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Empirie

6.3 Ergebnisse

6.3.2 Forschungsfrage 1: Behalten & Verstehen

unter-schieden sich die Teilnehmer dieser Gruppen trotz der randomisierten Zuweisung, wie Tabelle 6.2 zeigt, die Zellenmittelwerte und Standardabweichung der berücksichtigten Ko-variaten enthält.

Tabelle 6.2:Mittelwerte und Standardabweichung der Kontrollvariablen pro Versuchsbedingung Versuchsbedingungen

Text vor Bild Text vor Bild Bild vor Text Bild vor Text Merkmal

kongruent komplemntär kongruent komplementät X¯=6.76 X¯ =6.43 X¯ =5.71 X¯ =5.81 Vorwissen

sX¯ =2.16 sX¯ =2.20 sX¯=1.95 sX¯ =2.80

Motivation X¯=3.16 X¯ =3.18 X¯ =2.76 X¯ =3.01 FAM sX¯ =0.82 sX¯ =0.70 sX¯=0.90 sX¯ =0.68

Lernstil X¯=6.24 X¯ =6.19 X¯ =7.10 X¯ =6.95 Verbalizer sX¯ =1.76 sX¯ =2.32 sX¯=2.05 sX¯ =1.94

Lernstil X¯=7.76 X¯ =8.47 X¯ =7.19 X¯ =7.62 Visualizer sX¯ =2.07 sX¯ =1.69 sX¯=2.44 sX¯ =2.56

Anm.:X¯ =Mittelwert;sX¯ =Standardabweichung, in jeder Zelle des 2x2 Ver-suchsplans befanden sich n=21 Personen

Das betrifft vor allem dasVorwissen, aber auch dieMotivation. Demnach verfügten die Personen in den Text-vor-Bild-Gruppen nicht nur über mehr domänenspezifische Kennt-nisse, sondern waren gleichzeitig auch motivierter. Es erschien also durchaus angebracht zu sein, diese Unterschiede regressionstechnisch zu bereinigen, um einer Verzerrung der Ergebnisse entgegen zu wirken. Ob auch die Kontrolle des Lernstils die Teststärke erhö-hen würde, war nicht ganz so sicher, da nur ein schwacher Zusammenhang des Merkmals mit den abhängigen Variablen vermutet werden konnte. Allerdings zeigt Tabelle 6.2, dass durchaus Unterschiede hinsichtlich der Verarbeitungspräferenz bestanden. Während in den Text-vor-Bild-Gruppen tendenziell mehr Viszualizer zu finden waren, bevorzugten die Teilnehmer in den Bild-vor-Text-Gruppen eher verbales Material für den Wissenserwerb.

Die Zusammenhänge waren zwar schwach, doch da sich die Anzahl der Kovariaten im Rahmen hielt, sollte auch der Lernstil statistisch kontrolliert werden . Allerdings wurde aus der Visualizer- und Verbalizerskala ein Wert gebildet (vgl. Kirby et al., 1988), womit sich die Reduzierung der Freiheitsgrade in Grenzen hielt.

Verständnis-leistung und 2 die BehaltensVerständnis-leistung messen sollten. Inwieweit die einzelnen Skalen alle Voraussetzungen erfüllten, um im Rahmen von varianzanalytischen Verfahren verwendet werden zu können, zeigt Tabelle 6.3

Tabelle 6.3:Kolmogorow-Smirnow- und Levene-Tests für die Skalen des Lerntests

Irrtumswahr-Skala Verfahren Prüfgröße Freiheitsgrade

scheinlichkeit Levene−Test F=0.02 d f1=3; d f2=80 p=.996 Wiedererkennen

KSTest ZK−S=1.33 p=.056

Levene−Test F=0.52 d f1=3; d f2=80 p=.668 f reies Erinnern

KSTest ZK−S=1.20 p=.112

Levene−Test F=1.69 d f1=3; d f2=80 p=.176 In f erenz MC

KSTest ZK−S=1.142 p=.148

Levene−Test F=0.21 d f1=3; d f2=80 p=.889 In f erenz o f f en

KSTest ZK−S=2.05 p< .001∗∗

Levene−Test F=0.75 d f1=3; d f2=80 p=.527 Gesamtscore

KSTest ZK−S=0.73 p=.659

Anm.: K-S-Test = Kolmogorow-Smirnow-Anpassungstest; signifikante Abweichungen bzw. Unterschiede werden durch ein Sternchen (* < .05) bzw. durch zwei Sternchen (**

< .01) hervorgehoben

Wie unschwer zu erkennen ist, konnten die Zellenpopulationen als varianzhomogen angesehen werden, da für keine der Skalen die Prüfstatistik des Levene-Tests einen kriti-schen Wert erreichte. Anders verhielt es sich mit der Normalverteilungsannahme, die für die Skalaoffene Inferenzfragen nicht zu halten war. Im Zusammenhang mit der Testung potentieller Kovariaten wurde jedoch bereits darauf hingewiesen (Seite 6.3.1), dass sich varianzanalytische Verfahren gegenüber einer Verletzung der Normalverteilungsannah-me als relativ robust erwiesen haben. Demnach war nicht damit zu rechnen, dass die Be-rechnung einer 2X2 MANCOVA mit den KontrollvariablenVorwissen,Motivationund dem Verbalizer-Visualizer-Score und den FaktorenReihenfolgeundInformationsverhältniszu Problemen führen sollte. Dies galt umso mehr, da auch der Box-Test keine signifikantes Ergebnis ergab (MBox=30.00,F =.909,d f1=30,d f2=17596.18, p=.609), so dass die Teststatistiken ohne allzu große Bedenken interpretiert werden konnten.

Bei den Ergebnissen der Analyse fiel zunächst auf, dass alle drei Kovariaten signifikant wurden. Demnach trugen das Vorwissen (V =.161, F(4;74)=3.561, p=.010, η¯2=.161), dieMotivation(V=.153,F(4;74)=3.350, p=.014,η¯2=.153) und selbst die Verarbeitungs-präferenz(V=.201,F(4;74)=4.649, p=.002,η¯2=.201) dazu bei, die Fehlervarianzen der vier abhängigen Variablen bedeutsam zu reduzieren. Womöglich ist es auf diese Berei-nigungzurückzuführen, dass neben demInformationsverhältnis(V =.287,F(4;74)=7.455, p < .001, η¯2 =.287) auch der Faktor Reihenfolge (V =.146, F(4;74)=3.153, p =.019, η¯2=.146) signifikant wurde. Die Interaktion (V =.003,F(4;74)=0.049, p=.995,η¯2=.003) zwischen den beiden Faktoren erwies sich dagegen als unbedeutsam. Das Ergebnis

die-ser Analyse zeigte zwar recht klar, dass Unterschiede zwischen den Experimentalgrup-pen vorhanden waren, doch welche Richtung diese hatten, ließ sich erst anhand der Zellenmittelwerte bestimmen, die Tabelle 6.4 enthält.

Tabelle 6.4:Adjustierte Mittelwerte und deren Standardfehler für die Skalen des Lerntests Versuchsbedingungen

Text vor Bild Text vor Bild Bild vor Text Bild vor Text Lerntestskala

kongruent komplementär kongruent komplementär

M=7.10 M=6.02 M=7.56 M=6.18

Wiedererkennen

SE=0.36 SE=0.36 SE=0.37 SE=0.36

M=5.21 M=3.48 M=6.11 M=4.24

f reies Erinnern

SE=0.39 SE=0.39 SE=0.40 SE=0.39

M=4.83 M=3.45 M=5.79 M=4.46

In f erenz MC

SE=0.36 SE=0.36 SE=0.36 SE=0.36

M=0.96 M=0.93 M=1.58 M=1.48

In f erenz MC

SE=0.21 SE=0.21 SE=0.21 SE=0.20

Anm.:M=Mittelwert;SE=Standardfehler des Mittelwerts, adjustiert nach den Ko-variaten Vorwissen, Motivation und Verarbeitungspräferenz

Wie zu erkennen ist, war es durchweg vorteilhafter, wenn die Versuchsteilnehmer beim Wissenserwerb kongruente Lehrmaterialien nutzen konnten und/oder das Bild vor dem Text präsentiert wurde. Dieser Zusammenhang betraf jedoch nicht alle Skalen gleicher-maßen. Während die Mittelwerte der Skalenfreies Erinnernund Inferenzen MC mit den Haupteffekten der MANCOVA ohne Probleme zu vereinbaren waren, ließen die Ergeb-nisse der MC-Gedächtnisaufgaben bzw. den offenen Inferenzitems eine solch einfache Deutung nicht zu. Eine univariate Analyse ergab im Fall der SkalaWiedererkenneneinen signifikanten Haupteffekt für den FaktorInformationsverhältnis(F(1;77)=11.631, p< .001, η¯2=.131), doch blieb der Einfluss der Reihenfolge (F(1;77)=0.704, p=.404, η¯2=.009) ohne Bedeutung. Die ANCOVA für die offenen Inferenzitems hatte das gegenteilige Re-sultat zur Folge. Hier wurde der Faktor Reihenfolge (F(1;77)=7.774, p=.007,η¯2=.092) signifikant, während die Mittelwertsunterschiede zwischen den Gruppen mit komplemen-tären und kongruenten Lernmaterialien (F(1;77)=0.088,p=.768,η¯2=.001) den kritischen F-Wert deutlich verfehlt hatten.

Die Rangreihe der Zellenmittelwerte war jedoch mit nur einer Ausnahme für die ab-hängigen Variablen immer die gleiche. Das durchgehend beste Ergebnis erzielte die Bild-vor-Text-Gruppe der kongruenten Versuchsbedingung, während die Teilnehmer, die zum Wissenserwerb das komplementäre Material nutzen mussten und den Text vor dem Bild lasen, auf allen vier Skalen am schlechtesten abschnitten. In drei von vier Fällen erreichte die Text-vor-Bild-Gruppe mit den kongruenten Lernmaterialien das zweitbeste Ergebnis, während die komplemntäre Bild-vor-Text-Bedingung hinsichtlich der Leistungsvariablen in der Regel auf dem dritten Rang landete. Die einzige Ausnahme betraf die Skala Infe-renz offen, da hier beide Bild-vor-Textgruppen deutlich mehr Items lösen konnten, als die

anderen beiden Bedingungen.

Um letztlich aber zu entscheiden, welche der drei Hypothesen der ersten Forschungs-frage am besten mit diesen Ergebnissen übereinstimmte, war es notwendig, eine kleine Vereinfachung vorzunehmen. Da die MANCOVA eindeutig zwei signifikante Haupteffekte ergeben hatte und deren Richtung aufgrund der Rangreihe der adjustierten Mittelwerte ziemlich sicher bestimmt werden konnte, wurde über alle vier Skalen der Gesamtscore berechnet. Das Ergebnis dieser Datenaggregation zeigt Abbildung 6.2.

Abbildung 6.2:Mittlere adjustierte Gesamtleistung im Wissentest

In dem Diagramm ist gut zu erkennen, dass sowohl die Reihenfolge als auch das In-formationsverhältnis zwischen Text und Bild den Lernerfolg beeinflusst hatten. So ver-anschaulicht die Steigung der beiden Linien, dass derpicture-text-sequencing-Effekt tat-sächlich nachgewiesen werden konnte. Versuchsteilnehmer, die zuerst das Bild für den Wissenserwerb nutzten, erzielten demnach einen höheren Gesamtscore, als Studieren-de, die zuerst den Text gelesen hatten. Zudem deutet der Abstand zwischen den Lini-en darauf hin, dass ein kongruLini-entes Informationsverhältnis zwischLini-en dem visuellLini-en und verbalen Format sich durchgehend als vorteilhaft erwies. Gleichzeitig ist der parallele Verlauf ein deutliches Zeichen dafür, dass die beiden Faktoren nicht miteinander intera-gieren. Dieses Ergebnis entspricht genau den Vorhersagen, die anhand des Modells von (Kulhavy et al., 1994) abgeleitet wurden. Obwohl die Gruppen mit kongruentem Lern-material besser abschnitt, als die Teilnehmern mit komplementärem LernLern-material, war in beiden Fällen die Bild-vor-Text-Bedingung überlegen. Damit konnte die Kapazitätshypo-these als gültig angesehen werden, während die Interferenzhypothese zurückgewiesen werden mussten.