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B. Der allgemeine Gleichheitssatz in den Rechtsordnungen ausgewählter

VI. Gleichheitsgewährleistungen und Diskriminierungsverbote in den

3. Besondere Diskriminierungsverbote

Besondere Diskriminierungs- oder Privilegierungsverbote sehen

Dänemark

• § 83 der Verfassung: Abschaffung aller mit Adel, Titel und Rang verbundenen Vorrechte599

Malta

• Art. 45 der Verfassung: Verbot der Diskriminierung aufgrund der Rasse, Her-kunft, politischen Überzeugung, Hautfarbe, Glauben oder Geschlecht600

Slowakische Republik

• Art. 12 der Verfassung: Gleichheit aller Menschen in ihrer Würde und ihren Rechten; Verbot der Diskriminierung aufgrund des Geschlechts, der Rasse, der Hautfarbe, der Sprache, der Religion und des Glaubens, der politischen oder sonstigen Anschauungen, der nationalen oder sozialen Herkunft, der Zu-gehörigkeit zu einer nationalen oder ethnischen Gruppe, des Vermögens, der Geburt oder des sonstigen Status601

Tschechische Republik

• Art. 3 der Verfassung in Verbindung mit Art. 1 und 3 der Deklaration der Grundrechte und -freiheiten: Gleichheit aller Menschen an Würde und

599 § 83 der Verfassung: “Jedes in den Gesetzen mit Adel, Titel und Rang verbundene Vorrecht ist abgeschafft.”

600 Art. 45 Abs. 3 der Verfassung: „In this article, the expression „discriminatory“ means affording dif-ferent treatment to difdif-ferent persons attributable wholly or mainly to their respective descriptions by race, place of origin, political opinions, colour, creed or sex whereby persons of one such description are subjected to disabilities or restrictions to which persons of another such description are not made subject or are accorded privileges or advantages which are not accorded to persons of another such description.” Der Wortlaut des gesamten Art. 45, auf dessen Inhalt sich Art. 45 Abs. 3 der Verfassung bezieht, ist unter www.gov.mt/frame.asp?l=2&url=http://justice.gov.mt einzusehen.

601 Art. 12 Abs. 1 der Verfassung: „Alle Menschen sind frei und gleich in ihrer Würde und in ihren Rechten. Die Grundrechte und –freiheiten sind nicht entziehbar, unveräußerlich, unverjährbar und unaufhebbar.“; Art. 12 Abs. 2 der Verfassung: „Die Grundrechte und –freiheiten werden im Gebiet der Slowakischen Republik allen ohne Unterschied des Geschlechts, der Rasse, der Hautfarbe, der Spra-che, der Religion und des Glaubens, der politischen oder sonstigen Anschauungen, der nationalen oder sozialen Herkunft, der Zugehörigkeit zu einer nationalen oder ethnischen Gruppe, des Vermö-gens, der Geburt oder des sonstigen Status gewährleistet. Niemand darf aus diesen Gründen ge-schädigt, bevorzugt oder benachteiligt werden.“

ten; Verbot der Diskriminierung aufgrund des Geschlechts, der Rasse, Haut-farbe, Sprache, des Glauben und der Religion, politischen oder sonstigen Ü-berzeugung, ethnischen oder sozialen Herkunft, Zugehörigkeit zu einer natio-nalen oder ethnischen Minderheit, nach Vermögen, Geburt oder sonstigem Status602

und

Ungarn

• Art. 57 Abs. 1 der Verfassung: Gleichheit aller vor dem Gericht; Art. 70/A Abs.

1 der Verfassung: Zusicherung der Menschen- und staatsbürgerlichen Rechte für alle sich auf dem Territorium der Republik Ungarn aufhaltenen Personen ohne Diskriminierung nach Rasse, Farbe, Geschlecht, Sprache, Glauben, poli-tischer oder anderer Meinung, nationaler oder sozialer Herkunft sowie Vermö-gens-, Geburts- oder sonstiger Lage 603

vor.

Eine Sonderrolle in der Formulierung nimmt die Verfassung der Niederlande ein. Dort wird die gleiche Behandlung aller in gleichen Fällen gewährleistet, sofern die betref-fenden Personen sich in den Niederlanden aufhalten, ohne jedoch ausdrücklich fest-zustellen, dass damit die Gleichheit aller in rechtlicher Hinsicht, also „vor dem Ge-setz“ geschützt ist:

602 Art. 3 der Verfassung: „Bestandteil der verfassungsmäßigen Ordnung der Tschechischen Republik ist die Deklaration der Grundrechte und –freiheiten.“; Art. 1 der Deklaration der Grundrechte und – freiheiten: „Die Menschen sind frei und gleich an Würde und Rechten. Die grundlegenden Rechte und Freiheiten sind unveräußerlich, unvergebbar, unverjährbar und unaufhebbar.“; Art. 3 Abs. 1 der Dekla-ration der Grundrechte und –freiheiten: „Die grundlegenden Rechte und Freiheiten sind Allen gewähr-leistet, ohne Unterscheidung nach Geschlecht, Rasse, Hautfarbe, Sprache, Glauben und Religion, politischer oder sonstiger Überzeugung, ethnischer oder sozialer Herkunft, Zugehörigkeit zu einer nationalen oder ethnischen Minderheit, nach Vermögen, Geburt oder sonstigem Status.“

603 Art. 57 Abs. 1 der Verfassung: “In der Republik Ungarn ist jeder vor dem Gericht gleich, und jeder hat das Recht, dass ein unabhängiges und unparteiisches Gericht in einer gerechten und öffentlichen Verhandlung, jede gegen ihn erhobene Anklage oder in irgendeinem Prozess seine Rechte und Pflich-ten beurteilt.“ Art. 70/A Abs. 1 der Verfassung: “Die Republik Ungarn sichert jeder sich auf ihrem Terri-torium aufhaltenden Person die Menschen- bzw. staatsbürgerlichen Rechte ohne jegliche Unterschei-dung, d.h. ohne Diskriminierung nach Rasse, Farbe, Geschlecht, Sprache, Glauben, politischer oder anderer Meinung, nationaler oder sozialer Herkunft sowie Vermögens-, Geburts- oder sonstiger Lage.“

Niederlande

• Art. 1 der Verfassung: Gleichbehandlung aller, die sich in den Niederlanden aufhalten, in gleichen Fällen604

Auch Schweden nimmt eine Sonderrolle ein, denn dort wird zwar die Gleichheit aller festgeschrieben, jedoch ausdrücklich nur gegenüber Gerichten und Verwaltungsbe-hörden, also - zumindest dem Wortlaut nach - nicht gegenüber der Gesetzgebung:

Schweden

• § 9 des Gesetzes über die Regierungsform von 1974: Achtung der Gleichheit aller vor dem Gesetz durch Gerichte und Verwaltungsbehörden605

• § 15 des Gesetzes über die Regierungsform von 1974: Verbot der Diskriminie-rung aufgrund der Rasse, der Hautfarbe oder ethnischen UrspDiskriminie-rungs einer Minderheit606

• § 16 des Gesetzes über die Regierungsform von 1974: Verbot der Diskriminie-rung aufgrund des Geschlechts607

Während also Estland, Finnland, Lettland, Litauen, Polen, Slowenien und Zypern weitgehend Gleichheit vor dem Gesetz als Menschenrecht gewährleisten, beschrän-ken die Rechtsordnungen Belgiens, Bulgariens, Griechenlands, Irlands, Italiens, Lu-xemburgs, Portugals und Rumäniens den Schutz der Gleichheit vor dem Gesetz auf Staatsbürger.

Die Verfassung von Malta hingegen kennt im wesentlichen nur besondere Diskrimi-nierungsverbote, wenngleich diese auch relativ weit reichend ausgestaltet sind und die üblicherweise als „suspekt“ anerkannten, zumeist höchstpersönlichen

604 Art. 1 der Verfassung: „Alle, die sich in den Niederlanden aufhalten, werden in gleichen Fällen gleich behandelt. Niemand darf wegen seiner religiösen, weltanschaulichen oder politischen An-schauungen, seiner Rasse, seines Geschlechtes oder aus anderen Gründen diskriminiert werden.“

605 § 9 des Gesetzes über die Regierungsform von 1974: „Gerichte sowie Verwaltungsbehörden und andere, die Aufgaben in der öffentlichen Verwaltung erfüllen, haben bei ihrer Tätigkeit die Gleichheit aller vor dem Gesetz zu beachten sowie Sachlichkeit und Unparteilichkeit zu wahren.“

606 § 15 des Gesetzes über die Regierungsform von 1974: „Gesetze oder andere Vorschriften dürfen nicht darauf hinauslaufen, dass Staatsbürger benachteiligt werden, weil sie im Hinblick auf Rasse, Hautfarbe oder ethnischen Ursprung einer Minderheit angehören.“

607 § 16 des Gesetzes über die Regierungsform von 1974: „Gesetze oder andere Vorschriften dürfen nicht darauf hinauslaufen, daß Staatsbürger aufgrund ihres Geschlechts benachteiligt werden, es sei denn, ihr Erlaß erfolgt im Zuge der Bestrebungen, die Gleichstellung zwischen Mann und Frau zu-stande zu bringen, oder sie betreffen die Wehrpflicht oder eine entsprechende Dienstpflicht.“

fungspunkte für Ungleichbehandlungen ganz oder, zumindest soweit sie überwie-gend für eine Differenzierung ausschlaggebend sind, ausschließt.608

Dänemark wiederum statuiert gleichsam keinen allgemeinen Gleichheitssatz sondern legt, sozusagen im umgekehrten Wege eines Ausschlusses von Privilegien, welcher sich somit zugleich als ebenfalls spiegelbildlich formuliertes Diskriminierungsverbot in der Form eines Privilegierungsverbotes auffassen lässt, lediglich fest, dass alle mit Adel, Titel und Rang verbundenen Vorrechte abgeschafft sind, so dass auch in Dä-nemark ein allgemeiner Gleichheitssatz, ob mit oder ohne Beschränkung in seiner Wirkung auf Bürger des eigenen Staates, zumindest ausdrücklich in der Verfassung nicht verankert ist. Die Verfassungen der Tschechischen und der Slowakischen Re-publik ebenso wie die Verfassung Ungarns enthalten ebenfalls besondere Diskrimi-nierungsverbote, welche Ungleichbehandlungen aufgrund unveränderlicher persönli-cher Merkmale verbieten.

Belgien, die Niederlande, Portugal, die Slowakische Republik, Slowenien und Ungarn konkretisieren die Reichweite der jeweiligen Gleichheitsgewährleistung und wählen dabei zusätzlich einen territorialen Anknüpfungspunkt mit der Folge, dass alle, die sich in dem räumlichen Geltungsbereich ihrer nationalen Rechtsordnung aufhalten, dem Schutz der jeweiligen Gleichheitsrechte unterfallen.609 Insgesamt fällt auf, dass zahlreiche der noch (relativ) jungen Mitglieder der Europäischen Union, die zugleich ebenfalls als noch verhältnismäßig junge Demokratien gelten, namentlich die Mit-gliedstaaten Osteuropas, im Vergleich sehr weitgehende Gleichheitsgewährleistun-gen in ihren VerfassunGleichheitsgewährleistun-gen verankert haben. Beispiele sind etwa Estland, Lettland, Litauen, Slowenien oder Polen. Eine Beschränkung der Gleichheitsgewährleistung im Verfassungstext auf Staatsbürger, wie sie sich in einigen Verfassungen West- und Südeuropas findet, kennen diese jüngeren Verfassungen häufig nicht, was durchaus als Indiz für eine Stärkung des verfassungsrechtlichen Grundrechtsschutzes in Euro-pa infolge des europäischen Einigungsprozess angesehen werden kann.

608 „ […] the expression „discriminatory“ means affording different treatment to different persons attrib-utable wholly or mainly to their respective descriptions by race, place of origin, political opinions, col-our, creed or sex […].”

609 So auch die rechtsvergleichende Einordnung von Streinz, in: Streinz, EUV, Art. 20 GR-Charta Rdnr. 2.

Im Ergebnis kann also festgehalten werden, dass zwar der grundsätzliche Gedanke der Gleichheit vor dem Gesetz in unterschiedlicher Ausgestaltung und Reichweite in zahlreichen Verfassungen der Mitgliedstaaten der Europäischen Union grundrecht-lich verankert ist, der allgemeine Gleichheitssatz als universelles Gleichheitsrecht sich jedoch keineswegs in allen Verfassungen wieder findet und als Menschenrecht eher selten verankert ist.610

Daher wird man den allgemeinen Gleichheitssatz als universell geltendes Grund- und Menschenrecht wohl nicht als gesicherten Bestandteil der europäischen Verfas-sungstradition auffassen können, wenn auch festgestellt werden kann, dass, wie dargestellt, insbesondere einige neue Mitgliedstaaten Osteuropas in ihren relativ jun-gen Verfassunjun-gen weitgehende Gleichheitsgewährleistunjun-gen, formuliert als Jeder-manngrundrecht, vorsehen und damit hier möglicherweise eine gewisse Tendenz zu umfangreicheren Gleichheitsverbürgungen in der jüngeren Verfassungsentwicklung zu beobachten ist, zumindest was den geschriebenen Verfassungstext angeht. Wie und ob diese Gleichheitsgewährleistungen in der jeweiligen mitgliedsstaaltlichen Rechtsprechung und Rechtspraxis tatsächlich eine tendenzielle Intensivierung des gleichheitsrechtlichen Schutzniveaus bedeuten, kann hier nicht beurteilt werden und würde den Rahmen dieser Arbeit überschreiten, wobei die Rechtsprechungsentwick-lung gerade in den neueren Mitgliedsländern vielleicht neue Impulse für die Diskus-sion über die inhaltliche Konkretisierung des gemeinschaftsrechtlichen Gleichheits-satzes erbringen kann.

610 Selbst in Frankreich als Mitgliedstaat der EU mit langer Grundrechtstradition finden sich Stimmen, welche den französischen Verfassungsquellen lediglich ein Diskriminierungsverbot und die Gewähr-leistung der Gleichheit vor der Justiz entnehmen wollen, vgl. Leben, RDP 1982, 295 (316f.), (340ff.), (351f.); Favoreu, RDP 1983, 333 (392ff.).

C. Das akzessorische Diskriminierungsverbot in der Europäischen