion siehe außerdem Helpman/Hillman (1976, 1977), Ng (1978) und Hillman/Swan (1979). Eine Zusammenfassung bietet Takekuma (1999, S. 29 – 30).

45 Das Clubteilbarkeitsproblem wird in der Literatur auch als Integer-Problem bezeichnet (Scotchmer/Wooders 1987, S. 162). Zum Integer-Problem und dessen Auswirkungen auf die gesamtwirtschaftliche Effizienz siehe insbesondere Kap. III.5.

einem Clubgut versorgt und niemand ausgeschlossen ist.46 Des Weiteren muss unterschieden werden, ob die Anzahl der Clubs in einer Volkswirtschaft variabel oder ob die Clubanzahl vorbestimmt bzw. festgelegt ist. Unter der Vorausset-zung, dass s ein Vielfaches von s* ist47, führt bei einer variablen Clubanzahl der

„within-club“-Ansatz zur besten Lösung. „The point of Ng’s exercise is valid if the number of clubs is fixed or if there is an integer problem. In either case there may be an excluded remainder and then the mutual-gain motives that underly the formation of a Buchanan club are not consistent with the attainment of effi-cient club membership. Berglas shows that the Buchanan solution is pareto-efficient if the number of clubs is variable and there is no integer problem”

(Helpman/Hillman 1977, S. 295). Zur Verdeutlichung soll nochmals das Cornes/Sandler-Beispiel betrachtet werden (Tab. 1). Im oben beschriebenen Fall ist nur ein Club betrachtet worden und somit der „total economy“-Ansatz vor-teilhafter gewesen. Geht man aber von einer Gesamtbevölkerung von zwölf identischen Individuen bei einer variablen Clubzahl aus, so werden sich nach dem „total economy point of view“ zwei Clubs mit je sechs und nach dem

„within-club point of view“ drei Clubs mit je vier Mitgliedern bilden. Die „total economy“-Lösung realisiert einen Gesamtnettonutzen von 36 € mit einem durchschnittlichen Nettonutzen von 3 € pro Mitglied. Die „within-club“-Lösung jedoch führt zu einem Gesamtnettonutzen von 48 € mit einem durchschnittlichen Nettonutzen von 4 € pro Clubmitlgied. Der „within-club“-Ansatz ist nun folg-lich vorzuziehen. Es bildet sich ein effizientes Gleichgewicht, das mit dem eines wettbewerblichen Angebots des Clubgutes durch Unternehmen auf dem freien Markt identisch ist. Die Clubgebühr und die Clubgröße sind effizient. Darüber hinaus werden die Bereitstellungskosten gedeckt (Glazer/Niskanen/Scotchmer 1997, S. 4 – 5). Zu diesem Ergebnis kommen auch Hillman/Swan (1983). Sie zeigen in ihrem Ansatz, der auf der Zahlungswilligkeit der Individuen für ein Clubgut beruht, dass der zu zahlende Clubbeitrag im Buchanan-Grundmodell unter den oben genannten Voraussetzungen zur Pareto-Effizienz führt.

Die Spieltheorie, ursprünglich durch von Neumann/Morgenstern (1944) entwickelt, liefert in diesem Zusammenhang viele Erkenntnisse, um die optima-le Anzahl von Clubs und deren Stabilität zu bestimmen.48 „The concept of the

46 Das Integer-Problem in der Clubtheorie lässt sich auf das Problem optimaler Betriebs-größen in einer bestimmten Branche übertragen. Teilt man den Branchenoutput, der sich im langfristigen Gleichgewicht ergibt, durch die effiziente Unternehmensgröße, so muss sich keineswegs eine ganzzahlige Unternehmenszahl für die Branche einstellen. Vgl.

Apolte (1995, S. 614), Arnold (1992, S. 262), Breuer (1998, S. 140) sowie Starrett (1988, S. 48).

47 Somit ist der Quotient s/ s*eine ganze Zahl. Vgl. Arnold (1992, S. 262).

48 Pauly (1967, 1970) wendet in seinen grundlegenden Arbeiten die Methodik der Spiel-theorie auf die Clubgüter-Problematik an. Viele Aspekte werden durch die SpielSpiel-theorie aber auch in den Hintergrund gedrängt. So werden bspw. die Bereitstellungsbedingun-gen des Clubgutes nicht weiter betrachtet. Zur Bedeutung der Spieltheorie siehe

Sand-core is used to examine the stability of the various partitions”

(Sandler/Tschirhart 1980, S. 1498). Ein „core“-Gleichgewicht ist dann gegeben, wenn kein Individuum seine Situation durch einen Wechsel der Clubmitglied-schaft mehr verbessern kann, weder durch Eintritt, Austritt oder eigene Club-gründung (Pauly 1967, S. 314 – 317). Somit herrscht Stabilität. Zu beachten ist, dass eine Aufteilung der Individuen in Clubs zwar im Pareto-Optimum, aber nicht unbedingt im Gleichgewicht liegen muss, während eine „core“-Situation auch pareto-optimal ist (Cornes/Sandler 1999, S. 417). Die Ergebnisse von Pauly (1967, 1970) fassen Sandler/Tschirhart (1980, S. 1500) in einem Zah-lenbeispiel zusammen.49 Unter der Annahme, dass kein Integer-Problem exis-tiert, verdeutlicht die Tab. 1 die Anreize für Individuen, überbesetzte Clubs zu verlassen und in unterbesetzte Clubs einzutreten. Es wird bspw. eine Gesamtbe-völkerung von acht identischen Individuen angenommen, in der sich zwei Clubs, einmal mit drei und einmal mit fünf Mitgliedern, formieren (Sandler/Tschirhart 1980, S. 1500). Wenn nun ein Mitglied aus dem Fünfer-Club in den Dreier-Club wechselt, so werden die durchschnittlichen Nettonutzen in beiden Clubs auf vier erhöht und sowohl eine „core“-Situation als auch ein Pareto-Optimum sind ge-funden (Sandler/Tschirhart 1997, S. 338 – 339).

Clubmitglieder-anzahl s

1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 ...

Gesamtnettonutzen 0,4 1,5 9 16 17,5 18 14 8 0 0 ...

Durchschnittliche Nettonutzen

0,4 0,75 3 4 3,5 3 2 1 0 0 ...

Tab. 1: Clubgröße und Nettonutzen

Die für den „within-club point of view“ notwendige Annahme einer variablen Anzahl von Clubs, die jeweils ein homogenes Clubgut anbieten, ist jedoch in vielen Fällen unrealistisch. Dies ist unmittelbar einleuchtend, wenn man die ein-zigartige Landschaft einer Küste oder eines Parks als Clubgut betrachtet

ler/Tschirhart (1980, S. 1498 – 1504) und Cornes/Sandler (1999, S. 415 – 434). Einen weiteren Überblick über die Literatur und Ansätze der Spieltheorie im Zusammenhang mit Clubs bieten Kurz (1997) und Scotchmer (2002).

49 Dieses Zahlenbeispiel hat in der Literatur häufig Verwendung gefunden. Siehe dazu Apolte (1995, S. 614), Cornes/Sandler (1999, S. 420) und Kapitel II.5.

(Berlgas/Helpman/Pines 1982, S. 346). Somit ist eher von einer fest vorgegebe-nen Anzahl von Clubs auszugehen, was als Konsequenz die Wahrscheinlichkeit eines Integer-Problems erhöht. Das bereits beschriebene Beispiel eines einzigen Clubs in einer Welt mit sechs Individuen zeigt, dass aufgrund des Integer-Problems kein „core“-Gleichgewicht entsteht.50 Wird der Gesamtnettonutzen maximiert, führt dies zu einem pareto-optimalen Club mit sechs Mitgliedern.

Durch die Maximierung der durchschnittlichen Nettonutzen entsteht aber ein Club von vier Mitgliedern, der nicht pareto-optimal ist, da zwei Individuen un-versorgt bleiben. Hebt man die Bedingung der gleichmäßigen Nutzungsintensität des Clubgutes zwischen den Individuen auf, so kann ein Außenstehender aufnommen werden, indem er bereit ist, einen höheren Clubbeitrag oder einen ge-ringeren Nutzen als ein aktuelles Clubmitglied zu akzeptieren. Wird dieses nun durch die Aufnahme des bisher Unversorgten vom Clubgut ausgeschlossen, so kann es sich selbst wiederum um eine Aufnahme in einem anderen Club bemü-hen (Sandler/Tschirhart 1980, S. 1501). Insgesamt bleibt festzuhalten: „For pareto optimality, an integer problem may require the club to go beyond the membership that will maximize the average benefit“ (Cornes/Sandler 1999, S.

426).51 Dies zeigen Cornes/Sandler (1999, S. 426 – 427) anhand der Abb. 7.

Abb. 7: Durchschnittliche und marginale Nettonutzen

50 Cornes/Sandler (1999, S. 421 – 422) verdeutlichen dies an einem weiteren Zahlenbei-spiel.

51 Diese Überlegung geht auf Ng (1973, S. 298) zurück.

*=6

=s s

*=4 s

ANB

MNB

s Durchschnittliche

Nettonutzen (ANB) Marginale

Netto-nutzen (MNB)

Die Anzahl der Clubmitglieder ist auf der Abszisse abgetragen, während die Or-dinate die durchschnittlichen Nettonutzen (ANB) und die marginalen Nettonut-zen (MNB) pro Mitglied misst. Bei einer Gesamtbevölkerung von sechs Indivi-duen bedeutet die Maximierung der ANB: s* = 4. Die Maximierung der Nettoge-samtnutzen führt zu s* = 6 und es gilt: MNB = 0. „Thus, the integer problem is shown to push the club beyond the membership size associated with maximizing ANB“ (Cornes/Sandler 1999, S. 426).

Aus der gesamtwirtschaftlichen Sichtweise wird die optimale Clubmitglie-deranzahl somit im Allgemeinen größer sein als aus der clubinternen (Munduch/Nitschke 1988, S. 320). Ein Pareto-Optimum aus der „within-club“-Perspektive lässt sich, wie bereits dargestellt, nur erreichen, wenn die Cluban-zahl variabel ist. Die Spieltheorie verdeutlicht zudem, dass alle möglichen alter-nativen Aufteilungen der Individuen in die Clubs untereinander verglichen wer-den müssen, um gleichzeitig ein Pareto-Optimum und eine „core“-Situation zu realisieren (Ellickson 1973).52 „When this is done and the core exists, maximiz-ing total and maximizmaximiz-ing average net benefits converge to the same result: a pareto-optimum solution in the core” (Sandler/Tschirhart 1980, S. 1504).