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5. Ausführliche Darstellung der Indikatoren

5.1 Bereich 1: Erhalt und Förderung von Selbständigkeit

5.1.4 Empfehlung für eine Gesamtbewertung des Qualitätsbereichs 1

Die mit dem Projekt entwickelten Indikatoren beziehen sich auf sehr unterschiedliche Sach-verhalte. Während der Qualitätsbereich 1 auf die Selbständigkeit der Bewohner abstellt, geht es im Bereich 2 um gravierende gesundheitliche Schädigungen. Im Bereich 4 wiederum ste-hen hauswirtschaftliche Aspekte im Vordergrund. Es ist daher nicht ersichtlich, wie auf dieser Grundlage eine Gesamtbewertung der Ergebnisqualität einer Einrichtung (z. B. in Form eines einzigen Kennwertes, einer Benotung o. ä.) ermittelt werden könnte.

Eine Gesamtbewertung der einzelnen Qualitätsbereiche hingegen ist möglich. Die dort ver-sammelten Indikatoren beziehen sich nicht auf identische, aber auf ähnliche Sachverhalte.

Dies ist unter wissenschaftlichen Gesichtspunkten eine zwingende Voraussetzung für die zusammenfassende Bewertung von Qualitätsergebnissen. An dieser Stelle sollen die Über-legungen für eine Gesamtbewertung des Indikatorenbereichs 1 „Erhalt und Förderung von Selbständigkeit“ dargestellt werden. Die fünf Indikatoren, die dieser Bereich umfasst, wurden soeben vorgestellt.

Alle diese Indikatoren bilden Aspekte der Förderung von Selbständigkeit ab. Insofern ist eine wichtige inhaltliche Voraussetzung für die Zusammenführung in eine Gesamtbewertung er-füllt. Andererseits ist der jeweilige Sachverhalt, der mit den Indikatoren angesprochen wird, nicht identisch, und auch die Bewohnergruppen, die jeweils berücksichtigt werden, unter-scheiden sich in zentralen Merkmalen. So ist es denkbar, dass eine Einrichtung zwar bei der Förderung von Bewohnern, die nicht oder nur gering kognitiv beeinträchtigt sind, bessere

Ergebnisse erzielt als bei Bewohnern mit erheblichen oder schweren kognitiven Beeinträch-tigungen. Bei der ersten Gruppe kann eine Einrichtung überdurchschnittlich gute Ergebnisse aufweisen und gleichzeitig bei der zweiten Gruppe nur durchschnittliche. Dies ist ebenfalls eine Voraussetzung für die Zusammenführung der Einzelergebnisse. Würden alle Indikato-ren das gleiche Ergebnis abbilden, wäre eine Zusammenführung bzw. Gesamtbewertung sinnlos.

Schwierigkeiten entstehen allerdings, wenn eine Berechnungsregel gefunden werden soll und sich damit die Frage stellt, ob alle fünf Indikatoren gleichwertig sind und damit „verrech-net“ werden können oder ob Gewichtungen vorgenommen werden müssen. Diese Frage ist nicht eindeutig zu beantworten, weil es hierzu keine Maßstäbe gibt. Will man daher Ergeb-nisse der einzelnen Indikatoren zusammenführen, muss man mit Setzungen arbeiten, die eine Werteentscheidung beinhalten. Die wichtigste Setzung lautet in diesem Fall, dass alle fünf Indikatoren in etwa gleichwertig sind und damit in gleicher Weise in die Ermittlung eines Gesamtergebnisses einfließen können.

Unter dieser Annahme kann man verschiedene Berechnungsregeln anwenden, um die Teil-ergebnisse zusammenzuführen. Dabei ist es angebracht, Regeln zu finden, die eine mög-lichst konkrete Bewertung erlauben. Das amerikanische System für den Pflegeheimvergleich arbeitet auf der Ebene der zusammenfassenden Beurteilung mit relativen Bewertungen, ge-nauer gesagt mit einem fünfstufigen System. Die Qualität einer Einrichtung kann damit fol-gendermaßen bewertet werden:

 Weit überdurchschnittlich

 Überdurchschnittlich

 Durchschnitt

 Unterdurchschnittlich

 Weit unterdurchschnittlich.

Diese Art der Bewertung entspricht dem Charakter der einzelnen Indikatorenbewertungen im vorliegenden Projekt. Es wird auf den Abstand des Ergebnisses zum Durchschnitt der Ein-richtungen Bezug genommen. Allerdings stellt die fünfstufige Gliederung eine relativ feine Unterteilung dar. Für den Aufbau eines Systems der Qualitätsbeurteilung wird für die ge-sundheitsbezogenen Indikatoren eine vierstufige Bewertung vorgeschlagen:

 Herausragend

 Überdurchschnittlich

 Durchschnittlich

 Unterdurchschnittlich.

Diese Stufenunterscheidung ist keine zwingende Lösung, hat aber verschiedene Vorteile.

Eine dreistufige Lösung wäre zu grob, sie gibt den Einrichtungen nur eine geringe Chance, sich vom Durchschnitt positiv abzuheben. Mit der Kategorie „herausragend“ ist ein stärkerer Anreiz für die Qualitätsentwicklung gegeben. Im Hinblick auf eine fünfstufige Lösung stellt sich die Frage, ob die Bewertung „unterdurchschnittliche Qualität“ nicht ausreicht, um eine informierte Entscheidung bei der Wahl oder Empfehlung einer Einrichtung zu treffen oder Handlungsbedarf bei der Qualitätsentwicklung festzustellen.

In einem nächsten Schritt ist zu definieren, nach welchen Regeln diese Bewertungen verge-ben werden sollen. Für die Zusammenführung der Bewertungen wird ein Punktwert ermittelt, der sich aus dem Durchschnitt der Einzelbewertungen für die fünf Indikatoren ergibt, wobei für jedes überdurchschnittliche Ergebnis ein Punkt vergeben, für jedes unterdurchschnittliche ein Punkt subtrahiert wird:

 Überdurchschnittliches Ergebnis: +1 Punkt

 Durchschnittliches Ergebnis: 0 Punkte

 Unterdurchschnittliches Ergebnis: -1 Punkt.

Damit bewegt sich der Punktwert in einem Bereich zwischen 5 und -5. Wird dieser Wert durch 5 dividiert, ergibt sich ein Durchschnittswert im Bereich von 1,0 bis -1,0. Zu dessen Einordnung wird unter Berücksichtigung der statistischen Verteilung des Ergebnisses folgen-des Schema angewendet:

Gesamtpunktwert Mittelwert Bewertung

3 bis 5 Punkte 0,6 bis 1,0 ++ herausragend

2 Punkte 0,3 bis 0,5 + überdurchschnittlich

-1 bis 1 Punkt -0,2 bis 0,2 O durchschnittlich -2 bis -5 Punkte -1,0 bis -0,3 – unterdurchschnittlich

Die Umrechnung in einen Mittelwert hat den Vorteil, dass eine Berechnung auch dann mög-lich ist, wenn einer der fünf Indikatoren aufgrund einer zu geringen Fallzahl nicht berechnet werden kann. Die nachfolgende Tabelle zeigt, welche Verteilung aus diesem Bewertungs-schema resultiert.

Tab. 14: Gesamtbewertung des Qualitätsbereichs 1 (22 Einrichtungen) Einzelergebnis Indikator

Abb. 5: Verteilung der Gesamtbewertung für den Qualitätsbereich 1:

Erhalt und Förderung der Selbständigkeit (22 Einrichtungen)

0%

10%

20%

30%

40%

50%

++ + o

-Berücksichtigt wurden hier (zum Zweck der Illustration) nur Einrichtungen, bei denen mindes-tens 10 Bewohner je Indikator in die Bewertung einbezogen werden konnten, weil bei kleine-ren Stichproben der Einfluss von Einzelfällen sehr groß sein kann und somit die statistische Streuung stärker zu Extremwerten tendiert.

Nur zwei Einrichtungen erreichen die Beurteilung „herausragend“, d. h. sie weisen bei min-destens drei der fünf Indikatoren überdurchschnittliche Ergebnisse auf. Die Tabelle lässt au-ßerdem erkennen, wie sehr die Bewertung in einem solchen System von der faktischen Ver-teilung des Ergebnisses abhängt. Schließlich zeigt sie, dass die Gleichzeitigkeit von über-durchschnittlichen und unterüber-durchschnittlichen Ergebnissen sehr selten (nur bei einer Ein-richtung) vorkommt, was dafür spricht, dass der Summenwert ein verlässliches Maß für die Gesamtbewertung darstellt.

Ein solches Bewertungssystem kann nicht allein aus methodischen Überlegungen und empi-rischen Daten abgeleitet werden, sondern bedarf einer Vereinbarung jener Stellen, die für die Gestaltung der Normen für die Beurteilung von Qualität in der vollstationären pflegerischen Versorgung Verantwortung tragen. Noch einmal sei betont, dass für ein solches System Set-zungen erforderlich sind, in die Werteentscheidungen und Ziele (z. B. Anreize für die Quali-tätsentwicklung) einfließen. Will man beispielsweise auf besondere Anreize zur Qualitätsver-besserung verzichten, wäre die Bewertung „herausragend“ eher überflüssig. In diesem Fall würde die schlichte Dreiteilung von Qualitätsstufen ausreichen.