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Liechtenstein und notwendige Anpassungsmassnahmen durch Liechtensteins EWR-Beitritt

2. Datenerhebung: Umfrage, Interviews, Regierungs

dokumente, Medienberichte

Aufgrund der oben erläuterten Widrigkeiten in der Datenlage war es für dieses Projekt unerlässlich, eine breit angelegte Umfrage zu den wirt­

schaftlichen Auswirkungen der EWR-Mitgliedschaft durchzuführen, die bislang für Liechtenstein nicht vorlag. Nur eine grossräumig ange­

legte Umfrage konnte detaillierte Informationen über die EWR-Aus-wirkungen liefern. Sie bildet deshalb den empirischen Kern der vorlie­

genden Studie. Zur Vertiefung einzelner Fragestellungen und Aspekte wurden weiterhin einige Interviews, vor allem auf der Ebene der liech­

tensteinischen Verwaltung, durchgeführt.

Einen wesentlichen Bestandteil für die Analyse der rechtlichen Ge­

sichtspunkte und für die politischen Entwicklungen im Zusammenhang mit der EWR-Mitgliedschaft bilden die Regierungsdokumente (Stel­

lungnahmen, Berichte und Anträge, Interpellationsbeantwortungen), die Landtagsprotokolle sowie die Rechtssammlung des Liechtensteini­

schen Landesgesetzblattes. Tagespolitische Entwicklungen werden mit Hilfe von Medienberichten dokumentiert und analysiert.

Die Umfrage zu den wirtschaftlichen Auswirkungen der liechtenstei­

nischen EWR-Mitgliedschaft wurde mittels eines teilstandardisierten Fragebogens in allen Wirtschaftssektoren (Industrie, Gewerbe, Finanz­

dienstleistungen, Freie Berufe) durchgeführt.2 Im Industriebereich wur­

den die 34 Mitgliedsunternehmen der LIHK (ohne Banken) ange­

schrieben. Da diese Unternehmen 64 % der Erwerbstätigen im zweiten Sektor repräsentieren, steht die Umfrage auf einer soliden Basis.

Die Rücklaufquote betrug 73.5 %. Im Bereich des Gewerbes wäre es zu umfangreich gewesen alle Firmen (mehr als 3000) anzuschreiben.

2 Die einzelnen Fragebögen befinden sich im Anhang. Der Landwirtschaftssektor und die Verwaltung blieben unberücksichtigt. In Bezug auf die Verwaltung ergeben sich in erster Linie verwaltungswissenschaftliche Fragestellung, die im Rahmen dieser Studie nicht be­

arbeitet werden können. Die Landwirtschaft blieb aus dem EWR-Abkommen ausge­

klammert.

Daher wurden die 22 Sektionsleiterinnen gebeten, die Fragebögen aus­

zufüllen und, soweit wie möglich, die Situation der gesamten Branche zu beurteilen. Die Rücklaufquote für das Gewerbe betrug in diesem Sinne 100 %. Im Falle des Finanzdienstleistungssektors, also der Ban­

ken, der Versicherungen, der Treuhänder und der Rechtsanwälte, wur­

den die Fragebögen durch die jeweiligen Verbandspräsidenten an die Mitglieder, im Falle der Treuhänder und Rechtsanwälte an die tätigen Mitglieder, weitergeleitet. Da Treuhänder nicht selten auch gleichzeitig den Rechtsanwaltsberuf ausüben oder Rechtsanwälte im Treuhandge­

schäft tätig sind, ergibt sich für die empirische Datenerhebung das Problem, dass die betroffenen Personen nur einen Fragebogen ausge­

füllt haben - entweder den für Rechtsanwälte oder den für Treuhänder.

Dies spiegelt sich unweigerlich in der relativ niedrigen Rücklaufquote der Fragebögen für Rechtsanwälte von ca. 50 % wider und begründet den Umstand, dass beide Berufsgruppen in Kapitel E gemeinsam be­

trachtet werden.

Hinsichtlich der Freien Berufe, also der Versicherungsfachleute, Inge­

nieure und Architekten, Arzte sowie der Zahnärzte, wurden die jeweili­

gen Verbandspräsidenten um eine ausführliche Beurteilung der EWR-Auswirkungen gebeten. Aus allen erwähnten Branchen liegen Antwor­

ten vor. Insgesamt konnten 111 Fragebögen ausgewertet werden.

Je nach Sektor variieren die Fragestellungen der ausgegebenen Bögen leicht. Der Fragebogen für die Industrie stellte zunächst die Branchen­

zugehörigkeit und die Hauptabsatzmärkte vor und nach dem EWR-Bei-tritt sowie die grundsätzliche Bedeutung der EWR-Mitgliedschaft für das einzelne Unternehmen fest. Anschliessend wurde nach den Vor- und Nachteilen der EWR-Mitgliedschaft sowie nach weiterhin zu beobach­

teten Diskriminierungen beim Export in andere EWR-Länder gefragt.

In Bezug auf die Vorteile stellte der Fragebogen zwölf mögliche Ant­

worten zur Auswahl. Zudem war es möglich, andere Vorteile zu nennen oder anzugeben, dass es keine Vorteile gäbe. Weitere Fragen bezogen sich auf möglicherweise neu erschlossene Märkte seit dem EWR-Bei-tritt, einen wachsenden Personalbestand seit dem EWR-Beitritt und auf allenfalls durch das Unternehmen geplante Massnahmen im Falle eines EWR-Nein. Schliesslich sollten die Firmen angeben, welche Faktoren für ihre Konkurrenzfähigkeit von Bedeutung sind.

Im Gewerbesektor wurde ebenso wie im Industriesektor nach der grundsätzlichen Bedeutung, den Vor- und Nachteilen der

EWR-Mit-gliedschaft sowie weiteren wichtigen Standortfaktoren gefragt. Zudem wurden der Umfang der regionalen, über Liechtenstein hinausgehenden Tätigkeit sowie die Gründe für eine möglicherweise verschärfte Kon­

kurrenzsituation ermittelt. Der Fragebogen für den Finanzdienstleis­

tungssektor ist ähnlich aufgebaut.

Die Freien Berufe wurden eingangs ebenso wie die vorangegangenen Sektoren nach der grundsätzlichen Bedeutung der EWR-Mitgliedschaft gefragt. Im Folgenden sollten die Vertreter dieses Sektors bestimmte aufgrund der EWR-Mitgliedschaft eingetretenen Veränderungen als

«positiv», «negativ» oder «bedeutungslos» für ihren Berufsstand einord­

nen. Dabei wurden acht Veränderungen vorgegeben sowie Platz für die Eintragung anderer Veränderungen gelassen. Weitere Fragen betrafen die Gründe für eine möglicherweise verschärfte Konkurrenzsituation, die Entwicklung des Personalbestandes und die Auslandstätigkeit. Ab­

schliessend wurden die Berufsgruppen aufgefordert anzugeben, welche Massnahmen nach ihrer Ansicht von der Regierung zu ergreifen sind, um zukünftig die Interessen des jeweiligen Berufsstandes zu schützen.

In den Abbildungen 8, 11, 14 und 17 (Kapitel E) werden die Ergebnisse anhand gewichteter Skalenwerte dargestellt. Für jede Antwortoption wurde zunächst ein Gesamtwert errechnet, der sich aus der Addition der Einzelbewertungen für die jeweilige Antwortoption ergab.3 Der Ge­

samtwert wurde dann mit der Anzahl der für die jeweilige Antwort­

option abgegebenen Nennungen multipliziert und schliesslich durch die Gesamtzahl der in dem entsprechenden Sektor zurückerhaltenen Frage­

bögen dividiert. Dieser Endwert ergibt den in der Abbildung abzulesen­

den Skalenwert.4

Da dies die erste breit gefächerte Umfrage zu den wirtschaftlichen Aus­

wirkungen der EWR-Mitgliedschaft in Liechtenstein war, konnte nicht auf ähnliche Konzepte für Fragebögen zurückgegriffen werden. Einzelne Formulierungen wurden durch die von schweizerischen Verbänden in der

5 In Frage Nr. 4 des Fragebogens für die Industrie waren beispielsweise 12 mögliche Ant­

worten vorgegeben, welche von 1 b is 12 durchrangiert werden sollten. Eine Antwortop­

tion, die mit 1 bewertet wurde, erhielt 12 Wertungspunkte. Entsprechend erhielt eine Antwort, die mit 12 bewertet wurde lediglich einen Wertungspunkt (Einzelbewertung).

Wurde somit z.B. eine Antwortoption lOmal mit einer 1 be wertet lOmal mit einer 2 und 5mal mit einer 3, ergab sich ein Gesamtwert von 280 (lOmal 12 Punkte plus lOmal 11 Punkte plus 5mal 10 Punkte).

4 In nicht allen Fragebögen sind die Antwortoptionen vollständig durchrangiert worden.

In einigen Bögen wurde z.B. anstatt von 1 bis 12 lediglich von 1 bis 5 (oder 4; oder 6;

usw.) rangiert, wobei die restlichen Antwortoptionen ignoriert wurden.

Schweiz arrangierten Umfragen zu den Auswirkungen des Schweizer

«EWR-Nein» angeregt. Die Fragebögen erheben keinen Anspruch auf Vollständigkeit und die Aussagefähigkeit der erhobenen Daten unterliegt gewissen Einschränkungen, wie im Folgenden erläutert wird.