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3 Ausstattung und Zustand des Natura 2000-Gebiets

3.3 Lebensstätten von Arten des Anhangs II der FFH-Richtlinie

3.3.21 Bechsteinfledermaus (Myotis bechsteinii) [1323]

Erfassungsmethodik

Nachweis auf Gebietsebene, Kartierjahr 2017

Nachdem bereits eine Wochenstube der Bechsteinfledermaus (Myotis bechsteinii) [1323]

aus dem Gebiet bekannt war (s. „Verbreitung im Gebiet“), wurden drei Netzfänge getätigt, die primär der Erfassung der Wimperfledermaus dienen sollten. Die Fänge erfolgten am 06.07.2017 (Altenheim, Unterer Wald), 17.07.2017 (Ichenheim, Salmengrund) und 02.08.2017 (Meißenheim, Oberer Durchstich). Bechsteinfledermäuse konnten dabei jedoch

nicht gefangen werden. Auch bei der parallel durchgeführten Detektorarbeit konnte kein Nachweis erbracht werden. Weitere Fangversuche erfolgten nicht.

Eingesetzt wurden jeweils 110 bis 126 m breite Fangnetze und zusätzlich AUTOBAT. Die Net-ze wurden an entsprechend geeigneten Waldweg-Kreuzungen aufgestellt. Parallel dazu wurden Rufe der Art mit insgesamt fünf Detektoren eingefangen (zwei mobile Pettersson D 1000x und zwei mobile Pettersson D240x, zudem ein stationärer Pettersson D500x mit au-tomatischer Rufaufzeichnung).

Erhaltungszustand der Lebensstätte der Bechsteinfledermaus LS = Lebensstätte

Erhaltungszustand

A B C Gebiet

Anzahl Erfassungseinheiten 1 1 -- 2

Fläche [ha] 183,2 1683,2 -- 1866,3

Anteil Bewertung an LS [%] 9,8 90,2 -- 100

Flächenanteil LS

am Natura 2000-Gebiet [%]

4,7 43,4 -- 48,1

Bewertung auf Gebietsebene B

Beschreibung

Die Bechsteinfledermaus gilt als typische Waldart. Gerade in den letzten zehn Jahren wurde aber immer deutlicher, dass Obstbaumbestände nicht erst im Spätsommer/Herbst mit in das Jagdhabitat einbezogen werden, sondern dass sie auch zur Wochenstubenzeit als Teil des Jagdhabitats genutzt werden. Es sind sogar Wochenstuben dort zu finden, da das Höhlen-angebot weit größer ist als in gut gepflegten Wäldern. Die Wochenstuben-Quartiere befinden sich nahezu stets in Baumhöhlen, gerne genutzt werden die Höhlen des Mittelspechts. Da-neben können auch Fledermauskästen genutzt werden, die im Verbund mit Naturhöhlen ste-hen. Ebenfalls erst in den letzten Jahren klargeworden ist, dass die Auenwälder entlang des Rheins sehr viel regelmäßiger von der Bechsteinfledermaus besiedelt werden als bisher an-genommen. Nicht wenige Quartiere – auch Wochenstuben – liegen inmitten der Hartholz- und auch Weichholzaue, da dort die Höhlendichte besonders groß ist.

Im Wald sind die Kronen älterer Eichen oft der wichtigste Teil des Jagdhabitats. Hier finden sich meist auch die Quartiere. Wo Eichen (Quercus spec.) fehlen, können andere Laubbäu-me deren Funktion als Quartierbaum übernehLaubbäu-men, beispielsweise ältere bis alte Gewöhnli-che BuGewöhnli-chen (Fagus sylvatica) (80 bis 120 Jahre, je nach Standortbedingungen), in der Aue Silber-Pappeln (Populus alba) und Silberweiden (Salix alba). Im Obstbaumwiesenbereich spielen alte Spechthöhlen und Ausfaulhöhlen eine wesentliche Rolle als Quartier. STECK et al. (2015) beschreiben, dass alte Hochstamm-Obstbaumwiesen für Bechsteinfledermäuse eigentlich nichts anderes als auf den Boden gesetzte Baumkronen mit entsprechend reicher und vielfältiger Nahrung sind.

Die Bechsteinfledermaus ernährt sich von kleinen Insekten, also Kleinschmetterlingen, klei-neren Nachtfaltern, Fliegen und Mücken. Da sie den Rüttelflug perfekt beherrscht, sammelt sie einen größeren Teil der Nahrung direkt von Blättern oder am Boden ab, weshalb auch Raupen und Spinnen Teil ihres Beutespektrums sind.

Die Bechsteinfledermaus gehört zu den sehr schwierig nachweisbaren Arten. Ein eindeutiger Nachweis kann nur durch Netzfänge erfolgen. In Streuobstwiesen ist die Erfassung mittels Detektoren erleichtert, doch Streuobstbestände gibt es im FFH-Gebiet nur wenig; die meis-ten liegen direkt außerhalb der FFH-Kulisse.

Erfassungseinheit im Bereich der Rheinauen zwischen Wittenweier und Kehl

Diese Erfassungseinheit umfasst zum einen die Wochenstube und den durch Telemetrie ermittelten Aktionsradius des besenderten Weibchens vom 06./07. Juli 2016. Darüber hinaus aber auch alle gut geeignet erscheinenden Waldbereiche und Auenwaldstreifen in

Rheinnä-he (inkl. der Fundstelle von 2004 im Salmengrund bei IcRheinnä-henRheinnä-heim) sowie angrenzende Streu-obstwiesen. Die Waldbereiche liegen dabei zum größeren Teil innerhalb der derzeitigen Grenzen des FFH-Gebiets, die Streuobstbereiche zum größeren Teil außerhalb davon (siehe Entwicklungsflächen). Bei den Wäldern handelt es sich durchgehend um Wälder der Hart-holz- und Weichholzaue. Besonders wichtig sind hier die Bereiche mit Anteilen an älteren Eichen. Wie das im Moment einzige bekannte Wochenstubenquartier zeigt, können die Tiere aber durchaus auch in Kanadischen Hybrid-Pappeln (Populus x canadensis) siedeln, sofern diese überaltern und höhlenreich sind. Der Altholzanteil im Gebiet ist insgesamt eher gering, aber als Habitat soweit ausreichend vorhanden. Die Bereiche mit älteren Eichen (Quercus spec.) spielen dabei eine wichtige Rolle. Die Habitatqualität wird insgesamt als gut (Wertstu-fe B) bewertet.

Im Rahmen der MaP-Untersuchungen am 17.07. und 02.08.2017 gelang kein Nachweis der Bechsteinfledermaus. Es ist jedoch von ein- bis mehreren individuenschwachen Populatio-nen auszugehen. Der Zustand der Population ist demnach mindestens mittel bis schlecht (Wertstufe C), nach fachgutachterlicher Einschätzung vermutlich gut (B).

Mittlere Beeinträchtigungen (Wertstufe B) treten in manchen Bereichen in Form von zu star-ker Brennholznutzung und dem Verlust an älteren Streuobstbäumen auf.

Erfassungseinheit im Unteren Wald zwischen Altenheim und Goldscheuer

Diese Erfassungseinheit ist größtenteils durch feuchten Eichenwald, aber auch Ersatzpflan-zungen mit Pappeln (Populus spec.), Eichen (Quercus spec.) oder Ahorn-Arten (Acer spec.) aufgebaut. Der Anteil an alten, z. T. spalten- und höhlenreichen Stiel-Eichen (Quercus robur) ist bereichsweise hoch, so dass hier von mindestens einer – vermutlich auch größeren – Wochenstubenkolonie der Bechsteinfledermaus auszugehen ist.

Das Gebiet ist hinsichtlich des Höhlenangebots und der Nahrungsverfügbarkeit bestens ge-eignet für die Art. Auch die Größe ist ausreichend. Der außerhalb des FFH-Gebiets liegende Streuobstbereich zwischen dieser Lebensstätte und Altenheim ist als Lebensraum außerdem auch hervorragend geeignet. Aufgrund des hohen Höhlenangebots und der guten Nahrungs-verfügbarkeit wird die Habitatqualität insgesamt mit hervorragend (Wertstufe A) bewertet.

Im Rahmen der MaP-Untersuchungen gelang 2017 kein Nachweis der Bechsteinfledermaus.

Es ist jedoch von ein- bis mehreren mittelstarken Populationen auszugehen. Der Zustand der Population ist demnach gut (Wertstufe B).

Geringe Beeinträchtigungen (Wertstufe A) treten höchstens in Form von Zerschneidung des Habitats durch die Straße im Norden der Erfassungseinheit auf.

Verbreitung im Gebiet

Vor der Untersuchung waren Vorkommen der Bechsteinfledermaus im Gebiet durch zwei gefangene Tiere im Jahr 2004 (Ichenheim, Salmengrund) und 2008 (Altenheim, Unterer Wald) bekannt. Konkret nachgewiesen wurde zudem eine Wochenstubenkolonie im Süden des Langgrund bei Ottenheim (mind. sieben Individuen durch Sichtbeobachtung: Angenom-men werden einige bis deutlich mehr Individuen). Die Wochenstube wurde im RahAngenom-men der Polderstudie Meißenheim am 07. Juli 2016 durch E. RENNWALD entdeckt und befand sich in einer alten, stark mit Höhlen besetzten Pappel (Populus spec.) im Auenwald. Es ist fachgut-achterlich davon auszugehen, dass die Bechsteinfledermaus mit mehreren Kolonien den gesamten Auenwald des FFH-Gebiets, einschließlich Auenwaldstreifen an Seitenbächen und ebenso die Streuobstwiesen in bis zu zwei Kilometer Entfernung nutzt. Ferner ist zwingend anzunehmen, dass es im Bereich des „Unteren Walds“ N Altenheim eine oder mehrere Ko-lonien im Bereich der alten Eichen gibt. Zudem bietet der außerhalb der FFH-Kulisse liegen-de Streuobstbereich zwischen „Unterem Wald“ und Altenheim mit dort vorkommenliegen-den Quar-tierstandorten ein wichtiges Jagdhabitat. Auch die Waldbereiche an den beiden früheren Nachweisstellen der Jahre 2004 (Ichenheim, Salmengrund) und 2008 (Altenheim, Unterer Wald) sind nach wie vor besonders gut für die Art geeignet, so dass sie dort mit hoher Si-cherheit auch noch aktuell vorkommt.

Bewertung auf Gebietsebene

Der Erhaltungszustand der Lebensstätte auf Gebietsebene wird als gut (B) bewertet, da von einem Vorkommen mehrerer, jedoch individuenarmer bis mittelstarker Populationen auszu-gehen ist. Zudem sind überwiegend geeignete Jagdhabitate und ein hohes Höhlenangebot vorhanden. Beeinträchtigende Wirkungen bestehen höchstens durch Zerschneidung des Lebensraums oder Verlust an Habitatbäumen.