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Die politische Situation Württembergs 1805-1820

3.6.1 Württemberg unter Herzog Friedrich II. (1797-1816) Die unruhigen, außenpolitischen Gegebenheiten der Zeit erschwerten die Ent-stehung einer Tierarzneischule zusätzlich.

Nachdem Bayern und Baden bereits Kriegsbündnisse mit Frankreich abge-schlossen hatten, vollzog auch Herzog Friedrich II. im Oktober 1805 den An-schluß an Napoleon. Ihm wurde mit dem Preßburger Frieden vom 26.12.1805 die im Vertrag zugesicherte volle Souveränität und Königswürde zuteil, womit die Zugehörigkeit zum (bereits in Auflösung befindlichen) Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation nicht mehr vereinbar war. Im Juli 1806 folgte die Grün-dung des Rheinbundes (Württemberg zählte mit Baden und Bayern zu den ge-wichtigsten unter 16 zugehörigen Staaten), der im August 1806 die endgültige Auflösung des alten Reiches nach sich zog.

Innenpolitisch verfolgte Friedrich das Ziel eines einheitlich regierten Staates. Er hob die Ständische Verfassung auf, die Selbstverwaltung von Gemeinden und Amtskörperschaften wurde nahezu vollständig beseitigt. Er trennte Justiz und Verwaltung mit einer in Deutschland bis dahin noch nicht üblichen Konsequenz und schuf ein in 6 Departements geteiltes Staatsministerium (Departement des Auswärtigen, des Innern, der Justiz, des Krieges, der Finanzen und der geistigen Angelegenheiten).

Darüber hinaus war die Stärkung des Heeres ein erklärtes Ziel. Das Heer war zu Beginn seiner Amtszeit (1797) sehr klein, der Wert gering. Schon 1799 begann er, im Kampf gegen die Stände, mit der Neuorganisation, die er 1806 ohne wei-tere Rücksichtnahme mit Einführung der Wehrpflicht zu Ende brachte. Würt-temberg war in verschiedenen Feldzügen beteiligt (1806/07 gegen Preußen, 1809 gegen Österreich, 1812 gegen Rußland, 1813 gegen Preußen, Rußland und Österreich).

Die Niederlage Napoleons 1812 und der Krieg 1813 führten zum Austritt Würt-tembergs aus dem Rheinbund. Am 23. Oktober 1813 schloß Württemberg zu-nächst eine Militärkonvention mit Österreich, später (2.11.1813) den Vertrag von Fulda. Metternich (seit 1809 Außenminister von Österreich) sagte dem Kö-nig die weitere Souveränität und Entschädigungen für etwaige Abtretungen zu.

Dem später folgenden Deutschen Bund (8.6.1815) schloß sich König Friedrich

nur widerstrebend an, da er seine Souveränität nur ungern beschränkt sah. Der

Deutsche Bund war ein Staatenbund, der eine gewisse staatliche Einheit

auf-wies. Die Bundesmitglieder hatten einander gegen jeden Angriff beizustehen

(somit entfiel die Möglichkeit der Neutralität oder des Sonderfriedens). In der

Bundesakte wurde am 1.11.1814 bestimmt, daß alle Bundesstaaten eine

land-ständische Verfassung einführen sollten. Um zu viele Zugeständnisse durch eine vom Bund aufgenötigte Verfassung zu vermeiden, berief Friedrich bereits im März 1814 einen Landtag ein und legte ihm einen Verfassungsvorschlag vor.

Der Landtag lehnte diesen jedoch ab, da er am Aufbau der Verfassung selbst beteiligt sein wollte. Damit begann ein 4 Jahre dauernder Kampf um die Ge-staltung der Verfassung in Württemberg, der über den Tod König Friedrichs (30.10.1816) hinausging.

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3.6.2 Württemberg unter König Wilhelm I. (1816-1864) Mit Regierungsantritt von König Wilhelm I. sah die Lage des Landes nicht ein-facher, aber anders aus. Die außenpolitischen Unruhen waren beigelegt, so daß die von Friedrich geschaffenen Grundlagen über den inneren Ausbau des Landes vervollständigt werden konnten.

Württemberg war zu der Zeit ein verhältnismäßig armes, aber bevölkerungsrei-ches Land: 1816 hatte es über 2,4 Mio Einwohner, das entsprach einer Einwoh-nerzahl von 72,3 pro Quadratkilometer. Es gehörte zu den bevölkerungsdichte-sten Ländern Europas und lag weit über dem deutschen Durchschnitt (46,7 Ein-wohner/Quadratkilometer).

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Die Mißernten 1816 und 1817 riefen schlimme Hungersnöte hervor, so daß Kö-nig Wilhelm, ohnehin schon an der Landwirtschaft interessiert, Grundlagen für eine Verbesserung der Landwirtschaft schuf (1817 Grundlagen zur Bauernbe-freiung, 1818 Gründung der Landwirtschaftlichen Schule in Hohenheim).

Den Verfassungsstreit wollte König Wilhelm so bald wie möglich beenden und legte bereits 1817 einen neuen Entwurf vor, der vom Landtag jedoch wiederum abgelehnt wurde. Der Landtag wurde aufgelöst, die Verhandlungen gerieten wieder ins Stocken, bis der neu gewählte Landtag mit einer höheren Bereitschaft zur Einigung schließlich mit der Regierung eine Verfassung beriet und einstim-mig annahm.

Am 25.9.1819 wurde ein Verfassungsvertrag zwischen der Regierung und den Ständen geschlossen, der die Staatsgewalt, mit Beteiligung der Stände beim Kö-nig beließ. Es gab eine Erste (Kammer der Standesherren) und eine Zweite Kammer (Kammer der Abgeordneten) im Landtag. Die Stände hatten das Recht zur Gesetzeszustimmung, zur Steuererhebung und zur Aufnahme von Staats-schulden, aber nicht das Recht zur Gesetzesinitiative.

Der erneute Versuch der Gründung einer Tierarzneischule war in der Zeit der innenpolitischen Reformen erfolgreicher, obwohl oder gerade weil die Zeit für

39 Weller 1989, 190, 211-217.

40 Wie Anm. 39, 224.

die Bevölkerung alles andere als leicht war. Ein an der Landwirtschaft interes-sierter Monarch, der, auch durch die Hungersnöte gezwungen, die Landwirt-schaft reformieren wollte, lieferte die besten Voraussetzungen.

3.7 5. Versuch

1816, mit Regierungsantritt von König Wilhelm I., kam die entscheidende Wen-de. Die Vorlieben des Königs für landwirtschaftliche Einrichtungen und die Veredelung der Viehzucht waren bekannt. Es verwunderte nicht, daß er kurze Zeit nach seinem Regierungsantritt erneut Vorschläge zur Errichtung einer Tier-arzneischule anforderte.

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Im Jahr 1818 schrieb Walz erneut ein Gutachten, in dem er die nötige Einrich-tung der Schule und erforderlichen Lehrer aufzählte.

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Er machte sogar nament-liche Vorschläge, so z. B. Dr. Ströhlin (ein praktischer Arzt aus Stuttgart) „zum Vortrage des erforderlichen allgemeinen physischen Wissens so wie der allge-meinen Krankheits- und Heil-Lehre“, Obertierarzt Sigmund Hördt, ehemaliger Hoftierarzt des Königlichen Marstalls in Stuttgart, für die Fächer Exterieur, Vieh-Zucht und Huf-Beschläge sowie sich selbst für die Materia medica. Als Lokal war diesmal die vormalige Königl. Menagerie benannt, die in ihren Bau-lichkeiten und der Umgebung passend wäre. So ließe sich der Elefanten- zu ei-nem Anatomie-Saal herrichten, der für Büffel, Schafe etc. bestimmt gewesene Bau würde sich als Vorlesesaal, Schmiede und für Krankenställe eignen. Walz gab auch einen ungefähren Kostenüberschlag an, den er jedoch erst nach genau bestimmter Lokalität und Anzahl der Lehrer konkretisieren wollte. Es wurde schließlich eine Kommission aus den Medizinal-Räten v. Jäger und Walz, dem Ober-Tier-Arzt Sigmund Hördt, dem Medizinal-Assessor Gottlob Haußmann und dem Baurat Ezel zusammengesetzt, die den Auftrag hatte, die innere Ein-richtung der zukünftigen Schule, die notwendigen Bauvorhaben und die anfal-lenden Kosten sowie den Lehrplan zu erörtern.

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Im Frühjahr 1820 erhielt Walz vom Ministerium des Innern den Auftrag, als Vertreter dieser Kommission die Veterinäranstalt in München zu begutachten.

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Eine Mitteilung des Ministeriums des Innern an das Medizinalkollegium vom 10. Mai 1820 bestätigte den Erhalt dieses Gutachtens, in dem die hinteren ehe-maligen Menagerie-Gebäude als Lokal bestimmt wären. Darüber hinaus wurde einem Baurat (Prof. v. Thouret) aufgetragen, die Pläne zu prüfen.

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41 Hering 1832, 10.

42 StAL: E 164 Bü 1 (Ad protocollum vom 27. April 1818).

43 Wie Anm. 41.

44 StAL: E 164 Bü 1 (S. 37, Ministerium des Innern vom 14. März 1820).

45 StAL: E 164 Bü 1 (S. 38, Ministerium des Innern vom 10. May 1820).