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Ein weiterer wesentlicher Makrotrend mit gravierenden Auswirkungen auf die Flexibi-lisierung der Arbeitswelt ist die demografische Entwicklung der Bevölkerung und der Erwerbstätigen. Folgende Veränderungen bzgl. der Zahl und Altersstruktur der

(Er-werbs)Bevölkerung sowie der Anzahl und Qualifikation der Erwerbstätigen sind zu erwarten (IAB 1998; Statistisches Bundesamt, 1988):

r Die Bevölkerung in Deutschland wird ab 2010 – ausgehend von dann rd. 81 Mio.

– bis 2050 um rd. 11 Mio. bis 16 Mio. Menschen schrumpfen (Höhn, 2000; Pro-gnos, 1998)2. Die zunehmende Dynamik des Schrumpfungsprozesses wird durch eine – seit den 70er Jahren rückläufige – geringe Geburtenrate von derzeit durch-schnittlich ca. 1,3 Kindern pro Frau stark beeinflusst. Damit liegt Deutschland wie auch alle anderen europäischen Länder unterhalb der Bestandserhaltungsquote von 2,1 Kindern je Frau im statistischen Mittel (Costas, 1985).

r Die deutsche Erwerbsbevölkerung wird bis 2010 geringfügig auf 42 Mio. anstei-gen und danach bis 2020 auf 39,8 Mio. zurück gehen. Sofern die Zahl der Er-werbstätigen in etwa unverändert bleibt, könnte sich die Massenarbeitslosigkeit im gleichen Zeitraum etwas abschwächen und auf einem geringerem Niveau be-stehen bleiben (Prognos, 1998). Allerdings ist ebenso eine Kompensation des Rückgangs der Erwerbspersonenzahl und der damit verbundenen Arbeitslosig-keitsquote aufgrund einer zunehmenden ErwerbstätigArbeitslosig-keitsquote der Frauen so-wie einer Reintegration von Frührentnern denkbar (Husemann et al, 2003).

r Das Durchschnittsalter der Bevölkerung wird von 41,1 Jahren im Jahr 2000 konti-nuierlich bis auf 48,2 Jahre in 2045 ansteigen (Deutscher Bundestag, 2002). In 2010 wird es in Deutschland mehr ältere, über 40-Jährige Erwerbspersonen als Jüngere, unter 40-Jährige geben; der Anteil der über 40-Jährigen liegt dann bei 58% (Prognos, 1998). Das Durchschnittsalter der Erwerbstätigen stieg von rd. 38 Jahren in 1991 um 2 Jahre auf rd. 40 Jahre in 2001 mit anhaltend steigender Tendenz (Statistisches Bundesamt, 2003; Rürup u. Sesselmeier, 2001).

r Die Höherqualifizierung der Erwerbstätigen steigt weiter an. Der Akademikeranteil steigt von 14% in 1995 auf 15% in 2002 und auf 17% in 2010 (Statistisches Bun-desamt, 2003; Weidig et al, 1998). Demgegenüber sinkt der Anteil der Personen ohne Berufsabschluss von rd. 17% in 1995 auf 11% in 2010 (Deutscher Bundes-tag, 2001).

2 Die Spannbreite des prognostizierten Bevölkerungsrückgangs ist von unterschiedlichen Wande-rungssalden abhängig (vgl. Prognos, 1998).

r Die Erwerbstätigkeitsquote der Frauen steigt kontinuierlich an. Während im Jahr 1996 rd. 58 von 100 Frauen erwerbstätig waren, stieg die Frauenerwerbsquote bis auf rd. 62% in 2002 (Statistisches Bundesamt, 2003).

Zusammengefasst zeichnet sich also eine Situation in Deutschland dergestalt ab, dass die (Erwerbs)Bevölkerung zunehmend altert und ab 2010 schrumpfen wird. Ein gleichzeitiger demografisch bedingter Rückgang der Massenarbeitslosigkeit kann allerdings nicht als sicher unterstellt werden. Außerdem werden mehr hochquali-fizierte Arbeitskräfte und weniger gering qualihochquali-fizierte Personen sowie vermutlich mehr Frauen erwerbstätig sein.

Die Auswirkungen dieser tiefgreifenden demografischen Veränderungen auf die Un-ternehmen und die zukünftige Arbeitswelt sind äußerst vielschichtig und können hier nur exemplarisch mit Blick auf erwartbare Flexibilisierungseffekte skizziert werden3. So führt die Alterung von Belegschaften in vielen Betrieben – verstärkt durch die ak-tuell diskutierte Verlängerung der Lebensarbeitszeit und die Erhöhung des gesetzli-chen Renteneintrittsalters (Marstedt, 2003) – dazu, dass künftig vermehrt ältere Ar-beitnehmer/innen die gleichen Tätigkeiten ausüben müssen wie heute jüngere Be-schäftigte. Allerdings ist die Erwerbsquote im höheren Erwerbsalter ab 55 Jahren insbesondere bei Männern aufgrund vorzeitiger Verrentung und Arbeitslosigkeit in-nerhalb der letzten 25 Jahre kontinuierlich gesunken (Husemann et al, 2003).

Aus einschlägigen Demografie-Studien ist bekannt, dass die wesentlichen Gründe für Frühverrentung Arbeitslosigkeit, Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit sowie insbe-sondere betriebliche Externalisierung im Rahmen von Sozialplänen sind (Marstedt, 2003). Da insbesondere die zuletzt genannte Ursache zukünftig kaum mehr in die-sem Umfang realisierbar sein wird, sind die Unternehmen gefordert, ihre Personal-politik völlig neu auszurichten, um die Arbeitsfähigkeit bis zum (gesetzlichen) Ren-tenalter sicher zu stellen. Ansatzpunkte hierfür liegen in der Schaffung flexibler,

3 Zu resultierenden Herausforderungen des demografischen Wandels hinsichtlich einer nachhaltigen Arbeitsgestaltung siehe Volkholz et al, 2002. Einen guten Überblick zu betrieblichen Bewältigungs-möglichkeiten des demografischen Wandels bietet Richenhagen, 2003. Zu ausführlichen Ergebnissen des BMBF-Projekts „Demotrans“ siehe Bullinger, 2001 und www.demotrans.de.

terns-gerechter Arbeitszeitmodelle (wie z. B. Teilzeit in verschiedensten Varianten in Kombination mit Lebensarbeitszeitkonten) sowie in der Flexibilisierung von Arbeits-gestaltung über die Definition von (belastenden) Tätigkeiten mit begrenzter Dauer und entsprechenden Rotationsprogrammen bis hin zur alternsgerechten Laufbahn-planung und flexiblen Erwerbsbiografien (Husemann, 2003; Langhoff, 2002; Köch-ling, 2002; Behrends, 2001).

Eine weitere betriebliche Herausforderung besteht in der Sicherung von Nachwuchs-arbeitskräften vor dem Hintergrund eines sich in einigen Branchen4 schon heute ab-zeichnenden Fachkräftemangels, der sich bedingt durch den langfristigen Rückgang des Erwerbspersonenpotenzials noch verstärken wird. Hier sind die betroffenen Un-ternehmen gefordert, ihre Rekrutierungspolitik zu verändern und sich für bislang ver-nachlässigte Arbeitsmarktgruppen, wie z. B. Frauen in Gießereien, zu öffnen und sowohl jüngere als auch ältere Erwerbspersonen gezielt zu umwerben (Wingen, 2003a). Des weiteren gilt es, eine längerfristige betriebliche Bindung insbesondere jüngerer Beschäftigter, die sich durch eine vergleichsweise hohe Wechselbereit-schaft auszeichnen (Köchling, 2002), durch attraktive Arbeitsinhalte und -bedingun-gen sowie berufliche Entwicklungschancen zu erhöhen. Weitere betriebliche Heraus-forderungen des demografischen Wandels sind z.B.

r die Implementierung von Strategien und Maßnahmen zur vorausschauenden Ge-sundheitsprävention (z.B. durch alternsgerechte Arbeitsplatzgestaltung, Gesund-heitsförderungsprogramme u.a.), um den Erhalt der Arbeitsfähigkeit über die Re-duzierung von Verschleißerscheinungen zu sichern (Richenhagen, 2003),

r die flexible Ausgestaltung verschiedener alternsgerechter Lernformen und Quali-fizierungsmaßnahmen zur Ermöglichung des Wissenserwerbs und damit zum Er-halt der Anpassungsfähigkeit älterer Mitarbeiter/innen sowie zur Gewährleistung eines Transfers von Erfahrungswissen von älteren zu jüngeren Beschäftigten (Jürgenhake u. Schumacher, 2000) sowie

r die Unterstützung einer Kultur der gegenseitigen Wertschätzung zwischen den Generationen im Betrieb, durch ein verändertes Führungsverhalten der Vorge-setzten, dass sich flexibel auf die unterschiedlichen Potenziale und

4 Beispiele hierfür sind die Gießerei- Schmiedeindustrie (Jürgenhake et al, 2003) sowie diverse Ge-werke des Handwerk (Zentralverband Sanitär Heizung Klima, 2003; Mendius, 2001).

gen der Mitarbeiter aller Altersklassen einstellt, sowie durch die Realisierung al-tersgemischter Teamarbeit, um die Kooperation und gegenseitige Anerkennung zwischen Jung und Alt zu befördern (Köchling 2002).