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TEIL II: Die Konzeption

6 Die Konten und Transaktionen der Volkswirtschaft- Volkswirtschaft-lichen Gesamtrechnung Liechtensteins

6.3 Das Einkommensverteilungskonto

6.3.3 Die Vermögenseinkommen

Vermögenseinkommen fliessen an die Eigentümer finanzieller Mittel oder nichtproduzierten Sachvermögens, wenn diese Mittel oder Vermögen ande-ren institutionellen Einheiten zur Verfügung gestellt werden. Die Vermö-genseinkommen werden in der VGR FL untergliedert in:

• Zinsen, Ausschüttungen und Entnahmen (D.41 + D.42),

• reinvestierte Gewinne aus der übrigen / an die übrige Welt (D.43),

• Vermögenseinkommen aus Versicherungsverträgen (D.44),

• Pachteinkommen (D.45).

Auf eine Differenzierung der ersten Position in Zinsen (D.41) einerseits so-wie Ausschüttungen und Entnahmen (D.42) andererseits so-wie im ESVG 95 muss aufgrund der Datensituation verzichtet werden. Nachfolgend werden die einzelnen Vermögenseinkommensflüsse kurz beschrieben.

Zinszahlungen werden vereinbart, wenn ein Gläubiger einem Schuldner be-stimmte finanzielle Mittel wie Bargeld oder Bankeinlagen ausleiht. Die Zin-sen entsprechen dabei dem Betrag, den der Schuldner dem Gläubiger vereinbarungsgemäss während eines Zeitraums zu zahlen hat, ohne dass sich dadurch der ausstehende Kapitalbetrag verringerte.290 Zu verbuchen sind die Zinsen in dem Zeitraum, in dem sie aufgelaufen sind.

Unter die Kategorie Ausschüttungen fallen Vermögenseinkommen, die die Eigentümer von Aktien und anderen Beteiligungen als Gegenleistung dafür erhalten, dass sie Kapitalgesellschaften finanzielle Mittel zur Verfügung stellen. Im Gegensatz zu zinstragenden Anleihen haben die Anteilsinhaber kein Anrecht auf ein festes oder im voraus festgelegtes Einkommen.291 Typi-sches Beispiel für Ausschüttungen sind Dividendenzahlungen. Zu den

290 ESVG 95, 4.42.

291 ESVG 95, 4.53.

schüttungen zählen auch Erträge, die Investmentfonds aus ihrer Anlagetätig-keit empfangen und die den Anteilsinhabern zugerechnet werden, auch wenn sie im Fonds verbleiben. Ebenso werden Gewinnabführungen öffentlicher Unternehmen an den Staat als Ausschüttungen angesehen.292 Verbucht wer-den die Ausschüttungen zum Fälligkeitszeitpunkt.293

Als Gewinnentnahmen sind gemäss ESVG 95 die Beträge zu erfassen, die die Eigentümer den erzielten Gewinnen ihrer Quasi-Kapitalgesellschaften294 für den eigenen Bedarf tatsächlich entnehmen. Es kann sich dabei auch um tatsächlich abgeführte Gewinne handeln, die ein gebietsansässiges Mutter-unternehmen von ausländischen Zweigstellen, Niederlassungen und Ge-schäftsstellen erhält, die nicht zu den inländischen Einheiten der VGR FL zählen. Auf dieselbe Weise werden Gewinnabführungen von den im Inland tätigen Zweigstellungen, Niederlassungen und Geschäftsstellen an gebiets-fremde Mutterunternehmen verbucht. Besitzen Gebietsansässige Grundstü-cke oder Gebäude in der übrigen Welt, wird der Nettobetriebsüberschuss aus diesen Liegenschaften auf der Aufkommensseite als Gewinnentnahme ver-bucht. Dies gilt auch für den Fall, dass es sich bei den Liegenschaften um Eigentümerwohnungen handelt. Der (unterstellte) Mietwert ist dann als Ge-winnentnahme zu erfassen, der einem Gebietsansässigen zufliesst. Umge-kehrt sind Nettobetriebsüberschüsse bzw. Mietwerte von Liegenschaften im Eigentum Gebietsfremder auf der Verwendungsseite als Gewinnentnahmen an die übrige Welt zu verbuchen.295 Die inländischen Grundstücke und Ge-bäude bzw. ihre Eigentümer gelten als fiktive gebietsansässige

292 ESVG 95, 4.54.

293 ESVG 95, 4.55.

294 Als Quasi-Kapitalgesellschaften gelten Unternehmen ohne Rechtspersönlichkeit, deren wirt-schaftliches und finanzielles Verhalten sich von dem ihrer Eigentümer unterscheidet und in etwa dem von Kapitalgesellschaften entspricht. Sie verfügen über eine vollständige Rechnungsfüh-rung und es wird davon ausgegangen, dass die Quasi-Kapitalgesellschaften Entscheidungsfrei-heit besitzen. Vgl. ESVG 95, 2.13.

295 SNA 93, 14.14, und ESVG 95, 4.60.

talgesellschaften des Sektors nichtfinanzielle Kapitalgesellschaften, wenn sie sich im Eigentum gebietsfremder Personen befinden.296

Reinvestierte Gewinne an die übrige Welt (D.43) betreffen gebietsansässige Unternehmen, die mindestens teilweise im Eigentum eines ausländischen In-vestors sind. Typische Fälle sind gebietsansässige Tochtergesellschaften von internationalen Konzernen mit Sitz im Ausland. Handelt es sich bei einem gebietsansässigen Unternehmen um eine derartige ausländische Direktinves-tition,297 wird unterstellt, dass die im Unternehmen einbehaltenen Gewinne in einem ersten Schritt an den ausländischen Investor ausgeschüttet und an-schliessend von diesem im gebietsansässigen Unternehmen reinvestiert wer-den. Die Reinvestition der Gewinne wird im Kontensystem des ESVG 95 im Finanzierungskonto erfasst.298 Im Kontensystem der VGR FL erfolgt die Rückbuchung im Nationaleinkommenskonto. Anlass für diese fiktiven Bu-chungen im ESVG 95 ist die Überlegung, dass die ausländische Direktinvestition der Kontrolle oder der Mitsprache eines ausländischen In-vestors unterworfen ist, der jeweils bewusst entscheidet, ob er seine Gewinne in der ausländischen Direktinvestition belässt oder nicht.299 Die reinvestier-ten Gewinne entsprechen dem Betriebsüberschuss des Unternehmens, zu-züglich der empfangenen Vermögenseinkommen und laufenden Transfers, abzüglich der geleisteten Vermögenseinkommen, laufenden Transfers und Steuern.300 Auf der Aufkommensseite des Einkommensverteilungskontos werden die nicht ausgeschütteten Gewinne gebietsfremder Unternehmen verbucht, an denen liechtensteinische Direktinvestoren beteiligt sind (rein-vestierte Gewinne aus der übrigen Welt). Auf der Verwendungsseite

296 ESVG 95, 2.15 und 2.25.

297 Bei einem Unternehmen, das Gegenstand einer ausländischen Direktinvestition ist, handelt es sich gemäss ESVG 95 um ein Unternehmen mit oder ohne eigene Rechtspersönlichkeit, bei dem ein ausländischer Investor mindestens 10 Prozent der Stimmrechte oder einen vergleichba-ren Anteil an einem Unternehmen ohne eigene Rechtspersönlichkeit besitzt. Vgl. ESVG 95, 4.65.

298 SNA 93, 11.88, und Annex I, 102, S. 537.

299 Vgl. SNA 93, 7.121.

300 SNA 93, 7.122, und ESVG 95, 4.64.

nen die nicht ausgeschütteten Gewinne liechtensteinischer Unternehmen auf, die Gegenstand einer ausländischen Direktinvestition sind (reinvestierte Ge-winne an die übrige Welt).301 Die reinvestierten Gewinne werden zu dem Zeitpunkt gebucht, zu dem sie erzielt werden.302

Das Vermögenseinkommen aus Versicherungsverträgen (D.44) entspricht dem gesamten Primäreinkommen aus der Anlage versicherungstechnischer Rückstellungen. Die Versicherungsgesellschaften und Pensionskassen des Sektors finanzielle Kapitalgesellschaften bilden versicherungstechnische Rückstellungen, um Risiken und ausstehende Forderungen abzudecken. Da es sich bei den versicherungstechnischen Rückstellungen wirtschaftlich be-trachtet um Forderungen der Versicherungsnehmer gegenüber den Versiche-rungsgesellschaften und Pensionskassen handelt, werden die Primäreinkom-men, die auf diesen Rückstellungen erzielt werden, im Einkommensvertei-lungskonto als Vermögensaufkommen der Versicherungsnehmer und als Vermögensverwendung der Versicherungsgesellschaften und Pensionskas-sen gebucht.303 Beim Primäreinkommen aus den versicherungstechnischen Rückstellungen handelt es sich in der Regel um Zins- und Dividendener-träge. Werden die Rückstellungen in Immobilien angelegt, entsteht Primär-einkommen in Form von Betriebsüberschüssen.304 Zu erfassen ist das Vermögenseinkommen aus Versicherungsverträgen zu dem Zeitpunkt, zu dem es anfällt.305

Verpachtet ein Eigentümer Land oder Gewässer, entstehen Pachteinkommen, die als Vermögenseinkommen zu verbuchen sind (D.45). Sie setzen sich in der VGR FL schwergewichtig zusammen aus den Pachtzinszahlungen der

301 Vgl. Doggett (UK), 14.79.

302 ESVG 95, 4.67.

303 SNA 93, 7.123ff., und ESVG 95, 4.69.

304 ESVG 95, Anhang III, 28.

305 ESVG 95, 4.70.

Landwirte und den Baurechtszinszahlungen an Land und Gemeinden. Miet-zinszahlungen zählen nicht zu den Pachteinkommen.306