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Fotos oben: Allermöhe Ost Fotos unten: Steilshoop

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Demographie

Bevölkerung 2007: 123.050

Bevölkerung 2003: 119.530

Bevölkerungsentwicklung 2003-2007: + 2,9 % Bevölkerungsprognose 2005-2025 + 9,3 % Natürliche Bevölkerungsentwicklung 2006: + 48

Bevölkerungsdichte 2007: 924 EW/km²

Wanderungssaldo 2006: + 780

Altersstruktur 2006: 17,9 % unter 18-Jährige (21.850) 18,4 % über 65-Jährige (22.550) Wirtschaft

BIP je Einwohner 2004: 56.164 €/EW

Kaufkraftkennzahl 2006: 107,9

Zahl der Beschäftigten 2006: 75.750 Arbeitslosenquote 1/2009: 4,4 % Wohnungsmarkt

Wohnungsmarkttyp: Wachstumsregion

Wohnungsbestand 2007: 56.610

davon in:

Ein- und Zweifamilienhäusern 24.590 (43 %); Gebäude: 20.570

Mehrfamilienhäuser (83 %)

32.020 (57 %); Gebäude: 4.100 (17 %)

Baufertigstellungen 2007: 660

Miet-/Kaufpreise: Mietpreis (Neuvermietung): 4,50-8,50 €/m²

Kaufpreis ETW (Erstverkauf):

1.600-2.600 €/m²

Kaufpreis ETW (Wiederverkauf):

1.200-2.000 €/m²

4.1 Piusviertel

Bei dem untersuchten Bereich handelt es sich um ein Quartier im Norden Ingolstadts. Dort wurden

insbesondere in der Nachkriegszeit Wohnungen, in sog. Schlafstädten, in direkter Nachbarschaft zu

den ansässigen Automobilwerken (Audi) errichtet. Dazu zählt das Piusviertel mit rd. 5.800

Woh-nungen und mehr als 13.000 Einwohnern, welches überwiegend in den 50er, 60er und 70er Jahren

errichtet worden ist. Bei dem Piusviertel handelt es sich demnach nicht um eine typische

Großsied-lung, die in einem Stück geplant worden ist, sondern über einen längeren Zeitraum im Rahmen der

Stadterweiterung entwickelt wurde.

Für das Piusviertel wurde im Jahr 2001 ein integriertes Handlungskonzept für die Entwicklung des Quartiers im Rahmen des Programms "Soziale Stadt" erstellt. Seit diesem Jahr läuft das Programm in diesem Quartier. Die Bestände aus den ersten beiden Jahrzehnten nach dem Krieg werden seit einigen Jahren durch die Eigentümer saniert und modernisiert (Fassaden, Fenster, Bäder etc.). Das Programm "Soziale Stadt" wirkt hier unterstützend mit Förderungen für Umfeldmaßnahmen und soziale Maßnahmen.

4.2 Städtebauliche Struktur und Wohnumfeld

Das Piusviertel ist durch unterschiedliche Gebäudetypen geprägt. Ein wesentliches Element ist die Zeilenbebauung der 50er und 60er Jahre mit großteils vier bis fünf Geschossen. Rund die Hälfte der Bestände wurde im Rahmen des sozialen Wohnungsbaus errichtet. Hieran waren drei Woh-nungsbaugesellschaften maßgeblich beteiligt.

Städtebaulich folgt der Wohnungsbau dem Leitbild des modernen Städtebaus der Nachkriegszeit.

Aufgrund der Baustrukturen und insbesondere der Punkthochhäuser wird das Piusviertel vielfach als Großwohnsiedlung wahrgenommen. Das gesamte Quartier weist im Hinblick auf die Wohnumfeldgestaltung und die Infrastrukturversorgung deutliche Defizite auf:

Fehlende soziale Einrichtungen für Jugendliche oder Senioren.

Defizit an Einzelhandels- und Gastronomiebetrieben.

Die Grünflächen im direkten Wohnumfeld sind überwiegend nicht genutzt, gleichzeitig gibt es ein Defizit an Spielflächen und Spielmöglichkeiten.

Die verkehrliche Anbindung ist insgesamt als gut zu bezeichnen, sowohl für den Individualverkehr als auch durch den ÖPNV. Trotz der Lage am Stadtrand ist die Innenstadt in zwei bis drei Kilome-tern zu erreichen. Im Hinblick auf den Verkehr wurden im Rahmen des Integrierten Handlungskon-zeptes allerdings auch Lärmbelastungen an den Hauptverkehrsstraßen mit hoher Verkehrsbelas-tung sowie starke Barrierewirkungen festgestellt. Des Weiteren ergab sich eine Parkplatzproblema-tik durch ungeordnetes Parken.

4.3 Wohnungsmarkt und Sozialstruktur

Im gesamten Piusviertel ist der Anteil an Sozialhilfeempfängern und Arbeitslosen überdurchschnitt-lich hoch. Einkommensschwache Haushalte spielen insgesamt eine wesentüberdurchschnitt-liche Rolle in den Be-ständen. Zu diesem Ergebnis sind die Untersuchungen zur Entwicklung des Integrierten Hand-lungskonzeptes gekommen.

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Darin wird deutlich, dass

die Arbeitslosigkeit über dem städtischen Durchschnitt liegt.

demgegenüber der Anteil der erwerbstätigen Bevölkerung in der Altersgruppe 30 bis 45 Jahre unterrepräsentiert ist.

der Anteil an Ausländern und Aussiedlern mit über 50 % im Quartier sehr hoch ist.

die höheren Altersgruppen überdurchschnittlich vertreten sind.

1 Integriertes Handlungskonzept im Rahmen des Programms "Stadt- und Ortsteile mit besonderem Entwicklungsbedarf - die Soziale Stadt", 2001/2004.

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Die Besonderheiten der Sozialstruktur deuten auf wesentliche Problembereiche hin, die insgesamt mit einem niedrigen sozioökonomischen Status der Bevölkerung, mit Jugendkriminalität und Dro-genproblematik und hohen Fluktuationsraten verbunden sind. Somit zeigt sich hier deutlich die Segregation. Die Entwicklung, die zu der heutigen Zusammensetzung der Bevölkerungsstruktur ge-führt hat, lässt sich in drei Phasen beschreiben:

Die Anfang der 70er und Anfang der 80er Jahre errichteten Wohnungen wurden zum großen Teil als Sozialwohnungen errichtet. Durch die Förderung waren moderate Mietpreise zu ver-zeichnen, wobei sich die Bewohnerschaft der Erstbezieher aus unterschiedlichen sozialen Gruppen zusammen setzte.

Die 1982 in Bayern eingeführte Fehlbelegungsabgabe führte zu einem Bevölkerungsaustausch, in dessen Zuge zahlreiche Besserverdienende den Wohnort gewechselt haben. Dieser Aus-tauschprozess führte im Lauf der 80er Jahre und insbesondere Anfang der 90er Jahre zuneh-mend zu einer Segregation mit einem hohen Anteil an einkommensschwachen Haushalten in dem Viertel.

Ein wesentlicher Teil der neuen Bewohnerschaft kam von außerhalb in das Viertel, insbesonde-re Anfang der 90er Jahinsbesonde-re mit dem Zuzug von Aussiedlern. Dadurch kam es zu einer Abwande-rung der angestammten WohnbevölkeAbwande-rung ("Glasscherbenviertel"). Nach Einschätzung der Stadtverwaltung wurde im Zuge der in den vergangenen Jahren durchgeführten Maßnahmen ein Imagewandel in Gang gesetzt, wodurch inzwischen wieder eine Nachfrage durch Bewohner in Ingolstadt entsteht.

Fast zwei Drittel der Wohnungen befinden sich im Eigentum zweier Wohnungsgesellschaften. Von diesen Wohnungen handelt es sich bei rd. 80 % um Sozialwohnungen. Vielfach sind es größere Haushalte, die in den vergleichsweise großen Wohnungen der 70er Jahre leben. Dass die Wohnun-gen der 70er und 80er Jahre auch heute eine zentrale Rolle bei der Versorgung einkommens-schwacher Haushalte spielt, lässt sich an dem Mietniveau ablesen:

Die Mietpreise in Ingolstadt bei Neuvermietung bewegen sich in einer Spanne von ca.

4,50 €/m² bis 8,50 €/m².

Die Wohnungsbestände der 70er und 80er Jahre-Bestände im Piusviertel liegen nach Angaben der Wohnungsgesellschaften vor Ort im Bereich zwischen 4,00 €/m² und 5,00 €/m² (Be-standsmieten).

Damit liegen die Bestände deutlich im preisgünstigen Marktsegment in Ingolstadt. Zum Teil werden im Quartier 4,00 €/m² unterschritten. Dann handelt es sich allerdings meist um 50er und 60er Jahre-Bestände, die bisher keiner umfangreichen Modernisierung unterzogen wur-den. Bei modernisierten Beständen der 50er und 60er Jahre (Balkonanbau, Sanitäranlagen, Heizung) reicht die Spanne bis über 5,00 €/m², sodass das Niveau der 70er Jahre-Bestände sogar überschritten wird.

Die Mietpreise liegen bei den geförderten Beständen der 70er Jahre bei ca. 3,50 €. Daraus

ergibt sich bei Modernisierungen kein Spielraum für Mieterhöhungen. Wenn die Bindungen

auslaufen, was in den nächsten Jahren zunehmend geschehen wird, sind vonseiten der

kom-munalen Gesellschaft Mieterhöhungen vorgesehen. Diese werden jedoch im Sinne des Gesell-schafterauftrages durchgeführt und somit eher moderat ausfallen.

Nach Einschätzung der Anbieter vor Ort ist die Vermietbarkeit trotz aller Problemfelder als sehr gut einzustufen. Leerstand, der über den üblichen Fluktuationsleerstand hinaus geht, gibt es in dem Quartier praktisch nicht. Aktuell und auch zukünftig wird mit einer das Angebot übersteigenden Nachfrage gerechnet.

4.4 Wohnungsbestände und Investitionsprozesse

Die Wohnungsbestände der 70er Jahre zeichnen sich durch einen relativ hohen Anteil an großen Wohnungen aus. Gleichzeitig gibt es vor Ort eine besonders hohe Nachfrage nach großen Woh-nungen ab vier Zimmern. In diesem Segment herrscht hier ein Unterangebot, das allein durch die 70er Jahre Bestände nicht befriedigt werden kann. Die Grundrisse werden insgesamt als "gut" und marktgängig bewertet. Hierzu zählen z. B. komfortable Zimmergrößen. Jedoch sind Badezimmer und Küchen oft relativ klein bemessen.

An den Wohngebäuden der 70er Jahre wurden die aus Sicht der Wohnungsunternehmen bisher

"üblichen" Elemente erneuert:

Fenster und Flachdächer mit Wärmedämmung

Fassaden ohne Wärmedämmung

Balkone

Haustüren

Heizungsanlagen

Sanitäranlagen

Insgesamt wird der bautechnische Zustand - auch in energetischer Hinsicht - als gut bewertet.

Bauliche Defizite, die dem Bautypus in besonderer Weise entsprechen, wurden von den Ge-sprächspartnern nicht identifiziert. Hingegen werden die Wärmedämmwerte als vergleichsweise gut eingestuft. Insbesondere gegenüber 50er und 60er Jahre Beständen erreichen die Gebäude besse-re Werte und liegen in ihbesse-rem Energieverbrauch nur 20-30 % über dem Wert gedämmter Wohnun-gen. Wärmedämmungen an den Fassaden sind aus Sicht des kommunalen Unternehmens erst in einem zeitlichen Horizont von ca. zehn Jahren auf der Tagesordnung. Bis dahin seien farbliche Er-neuerungen der Fassaden ausreichend.

Die Sanitäranlagen stellen derzeit ein Handlungsfeld bei diesen Beständen dar und werden jetzt, nachdem die Badezimmer der 50er und 60er Jahre Bestände weitgehend modernisiert sind, neu gestaltet. Dies erfolgt objektweise, darüber hinaus werden Einzelmaßnahmen bei Mieterwechsel durchgeführt.

Die durchgeführten Modernisierungsmaßnahmen führen zu Kosten, die - soweit möglich - auf die

Miete umgelegt werden. Für die Mieter ergeben sich bei normalen Modernisierungen

Mieterhöhun-gen von 0,50 € bis 0,60 €. Höhere MieterhöhunMieterhöhun-gen wären im Piusviertel vielfach nicht

durchsetz-bar, weshalb der Aufwand in dem entsprechenden Rahmen gehalten wird. In einzelnen Fällen, wo

umfangreichere Modernisierungen mit Lärmschutzmaßnahmen an den Fassaden einher gingen

(z. B. verglaste Balkone) wären höhere Mieterhöhungen von ca. 0,80 € bis 0,90 € die Folge

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sen. Diese Kosten und damit verbundenen Mieterhöhungen konnten durch städtebauliche Förde-rungen gesenkt werden.

Eine besondere Herausforderung stellen für die Wohnungseigentümer die Anforderungen an den Brandschutz dar. Diese können insbesondere bei den Beständen der 70er und 80er Jahre mit den z. T. großen Gebäudehöhen zu umfangreichen Investitionen führen, die dann für andere Maßnah-men nicht mehr zur Verfügung stehen.

Im Hinblick auf altengerechtes Wohnen werden von den Wohnungsunternehmen Einzelmaßnah-men, z. B. zur Verringerung von Barrieren, durchgeführt. Ein Wohnungsunternehmen führt den Abbau von Barrieren in jedem Objekt im Zuge von baulichen Maßnahmen durch. Der Preis für barrierefreies Wohnen wird bei 5,00 € bis 6,00 € angesetzt. Für ältere Paare bietet sich ggf. die Zusammenlegung von kleineren Wohnungen an, die alternativ zu den bis dahin größeren bewohn-ten Wohnungen angebobewohn-ten werden.

Bei der Durchführung von Wohnumfeldmaßnahmen spielt das Programm Soziale Stadt eine zentra-le Rolzentra-le. Die in dem Integrierten Handlungskonzept entwickelten Maßnahmen werden zum großen Teil durch Fördermittel getragen. Die Aufteilung zwischen finanziellen Mitteln der Kommune und den Wohnungsunternehmen beträgt 70 % zu 30 %. Aus Sicht der Stadt und der Wohnungsunter-nehmen wären diese Maßnahmen ohne Förderung nicht tragbar, denn das vorhandene Budget für Modernisierungen der Wohnungsunternehmen sieht Wohnumfeldmaßnahmen nicht oder nur in sehr geringem Umfang vor.

Die Durchführung von Maßnahmen basiert ganz wesentlich auf den kooperativen Strukturen, die sich zwischen den wichtigsten Wohnungseigentümern und der Kommunalverwaltung herausgebil-det haben, und auf Fördermöglichkeiten, die sich aus dem Programm Soziale Stadt ergeben. Vor diesem Hintergrund lassen sich gemeinsame Strategien umsetzen. Dazu gehören die Neuordnung der Parkplatzanlagen und Müllplätze, die Gestaltung der Hauszugänge und die Umgestaltung und Herausbildung zentraler öffentlicher Plätze.

Aus Sicht der Stadtverwaltung ist es von großer Bedeutung, dass entsprechende Maßnahmen in dem Quartier im Rahmen eines integrierten Handlungskonzeptes umgesetzt werden. Allein bauliche Maßnahmen reichen nach Einschätzung der Akteure vor Ort nicht aus, um eine grundlegende Ver-besserung der Bestände zu erreichen.

In der Diskussion ist derzeit die Frage der Übernahme der Folgekosten, die aus den Aktivitäten im Quartier entstehen. Denn die einmaligen Investitionen in die soziale Infrastruktur rufen nach Aus-laufen des Programms Soziale Stadt Bewirtschaftungskosten hervor. Aus Sicht der Stadt wären die Wohnungsunternehmen, die auch von den Förderungen profitiert haben, in der Pflicht, hier einen Beitrag zu leisten.

Nach Einschätzung der Gesprächspartner reichen die derzeitigen Förderbedingungen allein nicht

aus, um Modernisierungen zu finanzieren. Im Piusviertel konnten im Rahmen des Programms

Sozi-ale Stadt z. T. auch investive Maßnahmen an den Gebäuden in die Förderung einbezogen werden,

sofern es sich um Objekte mit besonderem städtebaulichen Wert handelte oder um Maßnahmen,

die in engem Zusammenhang mit dem Wohnumfeld standen.

In Ingolstadt hat es in den vergangenen Jahren keine nennenswerten Eigentümerwechsel gege-ben. Die wichtigsten Eigentümer im Piusviertel treten als Bestandshalter auf. Dazu zählen die kommunale Gesellschaft GWG, die über rd. 660 Wohnungen der 70er und 80er Jahre im Piusviertel verfügt, die Südhausbau mit Sitz in München und das katholische Wohnungsunternehmen St. Gundekar-Werk Eichstätt GmbH. Die Stadtverwaltung kommt zu der Einschätzung, dass diese Akteursstruktur für die Arbeit im Quartier sehr hilfreich ist.

oben:

Waldeysenstraße

unten:

Richard-Wagner-Straße