• Keine Ergebnisse gefunden

3.3 Unterstützung des Lernens im Mathematikunterricht

3.3.3 Fokussierte und intensive Unterstützung durch spezifische

71

Zusammenfassend bestätigen die Metaanalysen neun wirksame Methoden. In der deutschsprachigen Fachliteratur finden sich zudem zwei weitere Methoden, die Schülerinnen und Schüler mit Mathematikschwierigkeiten unterstützen. Diese Methoden sollten somit im Mathematikunterricht auf der universellen Ebene eingesetzt werden, um bereits auf dieser Ebene präventiv das Entstehen von Schwierigkeiten zu reduzieren.

Beachtet werden muss dabei, dass weder in den Metaanalysen noch in der deutschsprachigen Fachliteratur zur Unterstützung von Schülerinnen und Schülern mit Mathematikschwierigkeiten die Methoden des problembasierten Lernens benannt werden. Dennoch wird diese Methode aktuell in vielen konkreten Materialien für den Mathematikunterricht berücksichtigt. Für Schülerinnen und Schüler mit Mathematikschwieirigkeiten stellt dieses Vorgehen eine große Herausforderung dar, weil viele Kompetenzen wie Basiswissen, Handlungssteuerung oder Motivation gleichzeitig zur erfolgreichen Aufgabenbearbeitung benötigt werden. Bei vorhandenen Mathematikschwierigkeiten muss eine Einführung in das problembasierte Lernen mit den zuvor genannten Methoden erfolgen (Forbringer & Fuchs, 2012, S. 217).

Zudem bewerten Gersten et al. (2009, S. 26) die Vermittlung von Strategien zum Lösen von Wortbedeutung als hoch effektiv, da einzelne Wörter bei mathematischen Problemstellungen den Zugang zu den Operationen darstellen.

Ist die Unterstützung beim Lernen mathematischer Inhalte auf der universellen Ebene nicht ausreichend, so muss ausgehend von einer diagnostischen Überprüfung der individuell vorhandenen Fähigkeiten sowie Schwierigkeiten eine zusätzliche Unterstützung erfolgen.

3.3.3 Fokussierte und intensive Unterstützung durch spezifische

72

 Die Maßnahmen sollten Strategien zum Lösen von Wortbedeutung vermitteln, die mathematischen Textaufgaben bzw. Problemstellungen zugrunde liegen.

Moderate Effekte zur Unterstützung von Schülerinnen und Schülern auf der fokussierten und intensiven Ebene zeigen die folgenden zwei Bedingungen (ebd.):

 Die Maßnahme sollte den Schülerinnen und Schülern die Möglichkeit geben, mit Visualisierungen der Mathematikaufgaben zu arbeiten. Dabei sollte die Lehrperson im Umgang mit den Visualisierungsmöglichkeiten geübt sein.

 In der Maßnahme sollten bei jeder Sitzung zehn Minuten für den Aufbau sowie für den schnellen Abruf von arithmetischem Faktenwissen eingeplant werden.

Lediglich eine geringe evidenzbasierte Wirksamkeit zeigt sich für die nachfolgenden drei Rahmenbedingungen (ebd.):

 In der Maßnahme sollte eine Vertiefung zu den ganzen sowie rationalen Zahlen in Abhängigkeit von der Jahrgangsstufe erfolgen.

 Der Lernprozess der Schülerinnen und Schüler, die eine zusätzliche Unterstützung erhalten oder ein Risiko für das Entstehen von Mathematikschwierigkeiten besitzen, sollte beobachtet werden.

 Die Maßnahme sollte eine motivationale Unterstützung enthalten.

Darüber hinaus benennen L. S. Fuchs et al. (2008, S. 85) sowie Vaughn, Wanzek und Murray (2012, S. 5) weitere Prinzipien für die intensive Unterstützung von Schülerinnen und Schülern mit mathematischen Schwierigkeiten:

 Verwendung von Strategien, wie z.B. Selbstregulations- und Gedächtnisstrategien, zur Unterstützung kognitiver Prozesse,

 Unterricht mit weniger Herausforderungen für das Lernen,

 zusätzliche Rückmeldungen an die Schülerinnen und Schüler,

 zusätzliche Unterrichtszeit,

 zusätzliche Überprüfungen und

 kleine Gruppen.

Neben einem intensiveren Einsatz von Unterrichtsmethoden der universellen Ebene bieten sich für die fokussierte und intensive Ebene die Verwendung spezifischer Mathematikförderprogramme an. Nachfolgend sollen deutschsprachige Interventionsmaßnahmen für die Primarstufe vorgestellt werden, die als evidenzbasiert bewertet werden können.

Um auch Förderprogramme mit wissenschaftlich-theoretischer Fundierung, jedoch ohne bisherige empirische Studienergebnisse vorzustellen, werden die Förderprogramme hinsichtlich der Evidenzstufen nach Odom (2005, S. 144) eingeordnet (Abbildung 3). Es liegen neun deutschsprachige Programme zur Förderung mathematischer Fähigkeiten in der Primarstufe vor (Tabelle 13). Diese

73

werden alphabetisch vorgestellt und die Einsatzmöglichkeiten sowie konkreten Förderinhalte näher aufgeführt. Die Einordnung entsprechend der Evidenzstufen wird durch vorhandene Literaturverweise bzw. Studien belegt und die empirisch ermittelten Effekte konkret beschrieben.

74 3 Lernen im Mathematikunterricht der Primarstufe

Tabelle 13 - Evidenzbasierte Fördermaßnahmen auf der fokussierten und intensiven Ebene Trainingsprogramm

(Autor)

Einsatzmöglichkeiten Inhalt Evidenzstufe/Evaluation Effekte

Blitzrechnen 1/2 &

3/4

(Wittmann & Müller, 2009a, 2009b)

1. bis 6. Klasse 44 Spiele

Rechnen bis 20 Rechnen bis 100 Rechnen bis 1000 Rechnen bis 1 Million

Level 2/Studien:

randomisiertes Kontrollgruppen-Design: = (Walter, Glöer &

Wellen, 1999)

Einzelfallstudien: = (Knorr, 2007)

Steigerung der Rechengeschwindigkeit

& der Anzahl richtig gerechneter Aufgaben

reduzierte Nutzung von zählenden Vorgehensweisen

keine signifikante Effekte im Vergleich zur Kontrollbedingung

Calcularis

(Aster et al., 2012;

Dybuster AG, 2013)

1. bis 4. Klasse 11 Spiele

Zahlenrepräsentationen &

Übersetzungsprozesse Arithmetisches

Operationsverständnis

Level 2/Studien:

randomisiertes Kontrollgruppen-Design: = (T. Käser, Baschera, et al., 2013)

Kontrollgruppendesign ohne Randomisierung: = (T.

Käser, Busetto, et al., 2013)

signifikante Leistungsverbesserung in der Subtraktion und der

Zahlrepräsentation

Steigerung in der Komplexität der Aufgaben und der Bearbeitungszeit für die Subtraktion

keine signifikanten Effekte für Mengenvergleiche und Schätzen Dortmunder

Zahlbegriffstraining (Moog & Schulz, 2005)

1. Klasse

2. bis 3. Klasse bei Schülerinnen und Schüler mit

Lernschwierigkeiten 19 Fördereinheiten

Zähl- und

Abzählfertigkeiten automatisieren Mengen- und Zahlrelationen, Mengenoperationen Numerisches Rechnen im Zahlenraum bis 20

Level 2/Studien:

quasi-experimentelles Design:

= (Moog, 1995)

Kontrollgruppendesign ohne Randomisierung: = (Moog

& Schulz, 1997)

Kontrollgruppendesign ohne Randomisierung: = (Schulz, 2000)

Kontrollgruppendesign ohne Randomisierung: = (Schulz, 2000)

signifikant weniger Fehler

signifikante Leistungssteigerungen im Dortmunder Rechentest

keine signifikanten Langzeiteffekte

75 3 Lernen im Mathematikunterricht der Primarstufe

Tabelle 13 (Fortsetzung) Trainingsprogramm

(Autor)

Einsatzmöglichkeiten Inhalt Evidenzstufe/Evaluation Effekte

Kalkulie

(Fritz et al., 2009)

1. bis 3. Klasse Fertigkeitsspezifische Voraussetzungen (Reihen bilden, Zahlen- &

Mengenwissen u.a.) Strukturen im Zwanzigerraum Nicht-zählende Rechenstrategien

Level 4/Empfehlung:

Koch (2008)

Ricken (2009)

Schneider et al. (2013)

Voß et al. (2014)

Marko-T

(Gerlach et al., 2013)

Kindergarten bis 2.

Klasse

57 Fördereinheiten

Zählen

Ordinaler Zahlenstrahl Kardinalität und Zerlegbarkeit Enthaltensein und Klasseninklusion Relationalität

Level 2/Studie:

Kontrollgruppendesign ohne Randomisierung: = (Gerlach et al., 2013)

signifikanter Zuwachs in den mathematischen Kompetenzen bei rechenschwachen Kindern

Merlins Rechenmühle (Schoppek & Laue, 2005)

2. bis 5. Klasse Orientierung im Zahlenraum

Rechenaufgaben in Form von Gleichungen

Sach- und Textaufgaben Übungen am Zahlenstrahl

Level 2/Studie:

randomisiertes

Kontrollgruppendesign: = (Schoppek & Laue, 2005)

vor-experimentelles Design:

= (Schoppek & Laue, 2005)

signifikanter Zuwachs in der Mathematikleistung

76 3 Lernen im Mathematikunterricht der Primarstufe

Tabelle 13 (Fortsetzung) Trainingsprogramm

(Autor)

Einsatzmöglichkeiten Inhalt Evidenzstufe/Evaluation Effekte

Mengen, zählen, Zahlen

(Krajewski, Nieding, et al., 2007)

Kindergarten bis 1.

Klasse 24 Sitzungen

Zahlen als Anzahlen Anzahlordnung

Teil-Ganzes-Beziehung und Anzahlordnung

Level 2/Studien:

Kontrollgruppendesign ohne Randomisierung: =

(Krajewski, Nieding, et al., 2008)

Kontrollgruppendesign mit Matching: = (Sinner &

Kuhl, 2010)

Kontrollgruppendesign ohne Randomisierung: = (Sinner, 2011)

Kontrollgruppendesign ohne Randomisierung: = (Sinner, 2011)

Reanalyse: = (Hecht, Sinner, Kuhl & Ennemoser, 2011)

Kontrollgruppendesign mit Randomisierung: = (Ennemoser et al., 2015)

signifikante kurz- und langfristige Effekte im Bereich der

mathematischen Basiskompetenzen &

der Mathematikleistung mittlerer kurzfristiger Effekt für Schülerinnen und Schüler mit Unterstützungsbedarf im Lernen mittlerer kurzfristiger Effekt für Schülerinnen und Schüler unter Risikobedingungen

langfristig signifikanter Zuwachs im Bereich der Zahl-Größen-Kompetenz für Schülerinnen und Schüler unter Risikobedingungen

mittlerer Effekt auf die Rechenleistung für Schülerinnen und Schüler unter Risikobedingungen

Rechenspiele mit Elfe & Mathis I (W. Lenhard &

Lenhard, 2010)

1. bis 3. Klasse Mengen Zahlen

Sachaufgaben Bilder Rechnen

Level 2/Studie:

Kontrollgruppendesign ohne Randomisierung: = (A.

Lenhard et al., 2011)

signifikant höhere Mathematikleistung

Rechenspiele mit Elfe und Mathis II (W. Lenhard, Lenhard & Lingel, 2010)

3. bis 5. Klasse Geometrie Rechnen Sachaufgaben

Level 4/Empfehlung:

Schneider et al. (2013)

77

Mit diesen evidenzbasierten Mathematikförderprogrammen wird ein breites inhaltliches Spektrum gefördert: Neben frühen mathematischen Kompetenzen, wie das Zählen oder einfache Mengenvergleiche, werden auch mathematische Fähigkeiten im Bereich der Grundrechenarten und deren Anwendung in Sachaufgaben unterstützt. Die Mehrheit dieser Maßnahmen sind Computerprogramme (Blitzrechnen, Calcularis, Merlins Rechenmühle, Rechenspiele mit Elfe & Mathis I und II), die keine konkreten Angaben über den Umfang und die Anzahl der Fördereinheiten geben, sodass eine individuelle Anpassung vorgenommen werden kann. Hinsichtlich der Evidenzstufen ist für die meisten Programme bereits eine Bestätigung auf dem zweiten Level nach Odom et al. (2005, S. 144) vorhanden. Die Effekte der Förderprogramme liegen vorwiegend in den geförderten Teilbereichen, d.h. es werden wenige Transfereffekte in andere mathematische Fähigkeitsbereiche untersucht. Zudem liegen wenige Untersuchungen hinsichtlich der Langzeitwirkungen der Maßnahmen vor. Insgesamt bieten diese mathematischen Förderprogramme eine ausreichende Auswahl, um in Abhängigkeit des individuellen Bedarfs der Schülerinnen und Schüler eine passgenaue Unterstützung der mathematischen Fähigkeiten zu organisieren. Die Mehrheit der Förderprogramme kann sowohl in einer Kleingruppe als auch in einem Einzelsetting durchgeführt werden. Die Metaanalyse nach Ise et al. (2012, S. 189) zeigt jedoch, dass bei bereits diagnostizierten Rechenschwierigkeiten die Einzelförderung im Vergleich zur Gruppen- oder Klassenförderung am effektivsten ( = . ist.