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Auswirkungen auf Belastung und Ressourcen aus Sicht der Beschäftigten Bisher liegen keine Forschungsergebnisse mit repräsentativen Aussagen zu ge-sundheitlichen Auswirkungen von Vertrauensarbeitszeit vor. Ausgangspunkt unserer Betrachtung ist die Frage, wie die Befunde unserer Pilotbefragung zu den durch Ver-trauensarbeitszeit eingetretenen Veränderungen zu erklären sind (vgl. Kap. 4.2). Ein großer bis überwiegender Anteil der Beschäftigten in Vertrauensarbeitszeit berichtete demnach über

r eine erlebte Zunahme von Belastungen (Anstieg der Überstunden, vermehrter Termin- und Leistungsdruck)

r bei gleichzeitig erhöhter Arbeitszufriedenheit und

r einer wahrgenommenen Verbesserung der Arbeits- und Lebensgestaltung (Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben)

Diese ambivalenten Auswirkungen von Vertrauensarbeitszeit auf die Beschäftigten werden auch durch empirische Ergebnisse einer eigenen Befragung in der Multi-mediabranche gestützt, wonach die Anzahl der Überstunden in Vertrauensarbeitszeit im Vergleich zu anderen Arbeitszeitmodellen am höchsten ist, während die Zufrie-denheit mit Vertrauensarbeitszeit ebenfalls hoch ausgeprägt ist (vgl. Kap. 3.2.3).

Wenn man die Stärkung gesundheitlicher Ressourcen als moderierenden Faktor be-greift, wäre dies ein Ansatz, der das Ergebnis der subjektiv höheren Zufriedenheit und einer verbesserten Arbeits- und Lebensgestaltung trotz steigender Belastung er-klären könnte (vgl. Abb. 7.1).

Subjektiv steigende Belastung

Verbesserte Arbeits-und Lebensgestaltung Höhere

Arbeitszufriedenheit

Stärkung gesundheitlicher

Ressourcen

Abb. 7.1 Stärkung gesundheitlicher Ressourcen als Moderatorvariable für den Zusammenhang von Belastung, Arbeitszufriedenheit und Arbeits- und Lebensgestaltung

Eine differenzierte Analyse dieser Zusammenhänge unter Berücksichtigung weiterer Einflussfaktoren (z. B. beruflicher Status, Alter, Geschlecht, Familienstand, Ver-pflichtungen aus dem privaten Lebensumfeld) konnte im Rahmen der durch-geführten Pilotbefragung aufgrund der geringen Stichprobengröße nur begrenzt ge-leistet werden (vgl. Kap. 4.2). Hier besteht weiterer Forschungsbedarf. Die zentrale Forschungsfrage lautet:

Für welche Beschäftigten in welcher Lebenssituation sind welche Arbeitszeitmodelle unter belastungs- und ressourcenoptimalen Gesichtspunkten besonders geeignet?

Dabei sollte eher eine individuenbezogene als eine unternehmensbezogene Be-trachtung im Fokus stehen.

Mangelnder Einbezug betrieblicher Arbeitsschutzakteure bei der Einführung Schließlich werden nach unseren Ergebnissen aus der Analyse betrieblicher Fall-beispiele betriebliche Arbeitsschutzakteure bei der Einführung von beitszeit nicht eingebunden (vgl. Kap. 4.1). Daher wird das Thema Vertrauensar-beitszeit in der betrieblichen Praxis auch kaum unter dem Aspekt der gesundheitli-chen Belastungen und Ressourcen diskutiert. Zu beobachten sind auch Schwie-rigkeiten der staatlichen Arbeitsschutzverwaltung, angesichts der bestehenden An-forderungen aus dem Arbeitszeitgesetz und Arbeitsschutzgesetz (Höchstar-beitszeiten Aufzeichnungspflicht, Überwachungspflicht) auf die praktizierte Ver-trauensarbeitszeit zu reagieren. Es besteht weder eine angemessene Information und Beratung noch eine adäquate Überwachung der Einhaltung gesetzlicher Re-gelungen bei Vertrauensarbeitszeit.23

Das Dilemma der getrennten Sphären in der betrieblichen Arbeitszeitgestaltung zeigt die folgende Abbildung 7.2:

23 Eine Ausnahme bildet ein Merkblatt des Staatlichen Amts für Arbeitsschutz Wuppertal zur Auf-zeichnungspflicht und Überwachungspflicht in Vertrauensarbeitszeit u.a. flexiblen Arbeitsformen, das Arbeitgebern einen Überblick über die Anforderungen aus dem ArbZG und ArbSchGund Hinweise zu deren Erfüllung bietet (StAfA Wuppertal, 2003). Allerdings ist das Ausmaß der Verbreitung und Nut-zung dieses Merkblatts unbekannt.

Fachkraft für Arbeits-sicherheit

Betriebs-arzt Betriebsrat

Personalleitung/

Geschäftsführung

Externe Arbeitszeit-berater

Arbeitszeit-Gestaltung

Staatliche Ämter

für Arbeitsschutz Keine Kommunikation externer Berater!

Kaum innerbetrieblicher

Austausch!

Gesundheit

Abb. 7.2 Gesundheit und Arbeitszeitgestaltung – getrennte Sphären

Zukünftig müssen in der betrieblichen Praxis strukturelle Veränderungen erfolgen, um Gesundheit und Arbeitszeitgestaltung aneinander zu koppeln. Dabei steht die Verknüpfung der betrieblichen Funktionen des Personalmanagements und des Ar-beits- und Gesundheitsschutzes im Mittelpunkt der Herausforderungen. Es bietet sich an, dass im Rahmen der Thematik flexible Arbeitszeitgestaltung gute Pra-xisbeispiele erarbeitet werden, die auf eine bessere Kommunikation und Kooperation der angesprochenen betrieblichen Funktionen abzielen.

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