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Das mitochondriale Proteom setzt sich aus kernkodierten sowie mitochondrial kodierten Proteinen zusammen. Die Mehrheit der Innenmembranproteine ist im Zellkern kodiert und wird über den TOM-und den TIM-Komplex in die Matrix importiert TOM-und von dort aus posttranslational in die innere Membran inseriert. Bei den Proteinen, die im mitochondrialen Genom der Bäckerhefe Saccharomyces cerevisiae kodiert sind, handelt es sich fast ausschließlich um hydrophobe Proteine der Komplexe der Atmungskette, die über einen kotranslationalen Mechanismus in die Innenmembran inseriert werden.

Eine Komponente, die sowohl bei der posttranslationalen Insertion kernkodierter Proteine als auch der kotranslationalen Insertion mitochondrial kodierter Proteine eine zentrale Stellung einnimmt, ist Oxa1 (Herrmann & Neupert, 2003; Ott & Herrmann, 2010; Neupert, 2015).

Oxa1 ist ein integrales Protein der inneren Membran, das sich durch fünf Transmembrandomänen aus-zeichnet. Es wird angenommen, dass Oxa1 in der Innenmembran in homooligomeren Komplexen vorliegt, deren genaue Größe bisher jedoch nicht abschließend geklärt werden konnte. So wurde in zwei Studien von einem homotetrameren Oxa1-Komplex berichtet (Nargang et al., 2002; Reif et al., 2005), während eine andere Studie auf die Möglichkeit eines Poren-bildenden Homodimers hin-deutete (Kohler et al., 2009). In einer neueren Studie wurde vorgeschlagen, dass Oxa1-Proteine homo-tetramere aktive Einheiten bilden, wobei sich eine Einheit aus zwei funktional gekoppelten Dimeren zusammensetzt (Krüger et al., 2012). Diese Studien geben Grund zu der Annahme, dass ein Oxa1-Dimer den Grundbaustein größerer Oxa1-enthaltender Komplexe darstellen könnte.

Im Zusammenhang mit Oxa1-Komplexgrößen wurde in der dieser Arbeit vorausgegangenen Doktor-arbeit festgestellt, dass die Substitution der in der ersten Transmembrandomäne gelegenen, evolutionär konservierten Aminosäure Tryptophan128 mit Phenylalanin zu einer Reduktion der durchschnittlichen Größen von Oxa1-enthaltenden Komplexen führt. Darüber hinaus resultiert die Substitutionsmutation oxa1-W128F in einer Verschiebung der submitochondrialen Oxa1-Lokalisation von einer Anreiche-rung in der inneren Grenzflächenmembran hin zu einer präferentiellen Lokalisation in der Cristae-membran (Stoldt, 2010). Eine solche Lokalisationsverschiebung ist auch in Abhängigkeit der physio-logischen Bedürfnisse der Hefezellen zu beobachten. Wachsen die Hefen mit einer fermentierbaren Kohlenstoffquelle, liegt Oxa1 bevorzugt in der inneren Grenzflächenmembran vor. Diese Verteilung verschiebt sich jedoch dynamisch zu einer Anreicherung in der Cristaemembran, wenn die Hefezellen mit einer nicht-fermentierbaren Kohlenstoffquelle wachsen (Stoldt et al., 2012).

Um einen tieferen Einblick in die Regulation von Oxa1 zu gewinnen, wurde in der vorliegenden Arbeit die Größe von Oxa1-enthaltenden Komplexen unter verschiedenen physiologischen Bedingun-gen untersucht. Im Rahmen dieser Arbeit konnte die Annahme, dass ein direkter Zusammenhang

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zwischen der submitochondrialen Lokalisation von Oxa1 und der Größe von Oxa1-enthaltenden Komplexen besteht, nicht bestätigt werden. Die Kenntnisse bezüglich der Substitutionsmutante Oxa1-W128F gaben außerdem Anlass zu der Annahme, dass diese sich womöglich auch auf Interaktionen von Oxa1 auswirken könnte, weshalb im Rahmen dieser Arbeit eine vergleichende Interaktionsstudie mit Oxa1 und der Variante Oxa1-W128F durchgeführt wurde. Diese Untersuchung führte zwar nicht zur Identifikation neuer Bindungspartner von Oxa1, aber zu der Erkenntnis, dass die Mutation oxa1-W128F in einer Beeinträchtigung der Homooligomerisierung von Oxa1 resultiert.

5.1.1 Die Größe der Oxa1-enthaltenden Komplexe steht nicht mit der bevorzugten Lokalisation von Oxa1 in Zusammenhang

Zu Beginn dieser Arbeit gab es Hinweise darauf, dass Oxa1 in der inneren Grenzflächenmembran in größeren oligomeren Komplexen vorliegen könnte, während kleinere Oxa1-enthaltende Komplexe in der Cristaemembran lokalisiert sind (Stoldt, 2010). Es wäre vorstellbar, dass Cristae Junctions, die den Übergang von der inneren Grenzflächenmembran zur Cristaemembran bilden (Perkins et al., 1997), auf Grund ihres geringen Durchmessers als Diffusionsbarrieren fungieren könnten und somit den freien Austausch von Membranproteinen zwischen den Subkompartimenten der inneren Membran einschränken (Mannella et al., 1994; Zick et al., 2009; van der Laan et al., 2012). Diese Rolle der Cristae Junctions wird zum Beispiel durch die Tatsache unterstützt, dass Atmungskettenkomplexe unterschiedlicher Cristae in ihrer Mobilität vorwiegend auf ein Crista begrenzt sind (Wilkens et al., 2013). Dieser Theorie entsprechend wäre es denkbar, dass nur kleinere Oxa1-enthaltende Komplexe durch das Passieren der Cristae Junctions in die Cristaemembran gelangen können, während die größeren Oxa1-Komplexe in der inneren Grenzflächenmembran zurückbleiben.

Im Rahmen dieser Arbeit wurde daher die Größe von Oxa1-enthaltenden Komplexen in Abhängigkeit von der verwendeten Kohlenstoffquelle mit Hilfe der Blau-Nativen-Polyacrylamidgel-Elektrophorese (BN-PAGE) analysiert. Es stellte sich heraus, dass die durchschnittlichen Größen der Oxa1-enthaltenden Komplexe, die durch Wachstum mit einer fermentierbaren Kohlenstoffquelle bevorzugt in der inneren Grenzflächenmembran lokalisieren, ungefähr den Größen der Komplexe entsprechen, die durch Wachstum mit einer nicht-fermentierbaren Kohlenstoffquelle in der Cristaemembran angereichert sind. Sowohl unter fermentativen als auch respiratorischen Bedingungen erstreckt sich der Größenbereich der Oxa1-enthaltenden Komplexe von ungefähr 150 kDa bis etwa 600 kDa.

Ausschließlich im Fall der Substitutionsmutante Oxa1-W128F konnte eine Verringerung der Komplexgrößen beobachtet werden, die nun zwischen ca. 80 kDa und 450 kDa liegen.

Diesen Daten zufolge konnte kein direkter Zusammenhang zwischen der Größe von Oxa1-enthaltenden Komplexen und der Verschiebung der bevorzugten Lokalisation von Oxa1 in Abhängig-keit von der zur Verfügung stehenden Kohlenstoffquelle festgestellt werden. Diese Ergebnisse schließen jedoch eine mögliche Rolle der Cristae Junctions bei der Aufrechterhaltung der heterogenen Proteinverteilung in der inneren Membran nicht aus. Sie könnten, wie bereits beschrieben, als eine Art

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„Molekularsieb“ oder nicht im Sinne einer strengen Diffussionsbarriere fungieren (Zick et al., 2009) und eher eine Art „Sortierungsapparat“ darstellen. Es wäre durchaus vorstellbar, dass die höhermole-kularen Oxa1-enthaltenden Komplexe mit einer Größe von ca. 600 kDa nicht nur Oxa1-Oligomere, sondern auch andere mitochondriale Proteine enthalten, und, dass die Verteilung von Oxa1 über die Ausbildung transienter Interaktionen reguliert wird. Die Studie von Stoldt et al. lieferte Hinweise darauf, dass Oxa1 unter fermentativen Bedingungen vorwiegend für die posttranslationale Insertion kernkodierter Proteine zuständig sein könnte (Stoldt et al., 2012). Es könnte demnach sein, dass Oxa1 unter fermentativen Bedingungen transient mit Substratproteinen oder mit dem TIM23-Komplex inter-agiert, welcher für die Translokation der kernkodierten, konservativ sortierten Proteine verantwortlich ist. Da der TIM23-Komplex vermutlich hauptsächlich an den Kontaktstellen der inneren zur äußeren Membran lokalisiert ist (Vogel et al., 2006; Horvath et al., 2014), würde das eine Anreicherung von Oxa1 in der inneren Grenzflächenmembran erklären. Als Anpassung auf respiratorische Wachstums-bedingungen könnte es sein, dass die transienten Interaktionspartner vom Oxa1-enthaltenden Komplex dissoziieren, sodass das Oxa1-Oligomer die Cristae Junctions in Richtung Cristaemembran passieren kann, wobei dieser Prozess entweder passiv als „Molekularsieb“ oder aktiv als „Sortierungs-apparat“ durch die Cristae Junctions reguliert sein könnte. In der Cristaemembran scheint Oxa1 über-wiegend an der Insertion mitochondrial kodierter Proteine beteiligt zu sein (Stoldt et al., 2012) und könnte sich beispielsweise in räumlicher Nähe zu anderen Komponenten der Insertionsmaschinerie wie Cox18 oder zu Assemblierungsintermediaten von Atmungskettenkomplexen aufhalten.

5.1.2 Die Substitutionsmutation oxa1-W128F führt zu einer Beein-trächtigung der Homooligomerisierung von Oxa1

Im Rahmen dieser Arbeit wurde für die Substitutionsvariante Oxa1-W128F im Vergleich zu Oxa1 eine Verringerung der durchschnittlichen Größen der Oxa1-enthaltenden Komplexe festgestellt, wie es bereits in der dieser Arbeit vorausgegangenen Studie beobachtet wurde (Stoldt, 2010). Da Oxa1 sowohl unter fermentativen als auch respiratorischen Bedingungen in höhermolekularen Komplexen mit weiteren mitochondrialen Proteinen vorliegen könnte, entstand die Vermutung, dass die Substitu-tionsmutation oxa1-W128F möglicherweise nicht nur in der Reduktion der Größen der Oxa1-enthaltenden Kompexe, sondern auch in einer Beeinträchtigung von Oxa1-Interaktionen und somit auch in einer Veränderung der Komplexkomposition resultieren könnte. Der Verlust einer Bindung von Oxa1-W128F an einen Interaktionspartner von Oxa1 könnte die Verlagerung der bevorzugten submitochondrialen Lokalisation erklären.

Da für Oxa1 bisher nur sehr wenige stabile Interaktionen, wie zum Beispiel die Bindung weiterer Oxa1-Proteine, mitochondrialer Ribosomen oder des Substrats Atp9 (Szyrach et al., 2003; Reif et al., 2005; Jia et al., 2007), nachgewiesen werden konnten, wurde im Rahmen dieser Arbeit der Versuch unternommen die Zusammensetzung der Oxa1-enthaltenden Komplexe mit Hilfe einer Koimmuno-präzipitation, die auf der Verwendung SILAC-markierter Mitochondrien basierte, in Verbindung mit

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LC-MS/MS zu untersuchen. Bei SILAC (Stable Isotope Labeling with Amino Acids in Cell Culture) handelt es sich um eine Zellkultivierungstechnik, welche durch die Verwendung von leichten sowie schweren Varianten der Aminosäuren Lysin und Arginin einen quantitativen Vergleich zweier Pro-teome erlaubt und so eine Identifizierung von subtilen Unterschieden zwischen diesen beiden Proteomen ermöglicht (de Godoy et al., 2006; Ong & Mann, 2006).

Die SILAC-basierte Interaktionsstudie mit Oxa1 und der Variante Oxa1-W128F führte jedoch nicht zur Identifizierung weiterer Oxa1-Interaktionspartner neben Oxa1 selbst. Dennoch stellte sich heraus, dass Oxa1-W128F-Proteine mit einer geringeren Effizienz aneinander binden als Oxa1-Proteine, was auf eine durch die Substitutionsmutation oxa1-W128F verursachte Beeinträchtigung der Homooligo-merisierung von Oxa1 hindeutet.

Da in der Literatur berichtet wurde, dass die Aminosäure Tryptophan an Position 128 Teil einer hoch konservierten Dipeptidsequenz ist, welche für die Ausbildung von Interaktionen zwischen den Oxa1-Transmembrandomänen notwendig ist (Mathieu et al., 2010), wäre es möglich, dass es auf Grund der Substitution von Tryptophan128 mit Phenylalanin zu einer Strukturveränderung des Oxa1-Proteins kommt, welche die Bildung von größeren Oxa1-Oligomeren stört. Trotz dieser Erkenntnis wäre es möglich, dass sich die Substitutionsmutation oxa1-W128F auch auf transiente Interaktionen von Oxa1 mit weiteren mitochondrialen Proteinen auswirken könnte. Demzufolge könnte die Verschiebung der bevorzugten Oxa1-Lokalisation in Abhängigkeit der Substitutionsmutation oxa1-W128F entsprechend der im vorhergehenden Kapitel präsentierten Theorie mit einem Verlust lokalisationsbestimmender transienter Interaktionen von Oxa1-W128F mit weiteren mitochondrialen Komponenten in Zusammenhang stehen.

Die Tatsache, dass neben Oxa1 selbst keine weiteren Interaktionspartner identifiziert werden konnten und, dass die Substitutionsmutation oxa1-W128F zu einer beeinträchtigten Homooligomerisierung führt, deuten darauf hin, dass Oxa1 keine stabilen Komplexe mit weiteren Proteinen bildet und womöglich hauptsächlich in Form von größeren Homooligomeren agiert. Zusammen mit den unter Anwendung der BN-PAGE ermittelten Größen sowie den aus der Literatur bekannten Daten bezüglich möglicher Größen von Oxa1-Homooligomeren (Nargang et al., 2002; Reif et al., 2005; Kohler et al., 2009; Krüger et al., 2012) deuten diese Ergebnisse darauf hin, dass es sich bei den beobachteten Komplexen mit einer Größe von etwa 80 kDa um Oxa1-Dimere und bei denen mit einer Größe von ca. 160 kDa um Oxa1-Tetramere handeln könnte. Demzufolge liegt Oxa1-W128F wahrscheinlich vorwiegend in Form von Dimeren sowie Tetrameren vor, während Oxa1 sowohl unter fermentativen als auch respiratorischen Bedingungen mindestens als Tetramer vorzuliegen scheint. Diese Erkennt-nisse würden die Annahme unterstützen, dass ein Dimer den Grundbaustein für größere Oxa1-enthaltende Komplexe darstellen könnte und, dass Oxa1 homotetramere Einheiten ausbilden könnte.

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