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Die Daten, Ziel der Analyse und Vorgehen

5. Kompetenzentwicklung und berufliche Weiterbildung der stillen Reserve

5.1. Die Daten, Ziel der Analyse und Vorgehen

Zur Studie von Ludwig (2003)

Ludwigs (2003) Studie trägt den Titel „Konzeptentwicklung zur Integration der stil­

len Reserve in eine regionale arbeitsmarktpolitische Strategie“. Sie hat die Absicht

„das Potenzial derjenigen Frauen [zu] erfassen und [zu] beschreiben, die dem Ar­

beitsmarkt bereits kurzfristig zur Verfügung stehen können/wollen bzw. die ebenso kurzfristig bereit sind, zunächst eine Weiterbildungsmaßnahme anzutreten“ (aus dem Projektantrag; Dobischat & Roß 2000, S. 1 f.; zitiert in Ludwig 2003, S. 4). Als „stil­

le Reserve“ wird derjenige Teil der Arbeitskräfte bezeichnet, der nicht erwerbstätig ist und weder bei den Arbeitsämtern noch bei den Kassen gemeldet ist (vgl. Ludwig 2003, S. 1).

Das Projekt wurde unter der Leitung von Rolf Dobischat von der Universität Duis­

burg-Essen im Auftrag der Arbeitsmarktkonferenz Niederrhein durchgeführt und mit Mitteln aus dem Ziel-3-Programm der Europäischen Union und des Landes Nord­

rhein-Westfalen gefördert.

Neben einer Erläuterung der Arbeitsmarktlage und des Arbeitskräftebedarfs erfolgte eine Befragung von Frauen der stillen Reserve im Gebiet des Niederrheins in den Kreisen Kleve und Wesel (Ruhrgebiet, Nordrhein-Westfalen). Die familiäre und be­

rufliche Situation der Frauen, ihr Interesse an einem beruflichen Wiedereinstieg und ihr Qualifizierungswunsch wurden dabei mithilfe eines Fragebogens erfasst.

Der umfangreiche Fragebogen umfasst 86 Fragen zu folgenden Bereichen: biografi­

sche Daten (Wohnort, Alter, Familienstand, Lebenssituation, Migrationshintergrün­

de), Schulabschlüsse, Berufsausbildungen und Berufserfahrungen, Gründe und Dau­

er der Familienphase, Anzahl und Alter sowie Betreuungssituation der Kinder, Höhe und Art des Familieneinkommens, Erwerbswünsche (Gründe, Arbeitszeiten, bevor­

zugte Branchen und Tätigkeiten, Verdienst, Fahrzeiten, Bewerbungschancen, Unter­

stützung durch die Familie), Bereitschaft zur Qualifizierung (Inhalte, Umfang, Zei­

ten, Fahrzeiten, Kostenbeteiligung, Informationswege, Inanspruchnahme von Bera­

tungsstellen), ehrenamtliche Tätigkeiten, erworbene Kompetenzen aus der Familien­

arbeit, Ehrenamt und Hobby, Sprach- und Computerkenntnisse sowie Mobilität (Führerschein, benutzte Verkehrsmittel, Umzugsbereitschaft). Im Unterschied zu den bereits analysierten Datensätzen liegen hier also Daten vor, die die Situation der Frauen differenzierter beschreiben, z. B. ob sie bereits im erlernten Beruf Erfahrun­

gen sammeln konnten und ob sie bereit sind, beruflich wieder einzusteigen.

Die meisten Fragen wurden geschlossen gestellt, d. h. es wurde nach dem Alter ge­

fragt oder vorgegebene Antworten zum Ankreuzen geboten. Darüber hinaus wurden einige Fragen offen formuliert, z. B. bei der Frage nach den Berufswünschen und ge­

wünschten Kurszeiten. Der Fragebogen wurde einem Pre-Test mit 31 Frauen unter­

zogen und danach geringfügig überarbeitet. Im Anschluss wurde er in einer Auflage von 4.200 Stück gedruckt und im Frühling 2002 in den Kreisen Kleve und Wesel verteilt, u. a. in Kindergärten, Familien-Bildungsstätten, Frauengruppen. Die Aus­

wertung erfolgte anonym.

Ergänzend konnten die Teilnehmerinnen in einem „Datenbogen“ persönliche Anga­

ben zu ihren Wünschen bezogen auf Qualifizierung oder Arbeitsstelle machen, die in einer Datenbank aufgenommen wurden. 20 Teilnehmerinnen wurden für vertiefende qualitative Interviews ausgewählt (vgl. Ludwig 2003, S. 17 f.).

Mit einem Rücklauf von 10 Prozent konnten die Antworten von 423 Frauen und 2 Männern erfasst werden. Dabei 56 Frauen einen Fragebogen zurückgeschickt, die bereits beim Arbeitsamt gemeldet waren und die somit streng genommen nicht unter den Begriff der „stillen Reserve“ fallen.

Die Antworten zu den 86 Fragen wurden in rund 300 Variablen erfasst und mithilfe von SPSS ausgewertet. Auf der Grundlage der Daten wurden abschließend Empfeh­

lungen gegeben, die dazu beitragen sollen die stille Reserve in eine arbeitsmarktpoli­

tische Strategie zu integrieren (vgl. Ludwig 2003).

Ziel der Analyse

In Ludwig (2003) werden die Ergebnisse der Befragung vorgestellt, nur bei wenigen Fragen wurde hinsichtlich des Merkmals der Qualifikation ausgewertet (vgl. in die­

ser Arbeit, S. 63).

Ziel der folgenden explorativen statistischen Analyse ist es, die von Ludwig (2003) erhobenen Daten zu den Fragen zur Weiterbildung und Kompetenzentwicklung erst­

mals für hoch qualifizierte Mütter (n=50) gesondert auszuwerten und diese mit den Antworten der geringer qualifizierten Mütter (n=367) zu vergleichen.

Die Daten geben insbesondere Aufschluss über die Situation der Frauen und über be­

rufliche Weiterbildungsmaßnahmen (Teilnahme, Förderung und Information), allge­

meine Weiterbildungsmaßnahmen (Teilnahme und Themen), Weiterbildungs- und Beratungsangebote (Transparenz, Teilnahme, Orte, Nutzen und Zufriedenheit), Qua­

lifizierungsbereitschaft und -bedürfnisse sowie der Kompetenzentwicklung durch Fa­

milientätigkeit, Hobby und Ehrenamt.

Zum Vorgehen

Die Antworten zur Situation, zur Weiterbildung und zur Kompetenzentwicklung sol­

len danach untersucht werden, ob sie sich bei den Frauen mit Studium mit denen von Frauen ohne Studium bedeutsam unterscheiden.

Die Daten der 423 Teilnehmerinnen wurden mir als SPSS-Datensatz zur Verfügung gestellt, dieser ist die Grundlage für die getätigte Sekundäranalyse, die ebenfalls mit dem Statistikprogramm SPSS erfolgte. Das Scientific-Use-File ist die Grundlage für die getätigte Sekundäranalyse, die ebenfalls mit dem Statistikprogramm SPSS erfolg­

te. Zudem wurde das Kontrastgruppenanalyse-Programm Dtree (Borgelt o. J.) ver­

wendet.

Für die explorativ angelegte Analyse werden einfache deskriptive und auch multiva­

riate statistische Verfahren angewendet, das nähere Vorgehen wird im einzelnen be­

schrieben.

Da der Fragebogen nicht mit meiner Fragestellung entwickelt wurde und auch die Datenerfassung diese (natürlich) nicht berücksichtigte, ergeben sich Schwierigkeiten bei der Gruppenbildung, teilweise wurden auch Umcodierungen nötig, die hier kurz vorgestellt werden. Außerdem finden sich in diesem Abschnitt zum methodischen Vorgehen auch Hinweise zur Zulässigkeit der ausgewählten Auswertungsverfahren, Auswahl der Variablen, Aufbereitung der Daten sowie der Darstellung der Ergebnis­

se.

Nach einem kurzen Überblick über die Teilnehmerinnen der Befragung von Ludwig (2003) werden zunächst die Auswertung der Fragen zur Weiterbildung und Kompe­

tenzentwicklung vorgestellt. Dabei wird untersucht, ob und inwieweit sich die Grup­

pe der Frauen mit Studium (n=50) von derjenigen der geringer qualifizierten Frauen (n=367) unterscheidet.

Zur Gruppenbildung

Zunächst mussten die Datensätze der Mütter ausgewählt werden, dabei wurden alle Frauen einbezogen, die Kinder haben (Frage 16), auch wenn die Kinder bereits über 18 Jahre alt sind und/oder nicht im Haushalt leben (was jedoch bei nur sehr wenigen der Fall ist, Anteil jeweils unter 6 %). 6 Frauen wurden ausgeschlossen, weil sie kei­

ne Kinder haben34.

Schwieriger war die Auswahl der Frauen mit abgeschlossenem Studium. Bei der Be­

fragung von Ludwig (2003) wurde nicht konkret nach einem Abschluss an einer (Fach-) Hochschule gefragt35. Die entsprechende Codierung der angegebenen erlern­

ten Berufe bzw. die Feststellung, ob es dazu ein abgeschlossenes Studium benötigt, erfolgte unter Zuhilfenahme der Berufe-Datenbank des Arbeitsamtes (http://www.be­

rufenet.arbeitsamt.de, Stand Januar 2004)

Letztlich wurden zwei Gruppen: 50 Frauen lassen sich der Gruppe der Frauen mit Studium und 367 Frauen der Gruppe der geringer qualifizierten Frauen zuordnen.

Betont wird dabei, dass „geringer qualifiziert“ nicht mit „gering qualifiziert“ zu ver­

wechseln ist, auch wenn dies wiederum auf einen Teil zutrifft.

Auswahl der Variablen

Ziel dieser Untersuchung der Bedeutung familiärer und beruflicher Daten, die in dem umfangreichen Fragebogen erfasst wurden, ist eine gezielte Kondensierung der Aus­

gangsdaten in die wesentlichen Indikatoren. Daher erfolgte eine Auswahl der Varia­

blen zur familiären und beruflichen Situation. Diese erfolgte aus inhaltlichen Ge­

sichtspunkten, da einige Aspekte keine wesentliche inhaltliche Relevanz (z. B. Fra­

ge nach den überwiegend genutzten Verkehrsmitteln, Frage 84) oder auch empiri­

sche Relevanz haben (Einschätzung der Deutschkenntnisse bei Frauen aus anderen Herkunftsländern, Frage 7036) und aus Gründen der Übersichtlichkeit nicht einge­

hend bearbeitet werden.

Für die Fragen zur Kinderbetreuung durch andere Personen und Institutionen gilt, dass hier die Antworten nicht gut verwertbar sind, da rund die Hälfte der Frauen mit

„nein“ antworteten (obwohl Kindergarten und Schule zur Auswahl standen, vgl. Fra­

ge 22): „Würden wir den Angaben der Befragten an diesem Punkt Glauben schen­

ken, würde nur ein Drittel der Kinder von 7-18 zu Schule gehen!“ (Ludwig 2003, S. 61).

Aufbereitung der Daten

Um geeignete Berechnungen durchzuführen, war ein Aufbereitung der Daten not­

wendig. Bei einer großen Anzahl von Fragen und Variablen, wie dem Alter der Kin­

der oder dem Familieneinkommen, wurden so Recodierungen durchgeführt.

Ludwig (2003) erfasste bei Fragen mit Mehrfachantworten nicht die einzelnen Antwortvorgaben als Variablen, sondern nach dem Schema „erste Wahl“, „zweite Wahl“ usw.. Dies erschwerte die Auswertung über Häufigkeitsanalysen hinaus deutlich (vgl. z. B. Frage 62). Bei den Fragen 40, 46, 48 und 50 wurden daher die SPSS-Datensätze neu codiert.

35 Die Qualifikationsbezeichnungen wurden zum Teil erfasst (f6b, f7b) und unter der Variablenbe­

zeichnung f6bb Berufsfeldern zugeordnet, beispielsweise „kauffrauliche Berufe, Verwaltung, Büro“

oder „ärztliche Assistenzberufe“, allerdings wurde dabei nicht eine Zuordnung nach höchstem be­

ruflichem Abschluss vorgenommen.

36 Leider wurde diese Frage nicht allen gestellt.

Bei Frage 18 nach dem Alter der Kinder war nur das Alter des ältesten Kindes in einer Variable erfasst, wegen der unterschiedlichen Anzahl von Kindern konnte das Alter des jüngsten Kindes nicht ohne weiteres berechnet werden, hierzu wurde eine eigene Variable hinzugefügt.

Darüber hinaus gab es Fragen (z. B. Frage 49), bei der die ursprüngliche Codie­

rung, obwohl möglich, nicht ordinal war. Auch hier wurden die Werte entspre­

chend geändert.

Im Falle von Frage 48 wurde die Codierungen durch Zeitangaben (Unterrichtsta­

ge) ersetzt, um u. a. Mittelwerte berechnen zu können.

Zudem wurden neue Variablen eingeführt, z. B. bei Frage 4 nach der Lebenssitua­

tion eine Variable „mit Partner lebend“.

Diese Anpassungen erfolgte unter pragmatischen Gesichtspunkten des geringsten Aufwandes und inhaltlich in der Weise, dass alle wichtigen Variablen ermittelt wer­

den konnte, auch um die Ergebnisse mit den anderen Analysen und anderen Studien vergleichen zu können37.

Statistische Verfahren

Auch die folgende Auswertung ist eine quantitative Sekundäranalyse, für die ein Hy­

pothesen prüfender, inferenzstatistischer Zugang ausgeschlossen ist; die Ergebnisse also explorativen Charakter haben (vgl. S. 106).

Ein großer Teil der Analyse wird durch einfache deskriptive Verfahren bestritten:

Mithilfe der Berechnung von Häufigkeiten, Mittelwerten, Standardabweichungen und Rangfolgen wird versucht, einen Überblick über die Daten zu gewinnen. Die Antworten werden danach untersucht, ob sich Frauen mit Studium von Frauen ohne Studium unterscheiden. Dazu wird auch das Verfahren der Kontrastgruppenanalyse eingesetzt (S. 107).

Wie bereits bei der Analyse der Daten von Barz & Tippelt (2004), wurde das um den Designfaktor

2 vergrößerte Vertrauensintervall, berechnet und angewendet (auf 5-Prozent-Niveau, s. S. 255): Für den Vergleich der Frauen in der Familienphase mit Studium sind demzufolge alle Differenzen ab einem Wert von 20 Prozentpunkten als statistisch deutlich zu bezeichnen (Fehlertoleranz bei p=0,5 ist ±19,6, siehe Tabelle 35 im Anhang, S. 255). Wenn für andere Vergleiche und Verfahren Signifikanzen berechnet wurden, sind diese nach obigen Gesichtspunkten zu bewerten.

Darstellung der Ergebnisse

Die Zusammenstellung der nun folgenden Ergebnisse orientiert sich nicht an der Rei­

henfolge im Fragebogen oder in der Studie von Ludwig (2003), sondern ist thema­

tisch strukturiert.

37 Von den ursprünglichen Variablen der Studie von Ludwig (2003) wurden z. T. in veränderter Form verwendet: f2, f5, f6, f8, f8c, f9, f9AJ, f10, f11, f11j, f12, f13, f14, f15, f15d, f17, f18, f19, f20, f23, f24, f26, f27, f29, f29a, f29b, f31, f33, f34, f35, f42, f43, f44, f69, f70, f78k, f79k, f80, f81, f85, f86.

Hinzu kommen die eigens eingeführte Variablen zu Frage 4 (lebt mit Partner); zu Frage 4 (verheira­

tet); Frage 9 (im erlernten Beruf); Frage 12 (wurden gute oder schlechte Erfahrungen mit der Ver­

einbarkeit gemacht); Frage 18 (Alter des jüngsten Kindes); bei den Fragen 40 und 46 (alle Antwort­

Um eine einheitliche, ansprechende, korrekte Darstellung zu gewährleisten, wurde folgendes Verfahren gewählt: In den Tabellen, in der die Antworten auf einzelne Fragen in Form von Häufigkeitsanalysen oder anderen deskriptiver Verfahren vorge­

stellt wurden, wurde nicht die Frage im Wortlaut wiedergegeben sondern eine präg­

nantere und kürzere Formulierung gewählt. Die Reihenfolge eventueller Antwortvor­

gaben wurde jedoch in der Regel beibehalten. Bei der Beschreibung der Ergebnisse halte ich mit eng am Wortlaut der Fragestellung (im Fragebogen), der in Einzelfällen diskussionswürdig erscheint (vgl. Abschnitt 5.7, S. 180).