• Keine Ergebnisse gefunden

Bestimmung optimaler Kantenverläufe mittels dynamischer Programmierung

7 SEGMENTIERUNGSVERFAHREN FÜR MEDIZINISCHE BILDDATEN

7.3 Segmentierungsverfahren mit erweitertem Modellwissen

7.3.2 Bestimmung optimaler Kantenverläufe mittels dynamischer Programmierung

7.3.2 Bestimmung optimaler Kantenverläufe mittels dynamischer

7.3.2.2 Beispiele zur Kantenerkennung mittels dynamischer Programmierung Eine Erweiterung des allgemeinen Ansatzes der Kantenerkennung mittels dynamischer Pro-grammierung stellen die beiden fast gleichzeitig erfolgten Entwicklungen der „Intelligent Scissor“ [Mort95] und des „Life-wire“ [Falc98] dar. Der größte Unterschied beider Verfahren im Vergleich zur herkömmlichen Kantenerkennungsmethode besteht in der Interaktivität.

Der Ansatz von Mortensen [Mort98] wurde u.a. zur Segmentierung von Blutgefäßen in Angiogrammen und von Knochen in CT-Bildern verwendet. Um eine bessere Anpassung der segmentierten an die tatsächlich vorhandene Kontur zu erreichen, wird die Höhe der lokalen Kosten nicht nur auf der Grundlage der Gradientenlänge festgelegt, sondern es werden zusätz-lich noch die Gradientenrichtung und der Nulldurchgang beim Laplace-Operator berücksich-tigt. Die jeweiligen lokalen Kosten berechnen sich somit als gewichtete Summe aller drei Komponenten. Während die Gradientenlänge eine direkte Korrelation zwischen der Kanten-stärke und den lokalen Kosten ermöglicht, dient der Nulldurchgang als binäres Merkmal der Kantenlokalisation und die Gradientenrichtung als Glättungsterm. Um die Gewichte der ein-zelnen Anteile möglichst optimal an die jeweilige Problemstellung anpassen zu können, ist ein interaktives Training vorgesehen. Dabei erfolgt eine dynamische Anpassung der Skalie-rung der Merkmale, speziell der gewünschten Gradientenstärke, an die Merkmale der bereits vorher segmentierten Kantenstückchen. Durch diese Trainingsfunktion ist es möglich, dass auch schwächere Kanten in der Nähe von sehr starken Kanten gefunden werden. Eine dritte Erweiterung des allgemeinen Algorithmus besteht im „Pfadabkühlen“. Hierbei wird die Stabi-lität eines Kantenstückchens gemessen. Wenn diese Messung ergibt, dass ein extrahierter Konturpixel beim Bewegen des Cursors entlang der Kontur über eine längere Zeit seine Posi-tion nicht verändert, dann wird es immer wahrscheinlicher, dass es sich an einer optimalen Position befindet. In diesem Fall wird es „eingefroren“, d.h. es kann nicht mehr bewegt wer-den, und es wird automatisch ein neuer Zwischenpunkt generiert. Eine Anwendung dieses Verfahrens zur Segmentierung von Hirnstrukturen in MR- und CT-Bildern [Hast98] und zur Segmentierung des linken Ventrikels in CT-Daten [Ursc02] ist in der Literatur beschrieben.

Auf die Segmentierung von Strukturen in CT-Bildern wird in [Stal96] eingegangen. Bei die-sem Beispiel wird jedoch zur Kostenermittlung lediglich die Gradientenstärke verwendet.

Außerdem wird, um möglichst unverrauschte Konturen zu erhalten, nach der Segmentierung noch ein Glättungsprozess gestartet.

Die Live-Wire-Methode [Falc98], die gleichfalls nach Eingabe eines Startpunktes für einen weiteren beweglichen Punkt den optimalen Pfad mittels dynamischer Programmierung be-stimmt, wird ebenfalls am Beispiel der Segmentierung von Knochen in CT und MR erläutert.

Die Kantenkosten können sich hier aus acht verschiedenen Anteilen zusammensetzen: dem Intensitätswert innerhalb bzw. außerhalb der Grenze, vier verschiedenen Werten für die Gra-dientenlänge für vier unterschiedlich definierte Nachbarschaften, einem orientierungsemp-findlichen Gradientenwert und einem Wert für den Abstand zur Live-Wire-Kontur in der vor-herigen Schicht. Die einzelnen Merkmalswerte werden anschließend transformiert, so dass sie alle im Intervall [0,1] liegen. Dabei hat der Nutzer die Wahl zwischen sechs verschiedenen Transformationsarten: der linearen Transformation, der inversen linearen Transformation, ei-ner Transformation mit der Funktion, eiei-ner Transformation mit der inversen Gauß-Funktion, einer modifizierten hyperbolischen Transformation und einer modifizierten inver-sen hyperbolischen Transformation. Bei der Auswahl der Transformationen für die einzelnen Merkmale muss beachtet werden, dass eine solche Transformation gewählt wird, bei der die wahrscheinlichsten Konturpixel die geringsten Kosten erhalten. Um den Prozess der Auswahl der für den jeweiligen Anwendungsfall geeigneten Merkmale inklusive der dazugehörigen Transformationen zu erleichtern, wurde wie im vorigen Beispiel eine Trainingsfunktion ein-geführt. Ein automatischer „Einfrierprozess“ ist jedoch bei dem Life-Wire-Verfahren nicht

vorgesehen. Vielmehr muss der Benutzer visuell bewerten, ob die Lage der Kurve seinen Er-wartungen entspricht. Ist dies der Fall, kann er jeweils durch eine Mauseingabe die bisherige Lage fixieren und einen neuen aktiven Punkt generieren. Neben dem Live-Wire-Ansatz wird in dem Beitrag von Falcão auch noch ein Live-Lane-Ansatz vorgestellt, bei dem der Benutzer noch mehr in den Segmentierungsprozess eingebunden ist. Nach interaktiver Eingabe eines Startpunktes muss er anschließend den Cursor in der Nähe der zu segmentierenden Grenze entlangbewegen. Während des Zeichnens werden dann durch den Computer automatisch in-nerhalb eines bestimmten Suchkorridors die optimalen Live-Wire-Segmente zwischen ausge-wählten aufeinanderfolgenden Punkten bestimmt und in Echtzeit angezeigt.

In [Falc97] ist eine 3D-Erweiterung der Segmentierung mit dem Live-Wire-Ansatz vorge-stellt. Bei dieser Erweiterung musste beachtet werden, dass ein 3D-Objekt mehrere Konturen in einer Schicht enthalten kann und dass die Schnittebenen möglichst beliebig gelegt werden können, in denen dann wiederum die halbautomatische Kontursegmentierung erfolgt. Eine Verbesserung dieses 3D-Ansatzes, bei der die Lebersegmentierung in CT- und MR-Daten im Mittelpunkt des Interesses stand, ist in [Sche00] zu finden. Hier erfolgt eine lokal adaptierte Kostenberechnung, die die Ähnlichkeit zwischen den Objektgrenzen in zwei aufeinanderfol-genden Schichten ausnutzt. Außerdem wurde eine gestaltbasierte Interpolation eingeführt, um die Anzahl der semiautomatisch zu segmentierenden Schichten einzuschränken.

Eine andere Weiterentwicklung des Live-Wire-Ansatzes wird in [Haen03] dargelegt. Im Gegensatz zu dem Ursprungsalgorithmus wird hier ein allgemeinerer Ansatz zur Formulie-rung der Kostenfunktion gewählt, der darauf beruht, dass der Benutzer in einigen Proben die interessierenden Konturen manuell markiert. Anhand der lokalen Charakteristik dieser Gren-zen erfolgt dann eine Anpassung der Kostenfunktion, wobei eine Wavelet-Zerlegung genutzt wird. Eine Erweiterung bezüglich der Segmentierung von CT- und MR-Volumendatensätzen wird gleichfalls vorgenommen.

In [Donn01] wird ebenfalls eine Erweiterung des Live-Wire-Algorithmus aufgezeigt. In dem Beitrag werden zur Berechnung der Kantenkosten Bildmerkmale eingeführt, die auf der lokalen Phase beruhen. Dadurch ist eine grauwertunabhängige Beschreibung der lokalen Kan-tensymmetrie möglich. Die Schätzung der lokalen Phase erfolgt mit Hilfe von Quadraturfil-tern. Neben der lokalen Phase selbst als dem Hauptmerkmal zur Lokalisation der Kantenposi-tion wird noch die Amplitude der Quadraturfilter als Bestimmtheitsmaß verwendet. Da somit in die Kostenfunktion im Gegensatz zu der allgemeinen Methode nur die Kombination dieser beiden Merkmale eingeht, war es erforderlich, eine Trainingsphase zur Ermittlung der Ge-wichtung durchzuführen. Die Methode wurde an MR-Bildern des Gehirns zur Segmentierung der weißen Substanz getestet.

Eine weitere Modifikation der Kostenfunktion, die speziell für die Segmentierung von Nervensträngen in Fluoreszenz-Mikroskopbildern entwickelt wurde, wird in [Meij03] vorge-stellt. Diese Kostenfunktion basiert auf der Anwendung eines speziellen Kamm-Detektors, der die Eigenwerte und Eigenvektoren in der Umgebung des Pixels auswertet. Nach der Er-mittlung des Segmentierungsergebnisses mit Hilfe des Dijkstra-Algorithmus wird der berech-nete Pfad in einem Nachverarbeitungsschritt noch geglättet.

Ein letzter Beitrag zu diesem Thema, der im Rahmen dieser Arbeit besprochen werden soll, beschäftigt sich mit der Verbesserung der Pfad-Extraktion bei der Life-Wire-Segmen-tierung. So verwendet Gérard [Gera02] anstatt des Dijkstra-Algorithmus eine Eikonal Glei-chung. Der Hauptunterschied zwischen beiden Ansätzen liegt in der betrachteten Metrik.

Während im ersten Fall, wie bereits erläutert, der Pfad als optimal ausgewählt wird, der die kumulativen Kosten entlang der Knoten eines Graphen minimiert, erfolgt im zweiten Fall die Minimierung eines Kostenintegrals im Bildbereich. Der von Cohen [Cohe97] genutzte Ansatz

zur Bestimmung des minimalen Integrals berechnet den optimalen Pfad durch Lösung der Ei-konal Gleichung mit einem schnellen Marching-Algorithmus. Das Ergebnis dieser Art der Be-rechnung ist ein Subpixel-genauer Pfad, wobei jedoch eine höhere Rechenzeit als beim Dijk-stra-Algorithmus aufgewendet werden muss. Außerdem wird eine Verbesserung des „Pfad-Einfrierens“ eingeführt, indem ein Kosten-abhängiger Faktor nicht additiv sondern multiplikativ in die Gleichung, die die Veränderung über die Zeit misst, eingebracht wird.

Schließlich wird auch ein neuer Trainingsansatz vorgestellt, der jeweils positive und negative Trainingsgebiete betrachtet. So werden für die optimale Anpassung der Kostenfunktion so-wohl Bereiche auswertet, die die Kontur enthalten als auch welche, die sie nicht enthalten.

Die verbesserte Methode wird in dem Artikel zur Segmentierung von Brusttumoren in Ultra-schallbildern und zur Detektion des linken Ventrikels in echokardiographischen Bildern be-nutzt.

Zusammenfassend kann man feststellen, dass zur Ermittlung optimaler Kantenzüge ähnlich wie bei der Kantenfilterung die Informationen über die Abgrenzbarkeit von Objekten eine wesentliche Rolle spielen. Das Modellwissen über die Lage der Kante im Bild muss durch die Eingabe von Start- und Endpunkt interaktiv von Seiten des Benutzers in den Segmentierungs-algorithmus eingebracht werden. Außerdem können noch zusätzliche Annahmen, durch Fest-legung der Berechnung der Pfadkosten und kumulativen Kosten direkt in den Algorithmus in-tegriert werden.