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2. S OZIALWIRTSCHAFT

2.2 Akteur/innen der Sozialwirtschaft

Es existieren mehrere Ansichten dazu bzw. Begrifflichkeiten davon, wer genau die Akteur/innen einer Sozialwirtschaft sein können. Ein Beispiel wäre Verwaltung (Staat, z.B.

Sozialversicherungen), gewinnorientierte Unternehmen, Private Haushalte und Nonprofit-Unternehmen (z.B. gemeinnützige Vereine) (Zimmer et al 2014: 184). Eine weitere Gliederung wäre die nach Kostenträger/innen (öffentliche Hand), Leistungsempfänger/innen (Klient/innen, Konsument/innen, Private Haushalte) und Dienstleister/innen (Forprofit-Unternehmen, Nonprofit-Unternehmen, öffentliche Servicestellen) (Schellberg 2008: 38). Auch der Begriff des Dritten Sektors für Nonprofit-Unternehmen wird in Abgrenzung zu den Sektoren „Markt“ und „Staat“ verwendet. In diesem Zusammenhang wird von Markt- bzw. Staatsversagen gesprochen. Mit Marktversagen ist gemeint, dass keine Deckung des Bedarfs an kollektiven Gütern durch den Markt einer Volkswirtschaft erfolgt. Bei Staatsversagen wird der spezifische Bedarf von Teilen der Bevölkerung durch den demokratischen Staat nicht abgedeckt (Wendt 2014: 72).

Als besondere Merkmale einer Sozialwirtschaft werden weiters der Dienstleistungscharakter, unschlüssige Tauschverhältnisse von meritorischen2 und

1 NPO meint Nonprofit-Organisation (vgl Halfar 2014, Bono 2006)

2 individuelle, vom Staat gesteuerte Güter wie z.B. Sozialversicherungsleistungen, Pensionsvorsorge, etc. (vgl Wendt 2014, Schellberg 2008)

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öffentlichen Gütern, die Struktur der beteiligten Organisatonen sowie die Gegebenheiten der Sozialen Arbeit angegeben (Schellberg 2008: 41ff).

Als der Sozialwirtschaft grundsätzlich zuordenbar werden Organisationen in den sozialen Diensten, dem Gesundheitswesen sowie Bildung und Erziehung genannt. Dazu zählen etwa: Krankenhauswesen, Jugend-, Familien- und Behindertenhilfe, Blutspende- und Rettungsdienste, Arbeitsmarktpolitische Angebote, Strafvollzug, Kinderbetreuungs-einrichtungen und Pflegeverbände. Unterschieden werden stationäre, teilstationäre und ambulante Einrichtungen (Zimmer et al 2014: 185). Weiters prägen altruistische Bestrebungen die Sozialwirtschaft (Schellberg 2008: 52). Einzelpersonen oder kleine Gruppen gründen Organisationen, um einen sozialen Bedarf abzudecken (Philantropiemodell). Als Beispiel hierfür kann der österreichische Verein Ute Bock für Flüchtlingshilfe genannt werden. Die Sozialarbeiterin Ute Bock hat den Verein als Einzelperson gegründet. Dieser finanziert sich primär über private Spendengelder, Sponsoren und Preisgelder (Ute Bock Verein 2016).

Diese entscheidenden Akteur/innen in der Sozialwirtschaft können als SWO (oder NPO) zusammengefasst werden. Es gibt zu diesen Begriffen eine Vielzahl von Definitionen und Kategorisierungen in der Literatur, die einem laufenden Diskurs unterliegen. SWO bilden generell eine sehr heterogene Branche, deren Problematik in der fehlenden einheitlichen Gestaltung von Zielsetzungen, Aufgaben, Organisationstrukturen sowie Finanzierungsformen liegt (Halfar 2014: 773, Bono 2010: 37). SWO können etwa nach ihren jeweiligen Funktionen beschrieben werden wie etwa der Art der Dienstleistung, der Wahrnehmung der Interessensvertretung und dem Aspekt der Werterhaltung (Neumayr &

Schneider 2008: 5). Darüberhinaus werden sie durch Charakteristika wie freiwilliges Engagement, Reinvestition der Gewinne, Beiträge von Mitgliedern und Spender/innen, Gemeinnützigkeit sowie Bedarfs- und Gemeinwohlorientierung geprägt. Es gibt demnach verschiedene Eigenschaften, durch die SWOs beschrieben werden, obwohl nicht alle auftretenden Organisationen sämtliche Kriterien erfüllen und daher auch Mischformen existieren. (Meyer & Simsa 2013: 7f).3

Für die vorliegende Arbeit wird Sozialwirtschaft als nicht einheitlich definierte und komplexe volkswirtschaftliche Branche verstanden. In dieser Branche werden Dienstleistungen durch

3 siehe auch Institut für Nonprofit-Management der Wirtschaftsuniversität Wien (WU Wien 2017)

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eine Vielzahl von Organisationen4 mit unterschiedlichen Unternehmensformen erbracht.

Diese Dienstleistungen werden als Soziale Dienstleistungen bezeichnet, da sie ihren Ursprung in der Sozialen Arbeit haben und häufig durch die öffentliche Hand beauftragt bzw. finanziert werden. Mit Sozialen Dienstleistungen und deren Steuerung beschäftigt sich das folgende Kapitel.

4 Anstelle der in der Literatur häufig genannte Begriffe wie NPO (Nonprofit-Organisation), Sozialunternehmen oder Soziale Organisationen wird für die vorliegende Arbeit weitestgehend SWO (Sozialwirtschaftliche Organisation) verwendet.

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9 3. SOZIALE DIENSTLEISTUNGEN

Dieser Abschnitt setzt sich mit den Spezifika sozialer Dienstleistungen und dem Spannungsfeldern von SWO auseinander, weiters mit der Bedeutung von Zielsetzungen auf unterschiedlichen Organisationsebenen.

3.1 Besonderheiten Sozialer Dienstleistungen

Soziale Dienstleistungen werden durch die Gegebenheiten der bereits beschriebenen Sozialwirtschaft geprägt. Um klassische betriebswirtschaftliche Controlling-Strategien für SWO adaptieren zu können, müssen die Rahmenbedingungen bei deren Leistungserbringung berücksichtigt werden.

3.1.1 Zur Definition Sozialer Dienstleistungen

In Literatur und Praxis finden sich unterschiedliche Definitionen davon, was eine Soziale Dienstleistung sein soll (Bono 2006: 24). Diese zeichnen sich etwa durch fehlende Gegenständlichkeit (Intangibiliät) aus. Damit ist gemeint, dass die (Aus-)Wirkung vorab nicht eingeschätzt werden, Soziale Dienstleistungen sind somit ein „Vertrauensgut“. Die Kund/innen5 werden in die Produktion der Dienstleistung miteinbezogen und Produktion und Konsum erfolgen zeitgleich („uno actu Prinzip“). Zur Erreichung der festgelegten Ziele bedarf es daher der Mitwirkung der Klient/innen (Integration des externen Faktors). Diese Ziele können eine bestimmte Anzahl von betreuten Klient/innen oder die Bearbeitung von bestimmten Problemlagen sein. Das gewünschte Ergebnis ist eine Zustandsveränderung bei den Empfänger/innen. Einige der entscheidenden Aspekte der Leistungserstellung liegen demzufolge auch außerhalb des Einflussbereichs einer SWO. Daher kann es bezüglich der Prozess- und Ergebnisqualität zu Unklarheiten kommen (Bono 2010: 44).

Ein weiterer zentraler Begriff ist der des sozialrechtlichen Dreiecksverhältnisses. So fungiert der Staat über diverse Sozialleistungsträger als Auftraggeber und Kostenträger. SWO werden als Auftragnehmer/innen bzw. Leistungserbringer/innen bezeichnet, die Leistungen für die Adressat/innen erbringt (Leistungsempfänger/innen bzw. Konsument/innen) (Zimmer et al 2014: 199). Der Staat reguliert dadurch über externe Auftragnehmer/innen so genannte öffentliche oder meritorische Güter. Darunter versteht man individuelle Güter, deren Zugang durch den Staat reguliert wird (z.B. staatlich finanzierte Pflegeleistungen über eine SWO). SWO stehen somit unter dem Druck, sehr unterschiedlichen und teilweise widersprüchlichen Anforderungen gerecht werden zu müssen (Grundwald 2014: 36). Dazu

5 Die Begriffe Kund/innen, Klient/innen, (Leistungs-) Empfänger/innen, Konsument/innen und Adressat/innen werden in der vorliegenden Arbeit synonym verwendet.

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zählen etwa die Einhaltung der seitens der Fördergeber/innen vorgegebenen Rahmenbedingungen und die Ausrichtung der Strategien an der eigenen Mission. Weiters die zunehmende Orientierung an der Markt- und Wettbewerbssituation in der Sozialwirtschaft sowie die immer komplexer werdende Lebenssituation der Klient/innen.

Aus der Unterschiedlichkeit der Ausgangssituationen und Zielsetzungen der beteiligten Akteure/innen ergibt sich ein Spannungsverhältnis, welches in Abbildung 1 dargestellt wird (Bono 2010: 113).

Abbildung 1: Spannungsverhältnis NPO – Auftraggeber – Leistungsempfänger (Bono 2010)

Es wird deutlich, dass die Gestaltung von Sozialen Dienstleistungen mehr oder weniger direkt von der öffentlichen Hand gesteuert wird. Es stellt sich hierzu die Frage nach einer fehlenden Kund/innen-Souveränität (Bono 2006: 34f). So werden soziale Standards zwischen SWO und Fördergeber/innen ausverhandelt, oftmals ohne Beteiligung der Leistungsempfänger/innen. Da Soziale Dienstleistungen jedoch Vertrauensgüter sind und die Mitwirkung der Empfänger/innen benötigt wird, ist eine zumindest teilweise Partizipation und Wahlmöglichkeit langfristig zielführend (z.B. Art der Dienstleistung, Qualitätsansprüche, Preisgestaltung) (Schneider & Pennerstorfer 2014: 159f).

3.1.2 Finanzierung sozialer Dienstleistungen

Die Finanzierung von SWO weist einige markante Unterschiede zu gewinnorientierten Unternehmen auf. So ist die Beschaffung finanzieller Mittel zur Erstellung der Leistungen ein Kernbereich der Unternehmensführung, wird aber innerhalb von SWO als teilweise wesensfremd empfunden. Als primäres Ziel wird zumeist das Erreichen des sozialen Auftrags betrachtet. Eine Ausrichtung an finanziellen Gegebenheiten wird als Ökonomisierungszwang wahrgenommen, als ein notwendiges Übel. Dies kann sich dahingehend auswirken, dass Finanzierungsaufgaben nebenbei erledigt werden und keinen formalen Stellenwert zu haben scheinen (Littich 2013: 322f).

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Auf Basis des bereits beschriebenen Spannungsfeldes ergibt sich hinsichtlich der Finanzierung ein in Abbildung 2 dargestelltes Kreislaufmodell (Schellberg 2008: 25).

Abbildung 2:Sozialunternehmen im Kreislaufmodell (Schellberg 2008)

Grundsätzlich werden sozialwirtschaftliche Finanzierungsformen durch die Art der Finanzierungsquellen, die Preisformen und die Kontraktform gestaltet. Finanzierungsquelle ist oftmals die öffentliche Hand (z.B. Krankenkassen, Arbeitsmarktservice, Pensionskassen, Bund, Länder, Gemeinden, Europäische Union). Dies kann bis nahezu 100% der Einnahmen ausmachen. Hinzu kommen Erträge durch Selbstzahler/innen, Mitgliedsbeiträge, Spenden und wirtschaftliche Nebenbetriebe. Die Preisgestaltung kann sehr vielfältig sein, hängt jedoch stark mit den Sozialleistungsträgern und mit den gesetzlichen und politischen Rahmenbedingungen zusammen (“Einkaufsmonopole”).

Unterschieden werden etwa objektbezogene, kostenbezogene, betriebsbezogene und personenzeitbezogene Vergütungen. Es kann anhand von Einzelleistungen, Fallpauschalen, Projekt- und persönliche Budgets finanziert werden (Schellberg 2014:

243ff). Je nach den rechtlichen Vereinbarungen zwischen Leistungserbringer/in und Sozialleistungsträger/in werden unterschiedliche Kontraktformen definiert (Schellberg 2014: 243ff).:

• Zuwendungsverträge (Vollfinanzierung und Anteilsfinanzierung),

• Leistungsverträge (anhand von Vergabeverfahren mit klarem Gegenleistungsprinzip, hohe Wettbewerbsorientierung, hoher Aufwand),

• Leistungsentgelte (Leistungszeit, Einzelleistungen – wer, was, wann, durch wen, wie) und

• Aufwendungsersatz (stellvertrende Übernahme für hoheitliche Aufgaben).

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Abhängig ist die Finanzierung vom jeweiligen Typ von SWO. Bei den ideellen Sozialunternehmen steht das soziales Problem im Mittelpunkt und die Finanzierung hat eine nachrangige Funktion. Spenden haben eine hohe Bedeutung und es kommt zum Einsatz politischer Mittel zum Erhalt der öffentlichen Finanzierung. Bei Mittelakquisiteuren gibt es einen ideellen Ursprung, neue Projekte stehen aufgrund von Mittelknappheit jedoch nur lose in Verbindung mit den Ursprungsfeldern. Die Sozialen Dienstleister bieten Leistungen gegen Geld für die Sozialleistungsträger an und sind dem Sozialmarkt verbunden. Die Qualität der Leistungen für Menschen steht im Mittelpunkt.

Geschäftsunternehmen wiederum entdecken den Sozialmarkt als Geschäftsfeld, die soziale Dienstleistung ist lediglich Mittel zur Erzielung von Erlösen (Schellberg 2014: 228).

Die Caritas Wien kann nach Ansicht der Autorin dem Typ des ideellen Sozialunternehmens zugeordnet werden. In der Gemeinwesen- und Stadtteilarbeit spielen Ziele wie die Verbesserung der Lebensqualität oder die Lösung sozialer Problemlagen eine zentrale Rolle. Der Caritas Österreich ist aufgrund ihrer Entstehungsgeschichte und ihres Ursprungs in der katholischen Kirche auch ein politisches bzw. gesellschaftliches Mandat zuzuschreiben. Sie befasst sich mit aktuellen gesellschaftlichen Herausforderungen wie der Pflege von Älteren oder Flüchtlingsproblematik. Regelmäßiges Spendenaufkommen und der Einsatz von ehrenamtlichen Mitarbeiter/innen haben eine große Bedeutung (Caritas I + II, 2015).

Generell spricht man bei SWOs von einem Finanzierungs-Mix, wobei zwischen Innen- und Außenfinanzierung unterschieden wird. Unter Innenfinanzierung wird die interne Verwendung von Erlösen bzw. Überschüssen für anfallende Kosten verstanden. Bei SWOs kann dies für Mitgliedsbeiträge oder fixe Leistungsentgelte gelten, da Gewinn im betriebswirtschaftlichen Sinn nicht erwirtschaftet wird. Rationalisierung und verbessertes Kostenmanagement können dazu ebenfalls zielführend sein (z.B. Auslagerung des Inkasso- und Mahnwesens, Bildung von Einkaufsgenossenschaften, Optimierung der Lagerhaltung und Vermietung nicht benötigter Räumlichkeiten) (Littich 2013: 329ff).

Spenden, staatliche Geldmittel in Form von Subventionen, Kredite, Sponsoring und Fundraising sind der Außenfinanzierung zuzuordnen, wobei auch kommerzielle Aktivitäten an Bedeutung gewinnen. Darunter werden an zusätzlichen Erlösen orientierte Leistungen zur Abdeckung von fehlendem Spenden- oder Subventionsaufkommen verstanden. Dies birgt einige Risiken und sollte stets sorgfältig abgewogen werden (z.B. Verlust von Steuerbegünstigungen bei Vereinen, möglicher Image-Schaden). Wenn die SWO keine Gegenleistung erbringt und externe Finanzmittel zur Verfügung gestellt werden, spricht man von Fundraising. Typische Quellen dafür sind Zuwendungen von Privatpersonen,

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Unternehmen, Stiftungen und staatlichen Einrichtungen. Im deutschsprachigen Raum ist der Anteil von Privatspender/innen aufgrund der mangelnden steuerlichen Absetzbarkeit wesentlich geringer als vergleichsweise in den USA. Sach- und Zeitspenden in Form von ehrenamtlicher Arbeit sind ebenfalls dem Fundraising zuzuordnen und typisch für SWO.

Bewährt hat sich ein verantwortungsvoller und transparenter Umgang mit Spenden mittels Eintrag ins Spendenregister oder Qualitätssiegel. Für Unternehmen erlangen CSR (Corporate Social Responsibility) und die öffentliche Wahrnehmung von sozialem Engagement zunehmend an Bedeutung (z.B. Ehrenamt in Arbeitszeit). Online-Spenden, Benefizveranstaltungen und Crowd-Funding zählen abschließend zu Fundraising. Bei Sponsoring wird vertraglich genau fixiert welche Gegenleistungen von welcher Seite erbracht werden. Dies kann für Partner/innen von SWO Vorteile wie Steuerbegünstigungen oder Marketing-Effekte bewirken. Besonders beliebt ist Sponsoring im Bereich Sport, Kunst – und Kultur, Wissenschaft, und Umwelt. Kontroversielle soziale Einrichtungen wie Drogen- und Entzugseinrichtungen können hingegen als vom Sponsoringmarkt weitgehend ausgeschlossen betrachtet werden. Grundsätzlich sollte für SWO die Seriösität der Sponsor/innen stets an erster Stelle stehen, um einen möglichen Verlust der Glaubwürdigkeit zu vermeiden (Littich 2013: 329ff).

Allgemein sind für SWOs Einkünfte langfristig schwer planbar und der Mittelzufluss erfolgt diskontinuierlich aufgrund von etwa unregelmäßigen und saisonal schwankenden Spenden und mehrstufigen Auszahlungsplänen der öffentlichen Hand. Diese oftmalige Abhängigkeit von einem oder einer geringen Anzahl von Fördergeber/innen kann zu Problemen in der Aufrechterhaltung des Leistungsprozesses führen. Ein weiteres Problem der Finanzierung kann die unterschiedliche Beurteilung von erbrachter Leistung durch die Fördergeber/innen darstellen. Indirekte Leistungszeiten werden etwa mit allgemeiner Verwaltungsarbeit gleichgesetzt und budgetär nicht ausreichend berücksichtigt. Dazu zählen Aktivitäten, die zwar direkt für die Leistungsempfänger/innen aber außerhalb der face-to-face-Zeiten erbracht werden (z.B Recherchen, Anrufe). Diese Leistungen sind allerdings für die Qualität der Sozialen Dienstleistungen ausschlaggebend und erhöhen bei mangelnder Finanzierung den Druck hin zu wenig individuellen Dienstleistungen (Schellberg 2014: 268).

3.2 Die Bedeutung von Zielsetzungen

Für SWO stellt sich die Herausforderung, mehrdimensionale und komplexe Zielsysteme so zu formulieren, dass aus langfristigen strategischen Überlegungen konkrete operative Handlungsanweisungen abgeleitet werden können. Denn es ist ohne klare Zielvorgaben nicht möglich, eine Organisation wirksam zu führen (Bono 2006: 82ff).

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14 3.2.1 Zur Formulierung von Zielen

Unter einem Ziel wird generell ein zukünftiger Zustand definiert, der als erstrebenswert gilt.

Zielformulierungen ermöglichen die Messbarkeit und die Überprüfbarkeit der Aktivitäten einer SWO. In der gelebten Praxis gibt es allerdings häufig Defizite in der Planung und Operationalisierung von Zielen (Horak et al 2007: 178). Dies kann zum Teil an einer unzureichenden Zielformulierung liegen. Ziele sollten im Idealfall als positive Zustände formuliert werden. Weiters müssen sie von den Betroffenen (Klient/innen, Bewohner/innen, etc.) mitgetragen werden, also wichtig und bedeutsam für diese sein. Weitere Parameter für sinnvolle Ziele sind: Klarheit und Konkretisierung, Erreichbarkeit, zeitliche Dimensionen, Selbstbestimmung und Verständlichkeit. Das bedeutet im Detail, dass Ziele auf konkrete Bereiche bzw. Situationen bezogen, vom Stand der Person aus erreichbar, terminiert, selbstbestimmt und in der Sprache der Betroffenen formuliert sein sollten. Unklare, abstrakte Aussagen, die auf einer Meta-Ebene verbleiben, sind also hinsichtlich einer detaillierten und handlungsanweisenden Zielformulierung wenig sinnvoll. Es empfiehlt sich Ziele immer genauer zu verfeinern hinsichtlich der Zeiträume, der Ergebnisse und der Ebene. Unterschieden wird nach folgenden Dimensionen: Nah- oder Fernziel, Prozess- oder Endziel sowie Grob- oder Feinziel) (Lüttringhaus & Streich 2007: 140).

Für die Erstellung kontrollfähig formulierte Ziele wird weiters die Auseinandersetzung mit folgenden Fragestellungen empfohlen (Maelicke 2014: 845f):

• Was genau soll erreicht werden?

• Ist dies messbar?

• Exisitiert ein Zeitrahmen, ein Termin?

• Wer ist verantwortlich wofür?

• Welche Rahmenbedingungen gibt es?

Bezogen auf Soziale Dienstleistungen ist es entscheidend, sich auch mit den zugrundeliegenden Zielen Sozialer Arbeit bzw. des konkreten Handlungsfeldes auseinanderzusetzen um daran anknüpfend konkrete und messbare Zielsetzungen formulieren zu können. Zur Orientierung werden Richtungs- und Handlungsziele sowie konkrete Handlungsschritte unterschieden, wie in Abbildung 3 dargestellt (Lüttringhaus &

Streich 2007: 140).

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Abbildung 3: Stufenmodell zur Zielerreichung (nach Lüttringhaus & Streich 2007)

Um Ziele definieren zu können, müssen nicht nur die spezifischen Rahmenbedingungen der SWO sondern vor allem die jeweiligen Anspruchsgruppen mit ihren unterschiedlichen Vorstellungen analysiert werden. Dies führt zu einer Auseinandersetzung mit den Stakeholdern einer SWO (Arnold 2014: 653).

3.2.2 Stakeholder Management

Neben der SWO, den Auftraggeber/innen und den Leistungsempfänger/innen existieren noch eine Vielzahl weiterer Interessensgruppen wie etwa die Mitarbeiter/innen, die Gesellschaft und die Medien. Zusammengefasst bezeichnet man diese als externe und interne Stakeholder, welche in Abbildung 4 dargestellt werden (Bono 2010: 64 f).

Abbildung 4: Grundstruktur der Stakeholder-Landkarte (Bono 2010)

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Es hängt mit der konkreten Zielsetzung und Organisationsstruktur der SWO zusammen, wie Stakeholder definiert, gegliedert und bewertet werden. Der Einfluss von Stakeholdern auf strategische Entscheidungsprozesse ist unterschiedlich stark und oftmals sehr dynamisch (Horak et al 2007: 197f). So müssen etwa übergeordnete Interessen und politische Aufträge berücksichtigt werden (z.B. Einsparungsmaßnahmen seitens öffentlicher Hand) (Maelicke 2014: 845f).

Die Interessensgruppe der Mitarbeiter/innen besitzt in SWOs einen besonderen Stellenwert. Die interne Qualifizierung und generell eine adäquate Ausbildung sind ein wichtiges Qualitätsmerkmal, durch welches sich SWO vom Wettbewerb unterscheiden können. Die hohe Anzahl an Teilzeitbeschäftigten im Sozialen Sektor ist ebenfalls beachtenswert. Der Mix von haupt- und ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen ist eines der größten Spezifika von SWO und eine wichtige Ressource (Zimmer et al 2014, 194f).

Es existiert also eine Vielzahl von Stakeholdern mit oftmals divergente Zielsetzungen und Wertvorstellungen. Diese Kombination birgt mitunter erhebliches Konfliktpotential (Maelicke 2014: 845f). Um von zielführendem Stakeholder-Management sprechen zu können, sollte sich die jeweilige SWO folgende Fragen stellen (Horak et al 2007: 197f):

• Für welche (Ziel-) Gruppen ist die SWO da?

• Welche Stakeholder sind wichtig und warum?

• Welche Maßnahmen werden konkreten Stakeholdern gegenüber gesetzt?

3.2.3 Strategische und Normative Ziele

Normatives Management ist dem strategischem Management vorgelagert und beschäftigt sich mit den generellen Zielen und Zwecken der Unternehmung, der Unternehmenspolitik bzw. der Mission. Die Lebens- und Entwicklungsfähigkeit einer Organisation soll durch die Ausrichtung an Prinzipien, Normen und Spielregeln gewährleistet werden. Die unternehmerische Tätigkeit soll hinsichtlich unterschiedlichster Anspruchsgruppen legitimiert werden. Spätestens auf der nächstgelegenen Ebene des strategischen Managements werden anhand eines Leitbildes langfristige Strategien zur Erfüllung der Mission entwickelt. Im Vergleich mit gewinnorientierten Unternehmen sind die Oberziele von SWO teilweise quantitativ deutlich schwer erfass- und messbar. Umso mehr ist Klarheit gegenüber den unterschiedlichen Stakeholdern notwendig. Schriftlich wird dies im Leitbild anhand eines Zielsystems dargestellt. Dafür wird zu Beginn eine Analyse des Umfelds durchgeführt (z.B. Markt, Politik und Recht, Demographie und soziokulturelles Umfeld, Technologie, regionales Umfeld). Ergebnis davon ist die Definition von Chancen und Risiken und die Ermittlung von kritischen Erfolgsfaktoren sowie Kernkompetenzen (Was braucht die SWO, um in der zukünftigen Branche erfolgreich zu agieren? Was sind die größten Stärken?). Anschließend werden bei der internen Analyse Ressourcen (z.B.

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Finanzen, Mitarbeiter/innen, Organisation) und Konkurrenten beurteilt. Darauf aufbauend wird die Mission der SWO definiert und in weiterer Folge das Leitbild konkretisiert (Eschenbach et al 2015: 3ff).

Die interen und externe Analyse ermöglicht auch die Definition von strategischen Geschäftsfeldern. Darunter versteht man Produkt-Markt-Kombinationen, die inhaltlich und organisatorisch voneinander trennbar sind. Bezogen auf die Praxis von SWO könnte man hier von unterschiedlichen Projekten für diverse Zielgruppen sprechen, so etwa Angebote für Jugendliche, Menschen mit Behinderungen, Senior/innen, etc. (Horak et al 2007: 186ff).

Das Eingehen von strategischen Allianzen mit Mitbewerber/innen oder weiteren Unternehmen kann ebenfalls ein Ergebnis der Analysen sein. SWO gelten allerdings generell als allianzscheu. Zukünftig könnten Kooperationen von SWO und gewinnorientierten Unternehmen aufgrund von immer knapper werdenden öffentlichen Förderungen verstärkt ein Thema sein (Horak et al 2007: 186ff). Kooperationen haben für SWO im Bereich Gemeinwesenarbeit eine besondere Bedeutung, da die Vernetzung verschiedenster Organisationen notwendig und zielführend ist. Darauf wird unter anderem im Empirie-Teil der Arbeit näher eingegangen.

Für die erfolgreiche Implementierung von strategischen Entscheidungen ist zu berücksichtigen, dass diese in Ruhe getroffen werden und alle Führungskräfte beteiligt sein sollten, wie dies etwa im Rahmen von Klausuren geschieht. Grundätzlich sollte bei den Ergebnissen auf eine Ausgewogenheit zwischen ökonomischen und qualtiativen Zielen geachtet, formulierte Ziele zueinander in Beziehung gebracht und in eine Rangfolge geordnet werden (Aspekte der Vollständigkeit, Entwicklung einer Zielhierarchie). Dies soll eine daran anschließende strukturierte Vorgehensweise auf operativer Ebene ermöglichen (Horak et al 2007: 199f). In der Praxis wird der normativen bzw. strategischen Ebene nicht immer die entsprechende Bedeutung im Zusammenhang mit Zielformulierungen beigemessen (Eschenbach et al 2015: 3ff). Die beschriebenen Analyseschritte werden nicht immer konsequent durchgeführt was dazu führen kann, dass nicht alle Potentiale einer SWO genutzt (Horak et al 2007: 186ff).

3.2.4 Operative Ziele

Mit der Nutzung vorhandener Potentiale zum Zweck der aktuellen Erfolgssicherung, Qualitätsüberprüfung und der optimalen Gewinnermittlung beschäftigt sich operatives Management. Es sollen konkrete operative Ziele für SWO ausgearbeitet und anhand von messbaren Indikatoren überprüft werden. Es werden unterschiedliche Zielarten unterschieden, dazu zählen Leistungswirkungsziele, Leistungserbringungsziele, Potential- und Verfahrensziele sowie Formalziele (Horak et al 2007: 180ff; Maelicke 2014: 849).

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Leistungswirkungsziele beziehen sich auf die Zustands- und Verhaltensveränderungen, d.h. die beabsichtigten Wirkungen bei der Zielgruppe (Beeinflussungsziele). Es muss klar ersichtlich sein, welche Wirkungen bei wem in welchem Zeitrahmen erreicht werden sollen.

Dies wird, wie bereits erläutert, durch die Spezifika von Sozialen Dienstleistungen erschwert. Zielkonfliktregulierungen sind etwa aufgrund der divergenten Interessen der Anspruchsgruppen oftmals notwendig. Leistungserbringungsziele beschreiben die konkreten Aktivitäten der SWO wie Beratungsgespräche, Inverventionen oder Pflegeeinheiten. Voraussetzung für eine zielführende Zielformulierung ist ein zuvor erstellter Leistungskatalog. Um Leistungen zu ermöglichen, sind Potentiale wie Mitarbeiter/innen oder Förderbudgets und Verfahren zur Leistungserbringung notwendig.

Diese werden durch Potential- bzw. Verfahrensziele dargestellt. Unter Formalzielen werden Effektivität und Effizienz verstanden so wie die Qualität der Leistungen, die Relation

Diese werden durch Potential- bzw. Verfahrensziele dargestellt. Unter Formalzielen werden Effektivität und Effizienz verstanden so wie die Qualität der Leistungen, die Relation