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Clubs und Unsicherheit

II. Die Clubtheorie - Grundlagen

II.4. Weiterführende Ansätze in der Clubtheorie

II.4.6. Clubs und Unsicherheit

Die ökonomische Theorie geht in ihrer Analyse sehr oft von der Bedingung der

„vollständigen Information“ aus, die beinhaltet, dass sowohl alle Nachfrager als

78 Vgl. Kap. II.5.

auch alle Anbieter beide Marktseiten und deren Bedingungen im vollen Umfang kennen. Dies dient der klareren Darstellung der auf einem Markt herrschenden Kräfte und ihrer Wirkungsweisen. Auch in den bisher präsentieren clubtheoreti-schen Modellen war vollkommene Information gegeben. In der Realität sind die Präferenzen bzw. die Verhaltensweisen der Akteure der jeweiligen Marktseite nie vollständig bekannt. Dieser Umstand – in der Theorie allgemein als Unsi-cherheit benannt – ist auch in der Clubtheorie berücksichtigt worden.79 Insge-samt fassen Sandler/Sterbenz/Tschirhart (1985) folgende fünf Unsicherheitsfak-toren in Clubsituationen zusammen: Erstens kann für ein potentielles Clubmit-glied Unsicherheit darüber bestehen, ob er überhaupt in den Club aufgenommen werden kann. Dies ist vor allem dann der Fall, wenn die Clubmitgliedschafts-größe begrenzt ist bzw. der Zugang in den Club nur begrenzte Kapazitäten auf-weist. Zweitens besteht eine Unklarheit darin, dass sich ein Clubmitglied nicht sicher sein kann, auch alle Einrichtungen des Clubs bei jedem Besuch nutzen zu können. Dieses Risiko tritt ein, wenn gewisse Clubleistungen Kapazitätsgrenzen aufweisen. Drittens kann Unsicherheit über die Höhe der Club- bzw. Beitrittsge-bühr bestehen, und zwar gerade dann, wenn sie flexibel gestaltet ist. Viertens weiß ein einzelnes Clubmitglied oftmals nicht, wie hoch die Nutzungsrate des Clubgutes durch andere Clubmitglieder während der Zeit seiner Nutzung gerade ist. Die Höhe des Congestion-Effekts ist eben vor dem Clubeintritt bzw. vor dem Clubbesuch oftmals unklar. Fünftes besteht natürlich auch Unsicherheit auf der Clubgüterangebotsseite. Dies betrifft die Festlegung der Clubkapazität aber auch die Entscheidungen bezüglich der optimalen Investitionshöhen und deren Zeit-punkt. All diese Aspekte führen zu Unsicherheit auf Seiten der Clubgutanbieter und auf Seiten der Nachfrager. Unter Berücksichtigung dieser Arten von Unsi-cherheit verkompliziert sich die Darstellung einer Clubanalyse: Ein potentielles Clubmitglied erhofft sich nach wie vor durch den Eintritt in einen Club einen Nutzengewinn. Diesen erwarteten Nutzen zieht er aus der Analyse der ihm be-kannten Clubmitgliedschaftsgröße, der ihm bebe-kannten Höhe der Clubgebühren und der ihm bekannten Einrichtungen des Clubs. Für das Clubmitglied bedeutet eine hohe Clubmitgliederanzahl eine Senkung der Pro-Kopf-Kosten. Viele Clubmitglieder reduzieren aber ebenso die Wahrscheinlichkeit, dass das Club-mitglied jederzeit den Club besuchen bzw. jederzeit den Club nutzen kann. Der grundsätzliche Congestion-Effekt wird als durch die Unsicherheit über den Zeit-punkt der Nutzung verschärft. Ähnlich ergeht es der Anbieterseite. Legt sie eine feste Mitgliederanzahl fest, die gleichzeitig den Club besuchen darf, so müssen folgende Überlegungen beachtet werden: Eine hohe Zulassungszahl von Mit-gliedern, die das Clubgut gleichzeitig nutzen können, erhöht die Wahrschein-lichkeit, dass viele Clubmitglieder jederzeit den Club besuchen können. Gleich-zeitig entstehen natürlich Staueffekte, die diesen Nutzengewinn eventuell sogar

79 Vlg. u.a. Hillman/Swan (1979a, 1983) sowie De Vany/Saving (1977, 1980).

übersteigen. Ebenfalls steigt dann auch der Bedarf an weiteren Bereitstellungs- bzw. Wartungskosten. Dies wiederum führt zu höheren Clubgebühren, die wie-derum die Clubeintrittsentscheidung potentieller Mitglieder betreffen. Zusam-menfassend wird bereits nach dieser kurzen Analyse einsichtig, dass es Unsi-cherheit kaum ermöglicht, optimale Clubbedingungen herbeizuführen. Während in der Analyse bei vollkommener Information Veränderungen der Clubsituation eindeutige Konsequenzen hervorrufen, können bei der Analyse unter der An-nahme unvollständiger Information nur Wahrscheinlichkeiten benannt werden, da das Verhalten der einzelnen Wirtschaftssubjekte eben nicht vollkommen be-kannt ist und diese nur über eingeschränkte Informationen verfügen.80 Bei Be-rücksichtigung der Unsicherheit ist somit das theoretische Pareto-Optimum bei der Bereitstellung eines Clubgutes, in dem Individuen in den Club eintreten, bis die Nutzen ihres Clubeintritts genau der Höhe ihrer dadurch entstehenden Kos-ten entsprechen, nicht mehr erreichbar. In der Realität werden Individuen immer dann in einen Club eintreten, wenn sie davon ausgehen, dadurch einen Nutzen-gewinn zu erzielen. Dabei bleiben Irrtümer möglich: „Yet, one can imagine real-world situations where visitors are allowed admittance to the point where mem-bers are indifferent, to, or perhaps even worse off by, visiting. For example, con-sider the mass transit rider who hops on a bus or train to find standing room only: he may very well wish that he had waited for a later ride. Or consider a country club member who visits the swimming pool facilities only to find such an overwhelming crowd that he wishes he had stayed home”

(Sandler/Sterbenz/Tschirhart 1985, S. 472).

Die Auswirkungen von Unsicherheit hängen neben der Art der Unsicherheit zusätzlich von der Risikoeinstellung der jeweiligen Wirtschaftssubjekte ab.

Grundsätzlich lassen sich hier drei Gruppen unterscheiden: risikofreudige, risi-koneutrale und risikoaverse Wirtschaftsubjekte. Alle drei Gruppen zeigen je nach ihrer Einstellung unterschiedliche Verhaltensweisen und führen somit zu unterschiedlichen Auswirkungen auf die Clubgutmenge, zu unterschiedlichen Reaktionen auf den potentiellen Congestion-Effekt und damit auch zu unter-schiedlichen Mitgliederanzahlen und Clubgebühren. Letztlich spielt auch das Clubgut selbst eine entscheidende Rolle, wie sich das Verhalten der Individuen bei Unsicherheit auswirkt. Dies zeigen Sandler/Sterbenz/Tschirhart (1985, S.

475) an folgendem Beispiel. Sie gehen von risikoaversen Individuen aus, die ein Clubgut (hier: Schutz vor Feuer) nachfragen, welches ihren Wohlstand, ihren Reichtum und damit ihr Wohlbefinden sichert. Sie haben daher eine hohe Zah-lungsbereitschaft für eine gut ausgestattete Feuerwehr für ihren Wohnbezirk. Im

80 So ist es in der Regel nicht möglich, die Bedingungen bzw. den Congestion-Effekt in-nerhalb eines Clubs von „außen“ beurteilen zu können. Ebenso wird es kaum möglich sein, jederzeit eine Clubgebühr zu erheben, die genau den jeweils entstehenden Kosten des Clubbesuchs entspricht. Dies ist vor allem dann der Fall, wenn die Erhebung der Clubgebühr erst nach dem Clubeintritt erfolgt.

Rahmen der Nachfrage nach dem Clubgut „Feuerschutz“ beschreibt das Model drei mögliche Stufen, denen sich die Individuen ausgesetzt sehen bzw. die sie erfahren können: Stufe 1 besagt, dass eigene Haus kaum entflammbar ist und somit nicht abbrennen kann. Stufe 2 beschreibt die Situation, dass das eigene Haus zwar brennt, aber die Feuerwehr in der Lage ist, das Feuer zu löschen. In Stufe 3 kann das Feuer nicht gelöscht werden und das Haus wird vernichtet. Bei Risikoaversität ist es nun Wunsch jedes Individuums, Stufe 1 zu erreichen und zu erhalten. Es besteht daher unter den beschriebenen Voraussetzungen eine ho-he Zahlungsbereitschaft für allgemeine Feuerschutzmaßnahmen und eine große gut ausgestatte Feuerwehr, die möglicherweise mehrere Brände gleichzeitig be-kämpfen kann. Anders ausgedrückt: Die genannten Bedingungen führen zu gut ausgestatteten und großen Clubs, um die Qualität des Clubguts zu sichern und den Congestion-Effekt möglichst zu vermeiden. „A typical feature of expected utility models is that the individual transfers wealth from the desired state to the undesired state through some type of insurance mechanism. In our model, in-creased risk aversion leads the member to effect this transfer by two means.

First, he transfers wealth by choosing a larger facility, since the facility is paid for in every state. Second, by choosing a larger capacity he increases the prob-ability of falling into the second most desired state (fire extinguished) while de-creasing the probability of falling into the least desired state (fire not extin-guished)” (Sandler/Sterbenz/Tschirhart 1985, S. 475). Bei anderen Clubgütern, die weniger existenzbedrohend sind, etwa Schwimmbäder oder Golfvereine, entstehen jedoch bei risikoaversen Individuen völlig andere Interessen und somit andere Clubs. Die Berücksichtigung des Faktors Unsicherheit verdeutlicht auf diese Weise, dass eine umfassende Analyse einer Clubsituation nicht ausschließ-lich anhand einer Betrachtung der Clubgrößen erfolgen darf, sondern auch die jeweilige Situation der Clubmitglieder und deren Bedingungen bzw. Interessen eine entscheidende Rolle bei der Entwicklung eines Clubs spielen. In diesem Zusammenhang muss auch die nun folgende Betrachtung der Principal-Agent-Problematik innerhalb von Clubs eingeordnet werden.