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Datenerhebung mittels qualitativer Interviews

4. METHODOLOGIE

4.1 D ATENERHEBUNG

4.1.3 Datenerhebung mittels qualitativer Interviews

Für die Erhebung der Daten wurden persönliche, mündliche Interviews geführt, deren Interviewpartner durch vorab festgelegte Parameter ausgewählt wurden (vgl. Kap. 4.1.1 Datenerhebung - Stichprobe). Das Interview dient dabei als Forschungsinstrument, welches ein „planmäßiges Vorgehen mit wissenschaftlicher Zielsetzung“ ermöglicht und den Interviewpartner „durch eine Reihe gezielter Fragen oder mitgeteilter Stimuli zu verbalen Informationen veranlasst“ (Diekmann 2007, S. 439). Gewählt wurde die Form des problemzentrierten, teilstandardisierten Leitfadeninterviews mit Hilfe dessen die

„subjektiven Sichtweisen oder Sinnkonstruktionen von Individuen im Hinblick auf ein bestimmtes gesellschaftlich relevantes Thema“ (Misoch 2015, S. 71) strukturiert untersucht und somit eine Beantwortung der Forschungsfrage ermöglicht wird. In den Interviews wurde das Narrationsprinzip verfolgt: Durch das Vorgeben von Themenpunkten durch gezielte Leitfragen wurden die Interviewpartner dazu ermuntert, ihre Sichtweisen und Standpunkte durch Erzählungen wiederzugeben (Diekmann 2007). Durch einen chronologischen Ablauf der Interviewfragen in Bezug auf die Forschungsfrage, konnte ein prozesshafter Einblick in die Ansichten der Interviewpartner gewonnen werden. Zur Ermittlung valider Informationen wurde besonderes Augenmerk auf die Neutralität des Interviewers während des Datenerhebungsprozesses gelegt, d.h. es wurde versucht zustimmende oder verneinende Antwortreaktionen zu vermeiden, um somit keine Wertung der Antworten vorzunehmen.

Mit Hilfe des Interviewleitfadens orientierte sich der Interviewer während des Gesprächs.

Dieser Leitfaden nimmt während des Prozesses der Datenerhebung eine steuernde und orientierende Funktion ein (Misoch 2015). Durch den Interviewleitfaden können die studienrelevanten Leitfragen in alltagsnahe Interviewfragen übersetzt werden, deren Antworten schließlich die Informationen zur Rekonstruktion der sozialen Prozesse und damit letztlich zur Klärung des gewünschten Erkenntnisinteresses beitragen (Gläser &

Laudel 2009). Durch den Interviewleitfaden konnte sich der Interviewer, mit Forschungs- und Leitfragen im Kopf (ebd.), während des Gesprächs auf seinen Interviewpartner konzentrieren und inhaltlich dessen Redefluss anpassen, um so eine möglichst ungezwungene Gesprächssituation herzustellen. Der abschließende Blick auf den Interviewleitfaden sicherte die Vollständigkeit der Daten durch einen Abgleich der bereits gestellten Fragen sowie noch fehlender Inhalte. Durch diese thematische Rahmung wurde eine bessere Vergleichbarkeit bzw. Zusammenführung der Inhalte aller Interviewpartner ermöglicht (Misoch 2015). Es wurde weiterhin sichergestellt, dass alle Interviewpartner Informationen zu den gleichen Leitfragen gaben und damit zur Beantwortung der

90 Forschungsfrage beitrugen. Durch den Interviewleitfaden konnten erste Vermutungen während der Datenerhebung abgeleitet werden sowie der Leitfaden angepasst bzw.

bestimmte Themenbereiche stärker in den Fokus gerückt werden (Gläser & Laudel 2009).

Der Interviewleitfaden wurde anhand der qualitativen Forschung entsprechenden Grundprinzipien entwickelt und während der Befragung berücksichtigt (Misoch 2015):

1. Offenheit gegenüber dem Vorgehen, der Gestalt sowie der Handhabung, d.h. flexible Gestaltung der Gesprächssituation inkl. Anpassungen des Leitfadens, Veränderung der Reihenfolge sowie die Annahme neuer inhaltlicher Entwicklungen durch die gegebenen Antworten im Laufe des Erhebungsprozesses

2. Wahrung des Prinzips der Prozesshaftigkeit, d.h. Ansichten, Situationen und Sichtweisen werden als Ergebnis einer zeitlichen Entwicklung der Interviewpartner verstanden sowie stets in Beziehung zu anderen Menschen und damit einem Aushandlungsprozess unterlegen.

3. Kommunikation als wichtigster Kanal zur Gewinnung der Daten, d.h. Sprachniveau, Verständlichkeit der Fragen und Inhalte sowie die Gestaltung der Gesprächssituation im Allgemeinen muss auf den Interviewpartner angepasst werden.

Der Interviewleitfaden wurde in sieben Bereiche und vier Themenkomplexe gegliedert:

I. Einwilligung zur Aufzeichnung des Interviews, Verwendung und Speicherung der Daten

Die Interviewpartner wurden um die Einwilligung zur Aufzeichnung des Interviews und zur Verwendung und Speicherung ihrer Daten im Rahmen des Dissertationsvorhabens sowie dessen Veröffentlichung gebeten. Es wurde zudem auf die Anonymität der Daten hingewiesen. Eine schriftliche Einwilligung aller Interviewpartner liegt vor.

II. Einstieg: Vorstellung des Dissertationsvorhabens

Zu Beginn eines jeden Interviews wurde dem Interviewpartner die Studie, das damit verbundene Erkenntnisinteresse sowie das weitere Vorgehen erklärt.Dies wurde sehr allgemein gehalten, um dem Interviewpartner einerseits eine fachliche und zeitliche Orientierung zu geben sowie andererseits die Antworten der Interviewpartner nicht zu beeinflussen.

III. Themenkomplex 1: Was ist Natur?

91 Um einen Einstieg in die Studie sowie eine spontane, thematische Reaktion der Befragten zu erhalten, eröffneten die Interviews mit der Frage „Was ist für dich Natur?“. Die Frage wurde absichtlich offengehalten, um eine freie Assoziation zu ermöglichen und den Erzählfluss der Interviewpartner anzuregen. Ziel war es Informationen über das Verständnis von Natur und dessen Genese zu gewinnen.

Dafür wurden weitere Verständnis- bzw. Vertiefungsfragen gestellt.

IV. Themenkomplex 2: Kindergarten als Institution und Bildungswahl

Der zweite Themenkomplex zum Verständnis von Kindergärten als Institution verbunden mit den persönlichen Erwartungen der Interviewpartner an die Aufgaben dieser Einrichtungen wurde durch die Frage nach den eigenen Kindern und deren Einrichtungen eingeleitet. Dafür wurden zu Beginn allgemeine Fragen zur Institution Kindergarten sowie deren Aufgaben gestellt, um die grundlegenden Kriterien für eine gute Kita feststellen zu können. Es wurden zudem die Kompetenzen abgefragt, die Kinder in einer Kita erlernen sollen. Erst in einem zweiten Schritt wurde auf den tatsächlichen Suchprozess nach einer Kindertageseinrichtung eingegangen sowie die mögliche Diskrepanz zwischen Erwartungen, Kriterien und Realität im Sinne der Entscheidungsfindung und Verfügbarkeit von Kitaplätzen. Es stellte sich die Frage nach der Zufriedenheit der Interviewpartner mit ihrer Wahl, vor allem wenn diese nicht den ursprünglichen Kriterien und Wünschen entsprach. Zudem wurde die Frage nach der Bedeutung von Naturerfahrung als Teil des Kindergartenalltages thematisiert.

V. Themenkomplex 3: Eigene Naturerfahrungen

Im dritten Themenkomplex wurde noch einmal dezidiert auf den eigenen Umgang mit Natur eingegangen. Die Interviewpartner wurden dazu nach ihren eigenen Naturerfahrungen in der Kindheit befragt, um so die Sozialisationsgeschichte des Naturverständnisses nachzeichnen bzw. Hinweise auf eine mögliche Verknüpfung des heutigen Naturverständnisses mit der eigenen Sozialisationsumgebung, persönlichen Ereignissen oder wichtigen Personen des Lebens der Interviewpartner herausfiltern zu können. In einer zweiten Zeitebene wurde das heutige Freizeitverhalten der Interviewpartner hinterfragt sowie der Anteil an Naturerfahrung, der in der persönlichen Freizeit mit und ohne die eigenen Kinder stattfindet. Dies wurde erfragt, um die Relevanz von Natur im Alltag der Interviewpartner ermitteln zu können.

92 VI. Themenkomplex 4: Waldkindergarten - eine Symbiose aus Bildung und Natur?

Im vierten Themenkomplex wurden die Interviewpartner nach ihren Kenntnissen, Erfahrungen oder Annahmen über Natur- und Waldkindergärten befragt. Besonders im Fokus stand hier die Frage nach den vermittelten Kompetenzen im Waldkindergarten sowie eines positiv oder negativ besetzten Zusammenhangs zwischen Natur und Bildung. Dieser Themenkomplex diente einerseits dazu die Auseinandersetzung der Interviewpartner mit dem Thema Natur- und Waldkindergarten zu eruieren als auch mögliche Vorurteile über diese Einrichtungsform aufzudecken sowie ein Stimmungsbild zu dieser Kitaform zu zeichnen.

VII. Schlussteil / Ende des Interviews

Im Schlussteil wurde das Thema des Forschungsvorhabens noch einmal gemeinsam reflektiert sowie die offene Frage gestellt, ob weitere Aspekte in Hinblick auf das Naturverständnis und die Bildungswahl offengeblieben sind.

Abschließend wurden persönlich-statistische Daten der Interviewpartner erhoben, um das Interview einerseits zweifelsfrei zuordnen zu können sowie andererseits Daten für den sozialen Vergleich vorliegen zu haben.

Der Interviewleitfaden ist dem Anhang dieser Studie beigefügt (Anhang 1).

Für die Beantwortung der Forschungsfrage wurden Daten aus 24 Interviews (davon 21 Frauen und drei Männer) erhoben. Die Interviews dauerten zwischen 25 Minuten und 65 Minuten, so dass ein Gesamtdatenvolumen von etwa 23 Stunden generiert wurde. Die Aufzeichnung erfolgte per Mobiltelefon. Dadurch konnte bestmöglich gewährleistet werden, dass die Vielzahl an Informationen ohne größere Verluste für die spätere Auswertung gesichert werden. Weitere Informationen, etwa persönliche Eindrücke vor Ort oder gesprochene Inhalte vor und nach Aktivierung des Aufnahmegeräts, wurden in einem Gedächtnisprotokoll notiert. Gleiches gilt für gesprächssituative Faktoren, die für die spätere Datenauswertung relevant erschienen: etwa Störfaktoren, Gesprächsverlauf, Eindrücke zu Person und Ort, etc. Diese Informationen wurden den Transkripten beigefügt.