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4 Methodisches Vorgehen

4.2 Einleitende Überlegungen zur Methodik

4.2.1 Quantitative versus qualitative Forschungslogik

Qualitative Methoden versuchen, soziale Realitäten in ihrer gesamten Komplexität zu analysieren, und fordern, dass der Forscher sich im Sinne eines induktiven Vorgehens flexibel und ohne vorgefasste Theorie dem Untersuchungsgegenstand nähert (Brüsemeister, 2000;

Glaser & Strauss, 1998). Dagegen zielen quantitative Methoden darauf ab, generell gültige, nomothetische Aussagen zu treffen, die sich aus der Überprüfung von deduktiv abgeleiteten Hypothesen an der beobachteten Realität ergeben. Daher zeichnen sich quantitative Verfahren durch methodologische Anforderungen wie Standardisierung, Objektivität und Replizierbarkeit aus. Auf diese Weise werden die Einflüsse von Störvariablen minimiert und man erhält intersubjektiv nachvollziehbare Ergebnisse (Bortz & Döring, 2005). Da in der vorliegenden empirischen Studie theoretisch entwickelte Hypothesen geprüft werden sollen, wurde eine quantitative Studie durchgeführt.

4.2.2 Individuen versus Teams als Analyseebene

Der Großteil der Gruppenforschung konzentriert sich entweder darauf, das Individuum als Teil einer Gruppe oder die Gruppe als Ganzes zu analysieren, vernachlässigt jedoch die Integration der beiden Ebenen (Moritz & Watson, 1998). Jedoch kann Gruppenforschung, die nur eine dieser Analyseebenen berücksichtigt, zu folgenden drei Fehlern führen (Rousseau &

House, 1994): Erstens besteht die Gefahr einer Übergeneralisierung, indem angenommen wird, dass sich Zusammenhänge oder Effekte, die sich für eine Untersuchungsvariable auf der einen Ebene finden, auch auf der anderen Ebene zeigen werden (zur Problematik der Übertragung von Ergebnissen auf andere Analyseebenen siehe auch 2.3.2). Zweitens werden Cross-Level-Effekte – Effekte, die von der einen auf die andere Ebene wirken – tendenziell unterschätzt. Drittens neigt die Forschung, die nur die Gruppenebene betrachtet, dazu, psychologische Zustände, Aktivitäten und Ereignisse generell als auf Gruppenebene stattfindende Phänomene aufzufassen, ohne die Angemessenheit dieses Vorgehens ausreichend zu reflektieren. Chan (1998) und Kozlowski und Klein (2000) weisen darauf hin, dass durch die Einbeziehung mehrerer Ebenen Zusammenhänge in ihrer Komplexität zutreffender erfasst und realitätsgetreuer abgebildet werden.

Das in dieser Arbeit entwickelte theoretische Rahmenmodell (siehe Abbildung 4, Kapitel 3.1) zum Zusammenhang zwischen transformationaler Führung und Teaminnovation berücksichtigt sowohl die Individual- als auch die Teamebene: Die Individualebene wird insofern abgedeckt, als Einflüsse transformationaler Führung auf die Abhängigkeit der Geführten und deren individuelle Kreativität spezifiziert werden. Die weiteren Pfade des Modells beziehen sich auf die Teamebene, da die analysierten Konzepte – interpersonales Vertrauen, Debate, Climate for Excellence und Support for Innovation – auf Teamebene definiert sind. Indem der Einfluss der durchschnittlichen individuellen Kreativität auf die Teamkreativität betrachtet wird, werden Individual- und Teamebene integriert und Cross-Level-Effekte berücksichtigt.

Zur Analyse von Daten, die eine Mehrebenenstruktur besitzen, wurden eigene Methoden – sogenannte Multi-Ebenen-Verfahren (z.B. Hierarchische Lineare Modellierung) – entwickelt (Trappmann, 2003). Diese Methoden berücksichtigen explizit die unterschiedlichen Aggregatebenen der Daten, ermöglichen somit eine präzise Modellierung der Datenstruktur und verfügen über eine hohe Teststärke (Engel, 1998; Hummel, 1972;

Snijders & Bosker, 1999). Multi-Ebenen-Verfahren werden angewandt, wenn die abhängige Variable im Vergleich zu den unabhängigen Variablen auf der niedrigsten Aggregatebene gemessen wird (Hox, 2002). Die abhängige Variable dieser Arbeit – die Teaminnovation – weist jedoch ein höheres Aggregatniveau als die unabhängigen Variablen auf. Zur Testung des theoretischen Rahmenmodells wird daher nicht ein Multi-Ebenen-Verfahren genutzt, sondern es wird eine partielle Strategie angewandt: Analog zu der Teilung des Modells in vier inhaltliche Abschnitte bei der theoretischen Herleitung (vgl. 3.1) erfolgt auch die Modellprüfung für diese Abschnitte getrennt und sukzessive mittels regressionsanalytischer und pfadanalytischer Verfahren (siehe 5.3). Innerhalb der Modellteile beziehen sich alle Variablen auf dieselbe Aggregatebene und beeinflussen – in direkter oder indirekter Form – dieselbe abhängige Variable.

4.2.3 Subjektive versus objektive Daten

Der Vergleich von Vor- und Nachteilen subjektiver und objektiver Maße bezieht sich auf Teaminnovation als abhängige Variable der vorliegenden Studie. In ihrer Meta-Analyse über die Effekte transformationaler Führung fordern Dumdum et al. (2002, S. 61): „Future research on the full-range model and MLQ must now begin to focus on collecting a broader

range of independent and objective measures“. Allerdings gestaltet sich die Erhebung objektiver Maße im Forschungs- und Entwicklungsbereich (z.B. Anzahl der angemeldeten Patente, Wert der Patente) als schwierig – insbesondere aufgrund der bereits erwähnten langen Zeitspanne, bis sich neue Ideen in messbaren Outputs manifestieren (siehe 4.1).

Zudem variieren die konkreten Maße, in denen Teaminnovation quantifiziert wird, zwischen den Organisationen beziehungsweise setzen sich zum Teil aus anderen Kennzahlen zusammen. Betrachtet man beispielsweise den strategischen Nutzen eines Patentes, lässt sich dieser anhand verschiedener Kriterien bewerten (z.B. Erträge aus Lizenzeinnahmen, Erträge aus dem operativen Geschäft, Imagegewinn, Abschreckungseffekt gegenüber Konkurrenten, Kostenerhöhung für Konkurrenten durch Suche nach Alternativerfindungen) (vgl. Harhoff &

Reitzig, 2001), die nicht von allen Organisationen in gleicher Weise und Zusammensetzung genutzt werden. Folglich ist der direkte Vergleich objektiver Maße über verschiedene Organisationen nur eingeschränkt möglich. Damit die Daten für Teaminnovation für alle teilnehmenden Organisationen in einheitlicher Form vorliegen und miteinander vergleichbar sind, wurde Teaminnovation in der vorliegenden Studie als subjektives Maß mittels Befragung der Teamleiter erhoben.

Im Gegensatz zur Erhebung objektiver Maße stellen quantitative Befragungen reaktive Messverfahren dar. „A reactive measure is one which modifies the phenomenon under study, which changes the very thing that one is trying to measure. In general, any measurement procedure which makes the subject self-conscious or aware of the fact of the experiment can be suspected of being a reactive measurement” (Campbell, 1957, S. 298f.). Demnach implizieren reaktive Erhebungsmethoden die Gefahr der Entstehung von Forschungsartefakten – z.B. durch selbstwertdienliches oder sozial erwünschtes Antwortverhalten (Crowne & Marlowe, 1967; A. L. Edwards, 1957; Kenneth & Kilman, 1975). Systematische Über- oder Unterschätzungen können die Validität der Ergebnisse beeinträchtigen und deren Interpretation verfälschen (Bungard & Lück, 1974; Esser, 1975).

Deshalb wurden in dieser Studie die teilnehmenden Organisationen gebeten, zusätzlich objektive Daten über die Innovationsleistung ihrer Forschungs- und Entwicklungsteams zur Verfügung zu stellen. Jedoch zeigte sich nur eine der teilnehmenden Organisationen bereit, objektive Daten offen zu legen (vgl. 5.3.6). Die anderen Organisationen verweigerten auf Grund von Datenschutzgründen die Auskunft.

Subjektive und objektive Maße liefern vermutlich ähnliche Daten (Nathan &

Alexander, 1988). Wall et al. (2004) konnten in drei unabhängigen Stichproben nachweisen, dass subjektive Maße organisationaler Leistungsaspekte (Produktivität und Profit) positiv mit den jeweiligen objektiven Maßen korrelieren (konvergente Validität). Ferner fanden sie einen höheren Zusammenhang zwischen subjektiven und objektiven Maßen desselben Leistungsaspektes als zwischen subjektiven Maßen, die sich auf unterschiedliche organisationale Leistungsaspekte bezogen (diskriminante Validität). Darüber hinaus zeigten sich äquivalente Zusammenhänge von subjektiven und objektiven Maßen organisationaler Leistung mit unabhängigen Variablen (Konstruktvalidität) (T. D. Wall et al., 2004). Derartige Ergebnisse sind auch für subjektive und objektive Maße von Teaminnovation als Erfolgskriterium zu erwarten. Empirische Unterstützung lässt sich beispielsweise aus der in 2.3.2.2 beschriebenen Studie von Keller (2006) ziehen, in der transformationale Führung sowohl mit subjektiven als auch mit objektiven Maßen der Projektleistung von Forschungs- und Entwicklungsteams positiv verbunden war.

4.3 Instrumente und Methoden der Datenerhebung