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Die Übertragung der Lizenz. Zum Stand der Diskussion

Im Dokument 2 Zeitschrift Geistiges Eigentum (Seite 81-85)

Lizenzen als handelbare Güter?

II. Die Übertragung der Lizenz. Zum Stand der Diskussion

Lizenzen berechtigen nicht nur zur Benutzung von Immaterialgüterrechten, sondern stellen als Benutzungsrechte selbst einen wirtschaftlichen Wert dar, der auf bestimmten Märkten verwertet werden kann. Literatur und Rechtspre‑

chung haben sich daher schon früh mit der Frage auseinandergesetzt, ob und inwieweit Lizenzen in Form von Nutzungsrechten übertragen werden können.7 Zur Weiterübertragung der Lizenz durch den Lizenznehmer bestehen bis heute unterschiedliche Auffassungen. Die Kontroverse folgt zum einen daraus, dass die Lizenz wie auch der Lizenzvertrag weder durch den Gesetzgeber noch durch Rechtswissenschaft und Rechtsprechung bislang eine klare und einvernehmliche Regelung erfahren haben. Zum anderen konzentrieren sich die Debatten weit‑

gehend auf eine isolierte Betrachtung, entweder in Bezug auf einzelne Schutz‑

rechte oder einzelne Fallgruppen.

1. Die Frage der Übertragbarkeit

Das deutsche Urheberrecht hat den Interessen der Urheber und der Lizenzneh‑

mer durch eine besondere Vorschrift zur Übertragbarkeit von Nutzungsrechten Rechnung getragen. Nach § 34 Abs. 1 S. 1 UrhG kann ein Nutzungsrecht nur mit Zustimmung des Urhebers übertragen werden. Das in § 34 UrhG festgeschrie‑

bene Zustimmungserfordernis hat urheberpersönlichkeitsrechtliche Wurzeln und setzt damit einen wesentlichen Grundgedanken des Urheberrechts um.8 Der Urheber soll danach auch dann noch eine Steuerungsmöglichkeit über sein

6 Dazu nur B. Bartenbach, Die Patentlizenz als negative Lizenz. Inhalt, Bedeutung und Abgren‑

zung zur positiven Lizenz (2002); Pahlow, Lizenz und Lizenzvertrag (wie Fn. 1), S. 250–255;

McGuire, Die Lizenz (wie Fn. 1), S. 102–105.

7 Vgl. nur für die beginnende Diskussion zu Beginn des 20. Jahrhunderts Allfeld, Grundriss des gewerblichen Rechtsschutzes (1910), S. 39; Kloeppel, Der Licenzvertrag (1896), S. 21.

8 BGH, Urt. v. 18. 2. 1982 – I ZR 81/80, GRUR 1984, 45, 52 – Honorarbedingungen: Sendevertrag;

Kotthoff, in: HK‑Urheberrecht, 3. Aufl. (2013), § 34 Rn. 1; Seitz, „Gebrauchte“ Softwarelizenzen.

Der Zweiterwerb von Nutzungsrechten an Computerprogrammen (2010), S. 231; Zech, ZGE/

IPJ 5 (2013), 378.

Werk behalten, wenn er einem anderen ein Nutzungsrecht bestellt hat. Nach dem monistischen Verständnis des deutschen Urheberrechts soll die Werkverwertung also nicht in den Händen von Personen liegen, die der Urheber nicht ausgewählt hat und zu denen ein die Grundlage des Nutzungsrechtsvertrages bildendes Ver‑

trauensverhältnis nicht gegeben ist.9

Während im Urheberrecht mit § 34 UrhG die Frage der Übertragung von Nutzungsrechten gesetzlich geregelt ist, finden sich im Patent‑ und Marken‑

recht keine vergleichbaren Bestimmungen. Entsprechend kontrovers wird die Frage diskutiert, ob und inwieweit eine Patent‑ oder Markenlizenz übertragbar ist. Und nach wie vor wird die Frage der Übertragbarkeit weitgehend nach der Art der vereinbarten Lizenz beurteilt. Sofern der Schutzrechtsinhaber eine aus-schließliche Lizenz vergeben habe, spreche die Interessenlage grundsätzlich dafür, dass der Lizenznehmer im Zweifel auch dazu berechtigt sei, die Lizenz an Dritte zu übertragen. Der Lizenznehmer sei im Umfang seines Nutzungsrechts in die Position des Schutzrechtsinhabers eingerückt. Insoweit stünden ihm grund‑

sätzlich die gleichen Befugnisse zu wie dem Schutzrechtsinhaber.10 Das Recht zur Übertragung beschränke sich dabei auf den Umfang der Hauptlizenz, eine weitergehende Rechtseinräumung durch den Lizenznehmer sei gegenüber dem Lizenzgeber und Dritten unwirksam.11 Ausnahmen werden aber dann zuge‑

lassen, wenn ein besonderes Vertrauensverhältnis zwischen Lizenzgeber und Lizenznehmer bestehe. Der Lizenzgeber müsse sich in diesem Fall keinen neuen und fremden Lizenznehmer aufdrängen lassen.12

Bei nicht ausschließlichen Lizenzen geht die h.M. dagegen davon aus, dass der Lizenznehmer ohne Zustimmung des Rechtsinhabers und Lizenzgebers zur Übertragung der Lizenz nicht befugt sei.13 Mit den umstrittenen Entscheidungen des BGH14, nach denen einfache Nutzungsrechte im Urheberrecht als „dingliche Rechte“ aufzufassen seien, wurde vereinzelt dafür plädiert, solche Lizenzen daher

9 Wandtke/Bullinger/Wandtke/Grunert, Praxiskommentar UrhR, 4. Aufl. (2014), § 34 Rn. 1.

10 BGH, Urt. v. 17. 4. 1969 – KZR 15/68, GRUR 1969, 560, 561 – Frischhaltegefäß; BGH, Urt. v.

26. 11. 1954 – I ZR 244/52, GRUR 1955, 338, 340; Benkard/Ullmann, PatG 10. Aufl. (2006), § 15 Rn. 58; Henn, Patent‑ und Know‑how‑Lizenzvertrag, 5. Aufl. (2003), Rn. 87; Kraßer/Schmid, GRUR Int. 1982, 324 ff., 332; Cepl, NZI 2000, 357 ff., 357.

11 Ingerl/Rohnke MarkenG, 3. Aufl. (2010), § 30 Rn. 49; zum Urheberrecht BGH, Urt. v.

10. 7. 1986 – I ZR 102/84, GRUR 1987, 37, 39 – Videolizenzvertrag.

12 BGH, Urt. v. 26. 9. 1958 – I ZR 81/57, GRUR 1959, 147, 149 f.; Benkard/Ullmann/Deichfuß, PatG, 11. Aufl. (2015), § 15 Rn. 104.

13 Schulte/Moufang (wie Fn. 2), § 15 Rn. 42; Fitzner/Lutz/Bodewig/Hauck, Patentrechtskom‑

mentar, 4. Aufl. (2012), § 15 Rn. 41; Ingerl/Rohnke (wie Fn. 11), § 30 Rn. 49; Pahlow, Lizenz und Lizenzvertrag (wie Fn. 1), S. 429 f. m. w. N.

14 BGH, Urt. v. 29. 4. 2010 – I ZR 69/08, GRUR 2010, 628 Rn. 29 – Vorschaubilder; BGH, Urt. v.

26. 3. 2009 – I ZR 153/06, GRUR 2009, 946 Rn. 20 – Reifen Progressiv; zust. Scholz, GRUR 2009, 1107 ff.; zur Anwendbarkeit im Patentrecht Haedicke, ZGE/IPJ 3(2011), 377 ff.; krit. Dammler/

Mellulis, GRUR 2013, 781 ff.

auch im Patentrecht prinzipiell für übertragbar zu erklären.15 Diese Auffassung findet aber weder in der genannten Rechtsprechung eine Grundlage, noch wird sie den Interessen der Parteien gerecht. Da der Schutzrechtsinhaber und Haupt‑

lizenzgeber bereits im Falle einer Unterlizenzierung nach den jüngsten Ent‑

scheidungen des BGH mit einer Bestandskraft des Enkelrechts rechnen muss16, dürfte das erst recht für die Übertragung einer Lizenz gelten. Damit würde ein Schutzrechtsinhaber mit der Vergabe einer einfachen Lizenz jeglichen Einfluss auf den Nutzer verlieren.

Die von der h.M. vorgenommene Unterscheidung der Übertragbarkeit anhand einer pauschalen Kategorisierung der Lizenz kann schon deshalb nicht über‑

zeugen, weil es mangels einer gesetzlichen Regelung in erster Linie die Verein‑

barungen im Lizenzvertrag sind, die die Übertragbarkeit bestimmen. Pauschale Kategorisierungen verdecken nicht nur diese Bedeutung der Parteiabrede, letz‑

tere steht einer pauschalen Einordnung sogar regelmäßig entgegen. In allen Schutzrechtsregimen – selbst unter dem Zustimmungsvorbehalt des § 34 Abs. 1 UrhG – kommt einer vertraglichen Vereinbarung der Parteien eine konstitutive Funktion zu. Fehlen ausdrückliche oder konkludente Abreden, dann kommt es auf die Interessen und die Gesamtumstände des Vertrages an. Und hier gilt:

Grundsätzlich kommen für den Schutzrechtsinhaber durchaus schutzwürdige Interessen in Betracht, um die Nutzung seines Immaterialgüterrechts kontrol‑

lieren zu können. Im Patentrecht sprechen dafür u. a. technische Anwendungs‑

und Betriebsgeheimnisse, die in der Regel als Know‑how mitlizenziert werden und die nicht ohne Zustimmung des Lizenzgebers in fremde Hände gelangen sollen.17 Im Markenrecht ist es die besondere Imagewirkung eines Zeichens, die vor allem durch das Vertrauen in den Zeicheninhaber bzw. sein Unterneh‑

men getragen wird und nicht durch Personen, auf deren Auswahl der Zeichen‑

inhaber keinen Einfluss hat, gefährdet werden soll.18 Eine freie Übertragbarkeit scheidet zudem aus, wenn eine Lizenz von vornherein an einen bestimmten Betrieb oder ein bestimmtes Unternehmen gebunden wird.19 Es sprechen daher auch im Patent‑ und Markenrecht gute Gründe dafür, es nach § 34 UrhG analog grundsätzlich von einem Zustimmungsvorbehalt des Rechtsinhabers abhängig

15 Haedicke/Timmann, Handbuch zum Patentrecht (2012), § 4 Rn. 97; ders., Patentrecht, 3. Aufl.

(2015), S. 243.

16 BGH, Urt. v. 19. 7. 2012  – I ZR 70/10, GRUR 2012, 916 Rn. 23  – M2Trade; BGH, Urt. v.

19. 7. 2012 – I ZR 24/11, GRUR 2012, 914 Rn. 15 – Take Five.

17 Auch im Patentrecht setzt sich daher zunehmend eine restriktive Auffassung durch, z. B. Pagen-berg/Beier, Lizenzverträge/License Agreements, 6. Aufl. (2008), S. 212–214; Kraßer, Patent‑

recht, 6. Aufl. (2009), S. 933 f.; keine Aussage dazu treffen Benkard/Ullmann/Deichfuß (wie Fn. 12), § 15 Rn. 103; Schulte/Moufang (wie Fn. 2), § 15 Rn. 37; Mes, PatG, GebrMG, 4. Aufl.

(2015), § 15 Rn. 41.

18 Pahlow, Lizenz und Lizenzvertrag (wie Fn. 1), S. 218 ff.

19 Hier geht die h.M. zutreffend davon aus, dass die Lizenz nicht unabhängig von Betrieb bzw. vom Unternehmen übertragen werden kann, Benkard/Ullmann/Deichfuß (wie Fn. 12), § 15 Rn. 70;

Haedicke/Timmann (wie Fn. 15), § 4 Rn. 94.

zu machen, wenn eine Lizenz übertragen werden soll.20 Ohne entsprechende Vereinbarungen ist die Lizenz – ganz gleich welchen Rechtscharakter sie haben mag – im Zweifel nur mit Zustimmung des Schutzrechtsinhabers übertragbar.21

2. Die rechtsgeschäftliche Übertragung der Lizenz

Die Frage der Übertragbarkeit der Lizenz sagt noch nichts darüber aus, wie die rechtliche Konstruktion der Lizenzveräußerung gestaltet sein muss. Grundsätz‑

lich ist mit der Übertragung der Lizenz nur die Abtretung des konkreten Nut‑

zungsrechts gemeint, nicht aber der Eintritt oder die Übernahme des Lizenzver‑

trages zwischen Rechtsinhaber und Lizenznehmer durch den Zweiterwerber. Der abtretende Lizenznehmer bleibt damit grundsätzlich Partei des Lizenzvertrages und an seine Vertragspflichten gebunden.22 Bezogen auf das urheberrechtliche Nutzungsrecht folgt daraus, dass § 34 Abs. 1 S. 1 UrhG nur dazu führt, dass der Ersterwerber sein Nutzungsrecht mit Zustimmung des Urhebers gem. §§ 413, 398 BGB an den Zweiterwerber veräußert.23 Der Zustimmungsvorbehalt des § 34 Abs. 1 S. 1 UrhG korrespondiert mit den allgemeinen Bestimmungen des BGB (insbesondere § 399 BGB). Zur Kondiktionsfestigkeit dieser Verfügung lassen sich unterschiedliche Kausalgeschäfte denken, etwa Rechtskauf oder Schenkung.

Unabhängig davon, ob man die Lizenz als schuldrechtlich oder dinglich interpre‑

tieren will, ist für eine Übertragung des Nutzungsrechts als Verfügungsgeschäft grundsätzlich die Zustimmung des Schutzrechtsinhabers erforderlich.

Nach § 34 Abs. 1 S. 2 UrhG darf der Urheber diese Zustimmung nicht wider Treu und Glauben verweigern. Der Zustimmungsvorbehalt des § 34 Abs. 1 S. 1 UrhG wird durch § 34 Abs. 1 S. 2 UrhG ergänzt und beschränkt, aber nicht ersetzt. Aus § 34 Abs. 1 S. 2 UrhG folgt kein prinzipiell zustimmungsfreier Erwerb ohne Teilnahme des Urhebers.24 Der Urheber ist einzubeziehen, selbst in den Fällen, in denen aus § 34 Abs. 1 S. 2 UrhG ein „Anspruch auf Zustim‑

mung“ angenommen werden kann. Besteht ein solcher Anspruch, dann bleibt der Zustimmungsvorbehalt des Urhebers erhalten. Gerade mit der Bezugnahme auf den Urheber in § 34 UrhG will der Gesetzgeber erreichen, dass der Urheber

20 Pahlow, Lizenz und Lizenzvertrag (wie Fn. 1), S. 446 f., 448 f.

21 Für die nicht ausschließliche Patentlizenz wurde deren Übertragbarkeit von einer vertrag‑

lichen Berechtigung des Lizenzgebers abhängig gemacht, u. a. BGH, Urt. v. 23. 4. 1974 – X ZR 4/71, GRUR 1974, 463, 464 – Anlagengeschäft; Benkard/Ullmann/Deichfuß (wie Fn. 12), § 15 Rn. 100.

22 Dreier/Schulze, UrhG, 5. Aufl. (2015), § 34 Rn. 10; Wandtke/Bullinger/Wandtke/Grunert (wie Fn. 9), § 34 Rn. 4; Schricker/Loewenheim, Urheberrecht, 4. Aufl. (2010), § 34 Rn. 10; Pahlow, Lizenz und Lizenzvertrag (wie Fn. 1), S. 450.

23 Wandtke/Bullinger/Wandtke/Grunert (wie Fn. 9), § 34 Rn. 1; Dreier/Schulze (wie Fn. 22), § 34 Rn. 5.

24 Vgl. Kotthoff, in: HK‑UrhR (wie Fn. 8), § 34 Rn. 8; Dreier/Schulze (wie Fn. 22), § 34 Rn. 18;

BeckOK‑UrhR/Soppe (2015), § 34 Rn. 11; Held, GRUR 1983, 161 ff., 164 f.

als Werkschöpfer stets über den personellen und inhaltlichen Status der Nut‑

zungsberechtigten informiert bleibt; auch das folgt aus dem Zweck der Regelung, nämlich dem Schutz der vermögens‑ und persönlichkeitsrechtlichen Interessen des Urhebers.25 § 34 Abs. 1 S. 2 UrhG gewährt also keine freie Übertragbarkeit der Lizenz, sondern die Parteien sind aufgefordert, den Urheber in Veräuße‑

rungsgeschäfte entweder im Wege einer Zustimmung oder zumindest im Wege einer Verweigerungserklärung am Übertragungsvorgang teilhaben zu lassen.

Wäre eine Zustimmungsverweigerung treuwidrig, folgt daraus zunächst nur ein Anspruch auf Zustimmung, der notfalls im Klagewege durchgesetzt werden muss; bis dahin bleibt die Übertragung schwebend unwirksam.26

Da die Lizenz von den Parteien inhaltlich beschränkt werden kann (§ 31 Abs. 1 S. 2 UrhG), kann das Nutzungsrecht im Lizenzvertrag gem. § 34 Abs. 5 S. 2 UrhG auch als unübertragbares Recht (§ 399, 2. Alt. BGB) definiert und vereinbart werden. Eine solche Beschränkung der Übertragbarkeit hat im Zweifel nicht nur schuldrechtliche, sondern auch dingliche Wirkung. Die Übertragung eines

„nicht abtretbaren“ Nutzungsrechts wäre demnach unwirksam, auch gegenüber Dritten.27 In diesen Fällen hilft auch § 34 Abs. 1 S. 2 UrhG nicht weiter, der nur für übertragbare Nutzungsrechte unter Zustimmungsvorbehalt gilt. § 34 Abs. 5 S. 2 UrhG bezieht sich – mit Ausnahme des Rückrufrechts und der Erwerber‑

haftung – „im Übrigen“ auf den gesamten § 34 UrhG. Für § 34 Abs. 1 S. 2 UrhG wäre also nur Raum, wenn der Urheber sich mit einer Wiederherstellung des § 34 Abs. 1 S. 1 UrhG, also einer vertraglichen Aufhebung der Nicht‑Übertragbarkeit einverstanden erklären würde.

III. Die UsedSoft-Rechtsprechung als Grundlage für eine

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