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Empirie

6.4 Diskussion

Abbildung 6.7:Fragen zum Lernen 3: Texte oder Bilder?

Beurteilung der Präsentation am Computer

Bei der letzten Frage sollten die Teilnehmer angeben, ob es eher positiv oder eher ne-gativ war, dass die Texte und Bilder an einem Computerbildschirm präsentiert wurden.

ein niedriger Wert entsprach einer positiven Einschätzung, während ein hoher Wert eine negative Haltung anzeigte. Das arithmetische Mittel über alle Gruppen lag bei X¯ =2.7, was zum Ausdruck brachte, dass die computergestützte Präsentation nicht nur auf Zu-stimmung stieß. Bei der Prüfung der Voraussetzungen zeiget sich das gleiche Bild, wie bei den drei Items zuvor. Die Varianzhomogenität konnte als gegeben gelten (F =1.40, d f1=3;d f2=80,p=.250) , während die Normalverteilungsannahme verletzt war (ZK−S= 1.52,p=.020).

Für die Durchführung der ANCOVA hatte dieses Ergebnis erneut keine Konsequenzen, auch wenn die FaktorenReihenfolge(F(1;77)=2.187,p=.143,η¯2=.028), Informationsver-hältnis(F(1;77)=1.051, p=.309,η¯2=.013) und deren Interaktion (F(1;77)=0.035, p=.852,

¯

η2=.000) nicht signifikant wurden. Auch die KovariatenVorwissen (F(1;77)=0.119, p= .732,η¯2=.002) undVerarbeitungspräferenz(F(1;77)=0.982, p=.325,η¯2=.013) erwiesen sich als unbedeutsam. Offenbar korrelierte allein dieMotivation(F(1;77)=16.446,p=.001,

¯

η2=.127) der Teilnehmer mit ihrer Einstellung gegenüber dem Lernen am Computer.

Spei-chern bestimmter Inhalte, weshalb neben der Behaltens- auch die Verstehensleistung (siehe Kapitel 5.2.1) im Rahmen der ersten Studie erfasst wurde. Die Ergebnisse der sta-tistischen Analysen zeigten recht eindeutig, dass Teilnehmer, die das Bilder vor dem Text lernten, sowohl mehr Informationen wiedergeben konnten, als auch in der Lage waren, mehr Fragen zu beantworten, die schlussfolgerndes Denken erforderten. Durch diesen Nachweis des PTS-Effekts wurde dieParallelitätshypotheserecht eindeutig falsifiziert, da die Reihenfolge in der Texte und Bilder zum Wissenserwerb genutzt werden, den Prozess der Informationsverarbeitung offensichtlich beeinflusst.

Der Umstand, dass dieser Effekt selbst dann zu beobachten war, wenn die Bilder und Texte ein komplementäres Informtionsverhältnis aufwiesen, sprach zunächst eindeutig für dieKapazitätshypothese und den Erklärungsansatz von Kulhavy et al. (1994). Demnach konnten die Lernenden zwar erheblich weniger referentielle Verknüpfungen etablieren, wenn sich die visuell und verbal präsentierten Informationen inhaltlich wenig überlappen.

Der Verarbeitungsvorteil, den der Aufbau eines intakten images mit sich brachte, blieb jedoch bestehen, was sich an den beiden signifikanten Haupteffekten und dem paral-lelen Verlauf der beiden Linien in Abbildung 6.2 ablesen lässt. Vor diesem Hintergrund erscheint dieInterferenzhypothese, die auf einem Erklärungsansatz von (Schnotz, 2002, 2005) beruht, sehr viel weniger plausibel zu sein. Da unter der komplementären Bedin-gung letztlich kaum gemeinsame Inhalte zwischen Bild und Text vorhanden waren, die zu Interferenzen zwischen der mentalen Repräsentation und dem nachfolgenden Bild hätte führen können, ist das Ergebnis der ersten Analyse kaum zu erklären. Daran ändern auch die etwas uneinheitlichen Resultate der einzelnen Leistungsskalen nichts.

Die Ergebnisse zur mentalen Belastung bzw. dem cognitive load sind dagegen nicht so einfach zu interpretieren, wie die Befunde zur Lernleistung. Letztlich musste festge-stellt werden, dass selbst bei univariaten Analysen kein statistisch bedeutsamer Haupt-oder Interkationseffekt nachgewiesen werden konnte. Zwar verfehlten die entsprechen-den Prüfstatistiken bei entsprechen-den Skalen Schwierigkeit des Wissenstests und mentale Belas-tung beim Wissenserwerb nur jeweils knapp den kritischen Wert für einenα−Fehler von 5%, doch sprachen inferenzstatistische Prinzipien gegen eine Deutung dieser marginal signifikanten Mittelwertsunterschiede. Natürlich kann man darüber spekulieren, weshalb für die empfundene Schwierigkeit und die mentale Belastung kein PTS-Effekt nachge-wiesen werden konnte. Die einfachste Antwort auf diese Frage besteht darin, dass ein solcher Zusammenhang gar nicht existiert. Geht man jedoch davon aus, dass zumindest einzelne Annahmen dercognitive load theory von Chandler und Sweller (1991) zutreffen und die Lernleistung zu einem gewissen Teil von der mentalen Belastung abhängt, dann lassen sich auch alternative Erklärungen für die nicht signifikanten Ergebnisse finden.

So ist es durchaus möglich, dass die Teststärke nicht ausreichend war, da die Planung des Stichprobenumfangs ausschließlich auf Angaben zur Leistungsmessung beruhte. Bei einer Gesamtteilnehmerzahl von 84 Personen und einem globalenα-Fehler von 5% be-trug die Wahrscheinlichkeit für einen β−Fehler bei einem vorhandenen mittleren Effekt (η¯2 =.10) 38% und bei einem vorhandenen kleinen Effekt (η¯2=.01) sogar 85%. Dem-nach hätte grundsätzlich Glück dazugehört, tatsächliche bestehende kleine und mittlere

Zusammenhänge nachzuweisen.

Ein weiterer Punkt betrifft die Operationalisierung und Erfassung der mentalen Belas-tung und der empfundenen Schwierigkeit. Obwohl ein bereits bewährtes Verfahren ver-wendet wurde (Paas et al., 1994), gibt es Autoren, die eine Messung descognitive loads über Skalen zur Selbsteinschätzung kritisch betrachten (Schnotz & Kürschner, 2007).

Außerdem erfolgte die Erfassung der mentalen Belastung retrospektiv und aggregiert, so dass die Teilnehmer hinsichtlich ihrer Einschätzung nicht zwischen einzelnen Texten, Bil-dern oder bestimmten Aufgaben differenzieren konnten. Unter Umständen hätte eine Be-fragung nach jeder Bild- und Textseite zu einer besseren Messung geführt. Hinzu kommt, dass in der Formulierung der Belastungs- bzw. Anstrengungsitems (siehe Abschnitt 5.2.2) eine starke motivationale Komponente enthalten war, was sich nicht zuletzt darin äußer-te, dass der FAM-Score als einzige Kovariate signifikant wurde. Möglicherweise wurde gar nicht die Anstrengung im Sinne der cognitive load theory von Chandler und Sweller (1991) gemessen, sondern die Motivation der Teilnehmer, sich anzustrengen (Schnotz, Fries & Horz, 2009). Insgesamt bleibt für Untersuchung der empfundenen Schwierigkeit und mentalen Belastung jedoch festzuhalten, dass keine der Hypothesen imstande war, die empirischen Befunde wirklich zu erklären.

Ein ähnlich Resultat ergaben die Analysen zu den Lesezeiten der Texte, die zwar sta-tistisch bedeutsame Ergebnisse lieferten, aber den theoretischen Vorhersagen nur teil-weise zugeordnet werden konnten. Der signifikante Haupteffekt für den Faktor Informati-onsverhältnisstellte zunächst keine große Überraschung dar. Die kongruenten Versionen umfassten einfach mehr Worte, so dass die Teilnehmer mehr Zeit benötigten, um die Texte ganz zu lesen. Sehr viel interessanter war dagegen der zweite Faktor, der einen bedeutsamen Einfluss der Präsentationsreihenfolge auf die Lesezeit der Texte anzeig-te. Die Mittelwerte in Tabelle 6.7 veranschaulichten, dass Studierende, die zuerst den Text erhielten, diesen durchschnittlich länger verarbeiteten, als Teilnehmer, die zuvor das Bild betrachtet hatten. Dieser Befund verhielt sich entgegengesetzt zu den Vorhersagen derKapazitätshypothese. Auf der Grundlage des Modells von Kulhavy et al. (1994) war erwartet worden, dass die Bild-zuerst-Gruppen für die Verarbeitung nachfolgender Tex-te länger brauchen würden. HinTex-ter dieser Einschätzung stand die Vermutung, dass die Etablierung referentieller Verknüpfungen zwischen verbalen und piktorialen Informatio-nen eiInformatio-nen weiteren kognitiven Prozess darstellt, der zurnormalen Verarbeitungszeit der Texte hinzu gerechnet werden muss. Dass zusätzliche kognitive Operationen zu einer ge-ringeren Lernzeit führen, war aber sehr unwahrscheinlich. Damit sprachen die Befunde zur Lernzeit gegen das Knüpfen referentieller Verbindungen als Erklärung für den PTS-Effekt. Aber auch die Vorhersagen der Interferenzhypothese stimmten nur teilweise mit den empirischen Ergebnissen überein. So war für die kongruenten Bedingungen die Ein-schätzung richtig, dass Studierende, die das Bild zuerst betrachtet hatten, weniger Zeit in die Verarbeitung des nachfolgenden Textes investierten, als die Gruppe, die den Text vor dem Bild gelesen hatte. Dieser Zusammenhang blieb jedoch unter einem komple-mentären Informationsverhältnis zwischen Bild und Text erhalten, was die Gültigkeit des Erklärungsansatzes von (Schnotz, 2005) wiederum einschränkte.

Versucht man auf eine abschließende Antwort auf die Frage zu finden, welche der beiden Forschungshypothesen nun am ehesten auf die Resultate passte, dann fällt die Antwort weniger eindeutig aus, als im Vorfeld der ersten Studie vermutet worden war.

Immerhin bleibt festzuhalten, dass die Ergebnisse für die Lernleistung und -zeit für einen picture-text-sequencing-Effekt sprechen. Daran ändert auch die Tatsache nichts, dass die Untersuchung zur empfundene Schwierigkeit und der mentale Belastung keine be-deutsame Zusammenhänge erbrachte. Der Vergleich zwischen der Kapazitäts-und der Interferenzhypotheseist dagegen sehr viel schwieriger, da die Leistungsvergleiche beim Wissenstest zunächst den Erklärungsansatz von (Kulhavy et al., 1994) unterstützten. Ei-ner solcher Deutung widersprachen jedoch die Ergebnisse zur Lernzeit, was die Interpre-tation der Befunde nicht einfacher machte. Allerdings ist die Annahme von referentiellen Verknüpfungen, die zurnormalenTextverarbeitung hinzu kommen, mit einer kürzeren Le-sezeit nach der Präsentation der Bilder gänzlich unvereinbar. Das gilt umso mehr, da nach dem Modell von (Kulhavy et al., 1994) während der Rezeption der verbalen Informationen nicht der vollständige Arbeitsspeicher zur Verfügung steht. Ein Teil der begrenzten Kapa-zitäten sollte eigentlich durch die Aufrechterhaltung desimage in Anspruch genommen, mit dessen Elementen die sequentiell eingehenden verbalen Informationen verknüpft wer-den, was zusätzlich Zeit kosten müsste. Trotz der korrekten Vorhersagen zur Lernleistung ist die Kapazitätshypothese als Erklärungsmodell für den PTS-Effekt damit letztlich zu verwerfen.

Ähnliches gilt für dieInterferenzhypothese, deren Vorhersagen bei keiner der drei Fra-gestellungen vollständig zutrafen. Sieht man von den Ergebnissen zur mentalen Belas-tung ab, dann waren vor allem die Einschätzungen zu den komplementären Gruppen falsch. Um dennoch zu einer einheitlichen Deutung der Resultate zu gelangen, schien es hilfreich zu sein, die post hoc Analyse zu berücksichtigen, bei der die Lernzeit der Bil-der und Texte in einem MesswieBil-derholungsdesign gegenübergestellt wurden. Hier zeigte sich, dass die Teilnehmer immer dann länger auf den Text- bzw. Bildseiten verweilten, wenn diese zuerst präsentiert wurden. Dieses Ergebnis legte die Vermutung nahe, dass sich die beiden Formate in Abhängigkeit der Reihenfolge gegenseitig kompensierten bzw.

ersetzten. Ein solcher Zusammenhang ist im Fall der kongruenten Bedingung durchaus nachvollziehbar, da einige Informationen beiden Formaten entnommen werden konnten.

Hatte der Leser eines Textes den Eindruck gewonnen, alle wichtigen Inhalte erfasst und verstanden zu haben, hielt er es unter Umständen nicht mehr für notwendig, das nachfol-gende Bild genauso intensiv zu verarbeiten.

Erstaunlich ist jedoch, dass sich die gleich Interaktion zwischen der Reihenfolge und den Text- bzw. Bildlesezeiten auch unter der komplementären Bedingung nachweisen ließ. Zwar war der Effekt deutlich schwächer, doch wurde das erste Format auch dann in-tensiver zum Wissenserwerb genutzt, wenn Bild und Text keine oder nur wenige gemein-same Informationen enthielten. Dieses schwer nachvollziehbare Verhalten spiegelt sich auch in Abbildung 6.3.5 wieder, wonach sich die komplementäre Gruppe, die zuerst die verbalen Informationen erhalten hatte, sich ganz besonders auf den Text konzentrierte.

Die Teilnehmer waren aber auf beide Formate angewiesen, weshalb die Kompensation

oder das Ersetzen von Inhalten hier keinen Sinn machte. Vielleicht hatten die Lernen-den Lernen-den Informationsgehalt und die Bedeutung der Illustrationen einfach unterschätzt, so dass sie weniger Zeit investierten (Weidenmann, 2006). Ähnlich wie bei Salomon (1984) wurden die Bilder möglicherweise als ein leicht verständliches Medium angesehen, was in der Konsequenz zu einer geringeren Verarbeitungstiefe und -dauer geführt hat. Allerdings hätte dieser Effekt auch bei den Teilnehmern auftreten müssen, denen die piktorialen In-formationen zuerst präsentiert wurden.

Eine schlüssigere Erklärung lässt sich anhand des theoretischen Modells von Schnotz und Bannert (1999) herleiten, das von formatspezifischen Pfaden beim Aufbau menta-ler Repräsentationen ausgeht. Dabei spielt es zunächst keine Rolle, ob ein Bild oder ein Text verarbeitet wird, da in beiden Fällen das Ziel die Konstruktion eines mentalen Mo-dells ist. Allerdings unterscheiden sich je nach Format die Prozesse, die zum Aufbau der Repräsentation erforderlich sind. Dienen piktoriale Informationen als Ausgangspunkt für den Konstruktionsprozess, dann fällt dieser vergleichsweise leicht, da Bild und mentales Modell auf analogen Repräsentationsprinzipien beruhen. Nachträglich aufgenommene verbale Informationen können vor allem zum Abgleich, Ausbau oder zur Verbesserung des erstenModellentwurfesverwendet werden. Falls die Inhalte des Textes der piktoria-len Darstellung nicht widersprechen, ist daher mit einer zügigen Verarbeitung zu rechnen.

Erfolgt der Aufbau des mentalen Modells jedoch anhand verbaler Informationen, wird der Aufwand größer sein. Das Verstehen von Texten beinhaltet zunächst die Repräsentation der Textoberflächenstruktur, auf deren Grundlage Propositionen extrahiert werden. Die propositionale Repräsentation ist wiederum die Ausgangsbasis für die Konstruktion des mentalen Modells, das Charakteristika oder Funktionen von Sachverhalten anschaulich abbildet. Verglichen mit der Bildverarbeitung ist das nicht nur ein zusätzlicher Prozess, vielmehr muss ein symbolisches in ein analoges Repräsentationsformat konvertiert wer-den, was unweigerlich zu einer längeren Verarbeitungsdauer führt. Zu diesen Überle-gungen passt auch, dass die Bild-zuerst-Gruppen angaben, sich während der Lernphase mehr auf Zusammenhänge und weniger auf einzelne Details konzentriert zu haben (siehe Abschnitt 6.3.5). Man könnte diesen Befund auch dahin gehend deuten, dass es diesen Teilnehmern leichter fiel, ein mentales Modell zu konstruieren.

Dieser Erklärungsansatz ist dabei weitgehend unabhängig vom Informationsverhältnis zwischen den verbalen und piktorialen Informationen. Betrachtet beispielsweise ein Stu-dierender ein Bild, das die Eigenschaften konservativen Plattengrenzen veranschaulicht, wird er ein mentales Modell der Darstellung konstruieren. Enthält der nachfolgenden Text dann die verbale Beschreibung einer anderen Plattengrenze, kann die zuvor erzeugte Re-präsentation die Verarbeitung durchaus erleichtern. Das mentale Modell lässt sich auch als bei einer komplementären Relation zwischen Text und Bild als Entwurf verwenden, der solange interpoliert wird, bis er auf die Textinformationen passt. Invariate strukturelle Ge-meinsamkeiten können übernommen, abweichende Merkmale müssen geändert werden, damit letztlich eine konsistente Repräsentation der im Text beschriebenen Sachverhalte entsteht. Dieser Vorteil entfällt natürlich, wenn die Konstruktion des mentalen Modells zu-erst anhand verbaler Informationen erfolgen muss. Dem Lernenden steht dann keine

Vor-lage zur Verfügung, so dass gezwungen ist, auf sein Vorwissen zurückgreifen, um sich an-schauliche Inhalte vorstellen bzw. verstehen zu können. Ohnepiktoriale Anleitung durch-läuft der Konstruktionsprozess sämtliche Stufen der kognitiven Textverarbeitung, was die Umwandlungsymbolischer Sprachinformationen in ein analoges Repräsentationsformat mit einschließt und zu längeren Verarbeitungszeiten führt.

Das integrierte Modell des Text- und Bildverstehens bietet aber noch einen weitere Er-klärungsmöglichkeit, die an die ursprüngliche Hypothese anknüpft. Demnach könnte man den Einfluss der Reihenfolge unter den komplementären Bedingungen auch als Hinweis für das Auftreten von Interferenzen deuten. Das setzt jedoch die Annahme voraus, dass die Konfrontation eines mentalen Modells mit einem nachfolgenden Bild selbst dann zu einem kognitiven Konflikt führt, wenn sich deren Informationen inhaltlich kaum überlap-pen. Der resultierenden Interferenzen würden dabei weniger auf die abweichende Reprä-sentation des selben Sachverhaltes, sondern auf strukturelle oder funktionale Differen-zen zwischen dem mentalen Modell und dem externen Bild zurückzuführen sein. Stellt sich beispielsweise ein Lernender auf der Grundlage des Textes zunächst eine konser-vative Plattengrenze vor und betrachtet im Anschluss die Abbildung einer destruktiven Plattengrenze, handelt es sich rein inhaltlich, um zwei verschiedene Dinge. Die menta-le Modellkonstruktion anhand des Textes erfordert jedoch die Repräsentation räumlicher Strukturen, die sich mehr oder weniger auf jeden Grenztypus anwenden lassen. Es kann daher nicht ausgeschlossen werden, dass der Abgleich struktureller Eigenschaften zu Interferenzen führte, die es den Lernenden erschwerten, den nachfolgenden Bilder Infor-mationen zu entnehmen. Die Teilnehmer der Text-vor-Bild-Gruppen mussten sich mög-licherweise beim Wissenserwerb allein auf die Texte stützen, was die bessere Leistung der kongruenten gegenüber der komplementären Bedingung erklärt.

Als Fazit lässt sich festhalten, dass sich die teils widersprüchlichen Resultate anhand des Modells des integrierten Text- und Bildverstehens deuten lassen, obwohl die Vorher-sagen der ursprünglichen Interferenzhypothese nicht zutrafen. Um wirklich abschätzen zu können, welche kognitiven Prozesse dem PTS-Effekt zugrunde liegen, musste ein zusätzliche Untersuchung durchgeführt werden, die im folgenden Kapitel ausführlich er-läutert wird.

Die Ergebnisse der ersten Studie hatten gezeigt, dass ein picture-text-squencing-Effekt vorhanden war, wenn die Teilnehmer piktoriale und verbale Informationen sequentiell zum Aufbau von Wissensstrukturen nutzten. Allerdings konnte keine der beiden Hypothesen die verschiedenen Befunde befriedigend erklären, weshalb anhand des Modells des in-tegrierten Text und Bildverstehens (Schnotz & Bannert, 2003) zwei alternative Deutungs-ansätze abgeleitet wurden. Während der Erste von Vorteilen beim Aufbau des mentalen Modells ausging, griff der zweite Ansatz die ursprüngliche Annahme von Interferenzen auf. Da beide Deutungen im Rahmen des theoretischen Modells durchaus plausibel er-schienen, wurden sie in einer zweiten Untersuchung gegenübergestellt.