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Entwicklung des Erhebungsinstrumentes

5.4 Methode der Datenerhebung

5.4.3 Entwicklung des Erhebungsinstrumentes

Um das Erfahrungswissen bestehend aus dem situationsbedingten narrativ-episodi-schen und semantinarrativ-episodi-schen Wissen von Interviewpartnern und -partnerinnen erheben zu können, wurde die Verortung des Forschungsgegenstandes in die Wissensbereiche mithilfe des episodischen Interviews vorgenommen (s. Abb. 41).

Das abgebildete Verortungsschema wurde als Ausgangsgrundlage für die Ent-wicklung des Interviewleitfadens genutzt.

Da im Vorfeld die Entscheidung getroffen wurde, anhand des Erfahrungswissens die gegenstandsbezogenen Daten zu erheben, sind zwei Erhebungsverläufe entstan-den. Dementsprechend wurden zwei Erhebungsverläufe durchgeführt.

Eine Gruppe von Interviewten gehörte zu den fortgeschrittenen jungen Men-schen mit Förderbedarf und bestand aus den Absolventen und Absolventinnen einer überbetrieblichen Ausbildungsstätte, die eine anerkannte Berufsausbildung im An-schluss an BVJ und eine BvB-Maßnahme im Rahmen einer gestuften Berufsausbil-dung oder FachpraktikerausbilBerufsausbil-dung absolvierten. Ihnen ist also die Möglichkeit ge-geben, auf dem ersten Arbeitsmarkt tätig zu werden. Diese Gruppe konnte ohne zeitaufwendige Vorbereitungen interviewt werden. Für die Einleitung wurde die Ver-wendung von im Vorfeld vorbereiteten Abbildungen vorgesehen. Eingeleitet wurde das Gespräch wie folgt:

„Es ist dir gut (motivierende Wirkung) gelungen von der Schule mit dem Förderschwer-punk Lernen oder geistige Entwicklung in eine Berufsausbildung und in eine Beschäfti-gung überzugehen. Das besondere Interesse besteht darin, wie gut dir der Übergang von deiner (Förder-) Schule in eine Ausbildung sowie in eine Beschäftigung gelungen ist. Also, diese Übergänge werden jetzt thematisiert.“ (Bestandteil des Interviewleitfadens)

Verortung der Aspekte schulisch-beruflicher Übergangsforschung in die Wissensbereiche im episodischen Interview (Flick 2011, S. 274, eigene Darstellung)

Danach wurde das Gespräch unter Bezug auf die einzelnen Übergangssituationen vertieft:

„Hier siehst du diese Baum-Äste mit Überschriften wie Schule, Berufsorientierung, Be-rufsvorbereitung, Praktika, Beruf, Berufsausbildung, Beschäftigung und speziell deine Übergangs-Verläufe Schule-Berufsausbildung-Beschäftigung (Bestandteil des Leitfadens).

Die Abbildung deines Lebensweges kann dich beim Erzählen genauso unterstützen. Ich werde dich immer wieder bitten, mir über deine Lebenssituationen zu diesen Themenbe-reichen (Abbildungen zu den ausgewählten Themen) zu erzählen.“ (Bestandteil des Inter-viewleitfadens)

Da die zweite Gruppe der Interviewten Schwierigkeiten beim freien Erzählen aufwies und aufgrund der Erzählaufforderungen leicht überfordert werden konnte, schien es sinnvoller zu sein, eine interaktive Vorbereitung vor der Interviewdurchführung (s.

Kap. 5.4.2) zu initiieren. Die zweite Gruppe setzte sich aus den Interviewten zusam-men, denen keine anerkannte Berufsausbildung zugänglich war. Sie sind auf dem zweiten Arbeitsmarkt beschäftigt.

Einleitend sollte im Gegensatz zur ersten Gruppe der Bezug zur interaktiven Vor-bereitungssitzung (s. Kap. 5.4.2.) hergestellt und danach wie bereits vorgestellt weiter-geführt werden.

„Aus den vorherigen Sitzungen, weißt du schon, aus welchem Grund ich dich unbedingt interviewen möchte. Ich erwähne dies noch mal. Es ist dir gut (motivierende Wirkung) gelungen, von der Schule mit dem Förderschwerpunkt Lernen, geistige Entwicklung in eine Berufsausbildung und/oder in eine Beschäftigung überzugehen.“ (Ebd.)

Abbildung 41:

Im Rahmen des Interviews sollten die Interviewpartner und -partnerinnen aufgefor-dert werden, ihre situationsfokussierten Lebensgeschichten zu erzählen. Um den Erzählfluss von Interviewten zu unterstützen und Erinnerungshilfen anzubieten, wurden die bewährten Visualisierungsmethoden der Biografiearbeit mit geistig be-hinderten Menschen genutzt (Lindmeier 2013, S. 56 f., 89 ff.). Zur Darstellung einer thematischen Übersicht wurde ein Stammbaum genutzt, dessen Äste bestimmte for-schungsrelevante Themen zeigen. Zur Dokumentation der Lebensgeschichte wurde während der Erzählung ein Lebensweg-Poster mit diversen forschungsrelevanten Ab-bildungen ausgestaltet.

Unter der Zuhilfenahme dieser Visualisierungsmittel wurde den Interviewten vorgeschlagen, mit dem Interview zu starten. Begonnen wurde die narrativ-episodi-sche Erzählung mit einem durch die Interviewten selbst ausgewählten Abschnitt ihres Lebens (unter Nutzung der aufbereiteten Abbildungen oder anderen wichtigen Situationserfahrungen).

Im Rahmen des episodischen Interviews wird nicht nur das narrativ-episodische Wissen mittels der situationsbedingten Erzählaufforderungen, sondern auch das se-mantische Wissen auf der Grundlage der vertieften Frage-Antwort-Sequenzen erho-ben. Von besonderer Bedeutung sind, wie in Abbildung 41 dargestellt, die Schul-, Ausbildungs- und Beschäftigungssituation sowie die schulisch-berufliche Übergangs-situationen. Entsprechend den Grundlagen des episodischen Interviews nach Flick wurde der folgende Interviewleitfaden40 in Anlehnung an Döling (2014) entwickelt.

Bei der Durchführung des episodischen Interviews dient der Interviewleitfaden nur als Orientierungsgrundlage. Grundsätzlich wird wie folgt vorgegangen:

• Als Erstes werden die forschungsfokussierten Erzählaufforderungen gestellt.

• Danach werden diese Erzählaufforderungen in den narrativ-episodischen Inter-viewteil integriert.

• Bei Bedarf werden die gegenstandsbezogenen Fragen (zu den Übergangsverläu-fen) und die Nachfragen zur Klärung der Unklarheiten bzw. zur Vertiefung des Erzählten gestellt.

Interviewleitfaden (Döling 2014, eigene erweiterte Darstellung) Tabelle 8:

Schulsituation Erzählaufforderung: Erzähle bitte über deine Schulsituation.

Schule In welche Schulen bist du gegangen?

Was fandest du gut daran?

Was fandest du nicht so gut?

Unterstützung Wer und wie hat man dich unterstützt?

Wer und wie hat man dir bei der Lebens- und Berufsplanung geholfen?

Hast du selbst nach Unterstützung gesucht?

40 Der Interviewleitfaden wurde in Anlehnung an Döling (2014) „Interviewleitfaden für Menschen mit geistiger Behinderung“

weiterentwickelt.

(Fortsetzung Tabelle 8)

Unterstützung Wer sollte dabei sein?

Und warum?

Weißt du noch, welche Pläne ihr für deine Zukunft gemacht habt?

Würdest du so eine Unterstützung gerne noch mal wiederholen?

Was fandest du gut daran?

Was fandest du nicht so gut?

Praktikum Hast du ein Praktikum während des Schulbesuchs gemacht?

Wo hast du das Praktikum gemacht?

Wie gefiel dir das Praktikum?

Was hat dir Spaß gemacht?

Was hast du in diesem Praktikum nicht so gerne gemacht?

Weißt du noch, was vor dem Praktikum war?

Übergangssituation in eine Ausbildung

Erzählaufforderung: Erzähle bitte über deine Lebenssituation nach der Schule, beim Übergang in die Ausbildung und über die Situation während der Ausbildung.

Übergangsereignisse Was hast du gemacht, bevor du die Ausbildung begonnen hast?

Weißt du noch, wie du darauf gekommen bist, dass du in diesem Beruf ausge-bildet werden wolltest/als … arbeiten möchtest?

Berufsbildungssituation Berufsbildung Wo läuft deine Berufsausbildung im Moment?

Wie lange bist du schon dabei? Wie lange lernst/arbeitest du schon dort?

Wie hast du dich gefühlt, als du angefangen hast, dort zu lernen/arbeiten?

Du hast erzählt, dass du bei der Firma … eine Ausbildung durchläufst. Mich würde interessieren, was du genau da machst. Wie gefällt dir die Ausbildung in der Berufsschule/dem Betrieb? Was machst du besonders gerne? Was machst du nicht so gerne? Wie lange bist du in der Woche in der Schule?

Wie viele Stunden arbeitest du in der Woche im Betrieb?

Vergütung Weißt du, wie viel du verdienst?

Bis du zufrieden damit?

Mitschüler/Kollegen Mit wem lernst/arbeitest du zusammen?

Wie gefällt es dir, mit deinen Mitschülern/Kollegen zu arbeiten?

Hast du Freunde in der Berufsschule/Firma gefunden?

Hast du auch mal Probleme mit Mitschülern/Kollegen?

Unterstützung Wenn du Schwierigkeiten in der Berufsschule/auf der Arbeit hast, wem sagst du das?

Wer und wie unterstützt dich dabei?

Zukunftsaussichten Wo möchtest du gerne später mal arbeiten?

(Fortsetzung Tabelle 8)

Beschäftigungssituation

Erzählaufforderung: Erzähle bitte über deine Lebenssituation in deiner Beschäftigung und wie du in deine Be-schäftigung gekommen bist.

Arbeit Wo arbeitest du im Moment?

Wie lange bist du in deiner jetzigen Einrichtung tätig?

Wie hast du dich gefühlt, als du angefangen hast, dort zu arbeiten?

Du hast erzählt, dass du bei der Firma … arbeitest. Mich würde interessieren, was du genau da machst! Wie gefällt dir die Arbeit?

Was machst du besonders gerne? Was machst du nicht so gerne?

Wie viele Stunden arbeitest du in der Woche?

Weißt du, wie viel du verdienst? Bis du zufrieden damit?

Freunde/Kollegen Mit wem arbeitest du zusammen?

Wie gefällt dir die Arbeit mit deinen Kollegen?

Hast du Freunde in der Firma gefunden?

Hast du auch mal Probleme mit Kollegen?

Unterstützung Wenn du Schwierigkeiten auf der Arbeit hast, wem sagst du das?

Lässt du dich parallel zu deiner Beschäftigung von einem externen Dienst bera-ten bzw. begleibera-ten?

Zukunftsaussichten Wo möchtest du gerne später mal arbeiten?

Ergänzung Berufsalternative(n)41 Was ist dein Wunschberuf?

Berufliche Eignung Passt du zu deinem Beruf?

Angemessenheit des

Berufsfeldes Passt der Beruf zu dir?

Beruflicher Stolz42 Bist du stolz auf deinen Beruf?

Sprichst du mit deinen Freunden und Freundinnen über deine Tätigkeit?

Berufliche Zukunft Möchtest du in Zukunft in deinem Beruf tätig sein?

Erzählaufforderung: Gibt es noch etwas Wichtiges, was du noch erzählen möchtest?

Schluss/Danksagung

Die Interviewdurchführung setzt die Vorbereitungsphase voraus. Demzufolge wer-den im nächsten Kapitel nicht nur die organisatorische Interviewvorbereitung und -durchführung, sondern auch die Nachbereitung der Erhebungsphase dargestellt.

41 Im Rahmen der Selbstkonzeptentwicklung findet eine Eingrenzung von beruflichen Alternativen statt (Gottfredson 1981, S. 554 ff.).

42 Der Erfolg einer entsprechenden beruflichen Qualifizierung kann durch die Identifikation mit einer bestehenden Qualifi-kation erreicht werden. Äußert eine beschäftigte Person ihren beruflichen Stolz und empfindet eigene Sinnhaftigkeit, hat sie positive Auswirkungen auf ihre Leistungsbereitschaft (Grundmann 2001, S. 286).

5.4.4 Vorbereitung, Durchführung und Nachbereitung der Datenerhebung