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Episodisches Interview nach Flick

5.4 Methode der Datenerhebung

5.4.1 Episodisches Interview nach Flick

Im Mittelpunkt des Forschungsprojektes stehen nicht nur schulisch-berufliche Über-gänge von Interviewpartnern und -partnerinnen, sondern auch deren Bedingungen für das Gelingen zu erfolgreichen beruflichen Übergängen und die möglichen Ursa-chen für das Übergangsscheitern. Da diese Forschungsschwerpunkte als biografische Bestandteile angesehen werden können, lassen sie sich im Rahmen der Biografiefor-schung erheben.

Das narrative Interview ist zwar ein bewährtes Instrument zur Erhebung von subjektiven Lebenserfahrungen anhand biografischer Selbstreflexion, es wird jedoch aufgrund von Sprachschwierigkeiten von Interviewpartnern und -partnerinnen das episodische Interview nach Flick mit narrativ-episodischem Grundgerüst bevorzugt.

Flick nimmt an, dass jedes Subjekt über eigenes Erfahrungswissen verfügt, das abgespeichert und abrufbar bleibt. Dabei unterscheidet er zwischen dem situationsbe-dingten narrativ-episodischen und dem semantischen Wissen. Die narrative und epi-sodische Art des Wissens wird nicht nur auf der Grundlage von Erfahrungen, sondern auch auf der Basis von spezifischen Situationen und Umständen aufgebaut, an wel-che sich der jeweilige Interviewpartner erinnert. Das zentrale Bindeglied der erstge-nannten Wissensart ist der Entwicklungskontext einer Situation, um das herum sich Wissen bildet. Im Gegensatz dazu impliziert die zweite Wissensart keine konkreten, sondern eher verallgemeinerte, vergleichbare Annahmen, Argumente und Zusam-menhänge sowie Begriffe und deren Beziehungen (Flick 2017, S. 238 f.).

Wissensbereiche des Alltagswissens im episodischem Interview (Flick 2011, S. 274, eigene Dar-stellung)

Im episodischen Interviewverfahren sind die beiden Wissensarten kombiniert. Sie setzen ihre systematische Verknüpfung voraus und können als eine methodeninterne Triangulation wahrgenommen werden. (ebd.)

Über bestimmte umstandsbezogene kontextreiche Erzählungen wird das narra-tiv-episodische Wissen erhoben bzw. analysiert. Das semantische Wissen kann man über konkrete, zielgerichtete und somit forschungsgegenstand-bezogene Fragen er-schließen. (Flick 2017, S. 239) Das semantische Wissen lässt sich anhand von Frage-Antwort-Sequenzen am besten erheben (ebd., S. 245 sowie Flick 2011, S. 273).

Die kontextbezogenen Erfahrungsdarstellungen verdeutlichen die Prozesse der Wirklichkeitskonstruktion der Interviewpartner wesentlich besser als andere Vor-gehensweisen, die auf abstrakten Begriffen, Konzepten und Antworten im engeren Zusammenhang beruhen (Flick 2017, S. 239).

Das episodische Interview lässt sich für Untersuchungen empfehlen, die sich auf das Erfahrungswissen und Wandlungen aus der Sicht der Interviewpartner und -part-nerinnen beziehen, ohne jedoch klaren und ausschließlichen Bezug auf biografische Vorgänge zu nehmen (Flick 2011, S. 278).

„Die Erfahrungen mit der Anwendung der Methode zeigen, dass ein entscheidender Schritt die Erläuterung und Verinnerlichung des Prinzips der Erzählung von Situationen darstellt – sowohl auf der Seite des Interviewers, als auch beim Interviewten. Trotzdem wird es nicht in jedem Fall gelingen, zu allen Bereichen Erzählungen zu konkreten Situa-tionen zu stimulieren. Häufig werden SituaSitua-tionen nur genannt oder es werden regelmä-ßig wiederkehrende Situationen geschildert (sog. Repisoden – Niesser 1981, z. B.: ‚immer Abbildung 40:

wenn ich…‘ oder auch Beispiele geschildert (die nicht auf selbst erlebte Situationen bezo-gen sind).“ (Flick 2011, S. 278 f.)

Im Rahmen des episodischen Interviews differenziert Flick erhobenes Datenmaterial nach verschiedenen Datensorten. Darauf bezogen lassen sich Situationserzählungen von Repisoden, Stereotypen, Beispielschilderungen, subjektiven Definitionen und ar-gumentativen Aussagen abgrenzen. Diese Datensorten ermöglichen den Einblick in verschiedene Komponenten der Ansichten und Erfahrungen der Interviewten (ebd., S. 279).

Bei der Durchführung des episodischen Interviews wird der jeweilige Interview-partner regelmäßig aufgefordert, von erlebten Situationen zu erzählen. Damit der In-terviewer während des Interviews mit den Erzählaufforderungen zurechtkommen kann, wird empfohlen, im Vorfeld der Interviewdurchführung einen Leitfaden aus den thematischen Bereichen zusammenzustellen (Flick 2017, S. 240).

Das episodische Interview beginnt in der Regel mit einer einführenden Erläute-rung, wie zum Beispiel: „In diesem Interview werde ich immer wieder bitten, mir Situationen zu erzählen, in denen Sie bestimmte Erfahrungen […] gemacht haben“

(ebd., S. 241).

Bei der Fortführung des episodischen Interviews orientiert sich der/die Befra-gende an thematischen Leitfadenbereichen, formuliert hierfür die Erzählaufforderun-gen und stellt geErzählaufforderun-genstandsbezoErzählaufforderun-gene FraErzählaufforderun-gen. Der überwieErzählaufforderun-gende Anteil des episodi-schen Interviews stellt die Erzählaufforderungen dar. Wie in anderen Interviews ist der flexiblere Umgang mit der Reihenfolge der thematischen Bereiche und mit vorab formulierten Fragen möglich (Flick 2011, S. 275).

„Das generelle Problem erzählungsgenerierenden Interviews – dass manche Menschen größere Schwierigkeiten haben zu erzählen als andere – besteht auch bei diesem Verfah-ren. Es relativiert sich allerdings dadurch, dass nicht – wie im narrativen Interview – eine umfassende Erzählung, sondern mehrere umgrenzte Erzählungen erbeten werden. Die Vermittlung des Prinzips der Erzählung von bestimmten Situationen an den Interview-partner ist sorgfältig anzugehen, um zu vermeiden, dass Situationen (in denen bestimmte Erfahrungen gemacht wurden) lediglich benannt, jedoch nicht erzählt werden. Ähnlich wie bei anderen Interviews ist eine wesentliche Voraussetzung, dass der Interviewer das Prinzip des Interviews verinnerlicht hat.“ (Flick 2017, S. 244)

Aus diesem Grund ist auch eine sorgfältige Vorbereitung auf das Interview mit kon-kreten Beispielen notwendig. Ein gründliches Interviewtraining konzentriert sich auf die Verwendung des Leitfadens und vor allem darauf, wie die Erzählung angeregt wird und gegebenenfalls tiefergehende Fragen gestellt werden (Flick 2017, S. 244).

Auch wenn das episodische Interview keinen Zugang zum konkreten Situations-handeln und mangelnde Interaktionen bietet, kann beides im Hinblick auf die Betei-ligten rekonstruiert und die Gruppenunterschiede in solchen Erfahrungsmodi geklärt werden (ebd., S. 245).

Dabei soll zunächst diskutiert werden, wie solche Erfahrungen aus Sicht der Be-troffenen rekonstruiert werden können.