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Dänemark: Das politisch-administrative System in Periode 3

Technische Innovation und Entstehung des Ursprungsmarktes

2.3.2 Dänemark in Periode 3

2.3.2.1 Dänemark: Das politisch-administrative System in Periode 3

Der auf 20% reduzierte Investitionszuschuss, durch den Sturm von 1981 verursachte Havarien und stagnierende Ölpreise führen 1982 zu reduzierter Nachfrage. Im nachfolgenden Jahr verstärkt sich die Krise des Binnenmarktes. Verglichen mit 1981 halbiert sich die Zahl verkaufter WEA im Jahr 1983 (vg. Tab. 2.3b). Um den Markt zu stabilisieren, schafft die Regierung im Dezember 1983 deutliche Verbesserungen für Windanlagenkäufer.220 Seitdem ist der Betrieb von Windturbinen von der Energiesteuer, die einen Anreiz zur Einsparung von Strom- und Brennstoffen bieten sollte, ausgenommen (etwa 25 Öre, bzw. sieben Pfennig pro eingespeister Kilowattstunde). Mit der Begründung, dass die Windkraft zu Einsparungen beitrage, erhielten die Windmüller sogar eine teilweise Rückvergütung der Energiesteuer in Höhe von 15,5 Öre (ca. 4,3Pf.) pro Kilowattstunde (Heymann 1995, 415). Die wichtigste

220 Von der Windtechnologie ist die konservative Regierung weniger überzeugt. Daran änderten auch die seit 1983 stark zunehmenden Exporte nichts. Vielmehr sahen sie sich der ,grünen Mehrheit' aus SD, SF, RV und VS ausgeliefert, die jederzeit eigenständige Fördermaßen hätte durchsetzen können. Um das Gesicht zu wahren, blieb der Regierung daher kaum eine andere Möglichkeit, als ,das beste aus der Sache zu machen und so tun, als ob sie mit der Entwicklung zufrieden wäre.' (van Est 1999, 88, Übersetzung: M.N.). Aus diesem Grund

versprach die Regierung dem Folketing, dass das Förderprogramm auch 1983 fortgesetzt würde, um den Inlandmarkt zu erhalten (ebd.).

Rahmenbedingung dafür, dass sich der Markt seit 1984 wieder regeneriert hatte, besteht im ,freiwillige Übereinkommen’ zwischen EVU und Windmüllern. Darin verpflichteten sich die EVU zu diversen Zugeständnissen (s.u.). Die Übereinkunft kam auf ähnliche Weise zustande wie die provisorische Regelung von 1979. Auch im Falle der Neuregelung übte das Parlament Druck aus, indem es den EVU mit einer gesetzlichen Regelung drohte, sollten sie sich nicht mit den Windmüllern einigen (Hantsch 1998, 54).221

Ein Novum der Erprobungsperiode besteht in der Exportorientierung der Windindustrie.

Unterstützt werden die Exporteure vom Industrieministerium, dass die Durchführung einer Analyse des US-amerikanischen Marktes mit 250.000 DKK förderte (Heymann 1995, 416).

Durch die Kombination aus Export- und Binnenmarktförderung leistete die Regierung wichtige Beiträge zur Regeneration des Sektors.

Dem Aufschwung infolge des Kalifornien-Exports (seit 1983), folgt 1984/85 ein beschleunigtes Wachstum der Inlandnachfrage: Im Vergleich zum Vorjahr wächst die Zahl neu errichteter WEA 1985 um knapp 260% und die installierte Windkapazität verdreifacht sich (vg. Tab. 2.3b). Hauptsächlich dafür verantwortlich ist die Entkopplung zwischen privatem Verbrauch und der Produktion von Strom aus Windkraft. Da nun jeder beliebig viele WEA betreiben durfte, wird die Branche erstmals für private Investoren und neuen Firmen interessant, die sich zum Zweck der Windparkentwicklung gründeten.

Die Bildung solcher Unternehmen und der daraus resultierende Nachfrageschub war von den EVU nicht erwartet worden. Sie argumentierten, dass sie mit ihrer 1984 eingegangenen Verpflichtung zwar die lokale Nutzung der Windkraft fördern wollten, nicht jedoch die Entstehung kommerzieller Windparks. Diese Kritik wurde durch politische Akteure wie dem Energieministerium gestützt (van Est 1999, 134 und 141). Man befürchtete, dass die Entstehung dezentraler Windparks die Stabilität des Versorgungssystems bedrohen könne.

Auch die meisten Befürworter der Windkraft waren mit dieser Entwicklung nicht einverstanden:

,(They) welcomed the municipalities’s interest in wind energy, but unmistakable disaproved of non-local private investors getting involved, fearing speculative forces would lead to chaotic development and turn West Jutland into a ,Wild West’ ' (van Est 1999, 141).

Der Wachstumsschub und die Unzufriedenheit über dessen Entwicklungsrichtung, auch bei einem Großteil der Windenergie-Fürsprecher,222 bildeten die Rahmenbedingungen einer fundamentalen Transformation der Akteursstruktur. Der wirtschaftliche und technische Erfolg der Windkraft hatte die EVU bereits in Vergangenheit unter Druck gesetzt. Mit dem Aufbau der Windparks gerieten sie noch stärker unter Zugzwang. Sie erkannten, dass sie die Etablierung der Windkraft im Elektrizitätssystem nicht verhindern konnten. Aufgrund der industrie- und beschäftigungspolitischen Bedeutung, ergriff mittlerweile auch die konservative Regierung Partei für die Windkraft (van Est 1999, 88).

Für die EVU ging es um Schadensbegrenzung. Sie waren nicht bereit, die Kontrolle des Energiemarktes preiszugeben. Daher begannen sie mit dem Aufbau eigener Windparks, um die Hoheit über Planungsprozesse nicht zu verlieren (Hantsch 1998, 56ff.). Ende 1985, nachdem sie ihren ersten Windpark bei Masnedoe in Betrieb nahmen und einige Projekte das fortgeschrittene Planungsstadium erreicht hatten, trat der DEF auf die Regierung zu. In Geheimverhandlungen223 wirkten sie auf die konservative Regierung ein, die

221Anfang 1984 brachte die Umweltpartei Radikale Venstre (RV) einen Gesetzesantrag ein, wodurch die Position der Windmüller gestärkt wurde (Hantsch 1998, 55).

222 ,Von Seiten der Regierung war man ebenfalls unglücklich über die Entwicklung, dass die meisten Windmühlen über spekulative Projekte von großen Investoren erbaut wurden. (...) Man wollte nicht, dass die ,reichen Zahnärzte aus Kopenhagen' an der windigen Westküste Jütlands massenweise Windkraftanlagen errichteten und sich so auf Kosten der ohnedies ärmeren Region bereicherten.' (Hantsch 1998, 57).

223 Auch die Interessenverbände der Windbranche der DV und FDV waren von den Gesprächen ausgeschlossen.

Anhand dieses Beispiel werden die Grenzen ihrer Einflussmöglichkeiten deutlich (van Est 1999, 89). Die etablierte Energiewirtschaft stand der Regierung deutlich näher als die aufstrebende Branche.

Subventionsvergabe für WEA restriktiver zu handhaben und den privaten Markt einzudämmen. Falls sich die Regierung bereit zeigte, entsprechende Regelungen einzuführen, würden die EVU verstärkt in Windparkprojekte investieren. Die Glaubwürdigkeit dieses Angebots erhöhten die Versorger dadurch, dass sie zum Zeitpunkt der Gespräche bereits einige Projekte in Angriff genommen hatten. Mit der Initiative lief der DEF bei der Regierung, welcher das Wachstum des Sektors zu schnell und unkontrolliert vonstatten ging, offene Türen ein. Sie wünschte sich den Aufbau von Windparks unter Kontrolle der Energiewirtschaft.

,The utility involvement in the Wind Power Program right from the beginning was founded on the expectation that the utilities would most likely be the owners and operators of future large-scale wind turbines connected to the Danish electricity grid system.'224

Gegen Ende des Jahres einigten sich DEF und Regierung. Letztere nahm per Gesetz einige der wichtigsten Zugeständnisse, die von den EVU selbst im Rahmen der Regelung von 1984 gegeben wurden, zurück. Das Abstandskriterium von 1979, demzufolge alle Besitzer aus einem drei Kilometer Radius stammen mussten, wurde wieder eingeführt, jedoch auf zehn Kilometer ausgedehnt. Während die Besitzer einer Windanlage vormals in der nächstgelegenen Gemeinde leben mussten, dürfen sich nun auch Bewohner der Nachbarorte beteiligen. Ebenfalls galt wieder eine Einspeisungsobergrenze. Während ein Windmüller zuvor die 135%-Grenze des Eigenverbrauchs nicht überschreiten durfte, gesteht man ihnen jetzt 150% zu. Darüber hinaus wird die Investitionsförderung von 20 auf 15% verringert und die Kapazitätsobergrenze für den Betrieb einer Windturbine durch Einzelpersonen auf 250kW ausgedehnt (Hantsch 1998, 70). Durch diese Maßnahmen wurden Investorgruppen konsequent (WPM 1/86, 4) vom Markt ausgeschlossen. Diesem Akteur war 1985, auch zum Unmut lokaler Windinitiativen, der größte der Teil der Fördermittel zugeflossen (van Est 1999, 89).

Im Umkehrzug verpflichteten sich Elkraft und Elsam, auf eigene Kosten bis zum Jahr 1990, Windparks mit einer Gesamtkapazität von 100MW aufzubauen. Dieses ,100MW-Übereinkommen' (100MW-aftalen) sah vor, das Elsam 55 und Elkraft 45MW installierte. Für die Regierung ist dieser Kuhhandel in mehrerlei Hinsicht von Vorteil. Sie erreicht das Ziel der Integration der Stromwirtschaft in den Sektor. Der Ausschluss der Investorgruppen sichert die Akzeptanz der Regelung seitens Anrainer und Windmüller. Letztere sollten auch künftig auf dem Strommarkt aktiv bleiben, allerdings als Selbstversorger. Obgleich die Neuregelung auch auf Projekte angewendet wurde, die sich bereits im Planungsstadium befanden, verringerte sich die Inlandnachfrage seit 1986 nur leicht. Garud/Karnoe (2003, 293) gehen davon aus, dass auf diese Weise ein ,Danish wind rush' ähnlich dem kalifornischen Phänomen verhindert wurde.225

Das Ziel der Regierung, dass die EVU in kürzerer Zeit den Sektor übernehmen würden, erwies sich bald als unrealistisch. Denn vielerorts lehnte die ansässige Bevölkerung die EVU-Planungen ebenso ab, wie sie zuvor gegen die Investorgruppen opponiert hatte.226 Die

224 Henning Grastrup (Elsam) und Poul Nielsen (DEF) 1990, 24, zitiert nach: van Est 1999, 84. Zum Zeitpunkt des Starts des DWP war der kommerzielle Erfolg der Kleinanlagen und damit die Einstiegsmöglichkeiten für private Betreiber nicht abzusehen.

225 Andernfalls hätte die Gefahr bestanden, dass viele Standorte mit zu kleinen und vergleichsweise ineffizienten Turbinen besetzt worden wären (Garud/ Karnoe 2003, 293). In mindestens einem Fall kam diese Regelung unmittelbar den Planungen der EVU zugute. So ,erbte' Versorger SEAS einen Standort von einer privaten Entwicklungsfirma, welche diesen aufgrund der Wiedereinführung des Abstandskriteriums aufgeben musste.

(WPM 8/86, 21)

226 Seitens der Anrainer wurden die Windparks als Fremdkörper wahrgenommen. Jener Konsens, auf welchem die hohe Akzeptanz der Windkraft beruhte, dass die Einnahmen aus der Energieeinspeisung der lokalen Bevölkerung zuteil werden sollten, die schließlich mit den Lärmbelästigungen etc. leben musste, wurde sowohl von den Investoren, als auch den EVU gebrochen (keine Gewerbesteuereinnahmen, keine lokalen

Beteiligungen).

Realisierung vieler Projekte verzögerte sich wegen der Proteste. Daher wurden etliche Planungen aufgegeben, oder gar nicht erst genehmigt. Wie Tabelle 2.3.2a zu entnehmen ist, gelingt es den EVU bis 1987 nicht, auf dem Markt Fuß zu fassen. Erst seit 1988 werden sie zu einem signifikanten Faktor. Das 100MW-Ziel erreichen sie bis 1990 nicht.

Tab. 2.3.2a EVU-Windparks 1985-1991

Jahr Installiert durch EVU

Nachfolgend sind die wichtigsten Marktbarrieren dargestellt, bei deren Bewältigung dem PAS eine Schlüsselrolle zugekommen ist (Tab. 2.3.2b).

Tab. 2.3.2b Probleme der Windbranche und Lösungsansätze des PAS (Periode 3)

Problem Lösungsansatz Akteure erfolgreich?

Krise der Windindustrie von

1982 Verbesserung der Rahmenbedingungen durch: