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Exkurs: Verwandte ökonomische Ansätze

Im Dokument Europa als ein Club voller Clubs W S W (Seite 109-127)

II. Die Clubtheorie - Grundlagen

II.6. Exkurs: Verwandte ökonomische Ansätze

Die ökonomische Theorie des Clubs zeigt, dass Clubgüter unabhängig vom Staat effizient bereitgestellt werden können. In ihrer Weiterentwicklung liefert der An-satz des Konzepts der FOCJ einen wichtigen Beitrag zur Beschreibung eines effizienten Integrationsraumes Europa. Das Modell von Zimmermann/Schemm-Gregory (2005) untersucht innerhalb einer solchen Welt voller Clubs mögliche Effizienzverluste bzw. –potentiale. Aufgrund dieser Aussagekraft der Clubtheo-rie gewinnt sie in der heutigen Zeit vor allem für die Entwicklungen innerhalb der Europäischen Union zunehmend an Relevanz. Dies gilt vor allem dann, wenn man sich die Vorstellung eines „Europa der Regionen“ vor Augen führt, welche in der Literatur eine wesentliche Rolle bei der Beschreibung des Integra-tionsraums Europa spielt. So spricht Drèze (1993, S. 266) von „’Regions of Europe’ within a ‚Europe of Nations’“.151 Ebenso wie das Konzept der FOCJ

151 „By the ‚Status of Region of Europe’ (SRE) I mean a legal, political, and administrative structure whereby a geographical area, currently part of the territory of a Member state of the European Community (EC), could henceforth belong to the Community directly, without being any longer part of a Member state. Residents of that region would, under appropriate conditions, be citizens of Europe, without deriving that quality from their

erkennt auch Drèze, dass die momentanen Ländergrenzen innerhalb der EU his-torisch gewachsen und durch Machtpolitik in der Vergangenheit entstanden sind.

Effizienzsteigerungen spielten bei der Gestaltung der Grenzen bisher keine Rolle: „The basic justification for the further investigation is simply, as already stated above, the provision of an enlarged choice set to those regions of Europe which seem to be ill-at-ease under prevailing arrangements. After all, national boundaries are outcomes of historical hazards which have survived the test of time; this is a weak case for rationality” (Drèze 1993, S. 268). Als Beispiele für sich herauskristallisierenden Regionen nennt Drèze bereits 1993 unter anderem die Situation Belgiens, welches gerade in jüngster Vergangenheit aufgrund sei-ner internen Kräfte und Bestrebungen wieder in den Fokus geraten ist.152 Auch Newhouse (1997, S. 67-68) erkennt diese Entwicklung: „Two parallel and re-lated processes have emerged. One is regionalism, the other globalization; in-stead of working through national capitals, European regions are linking them-selves directly to the global economy. […] Regionalism, whether within or across national borders, is Europe’s current and future dynamic”. Dabei stellt Newhouse (1997) deutlich heraus, dass Zusammengehörigkeitsgefühle und der Glaube, für sich mehr erreichen zu können als eine entfernte Bürokratie in Brüs-sel, die Kernkräfte für diese Entwicklungen darstellen. Der Gemeinsame Euro-päische Markt lässt die traditionellen Ländergrenzen an Bedeutung verlieren. Es kommt neben intensiveren Handelsbeziehungen zwischen den Regionen auch zu einem Aufleben ehemaliger kultureller Verbundenheiten, die zwischen bestimm-ten Gebiebestimm-ten viel stärker sein können als die Identifikation mit dem eigenen Na-tionalstaat. Weiterführend arbeitet Newhouse (1997, S. 69 ff.) in West-Europa

„super-regions“ heraus, die sich vor allem als ökonomische Einheiten darstellen und auch als solche angesprochen werden können.153 Dies Regionen entwickeln sich zu handelnden Akteuren nicht nur gegenüber anderen Wirtschaftssubjekten sondern für Newhouse (1997, S. 70) - vor dem Hintergrund der Globalisierung - auch für die gesamte (Welt-)Politik: „The regional movement, they feel, has been better accepted by EU institutions than national governments. The most important players of the future, they predict, will be the regions and the EU”.

Während die Clubtheorie ausgehend von der Fragestellung der effizienten Bereitstellung von Clubgütern ihre Bedeutung für den europäischen

citizenship of a Member state. Yet this status would be organized by and within the EC as it now exists, namely as a ‘Europe of Nations’” (Drèze 1993, S. 266).

152 Siehe “The Economist” vom 06.09.2007, wo die möglichen Vorteile einer Spaltung Belgiens beschrieben warden: „Time to call it a day – Sometimes it is right for a coun-try to recognise that its job is done“. Als weitere Beispiele nennt Drèze auch die Regio-nen Andorra und Korsika (vgl. Drèze 1993, S. 267 ff.).

153 Als Beispiele für Super-Regionen nennt Newhouse (1997, S. 69 ff.) einmal den Bereich Südost-England, Nord-Frankreich, die Beneluxstaaten, das Rheintal und die West-Schweiz. Die zweite Region erstreckt sich von Nordwest-Spanien entlang der Mittel-meerküste Frankreichs bis nach Nordost-Italien.

onsraum gewinnt, entwickeln Alesina/Spolaore (1997) ein weiteres theoretisches Modell, welches im Vergleich zur Clubtheorie andere ökonomische Kräfte und Beziehungen zugrunde legt, um die oben beschriebenen Tendenzen innerhalb der Europäischen Union zu beschreiben und zu begründen. Gemein ist beiden Theorieansätzen jedoch, dass jeweils ein Congestion-Effekt berücksichtigt wird, der entscheidenden Einfluss auf die Effizienz der betrachteten Gleichgewichts-bedingungen hat. So beschreiben Alesina/Spolaore (1997, 2003) das Sich-Herausbilden von einzelnen Ländern bzw. Nationalstaaten als das Ergebnis des Abwägens der Nutzen großer politischer Jurisdiktionen und der Kosten, die durch die Heterogenität großer Bevölkerungen entstehen. Parallel zur Clubtheo-rie entstehen innerhalb großer Jurisdiktionen Nutzengewinne in Form von sin-kenden Kopf-Kosten bei der Bereitstellung öffentlicher Güter, da die Pro-duktionskosten auf mehrere Personen verteilt werden können. Darüber hinaus argumentieren Alesina/Spolaore (1997, 2003) mit weiteren Nutzengewinnen, die mit der Größe eines Landes steigen: Erstens stellen sie die Prämisse auf, dass in einer Welt ohne vollständig freien Handel zwischen den Ländern die Produktivi-tät und die IntensiProduktivi-tät einer Volkswirtschaft eines Landes von der Größe des ei-genen Landes bzw. von der Größe des eiei-genen nationalen Marktes abhängen.

Dies bedeutet ebenfalls, dass das Pro-Kopf-Einkommen mit der Größe des je-weiligen Landes steigt. „In the opposite extreme of a complete open economy, the size of the country is irrelevant for economic activity because it does not de-termine the size of the market“ (Alesina/Spolaore 1997, S. 1040). Zweitens ist ein großes Land besser in der Lage, auf negative externe Schocks zu reagieren, die nur bestimmte Gegenden bzw. Bereiche betreffen. Während kleinere Staaten diese Schocks mit hohen Kosten bekämpfen müssen, können in einem größeren Land die nicht betroffenen Regionen entsprechend Unterstützungsleistungen erbringen und somit die Kosten gemeinsam getragen werden. Letztlich führt die Größe eines Landes auch zu mehr Macht und Einfluss und somit zu Nutzenstei-gerungen bei sicherheitspolitischen Aspekten. Vergleichbar zur Clubtheorie ent-stehen mit der Größe eines Landes jedoch auch Kosten durch Heterogenität:

„Beyond a certain point, the benefits of scale may be counterbalanced by con-gestion and coordination problems, but up to a point, economies of scale prevail.

However, taking advantage of the economies of scale in large countries may come at a ‘political cost’. A larger population is likely to be less homogeneous:

the average cultural or preference distance between individuals is likely to be positively correlated with the size of the country. In small, relatively homoge-nous countries, public choices are closer to the preferences of the average indi-vidual than in larger, more heterogeneous countries” (Alesina/Spolaore 1997, S.

1029).154 Große Länder sind dann gezwungen, Transferzahlungen zwischen den

154 Heterogenität spielt auch im Modell von Bolton/Roland (1997) die entscheidende Rolle zur Darstellung der Entstehungsgründe von neuen Nationalstaaten. Dennoch werden hier zwei Aspekte stärker betont, die gegen eine schnelle Aufspaltung von größeren

einzelnen Regionen des Staatsgebietes zu tätigen, um die Unterschiede in den Präferenzen, die umso deutlicher ausgeprägt sind, je größer die Bevölkerung ist, auszugleichen. Werden diese Transferzahlungen nicht getätigt oder können sie nicht politisch durchgesetzt werden, so kann es für die Regionen eines Staates, die sich besonders deutlich von den anderen unterscheiden, gewinnbringend sein, sich zu separieren.

Diese Annahmen führen in ihrer Analyse zu folgenden Schlussfolgerungen:

In einer Welt, in der die Grenzen der Länder und die Offenheit des internationa-len Handels hauptsächlich durch Machtpolitik bestimmt werden, ergeben sich für die einzelnen Staaten Anreize, groß zu sein bzw. zu werden. Je offener je-doch der Welthandel ist, um so mehr verlieren die nationalen Grenzen an Bedeu-tung. Die nationalen Volkswirtschaften und damit deren Nutzen- bzw. Wohl-standsproduktion sind nicht mehr an die eigenen nationalen Märkte gebunden.

So stellen Alesina/Wacziarg (1998, S. 307) ebenfalls fest: „This observation has two implications: as the world trade regime becomes more and more open, vari-ous ethnic groups and regions will find it feasible to break away from their original countries; more generally, countries will find it less costly to split. Con-versely, as the world becomes more and more populated by small countries, a liberal trade regime will find more and more supporters, precisely because small countries need trade to be economically viable. In other words, small countries face incentives to adopt open trade policies, precisely because they cannot bene-fit from access to larger markets unless they are open to trade. Thus, small coun-tries can be expected to be more open to trade”. Zusammenfassend bleibt festzu-stellen, dass sich umso mehr (kleinere) Jurisdiktionen herausbilden, je höher der Grad an ökonomischer Integration ist. Letztlich ist eine Welt mit vollkommenem Freihandel nach diesem Modell vergleichbar mit einer Welt voller Clubs im Sin-ne der Clubtheorie.

Für den Integrationsraum Europa und dessen Zukunft sind die hier aufge-zeigten Überlegungen von großer Bedeutung, da die aufgestellte Hypothese von ihrer Argumentationsstruktur her von „beiden Richtungen“ aufgestellt werden kann: „Higher economic integration implies smaller countries, and smaller countries will need more economic integration“ (Alesina/Spolaore 1997, S.

1042).155 Alesina/Spolaore/Wacziarg (2000) untermauern die Aussagekraft des

Ländern sprechen. Zum einen werden deutlich die Chancen der Dezentralisierung im Sinne des Dezentralisierungstheorems zur Steigerung der Präferenzsensibilität der Poli-tik aufgeführt. Zum anderen dienen Ausweichreaktionen wie Mobilität des Faktors Ar-beit und Mobilität des Kapitals als Ventile, um Differenzen entsprechend ausgleichen zu können In der Sichtweise von Bolton/Roland (1997) müssen die Präferenzunter-schiede innerhalb einer Bevölkerung somit schon „substantiell“ sein, bevor es zur end-gültigen Abspaltung eines Bevölkerungsteils kommt (Bolton/Roland 1997, S. 1084).

155 Alesina/Spolaore (1997, S. 1045 – 1046) stellen deutlich heraus, dass ihr Modell mehre-re Aspekte der mehre-realen Politik nicht berücksichtigt, wie z.B. Umverteilungsfragen, Ver-teidigungspolitik, supranationale Politik.

dargestellten ökonomischen Modells anhand empirischer Daten. Nach ihren Er-hebungen war der internationale Handel zwischen 1870 und 1920 durch zahlrei-che Barrieren und Zölle geprägt. So war in dieser Zeit die Anzahl der Länder auf der Welt nahezu konstant bzw. leicht abnehmend. „On the contrary, after the Second World War, trade restrictions were gradually reduced and the number of countries rapidly increased“ (Alesina/Spolaore/Wacziarg 2000, S. 1292). 1920 bestand die Welt aus 69 Ländern. 1950 waren es bereits 89 und für das Jahr 1995 zählen Alesina/Spolaore/Wacziarg (2000, S. 1292) insgesamt 192 Staaten. Da-von hatten 87 eine Bevölkerung Da-von unter 5 Millionen Menschen. 58 Staaten wiesen weniger als 2,5 Millionen und 35 Länder weniger als 500.000 Bürgerin-nen und Bürger auf. Auch stellen die Autoren den Zusammenhang zwischen ihr-er Theorie und den aktuellen Entwicklungen innihr-erhalb dihr-er EU nochmals hihr-eraus:

„Linguistic, ethnic, and cultural minorities feel that they are economically ‚via-ble’ in the context of a truly European common market, thus they can ‚safely’

separate from the home country“ (Alesina/Spolaore/Wacziarg 2000, S. 1293).

Neben diesem aufgezeigten Modell gibt es in der Literatur weitere theoreti-sche Ansätze, die sich mit dem Herausbilden von Ländern bzw. Regionen be-schäftigen. In einer älteren Arbeit stellt Friedmann (1977) die These auf, dass sich die Größe und Anzahl von Nationalstaaten als Folge des allen Nationen zu-grunde liegenden Gewinnmaximierungskalküls ergeben. Durch das Erheben von Steuern können die jeweiligen „Herrscher“ über ein Territorium ihre Einnahmen steigern. Dabei können Steuern auf Handel, auf Grundbesitz und auf den mobi-len Faktor Arbeit erhoben werden. Durch die freie Mobilität der Arbeitskräfte sind jedoch der Besteuerung Grenzen gesetzt – es sei denn der Staat verteuert oder verhindert die Mobilität seiner Arbeitskräfte. Eine Schließung der Grenzen führt jedoch auch zu Einnahmeverlusten bei den dadurch nicht mehr vorhande-nen Handelssteuern. Insgesamt entstehen nach Friedmann (1977) Staaten dann, wenn es gelingt, die Differenz zwischen Steuereinnahmen und den Kosten für die Steuererhebung zu maximieren.

Buchanan/Faith (1987) führen die Option des „internal exit“ ein, welche mit den Vorstellungen eines Europa der Regionen im Sinne von Drèze (1993) ver-gleichbar ist. Internal exit „[…] takes the form of secession by a coalition of people from an existing political unit along with the establishment of a new po-litical unit that will then provide public goods to those who defect from the original unit” (Buchanan/Faith 1987, S. 1023). Aus dieser ökonomischen Sicht-weise der Bereitstellung bestimmter öffentlicher Güter bzw. Clubgüter muss das Ausnutzen der internen Exit-Option eben nicht zwangsweise die vollständige Abspaltung einer Region von einem Nationalstaat bedeuten.156 Dennoch übt die-se (Handlungs-) Möglichkeit auf den Nationalstaat einen disziplinierenden

156 „More dramatic examples of secession are threats and declarations of independence from existing national governments“ (Buchanan/Faith 1987, S. 1023).

Druck auf, so dass den Belastungen, die beispielsweise eine Mehrheit in einem Land einer Minderheit aufbürden könnte, Grenzen gesetzt werden.157 Anderer-seits muss ebenso festgestellt werden, dass eben diese disziplinierende Wirkung dadurch gehemmt wird, dass das Umsetzen der internen Exit-Option mit erheb-lichen Kosten verbunden ist. Des Weiteren bleibt jeweils zu hinterfragen, ob ent-sprechende Abspaltungen legal bzw. verfassungsrechtlich möglich sind. Ebenso ist zweifelhaft, ob ein entsprechendes Handeln machtpolitisch umsetzbar ist.

Unabhängig von diesen Fragen der Realisierbarkeit ist die Idee des „Internal Exit“ stark verwandt mit den vor allem durch Drèze (1993) beschriebenen Be-strebungen einzelner Regionen innerhalb der EU. Bestimmte Clubgüter wollen diese selbst produzieren, ohne den Nationalstaat vollständig verlassen zu müs-sen. In einer starken Ausprägung des Nutzens dieser Exit-Option durch Wirt-schaftssubjekte lässt sich der Grundgedanke von Buchanan/Faith (1987) auch in dem Konzept der FOCJ wieder finden, die eine Welt voller Clubs darstellen. Die Bereitstellung von Clubgütern erfolgt in dieser Welt ausschließlich durch Juris-diktionen, die die Präferenzen der Individuen am besten bedienen. Die FOCJ stellen in dieser Vorstellung letztlich das „Endstadium“ dar, wenn alle dem eige-nen Vorteil dieeige-nenden intereige-nen – aber in einer Welt voller Clubs natürlich auch externen – Exit-Optionen genutzt worden sind.

Ohr (2003) beobachtet, dass sich in den letzten Jahren die Zeitabstände zwi-schen den Erweiterungs- und Vertiefungsaktivitäten der Europäizwi-schen Union immer mehr verkürzt haben. Insbesondere die Schritte Vollendung des Binnen-marktes, Einführung der gemeinsamen Währung und Aufnahme der Beitrittsver-handlungen mit mittel- bzw. osteuropäischen Reformstaaten lagen zeitlich sehr nah beieinander. Daher urteilt die Autorin (Ohr 2003, S. 119): „Vertiefung und Erweiterung scheinen mittlerweile Hand in Hand zu gehen; der ‚Club‘ wird im-mer größer und bietet mehr und mehr ‚Clubgüter‘ an.“ Des Weiteren stellt Ohr (2003) fest, dass die ursprüngliche Philosophie der EU, sich bei einer Beitritts-entscheidung entweder für eine Vollmitgliedschaft mit vollständiger Übernahme des „acquis communautaire“ oder für eine vollständige Nichtmitgliedschaft zu entscheiden, nicht mehr durchgesetzt wird. Wie die dargestellten Beispiele der EWWU und des Schengen-Abkommens zeigen, werden die Vertiefungsschritte der EU eben nicht mehr von allen Mitgliedern gemeinsam vollzogen. Um die Diskussionen über Vertiefungs- und Erweiterungsfragen bezüglich der Europäi-schen Union näher zu untersuchen, entwickelt Ohr (2003) aufbauend auf der Clubtheorie einen besonderen Modellrahmen. Während der Buchanan-Ansatz bei der clubtheoretischen Betrachtung der EU nur eine vorgegebene Integrati-onsform und –tiefe (z.B. EU-Mitgliedschaft mit vollständiger Übernahme des acquis communautaire) unterstellt und dafür die optimale Mitgliedschaftsgröße

157 So argumentieren Buchanan/Faith (1987), dass die interne Exit-Option wie eine Ober-grenze für die Besteuerung einer Minderheit durch eine regierende Mehrheit wirkt.

ermittelt, geht Ohr (2003) auf Grundlage ihrer empirischen Beobachtungen da-von aus, dass die Entwicklung da-von Grenznutzen und Grenzkosten stark da-von der Spezifizierung des Integrationsgutes und der Integrationstiefe abhängt. „So kann das Integrationsgut z.B. ‚Mitgliedschaft in der EU‘ oder ‚Mitgliedschaft in der Währungsunion‘ oder ‚Teilhabe am Binnenmarkt‘ heißen. Eine realwirtschaftli-che Integration kann z.B. die Form einer Zollunion annehmen oder auch die weitergehende Form eines Gemeinsamen Marktes, eine währungspolitische In-tegration kann die Form eines Gemeinschaftssystems fester Wechselkurse […]

annehmen oder die weitergehende Gestalt einer Währungsunion usw.“ (Ohr 2003, S. 127). So ist es das Ziel von Ohr (2003), den Zielkonflikt zwischen Ver-tiefung und Erweiterung durch eine simultane Optimierung (1) der Mitglieder-zahl des Integrations-Clubs und (2) der Angebotsmenge am Clubgut, welche durch den Grad an Integrationstiefe (im Hinblick auf das jeweils analysierte Clubgut) bestimmt ist, clubtheoretisch zu erfassen.158 Dazu werden im Gegen-satz zur traditionellen Clubtheorie Buchanans folgende Unterstellungen ge-macht: Erstens wird davon ausgegangen, dass bei den betrachteten Clubgütern (Binnenmarkt und Währungsunion) keine Rivalität im Konsum und damit auch kein Congestion-Effekt vorliegt. Nach Ohr (2003) lassen sich bei steigender Clubgröße vielmehr Economies of Scale realisieren. Es gilt somit, dass der Grenznutzen eines zusätzlichen Mitglieds immer positiv ist, während er im Bu-chanan Modell auch negativ werden kann.159 Zweitens wird angenommen, dass im Gegensatz zu den bisherigen clubtheoretischen Modellen die individuelle Kostenbelastung mit steigender Mitgliederzahl aufgrund der Heterogenität der Mitglieder zunimmt. Dies gilt vor allem aufgrund der bei größerer

158 Dazu führt Ohr (2003, S. 127) weiter aus: „Die Analyse gilt prinzipiell für verschieden Clubgüter: So könnte die Mitgliedschaft in der EU und die Übernahme des gesamten acquis communautaire – ganzheitlich – als ein Clubgut interpretiert werden. Die Höhe des Angebots an diesem Clubgut hängt dann davon ab, ob man in der Gemeinschaft ers-te eine Zollunion erreicht hat oder schon einen Gemeinsamen Markt oder auch schon eine Währungsintegration oder gar eine Wirtschafts- und Währungsunion. Ein Clubgut könnte aber auch (vor dem Hintergrund der Möglichkeit der flexiblen Integration) nur bestimme Politikbereiche, aber diese auch wieder mit verschiedenen Integrationsstufen, umfassen: So könnte es ein eigenständiges Clubgut „Währungsintegration“ mit eigener Clubabgrenzung geben. Die unterschiedlichen Angebotsmengen der Integrationstiefe wären z.B. ein gemeinsames System fester Wechselkurse mit weiten Bandbreiten oder ein System starrer Wechselkurse (bei jedoch noch vorhandener Existenz nationaler Währungen) oder aber eine Währungsunion mit Gemeinschaftswährung.“

159 Der Grenznutzen eines zusätzlichen Mitglieds bleibt im Ohr-Modell immer positiv, je-doch sinkt ab einer bestimmten Mitgliederanzahl der relative Nutzenzuwachs eines Clubbeitritts. Wenn ein Binnenmarkt oder eine Währungsunion eine sehr große Fläche bzw. eine große Anzahl von Mitgliedsländern bereits umfasst, ist der Nutzenzuwachs einer Aufnahme eines weiteren Mitglieds weniger spürbar und somit geringer. Dies gilt vor allem dann, wenn das neu aufgenommene Land klein ist. Das Ohr-Modell ist also bezüglich der Mitgliederzahl ein Modell abnehmender (positiver) Grenznutzen.

zahl anfallenden Transaktionskosten (Informations-, Organisations- und Ab-stimmungskosten), um das gemeinsame Clubgut für alle Clubmitglieder präfe-renznah bereitstellen zu können. Ohr (2003) bewertet, dass bezüglich der Club-güter Binnenmarkt und Währungsunion die Kosten der Erweiterung des jeweili-gen Clubs sogar überproportional steijeweili-gen. Dies wird insbesondere für den Fall angenommen, dass die neuen Mitglieder sich jeweils strukturell derart stark von den ursprünglichen Mitgliedern unterscheiden, dass die Varianz der gesamtwirt-schaftlichen Daten und damit der wirtschaftspolitischen Ziele und Notwendig-keiten immer größer wird. Hingegen wird bei den Buchanan-Modellen unter-stellt, dass die Kosten ausschließlich von der angebotenen Menge des Clubgutes abhängen und sich bei steigender Clubmitgliederzahl die Kosten pro Mitglied durch den Zuwachs reduzieren.

Insgesamt stellt sich das Ohr-Modell nun wie folgt dar (vgl. Ohr 2003, S.

128 – 132): Es gelten die Annahmen, dass alle Mitglieder eines Clubs identische Präferenzen haben, dass jeder Club zunächst nur ein einziges Clubgut bereitstel-le, dass alle das Clubgut in gleichem Maße konsumieren und dass keine

128 – 132): Es gelten die Annahmen, dass alle Mitglieder eines Clubs identische Präferenzen haben, dass jeder Club zunächst nur ein einziges Clubgut bereitstel-le, dass alle das Clubgut in gleichem Maße konsumieren und dass keine

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