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TEIL III: Die Berechnungsweise

8 Berechnungsweise der einzelnen Kontenpositionen

8.1.1.2 Ausgangsgrösse anpassen

Versucht man die Gründe zu ordnen, die eine Anpassung der Ausgangs-grösse erfordern, lassen sich fünf Bereiche unterscheiden:

1. Sonderbestimmungen des ESVG 95 berücksichtigen (Handel, Kredit-institute, Versicherungen),

2. Zuschätzungen für Produzenten vornehmen, die per definitionem nicht in den Einschätzungskarten erfasst werden (nicht steuerpflichtige Or-ganisationen, private Haushalte in ihrer Funktion als Vermieter von Liegenschaften, der Staat und die Landwirtschaftsbetriebe),

3. Abzüge für steuerpflichtige Unternehmen vornehmen, bei denen eine andere Datenquelle als die Einschätzungkarten herangezogen wird (Versicherungen),

4. Zuschätzungen für steuerpflichtige Unternehmen vornehmen, die keine Steuererklärung eingereicht haben und deshalb in den Einschätzungs-karten nicht erfasst sind,

5. Grenzüberschreitende Produktionsstätten abgrenzen.

Im Folgenden beschreibe ich zunächst die Anpassungen, die spezifisch sind für bestimmte Wirtschaftszweige. Sie betreffen die ersten drei der oben ge-nannten Bereiche und werden hier in der Reihenfolge der Wirtschaftszweige gemäss NOGA-Klassifikation347 dargestellt. Am Schluss dieses Abschnittes finden sich die Ausführungen zu den Zuschätzungen für fehlende Unterneh-men und zur räumlichen Abgrenzung.

347 NOGA steht für Nomenclature Générale des Activités économiques. Vgl. Bundesamt für Statistik (NOGA), S. 8.

a) Landwirtschaftsbetriebe (NOGA 01): Die Landwirtschaftsbetriebe wer-den in Liechtenstein nach sogenannten Ertragseinheiten besteuert, die sich anhand der Anzahl Grossvieheinheiten des Betriebes berechnen.348 In den Einschätzungskarten der Steuerverwaltung sind die Landwirtschaftsbetriebe aufgrund ihrer besonderen Besteuerungsart nicht erfasst, weshalb auf eine andere Datenquelle zurückgegriffen werden muss.

Eine geeignete Datenquelle werden nach Einführung der neuen Rechnungs-legungsvorschriften für Landwirtschaftsbetriebe die beim Landwirt-schaftsamt vorliegenden Rechnungsdaten gemäss Jahresrechnungen der Betriebe sein. Um die Marktproduktion der Landwirtschaftsbetriebe zu be-rechnen, sind folgende Rechnungspositionen zusammenzuzählen:

• Ertrag Brotgetreide,

• Ertrag übrige pflanzliche Produkte,

• Verkauf Masttiere, abzüglich Kauf Masttiere,

• Verkauf Zuchttiere, abzüglich Kauf Zuchttiere,

• Ertrag Milch und Milchprodukte,

• Ertrag übrige tierische Produkte,

• Inventarveränderungen Tiere,

• Ertrag Handelsprodukte,

• Lieferungen an Privat und an Angestellte (nur Naturallohnanteil),

• Ertrag Nebenaktivitäten,

• Arbeiten für Dritte, Maschinenvermietung,

• Ertrag aus selbständigen Nebengeschäften.

Bei der Ertragsposition „Lieferungen an Privat und an Angestellte“ ist zu be-achten, dass sie sowohl einen Anteil Naturallöhne wie einen Anteil Eigen-verbrauch des landwirtschaftlichen Haushalts enthält. In die

348 Verordnung betreffend die Besteuerung des landwirtschaftlichen Erwerbes, LGBl. 1961 Nr.

15.

tion darf gemäss ESVG 95 nur der Naturallohnanteil einfliessen. Die Pro-duktion für den Eigenverbrauch des landwirtschaftlichen Haushalts stellt keine Marktproduktion dar.349 Der für die Berechnung der Marktproduktion zu verwendende Naturallohnanteil der Position „Lieferungen an Privat und an Angestellte“ ergibt sich aus der Aufwandposition „Naturallöhne“ der landwirtschaftlichen Buchhaltungen.

Bewertet werden die Erträge in der landwirtschaftlichen Buchhaltung zu Verkaufspreisen. Für die VGR FL sind sie deshalb in Herstellungspreise umzurechnen, d.h. Gütersteuern sind abzuziehen und Gütersubventionen da-zuzuzählen. Im Fall der Landwirtschaft kann sich die Anpassung auf die Ad-dition der Gütersubventionen beschränken, da die landwirtschaftlichen Güter von der Mehrwertsteuer befreit sind und die anderen Gütersteuern nicht ins Gewicht fallen.350 Dazuzurechnen sind als Gütersubventionen der Beitrag für die Milchwirtschaft, der Alpungskostenbeitrag, der Beitrag an die liechten-steinischen Viehversicherungsvereine und die Subventionen für Schaf-wolle.351

Gemäss ESVG 95 wäre die Erzeugung landwirtschaftlicher Güter so zu bu-chen, als würden die Güter kontinuierlich über die ganze Wachstumszeit produziert.352 Von praktischer Bedeutung ist diese Bestimmung bei einer jährlichen Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung dann, wenn sich die Pro-duktion eines landwirtschaftlichen Gutes auf mehr als ein Kalenderjahr erstreckt, d.h. in der Tierhaltung und beim Anbau von Wintergetreide oder mehrjährigen Pflanzen wie Reben, Beeren und Obstbäumen. Die Datenlage lässt die kontinuierliche Verbuchung der Zuwächse in der VGR FL jedoch nicht zu. Die Erträge aus dem Verkauf pflanzlicher Produkte werden deshalb immer dem Rechnungsjahr zugerechnet, in dem die Erzeugnisse geerntet

349 Bei der Produktion für den Eigenverbrauch der landwirtschaftlichen Haushalte handelt es sich um Nichtmarktproduktion für die Eigenverwendung (P.12). Sie wird erst später erfasst.

350 Gesetz über die Mehrwertsteuer, LGBl. 1994 Nr. 84, Art. 19.

351 Vgl. Abschnitt 6.2.4 dieser Arbeit.

352 ESVG 95, 3.58.

werden. Ebenso werden die Nettoerträge aus dem Verkauf von Zucht- und Masttieren in dem Jahr verbucht, in dem der Verkauf erfolgt.

Zieht man, wie hier vorgeschlagen, die landwirtschaftlichen Buchhaltungen als Datenquelle heran, ist zu beachten, dass nicht alle Landwirtschaftsbe-triebe buchhaltungspflichtig sind. Für die nicht erfassten BeLandwirtschaftsbe-triebe muss eine Hochrechnung gemacht werden, wobei das Verhältnis der gesamten land-wirtschaftlichen Betriebsfläche zur landland-wirtschaftlichen Betriebsfläche der erfassten Betriebe als Schlüssel verwendet werden kann.

b) Handel (NOGA 50 - 52): Die Marktproduktion von Leistungen des Gross- und Einzelhandels wird gemäss ESVG 95 anhand der Handelsspan-nen gemessen, die beim Weiterverkauf der Handelsware erzielt werden.353 Entsprechend sind die Nettoumsatzerlöse des Handels um den Wert der Po-sition Waren- und Dienstleistungseinkauf zu reduzieren und um die Verän-derung der stillen Reserven auf zugekauften Gütern zu korrigieren.354 Datenquelle sind die Einschätzungskarten.

Tabelle 8-1: Berechnung der Marktproduktion des Handels

Marktproduktion eines Handelsunternehmens 40 CHF

= Nettoumsatzerlöse = 100 CHF

+ Eigenverbrauch + 10 CHF

+ Übriger Betriebsertrag + 10 CHF

- Waren- und Dienstleistungseinkauf - 50 CHF

+/- Zunahme (+) bzw. Abnahme (-) der stillen Reserven auf zuge-kauften Gütern

- 30 CHF (Abnahme)

Besonders zu beachten ist der Aspekt, wie die Änderungen des Warenlagers in den Einschätzungskarten erfasst werden. In der Position Waren- und

353 ESVG 95, 3.60.

354 Der Inhalt der einzelnen Buchhaltungspositionen ist in Abschnitt 8.1.1.1 dieser Arbeit erläu-tert.

Dienstleistungseinkauf werden Bestandeserhöhungen an Handelswaren vom Wareneinkauf abgezogen, während Bestandesverringerungen dazugerechnet werden. Dies hat korrekterweise zur Folge, dass sich Lagerveränderungen nicht auf die Handelsspanne auswirken.

Mit einer analogen Überlegung lässt sich begründen, wieso eine Erhöhung der stillen Reserven auf zugekauften Gütern zu den Nettoumsatzerlösen da-zuzurechnen ist, während die Verringerung der stillen Reserven abgezogen wird: Wenn die stillen Reserven zunehmen, wird die Veränderung des Wa-renlagers im Jahresabschluss des Handelsunternehmens niedriger ausgewie-sen, als sie effektiv war. Der Waren- und Dienstleistungseinkauf wird in der Folge überschätzt und die Handelsspanne unterschätzt. Um diesen Effekt zu korrigieren, sind Erhöhungen der stillen Reserven auf zugekauften Gütern vom Waren- und Dienstleistungseinkauf abzuziehen bzw. zu den Nettoum-satzerlösen dazuzuzählen. Dasselbe gilt mit umgekehrten Vorzeichen für Verringerungen der stillen Reserven auf zugekauften Gütern.

Anhand der NOGA-Klassifikation lässt sich definieren, für welche Wirt-schaftszweige die Handelsanpassung vorzunehmen ist. Es sind dies die Ab-teilungen 50 (Kraftfahrzeughandel), 51 (Grosshandel) und 52 (Einzelhan-del), jedoch ohne die Gruppen 50.2 (Instandhaltung und Reparatur von Automobilen) und 52.7 (Reparatur von Gebrauchsgütern).

Als problematisch mag dabei der Einbezug der Gruppe 50.4 (Handel mit Motorrädern, Teilen und Zubehör; Instandhaltung und Reparatur von Motor-rädern) in den Wirtschaftszweig „Handel“ erscheinen, da sie nebst Handels-leistungen auch Reparaturtätigkeiten beinhaltet. Dieser Gruppe sind in Liechtenstein jedoch nur zwei kleinere Unternehmen zugeordnet. Zudem führt die Gleichbehandlung von Reparaturtätigkeiten und Handelsleistungen zwar zu einer Verschiebung zwischen dem Produktionswert und den Vorleistungen, sie hat aber keinen Einfluss auf die Höhe der Wertschöpfung und des Bruttoinlandsproduktes.

c) Kreditinstitute (NOGA 65): Die Marktproduktion der Kreditinstitute setzt sich zusammen aus den Gebühren, die den Bankkunden direkt in nung gestellt werden, und der unterstellten Bankgebühr. Die direkt in Rech-nung gestellten Gebühren können sowohl den Einschätzungskarten wie der