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5. Ausführliche Darstellung der Indikatoren

5.3 Bereich 3: Unterstützung bei spezifischen Bedarfslagen

5.3.2 Einsatz von Gurtfixierungen

Eigenaktivität von Heimbewohnern und die Förderung von Eigenaktivität sind unter fachli-chen Gesichtspunkten stets zu begrüßen. Infolge starker körperlicher und kognitiver Beein-trächtigungen, zum Teil auch aus anderen Gründen, kann Eigenaktivität jedoch auch Risiken mit sich bringen. Risiken entstehen auch dadurch, dass Bewohner die eigene Körpermotorik nur noch begrenzt steuern können.

In Situationen, die aus der Sicht der Einrichtung und ihrer Mitarbeiter ein hohes Risiko durch das Handeln des Bewohners bergen, kommen gelegentlich physische freiheitsbegrenzende Maßnahmen zum Einsatz. Sie sind unter fachlichen Gesichtspunkten das letzte Mittel, das erst in Betracht zu ziehen ist, wenn gravierende Risiken nicht anders abgewendet werden können. Vielmehr sollte es Ziel der Einrichtung sein, die Häufigkeit freiheitsbegrenzender Maßnahmen so weit wie möglich zu reduzieren und im Idealfall ganz darauf zu verzichten.

Der Indikator „Einsatz von Gurtfixierungen“ gibt Hinweise darauf, inwieweit dies gelingt. Er drückt aus, wie groß der Anteil der Bewohner ist, bei denen Gurtfixierungen an Hand-, Fuß- oder Hüftgelenken angewendet wurden.

Formale Definition

Mit dem Indikator wird der Anteil der Bewohner erfasst, bei denen im Verlauf der vergange-nen vier Wochen eine oder mehrere der folgenden Maßnahmen durchgeführt wurden:

 Gurtfixierung im Bereich der Handgelenke

 Gurtfixierung im Bereich der Fußgelenke

 Gurtfixierung im Beckenbereich (Beckengurt).

Von der Erfassung anderer, kritisch diskutierter Maßnahmen, beispielsweise des Anbringens von Bettgittern oder Tischbrettern, wurde Abstand genommen, da diese Sachverhalte nicht eindeutig zu interpretieren sind. Mit dem Einsatz dieser Mittel wird nicht zwangsläufig das Ziel verfolgt, den Betroffenen in seinem Aktionsradius zu begrenzen.

Die Bewertung beschränkt sich auf Bewohner mit kognitiven Beeinträchtigungen und/oder psychischen Problemlagen bzw. herausforderndem Verhalten. Bei kognitiv nicht (oder kaum) beeinträchtigten Personen, die auch keine Verhaltensauffälligkeiten zeigen, werden in der Regel keine Gurtfixierungen vorgenommen. Aus der Berechnung werden deshalb Bewohner ausgeschlossen, bei denen nicht mindestens erhebliche kognitive Beeinträchtigungen oder erhebliche Beeinträchtigungen im Bereich „Verhaltensweisen und psychische Problemlagen“

bestehen. Als Grundlage für die Zuordnung werden die Ergebnisse der Module „Kognitive und kommunikative Fähigkeiten“ und „Verhaltensweisen und psychische Problemlagen“ des NBA herangezogen.

Ebenfalls ausgeschlossen werden komatöse Bewohner. Theoretisch müsste auch festgelegt werden, Bewohner, bei denen die Fixierungsmaßnahme ausdrücklich auf eigenen Wunsch erfolgt, bei den Berechnungen nicht zu berücksichtigen. Da aber ohnehin nur Bewohner, die mindestens erhebliche kognitive Beeinträchtigungen aufweisen oder bei denen Verhal-tensauffälligkeiten auf eine kognitive Beeinträchtigung schließen lassen, in die Berechnung einbezogen werden, kann diese Festlegung entfallen. Das Einverständnis dieser Bewohner als Legitimation für die Anwendung körpernaher Fixierungsmaßnahmen heranzuziehen wäre sowohl rechtlich als auch ethisch fragwürdig.

Relevanz

Bei einem großen Teil der Heimbewohner handelt es sich um Menschen mit stark begrenzter Selbststeuerungskompetenz bzw. begrenzter Fähigkeit, Risiken für sich oder andere zu er-kennen. Fortschreitende Demenzerkrankungen und damit einhergehende Verhaltensauffäl-ligkeiten stellen einen wichtigen Grund für die Übersiedlung Betroffener in ein Pflegeheim dar. Rund 80% der kognitiv beeinträchtigten Bewohner zeigen ein sogenanntes herausfor-derndes Verhalten. Diese Personengruppe gilt als besonders betroffen von restriktiven Maß-nahmen mit freiheitsentziehendem Charakter (Wingenfeld/Seidl 2008).

Aus pflegefachlicher Perspektive ist der Einsatz von Gurtfixierungen zur Vermeidung einer Fremd- oder Selbstgefährdung in der Regel nicht zu befürworten. Es existieren inzwischen Empfehlungen auf Bundesebene, die alternative, fachlich angemessene und für die Betroffe-nen weniger belastende Maßnahmen aufzeigen, mit deBetroffe-nen problematischen Verhaltenswei-sen begegnet und einer Gefährdung der Betroffenen entgegengewirkt werden kann (Bartholomeyczik et al. 2006; Schäufele et al. 2008). Der Indikator macht deutlich, inwieweit eine Einrichtung auf die Bedarfslagen kognitiv beeinträchtigter Bewohner in einer Art und Weise reagiert, die Gurtfixierungen vermeidet oder auf ein Minimum reduziert.

Forschungsergebnisse

Für Deutschland liegen nur wenige Erkenntnisse zum Umfang vor, in dem bei Bewohnern stationärer Pflegeeinrichtungen freiheitsbegrenzende Maßnahmen eingesetzt werden. Eine der wenigen aktuellen Untersuchungen ermittelte eine Prävalenz von Gurtfixierungen unter Heimbewohnern von 2,7% (Meyer et al. 2009). Älteren Schätzungen zufolge kommt es bei 5% bis 10% der Heimbewohner zum Einsatz von Gurtfixierungen (Robert Bosch Gesellschaft

für medizinische Forschung mbH 2004). In den USA wird im Rahmen der öffentlichen Quali-tätsberichterstattung über einen Anteil von 2,8% bis 3%29 der Bewohner berichtet, bei denen es regelmäßig zum Einsatz physischer freiheitsbegrenzender Mittel kommt (Centers for Medicare & Medicaid Services 2010a; Medicare 2010a).

Pflegeeinrichtungen haben erheblichen Einfluss auf die Häufigkeit des Einsatzes von Gurtfi-xierungen (AGP Institut für angewandte Sozialforschung an der Evangelischen Hochschule 2007). Die Palette möglicher Interventionen beginnt mit der Schaffung einer geeigneten räumlichen Umgebung, die auch für Bewohner mit Verhaltensauffälligkeiten ein Höchstmaß an Sicherheit bietet. Von zentraler Bedeutung ist auch der Einsatz von Methoden und Kon-zepten, die präventiv dem Auftreten problematischer Verhaltensweisen entgegenwirken (Wingenfeld et al. 2011; Schäufele et al. 2008).

Nutzung bei Qualitätsbeurteilungen

Die Häufigkeit freiheitsbegrenzender Maßnahmen wird international in unterschiedlicher Form als Qualitätsindikator herangezogen. Teilweise wird recht allgemein der Anteil von Be-wohnern erfragt, bei denen freiheitsentziehende Maßnahmen zum Einsatz kamen, ohne die-se weiter zu spezifizieren (International Quality Indicator Project (IQIP) o.J.). Im positiven Sinne wird auch das Freisein von körperlichen Einschränkungen als Qualitätsmaßstab he-rangezogen (Unruh/Wan 2004). Der Anteil der Bewohner, bei denen physische freiheitsbe-grenzende Maßnahmen zum Einsatz kommen, wird sowohl für das interne Qualitätsmana-gement als auch in der Qualitäts- und Gesundheitsberichterstattung als Indikator genutzt.

Was dabei unter einer freiheitsentziehenden Maßnahme verstanden wird, unterscheidet sich allerdings erheblich. Im Projekt der Sozial-Holding der Stadt Mönchengladbach, in dem es primär um die Messung und Selbstbewertung von Ergebnisqualität ging (Wallrafen-Dreisow/Weigel 2007), wurde auf die Anzahl sämtlicher gerichtlich genehmigter freiheitsbe-schränkenden Maßnahmen zurückgegriffen. Darunter fällt neben Gurtfixierungen jegliche Maßnahme, die einen Bewohner in seiner Bewegungsfreiheit einschränkt, also z. B. auch das Abschließen des Zimmers oder die Verwendung von Bettgittern. Einbezogen werden allerdings nur Maßnahmen, für die eine richterliche Genehmigung vorliegt. Im australischen

„Quality of Care Performance Indicator Projekt“, das Indikatoren zum Zweck der Gesund-heitsberichterstattung und zur Verwendung im internen Qualitätsmanagement vorschlägt, wird ebenfalls eine breite Definition zugrunde gelegt. Dort werden physische freiheitsentzie-hende Maßnahmen definiert als „Gesamtheit der Methoden oder physischen oder mechani-schen Vorrichtungen, die in Körperkontakt mit dem Betroffenen gebracht werden, die dieser nicht selbst ohne weiteres entfernen kann und die ihn in seiner Bewegungsfreiheit ein-schränken oder ihn daran hindern, Teile seines Körpers zu erreichen“30.

29 Die veröffentlichten Daten werden im Abstand von 3 Monaten aktualisiert. Für das Jahr 2010 schwanken die Angaben je nach Quartal zwischen 2,8% und 3%.

30 „Any manual method or physical or mechanical device, materials, or equipment attached or adjac-tent to the resident’s body that the individual cannot remove easily which restricts freedom of move-ment or normal access to one’s body“ (The Aged Care Branch of the Departmove-ment of Human Services (Victoria) 2004, S. 72).

Zum Zweck des externen Qualitätsvergleichs zwischen Einrichtungen kommt der Indikator im US-amerikanischen „Nursing Home Compare“ zum Einsatz (Centers for Medicare &

Medicaid Services 2010b; Steering Committee Responsible Care 2008). Dort wird der Anteil der Bewohner ausgewiesen, die in den letzten sieben Tagen vor Erhebung der Daten täglich

 am Rumpf fixiert wurden und/oder

 an den Extremitäten fixiert wurden und/oder

 in einem Stuhl platziert wurden, der das Aufstehen verhindert.

Hierbei findet keine Risikoadjustierung oder Gruppenbildung statt. Auch kognitiv unbeein-trächtigte Bewohner werden in die Berechnungen einbezogen. Grundlage der Qualitätsbe-wertung ist die Abweichung vom nationalen Durchschnitt.

Ein ähnlicher Indikator wurde 2007 auch für die Verwendung im niederländischen Projekt

„Quality Framework Responsible Care“ vorgeschlagen (Centers for Medicare & Medicaid Services 2010b; Steering Committee Responsible Care 2008). Allerdings wird er derzeit nicht mehr ausgewiesen. Eine Begründung, warum inzwischen auf seine Darstellung und Bewertung verzichtet wird, ist nicht verfügbar.

Messverfahren

Als Grundlage für die Erfassung der erforderlichen Daten wurde die Bewohnerdokumentation der Einrichtungen genutzt. Die Angaben über Gurtfixierungen, die in den letzten vier Wochen vor dem Erhebungszeitpunkt zur Anwendung kamen, wurden von den Mitarbeitern in den nachfolgend abgebildeten Bewohnerfragebogen übertragen.

Erprobungsergebnisse

Insgesamt wurden bei 74 von 1.399 Bewohnern mit kognitiven Beeinträchtigungen oder Ver-haltensauffälligkeiten (5,3%) im Zeitraum von vier Wochen Gurtfixierungen vorgenommen.

Gurtfixierungen in der Gruppe der Bewohner ohne kognitive Beeinträchtigungen, psychische Problemlagen oder potenziell problematische Verhaltensweisen kamen nur in drei Fällen vor.

Es handelt sich durchweg um hüftnahe Fixierungen im Sitzen bei hochgradig immobilen

Be-wohnern. Dies bestätigt die Annahme, dass in dieser Bewohnergruppe Gurtfixierungen aus-gesprochen selten sind und sie deshalb bei der Berechnung ausgeschlossen werden sollten.

Fixierungen an Handgelenken kamen überhaupt nicht vor. Lediglich in einem Fall wurde ein Bewohner am Fußgelenk fixiert. Es dominierte der Einsatz hüftnaher Gurtfixierungen. Bei insgesamt fünf Personen wurde diese Maßnahme ausschließlich im Bett, bei weiteren fünf sowohl im Bett als auch beim Sitzen im Stuhl und bei 64 Bewohnern ausschließlich während des Sitzens im Stuhl durchgeführt.

Bei insgesamt acht Bewohnern erfolgten Gurtfixierungen – so die Angaben der Einrichtun-gen – auf deren eiEinrichtun-genen Wunsch. Wie bereits angedeutet, ist eine Orientierung an derarti-gen Wünschen bei kognitiv beeinträchtigten Bewohnern problematisch. Auch hier gilt: Es bedarf einer sorgfältigen, fachlich begründeten Abwägung der mit den Fixierungsmaßnah-men einhergehenden Risiken. Wenn irgend möglich, sollte auf sie verzichtet werden.

Beim überwiegenden Teil der Bewohner mit Gurtfixierungen liegt eine erhebliche Einschrän-kung der Mobilität vor. 71 der 74 Personen wären, zieht man das Item „Aufstehen aus sit-zender Position“ des Moduls Mobilität des NBA heran, nicht in der Lage gewesen, ohne per-sonelle Hilfe aus dem Bett oder Stuhl (sicher) aufzustehen. Dies und Hinweise aus den Ein-richtungen lassen vermuten, dass hier die Verwendung eines Beckengurtes in erster Linie der Absicherung vor dem ungewollten Herausrutschen aus Bett oder Stuhl dient.

In 23 von 74 Fällen (31,1%) erfolgte die Gurtfixierung ohne einen richterlichen Beschluss.

Allerdings betrifft dies nur in zwei Fällen Bewohner, die in der Lage gewesen wären, aufzu-stehen. In vielen Fällen, so die Rückmeldung der Einrichtungen in den Regionalgruppen, halten Richter die Erstellung eines Beschlusses zur Anwendung freiheitsentziehender Maß-nahmen für überflüssig, wenn der betroffene Bewohner in hohem Maße immobil ist. In ein-schlägigen Internetforen und Berichten von Praktikern finden sich Hinweise darauf, dass die Praxis der Gerichte in dieser Hinsicht uneinheitlich ist. Sowohl aus Sicht der Bewohner als auch der Einrichtungen wäre es wünschenswert, wenn in dieser Hinsicht eindeutige rechtli-che Vorgaben geschaffen würden.

Bewertungssystematik

Die Anwendung einer Gurtfixierung stellt nicht automatisch bzw. nicht in jedem Fall ein Quali-tätsdefizit dar. Die Maßnahme kann im Einzelfall berechtigt, ja sogar notwendig sein, wenn der Schutz des Bewohners oder anderer Personen nicht anders gewährleistet werden kann.

Auch ist bei erheblich mobilitätseingeschränkten Bewohnern auf den ersten Blick nicht nach-zuvollziehen, inwieweit durch die Maßnahme die persönliche Bewegungsfreiheit des Bewoh-ners überhaupt eingeschränkt wurde. Dennoch sollte der Einsatz körpernaher Fixierungen auf Ausnahmen begrenzt bleiben, denn sie bergen für die Betroffenen die Gefahr gravieren-der Verletzungen, die in Einzelfällen sogar bis zum Tod des Bewohners führen können (Schäufele 2008). Zudem zeigen die Erprobungsergebnisse, dass es der überwiegenden Zahl der Einrichtungen (32 von 45) gelingt, Gurtfixierungen gänzlich zu vermeiden oder ihren Einsatz auf Einzelfälle zu begrenzen.

Vor diesem Hintergrund wurden folgende Bewertungsregeln formuliert:

Ergebnis Bewertungskriterien

+

überdurchschnittlich gutes Ergebnis

Gurtfixierungen wurden bei maximal einem Bewohner oder der Hälfte des Gesamtdurchschnitts der Bewohner angewendet

(hier: maximal 2,7%).

O

durchschnittliches Ergebnis

Gurtfixierungen wurden bei mehr als einem Bewohner angewen-det und der Anteil der Bewohner mit Gurtfixierungen liegt über der Hälfte des Gesamtdurchschnitts (hier: >2,7%) und unter dem

1,5fachen Gesamtdurchschnitt (<8,0%).

unterdurchschnittliches Ergebnis

Gurtfixierungen wurden bei mehr als einem Bewohner angewen-det und der Anteil der Bewohner mit Gurtfixierungen liegt bei dem

1,5fachen des Gesamtdurchschnitts (hier: >7,9%).

Tab. 26: Bewertung der Ergebnisse des Indikators Einsatz von Gurtfixierungen für Einrichtungen mit Vollerhebung

Einrichtung Bewohner mit Gurtfixierung

Der Anteil der Bewohner, bei denen innerhalb der letzten 4 Wochen vor der Erhebung Gurtfi-xierungen eingesetzt wurden, variiert in den Einrichtungen mit Vollerhebung zwischen 0 und 16%. Nähere Datenauswertungen zeigen, dass es keine einrichtungsspezifischen Merkmale gibt, aus denen diese großen Unterschiede heraus erklärbar wären. Es gibt also offenbar nicht wenige Einrichtungen, die gänzlich ohne den Einsatz von Gurtfixierungen auskommen.

Bei zwei Einrichtungen liegt der Anteil allerdings deutlich über 10%, was eben nicht durch Einrichtungsbesonderheiten zu erklären ist. Beide Einrichtungen wiesen im Unterschied zu den anderen bereits bei der ersten Erhebung hohe Werte auf. Dies deutet auf eine stetige Praxis im Umgang mit Gurtfixierungen hin, die kritisch zu hinterfragen ist.

Aufgrund der Tendenz zu Extremwerten entsteht eine ungewöhnliche Verteilung der Ge-samtbewertung. Die Einzelergebnisse der Einrichtungen liegen vom Durchschnittswert ver-gleichsweise weit entfernt. Es ist davon auszugehen, dass bei einem Einsatz dieses

Indika-tors in der Breite der Versorgung eine gleichmäßigere Verteilung entstehen wird. Wichtig an den Zahlen ist jedoch vor allem, dass sich die unterschiedliche Praxis in den Einrichtungen gut abbildet und der übermäßige Einsatz von Fixierungen erfasst wird.

Das Ergebnis verdeutlicht noch einmal, weshalb eine Bewertungssystematik für bestimmte Indikatoren nicht mit Hilfe rein formaler Kriterien (z. B. bestimmter prozentualer Wert der Ab-weichung vom Mittelwert) operieren kann. Bei jedem einzelnen Indikator muss anhand der empirischen Verteilung überprüft werden, wo bestimmte Schwellenwerte angesetzt werden.

Das bedeutet zugleich, dass die Tragfähigkeit der jeweiligen Bewertungssystematik anhand von praktischen Erfahrungen beim Einsatz in der Breite der Versorgung regelmäßig überprüft werden sollte.

Fazit

Der Indikator kann und sollte im internen Qualitätsmanagement von stationären Pflegeein-richtungen unbedingt eingesetzt werden. Die Anwendung von Gurtfixierungen stellt für den einzelnen Bewohner eine so gravierende Beeinträchtigung dar, dass in jedem Einzelfall die Notwendigkeit einer solchen Maßnahme mehrfach und regelmäßig hinterfragt und überprüft werden sollte. Dem gehäuften Einsatz von Gurtfixierungen in einer Einrichtung (oder in ein-zelnen Wohnbereichen) sollte durch das interne Qualitätsmanagement nachgegangen wer-den. Der Indikator liefert dafür wichtige Hinweise.

Die Erfassung der benötigten Daten anhand der Pflegedokumentation ist problemlos und zuverlässig möglich. Alle Informationen sind verfügbar, da der Umgang mit Fixierungsmaß-nahmen bereits heute im Rahmen externer Qualitätsprüfungen von den Medizinischen Diensten beurteilt wird. Eine vergleichende Qualitätsbeurteilung im Rahmen einer öffentli-chen Qualitätsberichterstattung ist ebenfalls möglich.

5.3.3 Einschätzung von Verhaltensauffälligkeiten bei Bewohnern mit kognitiven