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Exkurs: Gemeinwesen- und Stadtteilarbeit bei der Caritas Wien

7. D ARSTELLUNG DER E RGEBNISSE

7.1 Exkurs: Gemeinwesen- und Stadtteilarbeit bei der Caritas Wien

Als größte kirchennahe Hilfsorganisation zählt die Caritas zu einem der wichtigsten Arbeitgeber/innen im Sozialen Bereich in Österreich. Sie beschäftigt rund 14.000 fixe Mitarbeiter/innen und wird durch mind. 40.000 ehrenamtliche Helfer/innen unterstützt.

Strukturell gliedert sich die Organisation in neun Bundesländerverbände. Die einzelnen Diözesen agieren als selbständige Bereiche mit eigener finanzieller Verantwortung, um entsprechend auf regionale Bedürfnisse eingehen zu können. Aus dem Leitbild lässt sich ein hoher Einsatz für Solidarität und gerechte Chancenverteilung ablesen. Zielsetzung ist die Unterstützung von Menschen in herausfordernden Lebenssituationen und eine positive Einstellung zum Lebensalltag (Caritas I + II, 2015).

Bei der Caritas Wien sind über 5.000 Mitarbeiter/innen und rund 4.000 Ehrenamtliche tätig (Caritas III, 2015). Das Angebot erstreckt sich von Beratung und Notfallshilfe über Pflege und Hospizbetreuung, Einrichtungen für Kinder und Familien, Wohnungslosenhilfe, Beschäftigungsprojekte, Flüchtlingshilfe und Integrationsprojekte, Angebote für Menschen mit Behinderung bis hin zu Gemeinwesen- und Stadtteilarbeit (Caritas IV, 2015). Die Finanzierung erfolgt großteils über einen Mix aus Spenden, Einnahmen aus sozialen Dienstleistungen und öffentlichen Subventionen. Der Wirkungsbericht 2015, dargestellt in Tabelle 7 auf der folgenden Seite, gibt rund 290 Millionen Euro an eingenommenen bzw.

verwendeten Mitteln an. (Caritas V, 2016).

Der Bereich Gemeinwesen- und Stadtteilarbeit bei der Caritas Wien wird seit 2012 unter einer gemeinsamen Leitung geführt und beschäftigt circa 120 angestellte und 260 ehrenamtliche Mitarbeiter/innen. Der Bereich umfasst einen Anteil von rund 2% der Gesamtmitarbeiter/innen sowie der Mittelverwendung der Gesamtorganisation der Caritas Wien (BL 2017) 7. Unter dem Sammelbegriff Zusammenleben werden niederschwellige und kostenfrei zugängliche Projekte für Zielgruppen jeden Alters angeboten. Diese werden in

7 Die in diesem Kapitel mit „BL 2017“ zitierten Angaben stammen aus einem Informationsgespräch zwischen der Autorin und der Bereichsleitung der Gemeinwesen- und Stadtteilarbeit der Caritas Wien im April 2017.

Darstellung der Ergebnisse

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verschiedene Aktionsfelder gegliedert: Nachbarschaft und Stadtteilarbeit, Objekt 19, Kunst für alle, youngCaritas, youngCaritas Käfig League sowie PfarrCaritas und Nächstenhilfe (Caritas VI 2015, Caritas VII 2017).

Mittelherkunft- und Verwendung 2015 (Caritas Wien) In Euro

Mittelherkunft 2015 289.634.990

1. Spenden (inklusive gewidmete Kirchenbeiträge) 35.049.687

ungewidmete Spenden 3.090.109

gewidmete Spenden und Sponsoring 26.753.935

Erbschaften und Schenkungen 1.659.746

Sachspenden 3.545.897

2. Entgelte für Dienstleistungen 225.324.457

von öffentlichen Fördergebern 189.448.828

aus privaten Kostenbeiträgen und Sonstiges 35.875.629

3. Subventionen und Zuschüsse der öffentlichen Hand und und kirchliche Beiträge 26.550.078

4. Sonstige Einnahmen 1.036.896

5. Verwendung von in Vorjahren nicht verbrauchten Spendenmitteln 1.517.216

6. Auflösung von Rücklagen 156.656

Mittelverwendung 2015 289.634.990

1. Aufwendung für die statuarisch festgelegten Zwecke 267.040.034 2. Aufwan für Spendenbeschaffung und Spenderinnenservice 2.250.310 3. Aufwand Adminstration und Infrastruktur (ausgen. Bereich Spenden) 12.156.958

4. Sonstiger Aufwand 0

5. Vorsorge für Projekte 2016 8.187.687

6. Dotierung von Rücklagen 0

Tabelle 7: Darstellung Mittelherkunft und -Verwendung (Caritas Wien 2016)

Für die Forschung wurden ursprünglich acht Projekte ausgewählt, die eine vergleichbare Struktur bzw. ein ähnliches Aufgabenfeld aufwiesen. Es werden auf der Webpage noch weitere Bereiche angeführt, jedoch erfolgt dies teilweise eher aus organisatorischen als inhaltlichen Gründen (z.B. Zivildienstkoordination der youngCaritas). Der folgende Abschnitt enthält Beschreibungen der wichtigsten Tätigkeitsbereiche und Zielsetzungen der ausgewählten Projekte und bezieht sich gänzlich auf die Angaben der Webpage der Caritas Wien (Caritas VII 2015). Gegliedert werden die Projekte in Nachbarschaft und Stadtteilarbeit, Kunst und Kultur sowie Sport/Jugend.

Zum Bereich Nachbarschaft und Stadtteilarbeit zählt das Projekt Gesund Wohnen im Grätzel – Grätzeleltern unterwegs. Dieses bietet muttersprachliche Beratung im eigenen Zuhause durch sogenannte Multiplikator/innen an. Diese sind ehrenamtliche Mitarbeiter/innen und beraten zu Themen wie Wohnrecht, Gesundheitsförderung,

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finanziellen Beihilfen und Energiesparen. Das Ziel ist die Verbesserung der Wohn- und Lebenssituation, vor allem für Bewohner/innen in benachteiligten Stadtquartieren in verschiedenen Bezirken Wiens. Das Stadtteilmanagement Seestadt (aspern inkl. D10 Gemeinschaftsbildung) ermöglicht im neuen Staddteil Seestadt Aspern im 22. Wiener Gemeindebezirk die Partizipation an nachhaltiger Stadtentwicklung für die Bewohner/innen.

Dies geschieht z.B. anhand von Impulsen zum Kennenlernen der Seestadt (Willkommens-Paket für alle Bewohner/innen), der Organisation von Räumlichkeiten zur Begegnung sowie aktivierenden Angebote rund um Wohnen, Freizeit, Kultur, Nachhaltigkeit, Arbeit und Bildung. Beim Projekt Community Cooking werden gemeinsame Kochworkshops und weitere Angebote für Bewohner/innen des umliegenden Stadtteils in der Ankerbrotfabrik im 10. Wiener Gemeindebezirk angeboten. Ziel ist die Förderung des Bewusstseins für ausgewogene Ernährung und interkulturellen Austausch.

Weitere Schwerpunkte der Gemeinwesenarbeit liegen in den Bereichen Kunst und Kultur.

Der Verein Superar organisiert mittels ehrenamtlicher Mitarbeiter/innen eine kostenlose Grundausbildung in Tanz, Gesang und Orchester für Kinder ab dem zweiten Lebensjahr und arbeitet direkt in Wiener Schulen bzw. in der Ankerbrotfabrik. Ziele sind die Entwicklung von Leistungsbewusstsein und Freude an der Gemeinschaft durch gemeinsam erarbeiteten Erfolg sowie ein verantwortungsbewusstes und respektvolles Miteinander8. Ein weiteres Projekt befindet sich im 16. Wiener Gemeindebezirk am Brunnenmarkt, die Brunnenpassage. Diese beschreibt sich als einen offenen Kunst- und Sozialraum für alle Interessierten. Es gibt ein vielfältiges kulturelles Programm, das kostenfrei besucht werden kann und zum Mitmachen auffordert. Ziele sind der interkulturelle Austausch und das Leben kultureller Vielfalt. An diesem und auch anderen Caritas-Standorten in Wien finden die offenen und geschlossenen Tanz-Workshops von Tanz die Toleranz statt. Schwerpunkt ist die Inklusion unterschiedlichster Zielgruppen, so etwa Menschen verschiedener Altersgruppen, mit und ohne körperlichen bzw. geistigen Beeinträchtigungn und mit unterschiedlichen Migrationshintergründen. Ebenfalls im Kunst- und Kulturbereich tätig ist Stand 129, ein adaptierter ehemaliger Verkaufsstand am Viktor-Adler-Markt im 10. Wiener Gemeindebezirk. Hier und im nahegelegenen öffentlichen Raum werden regelmäßige Kunstinterventionen für alle Interessierten angeboten. Ziel ist die Förderung von Reflexionsprozessen und eine Auseinandersetzung zum Thema Vielfalt und Zusammenleben.

8 Das Interview mit der Projektleitung von Superar konnte aus organisatorischen Gründen nicht stattfinden und daher wird dieses Projekt in weiterer Folge nicht mehr berücksichtigt.

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Ein bisher einzigartiges Sport- und Jugendangebot ist die Käfig League. Dabei werden regelmäßige Fußball-Trainings und Fußball-Turniere für 6- bis 14jährige Kinder und Jugendliche durch ehrenamtliche Trainer/innen in so genannten Wiener Fußballkäfigen angeboten. Erreicht werden soll dadurch eine sinnvolle Freizeitbeschäftigung, ein unkomplizierter Zugang zu Fußball, ein interkulturelles Umfeld und respektvoller Umgang miteinander.

Nicht einbezogen in die Vorauswahl der Projekte wurde der sehr große Bereich der PfarrCaritas aufgrund des starken religiösen Bezuges. Dazu zählen z.B. die Caritasgemeinde, die Kontaktstelle Trauer, das pfarrliche Engagement für Flüchtlinge, Besuchsdienste sowie über 3.000 karitative Projekte in mehr als 600 Pfarren jährlich. Für die vorliegende Forschungsarbeit wurde eine andere bzw. engere Definition für SWO bzw.

Gemeinwesenarbeit gewählt und daher nicht berücksichtigt.

Darüber hinaus wurden die großen Arbeitsfelder „Freiwilliges Engagement“ sowie die übrigen Bereiche der young caritas nicht miteinbezogen. Gemessen an der Mitarbeiter/innen-Anzahl und des Jahresgesamtaufwands umfassen die ausgewählten Projekte rund 30% der Gemeinwesen- und Stadtteilarbeit (BL 2017). Daher werden die Ergebnisse der Forschung als entsprechend darauf begrenzt betrachtet.