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TEIL II: Die Konzeption

6 Die Konten und Transaktionen der Volkswirtschaft- Volkswirtschaft-lichen Gesamtrechnung Liechtensteins

6.1 Das Produktionskonto

6.1.3 Der Produktionswert

Als Produktionswert (P.1) gilt in der VGR FL der Wert aller Güter, die wäh-rend eines Jahres in einer gebietsansässigen Einheit193 produziert werden.194 Bewertet werden die produzierten Güter im Allgemeinen zu Herstellungs-preisen (basic prices),195 und zwar zu dem Zeitpunkt, zu dem sie im

192 Dies bedeutet nicht, dass die Schattenwirtschaft in ihrer Grössenordnung vernachlässigbar wäre. Gemäss den Angaben der EU-Kommission beläuft sich das Ausmass der Schwarzarbeit in den EU-Ländern auf 7 % bis 16 % des Bruttoinlandsproduktes. Vgl. Neue Zürcher Zeitung, 19.

Mai 1999, S. 19.

193 Vgl. zur Abgrenzung der in der VGR FL berücksichtigten Einheiten Abschnitt 5.5 dieser Ar-beit.

194 Gemäss SNA 93 und ESVG 95 sollte bei der Berechnung des Produktionswertes von örtli-chen fachliörtli-chen Einheiten, nicht von institutionellen Einheiten ausgegangen werden. Vgl. zur Verwendung institutioneller statt örtlicher fachlicher Einheiten die Abschnitte 5.5 und 8.1.1.5 sowie SNA 93, 6.38, und ESVG 95, 3.14.

195 Der Herstellungspreis ist der Betrag, den der Produzent für eine Einheit der von ihm produzierten Güter vom Käufer erhält, abzüglich Gütersteuern (z.B. Mehrwertsteuer), zuzüglich allfällige Gütersubventionen. Getrennt in Rechnung gestellte Transportkosten rechnen nicht zu den Herstellungspreisen. Ebenso zählen Zinsbelastungen oder andere Belastungen im

Zusam-tionsprozess entstehen.196 Zu den Gütern zählen sowohl Waren wie Dienstleistungen.

Waren und Dienstleistungen können, nachdem sie produziert sind, auf ver-schiedene Art und Weise im Wirtschaftsprozess weiterverwendet werden:197

1. sie können zu wirtschaftlich signifikanten Preisen verkauft werden, 2. sie können gegen andere Waren, Dienstleistungen oder

Vermögensbe-standteile getauscht werden,

3. sie können als Sachleistung an Angestellte abgegeben werden (Naturallohn),

4. sie können für eine spätere Verwendung auf Lager genommen werden, 5. sie können für den eigenen Konsum oder die eigenen

Anlageinvestitio-nen verwendet werden,

6. sie können gratis oder zu wirtschaftlich nicht signifikanten Preisen an andere Einheiten abgegeben werden.

Im ESVG 95 werden diese sechs Verwendungsarten produzierter Güter nach dem Kriterium der Marktbestimmung in drei Gruppen zusammengefasst. Sie untergliedern den Produktionswert in die Bereiche:198

• P.11 Marktproduktion (Verwendungsarten 1 - 4),

• P.12 Nichtmarktproduktion für die Eigenverwendung (Verwen-dungsart 5),

• P.13 Sonstige Nichtmarktproduktion (Verwendungsart 6).

Mit dem Begriff Marktproduktion wird die Herstellung von Gütern bezeich-net, die unmittelbar auf dem Markt verkauft oder zunächst auf Lager gelegt werden, um zu einem späteren Zeitpunkt verkauft zu werden.199 In der VGR FL setzt sich die Marktproduktion aus den Verwendungsarten Güterverkäufe

menhang mit zeitlich verschobenen Zahlungen nicht zu den Herstellungspreisen. Vgl. SNA 93, 6.54, und ESVG 95, 3.48.

196 SNA 93, 6.37, und ESVG 95, 3.46.

197 SNA 93, 6.41.

198 ESVG 95, 3.16.

199 Vgl. SNA 93, 6.45, und ESVG 95, 3.17. Der Gütertausch und die Abgabe von Gütern als Sachleistung an Arbeitnehmer (Naturallohn) stellen wirtschaftlich betrachtet ebenfalls Güterver-käufe dar.

(1), Naturallöhne (3) und Veränderungen des Lagerbestandes an fertigen und unfertigen Erzeugnissen sowie an Handelsgütern (4) zusammen. Die oben erwähnte Verwendungsart 2, der Gütertausch, wird für Liechtenstein als nicht signifikant betrachtet und deshalb bei der Berechnung der Marktpro-duktion in der VGR FL nicht berücksichtigt.200

Güterverkäufe sind zu jenem Zeitpunkt zu registrieren, in dem eine Forde-rung bzw. Verbindlichkeit zwischen Produzent und Käufer entsteht. Bewer-tet werden die Güterverkäufe zu Herstellungspreisen.201

Die Abgabe von Gütern an Angestellte als Teil oder anstelle der Lohnzah-lung (Naturallohn) ist wie ein Güterverkauf zu behandeln. Dies bedeutet, dass die Abgabe von Gütern zu dem Herstellungspreis bewertet werden sollte, der beim Verkauf zu realisieren gewesen wäre.202

Der Wert der Veränderungen des Lagerbestandes an fertigen und unfertigen Erzeugnissen ergibt sich als Summe der Lagereingänge und allfälliger La-gereileistungen203 abzüglich der Lagerausgänge und des laufenden Lagerver-lustes204. Sowohl Lagereingänge als auch Lagerausgänge sind gemäss ESVG 95 zu den momentanen Herstellungspreisen zu bewerten. Kommt es in der Zeit der Lagerung zu Preisveränderungen, so wird dasselbe Gut zum Zeit-punkt des Lagereingangs anders bewertet als zum ZeitZeit-punkt des

200 Der Warentausch wird auch in den Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnungen anderer Indust-rieländer als nicht signifikant betrachtet und nicht berücksichtigt, so z.B. in Grossbritannien.

Vgl. Doggett (UK), 12.17.

201 SNA 93, 6.54.

202 SNA 93, 6.56.

203 Als Lagereileistungen gelten die Verbesserung der Güterqualität durch die Lagerhaltung (z.B. beim Ausreifen von Wein) und Wertänderungen aufgrund saisonaler Preisschwankungen (z.B. bei Landwirtschaftsgütern). Lagereileistungen werden als Weiterverarbeitungsproduktion an unfertigen Erzeugnissen betrachtet. Vgl. SNA 93, 6.64 - 6.65, SNA 93, 6.104 - 6.109, und ESVG 95, 3.62.

204 Eingelagerte Güter können allein durch den Zeitverlauf in Mitleidenschaft gezogen werden.

Zudem sind sie dem Risiko ausgesetzt, gestohlen oder zufällig beschädigt zu werden. Derartige Wertverminderungen des Lagerbestandes werden unter der Bezeichnung „laufender Lagerver-lust“ zusammengefasst. Vgl. SNA 93, 6.62.

gangs. Mit dieser Berechnungsmethode205 wird erreicht, dass der Produktionswert den Wert der im Rechnungsjahr tatsächlich hergestellten Güter umfasst, bewertet zu den im Rechnungsjahr herrschenden Preisen, und zwar unabhängig davon, ob die Güter sofort verkauft oder auf Lager gelegt werden.206 Wenn während des Rechnungsjahres keine inflationären oder deflationären Preisbewegungen auftreten, lässt sich der Wert der Verände-rung des Lagerbestandes an der Differenz zwischen Jahresendwert gemäss Schlussbilanz und Jahresanfangwert gemäss Eröffnungsbilanz ablesen.207 Halbfertigerzeugnisse sind am Ende des Rechnungsjahres wie Lagerein-gänge zu verbuchen und entsprechend dem Verfertigungsgrad anteilmässig zu dem später zu realisierenden Herstellungspreis zu bewerten. Dies ist vor allem für jene Wirtschaftszweige von Bedeutung, bei denen sich die Pro-duktion eines einzelnen Gutes über mehrere Jahre erstreckt.208

Nichtmarktproduktion für die Eigenverwendung umfasst die selbstprodu-zierten Güter, die von einer Einheit für ihren eigenen Konsum oder für ihre eigenen Bruttoanlageinvestitionen hergestellt werden. Definitionsgemäss können nur Produzenten im Sektor private Haushalte Güter für den eigenen Konsum produzieren, während die Nichtmarktproduktion für die eigenen Bruttoanlageinvestitionen in jedem Sektor vorkommen kann. Ein Beispiel für derartige Bruttoanlageinvestitionen sind die von Bauunternehmen für ihre eigenen Zwecke errichteten Betriebsgebäude.209 Als Nichtmarktproduk-tion für den eigenen Konsum werden in der VGR FL die landwirtschaftli-chen Erzeugnisse für die Eigenverwendung, die Dienstleistungen aus eigen-genutzten Wohnungen und die häuslichen Dienste bezahlter Hausangestellter erfasst.

205 Die Methode wird als Kumulationsmethode oder als Perpetual-inventory-Methode (PIM) be-zeichnet. Vgl. SNA 93, 6.58, und ESVG 95, 6.04.

206 SNA 93, 6.57 - 6.63.

207 SNA 93, 6.67.

208 SNA 93, 6.72 - 6.79.

209 ESVG 95, 3.20 - 3.22.

Die dritte Komponente des Produktionswertes, die sonstige Nichtmarktpro-duktion, umfasst die Produktion jener Einheiten, bei denen weniger als 50 % der Produktionskosten durch Umsätze gedeckt sind. Aus diesem Grund wird für die Berechnung des Produktionswertes sonstiger Nichtmarktproduzenten nicht von den Güterverkäufen, sondern von den Produktionskosten ausge-gangen.210 Sonstige Nichtmarktproduktion findet sich nur im Sektor Staat und im Sektor private Organisationen ohne Erwerbszweck.211