Im
zweiten Fall ist der Bauer Teilhaber des Grundbesitzers, wobei dieser für dieAusgaben aufkommen
muß.während
der andere durch seine Arbeitskraft seinen Anteil für das Ackerland leistet. DieGewinne
aus der Ernte werdenam Ende
desJahres geteilt.In beiden Fallen gibt es weder
zwingende
Verpflichtungen noch kostenlose Dienstleistungen des Bauern gegenüberdem
Gninbesitzer Die Pflichten, Freiheitenund
Rechte sind vielmehr auf beide Seilen aufgeteilt. Es istdem
Bauern frei überlassen, sich das Ackerland oder den Grundbesitzer, dessen Teilhaber er
werden
will, auszusuchen. Er ist atdierdem frei in seinen Verhandlungen mitdem
Grundbesitzer über dieHöhe
der Pacht.Wenn
das Angebot nicht gewinnbringend für ihn wirkt, sokann niemand
ihn zwingen, trotzdem für diesenMann
zu arbeiten. Ebenso verhält es sich in der Muzari'a,wenn
der Bauer derMeinung
ist, daß das Verhältnis seiner Arbeitnicht
im
Einklang mit der Leistung des Landbesitzers steht.Es ist auch nicht wie im Feudalsystem üblich, daß der reiche Grundbesitzer
vom armen
Bauern beschenkt wird.Tm
Gegenteil dazu sieht der Islam es als Pflicht des Reichen, denArmen
zu beschenkenund
zu unterstützen. Dies istbesonders im
Ramadan
der Falk der bei denMuslimen
eineganz
besondere Stellung genießt, und indem
sich dieVerwand
tschafts-und
Freundesbande besonders fest verknüpfenund
bestätigen sollen. Diese Verhaltensweise entspringt auchdem
natürlichenund
logischen Verständnis desmenschlichen Verhaltens.
Das geerntete
Korn
wird nach altem islamischen Brauch vonden Armen
inden
Mühlen
gemahlen,denen
diese Aufgabe überantwortet wurde,um
sich aus dieserTätigkeit ihren Lebensunterhall zu verdienen.Es
obliegt in keiner Weisedem
Grundbesitzer, dieVerwendung
seinerMühlen den
Bauern aufzuwingen.Im
Islamwurde
also eine freiheitliche Beziehung aufgebaut, die sich auf der gegenseitigenAchtung und
der völligen Gleichberechtigung der menschlichen Ehre begründete.Was
den Schutz anbelangt, den der feudalistischeGrundherr
seinen Untertanen gewährte, somußten
dieBauern
diesen "Dienst" mit völliger Abhängigkeit
und
Unterdrückung bezahlen.Im
Islam hingegen
übernahmen
die Grundbesitzer diese Tätigkeiten selbstverständlichund
freiwillig, ohne daß sie dafür eine Gegenleistung erwarteten,denn
sie taten dies alles,um
Allah dadurch näher zukommen
und
Ihm
zu dienen. Dies ist der gewaltige Unterschied zwischen einem System, das aufdem Glauben
an Gott beruht, undeinem
System, das außerhalb des Glaubens errichtet wird.Im
erstcren werden alle sozialen Dienstleistungenzum
Gottesdienst,während
sie in; letzteren nur noch eine Angelegenheitvon Gewinn und
Verlust sind, bei der jeder darauf achtet, möglichstwenig
zu bezahlen und möglichst viel zu erlangen,und
so gehört das Recht schließlichdem
Stärkeren, anstattdem
Gerechten.Der nächste Punkt in der Liste der Kennzeichen des Feudalsystems ist der,
daß es
dem
adeligen Grundbesitzer überlassen war, wieviel Landfläche erdem
Leibeigenen gewährte, bzw. die Festsetzung desAusmaßes
und der Art des Frondienstes. Diese beiden Elemente finden sich nun schon gar nichtim
Islam, dessen S>slem sich auf völlig anderen Grundelemenien auibaut, als
denen der Herrschaft des Adeligen über den leibeigenen Bauern. Die
Größe
des Landstriches»
den
der muslimische Bauer zu pachten woinschl, bestimmtf.r selbst frei nach seinen Möglichkeiten,
während
die Arbeit, die er leistet,von
ihm
und für sich selbst ist. Die Aufgabe des Landbesitzers ist einzigund
allein die Festsetzung der
Höhe
der zu zahlenden Paehi.In der
Muian'a
hingegen entsprich! dasAusmaß
der zu bearbeitenden Ackerfläche der Anzahl derdem
Bauern zur Verfügung stehendenHände
(zumeist die seiner Familie)
und
seiner eigenen körperlichen Fähigkeiten.Die Arbeit, die von
ihm
verlangt wird, ist jene, die benöligt wird,um
ausdem Boden
den entsprechenden Ertrag zu erbringen, andem
er selbst ja seinen gleichbercchligten Anteil hat.Was
die übrige Ackerfläche des Grundbesitzers anbelangt, so hai sie mitdem
Vertrag zwischen Besitzerund
Bauer nicht das Geringste zu lun, und natürlich ist er in keinstcr Weise dazuverpflichtet, aufihr zu arbeiten.
Der wichtigste Punkt, in
dem
sich das feudalistische Systemvom
Islam unterscheidet, ist jedoch der derAusübung
der unbedingten Gerichtsbarkeit des Feudalherrn über seine abhängigen Untertanen,und
seineLenkung
ihres sozialen und politischen Lebens.in den europäischen Staaten existierte zu dieser Zeit noch nicht einmal eine umfassende Gcsctzesgcbung, die
dem
allgemeinen Verständnis von Gesetz gerecht geworden wäre.Das
römische Recht, das später die Grundlage der europäischen Gesetzgebung wurde, gab den Feudalherren das Recht, ihr ihnen abhängigesVolk
zu regierenund
zu richten, wie es ihnen angemessenerschien, also nach persönlichem Gutdünken. Es handelte sich sozusagen
um
einen Kleinstaat
im
Staat, indem
sich die Regierung nicht einmischen konnte.Im
Islam sah dies völlig anders aus, da das allgemeine Recht von einer zentralen Regierung ausging, die dessen Befolgungim
gesamtenStaatsbercich überwachte.
Zu
diesemZweck
wurden Gerichtshöfe eingerichtet mit spezifischen Wirkungsbereichen, denenwiederum
entsprechend ausgebildete Richter zugewiesen wurden, die in der Rechtsprechung völlig unabhängig waren(ausgenommen
Irrtümer oder persönliches Fehlverhalten).Was
sich bis zur heutigen Zeitverändert hat, istdas Bild der Regierung,
denn
sienahm
den Charakter einer vererbbaren Monarchie an, die nichtmehr
durch einen frei zu leistenden Eid der Untertanen bestätigtwerden
mußte.Was
jedoch bis heule blieb, ist das Rechtssystem, beidem
die Regierung sichum
alle seine wesentlichenund
unwesentlichen Teile annimmt. Es sind nochimmer
die allgemein gültigen Gesetze, nach denen dieMenschen
richten und gerichtet werden. Vielleicht gibt es zwischen den Auslegungen der einzelnen Rechtsgelehrten Unterschiede, doch auch diese haben gewisse Grenzen. Entscheidend ist, daß der Landbesitzer keinen spezifischen Willen in dieser Hinsicht kundtun kann. Er hat sich nach der Leitung Gottesund
nach Seinem Gesetz zurichten, das auf alle
Menschen
gleich, ohne Unterschied auf Zugehörigkeit zu einer bestimmten Gesellschaftsklasse, angewandt wurde. Dies gilt nicht nur im Fallvon
Grundbesitzerund
Bauer, die ja beide als freieMänner
gelten, sondern auch
im
Fall Sklave und Besitzer, und selbstwenn
es sichum
Königund
Untertan handelt,Es gibt keinen Zweifel daran, daß es Fälle gab, in denen Richter nicht nach
dem
Gcset2 oder nach ihrem besten Wissen und Gewissen richteten, sondern ihren eigenen Interessen oder denen eines reichen, wichtigenMannes
dienten. Solche Fälle
können
aber nicht als Allgcmcinzustand betrachtet werden, denn selbst die europäischen Geschichtsschreiber bekennen, daß dies Ausnahmefalle waren.Es kann
auch nicht angehen, nur solche Fälle zuzitieren,
und
alle anderen, die beispiellos in der Geschichte der Menschheitdastehen, außer acht zu lassen. So z.B. als ein Richter für den
Armen
und gegen die Interessen des Reichen und Mächtigen entschied. Dieser Reichewar
nicht ein Grundbesitzer oder Minister, nein eswar
der Sultan persönlich,gegen
den
er das Urteil lallte. Der Richterwurde
weder seinesAmtes
enthoben, noch rächte sich der Sultan andem
Richter in anderer Weise!In der islamischen Welt gab es niemals eine ähnliche Erscheinung wie die Bauernflucht der europäischen Feudalzeit Die Bauern warenja Heren ihrer selbst
und
konnten nicht nur von einem Grundherrnzum
anderen ziehen, sondern überhaupt von einemLand
ins andere wechseln, so oft sie wolltenund
wie weit es ihnen beliebte. Die einzige Gewalt, die sie an einem bestimmten Flecken Erde festhalten konnte,war
ihr eigener Wille und ihreeigene Liebe zu diesem Landstrich, So
war
esimmer
schon eine Eigenschaft der ägyptischen Bauern, eher seßhaft und wenig wanderlustig zu sein.Andere
jedoch waren nicht so sehr auf ein bestimmtesLand
fixiert undreisten fleißiger umher, wobei ihnen keine Gewalt
im Wege
stand, die siedaran gehindert hätte.
Es versteht sich von selbst, daß islamische Bauern sich niemals loskaufen mußten, da sieja tatsächlich freie
Menschen
waren.Es ist
außerdem
erwähnenswert, daß es in islamischen Landern eine große Anzahl von kleineren Ländcrcicn gab, die deren Besitzer neben ihrer Arbeitim
Handel zu See oder zu Land, oder in den verschiedenen Gewerben, diedamals bekannt waren, bewirtschafteten,
um
daraus ihren Eigenverbrauch zu decken. Dies hinterläßt freilich ein völlig anderes Bild, als das der dunklen Feudalzeit des europäischen Mittelalters, ausdem
sie erst durch ihreBerührung
mitdem
Islamwährend
der Krcuzzügc bzw.während
der Zeit derMuslime
in Andalusien erwachten.Aus
all dem,was
wir bis jetzt angeführt haben, läßt sich leicht ersehen, daß es kein feudalistisches System gab. solange der Islam die Länder regierte,denn
sein ideologisches, ökonomischesund
juristisches System erlaubten solcheAuswüchse
gar nicht. Selbst die beginnenden feudalistischenEntwicklungen zur Zeit der
Umayyaden
und Abbasiden waren noch sehr begrenzt und besaßen noch nicht den Charakter eines vorherrschenden Phänomens, Tatsächliche Leibeigenschaft in islamischen Ländern findetman
erst
während
der späten Zeit derOsmanen,
als die Religion ihren Einfluß auf die Seelen derMenschen
bereits verloren hatte,und
der Islam nur noch alsBezeichnung gekannt wurde. Dies ist die Zeit der osmanischen Paschas,
deren bekannteste Gestalt
Muhammad
*Ali derGroße
war,und
der anderen ähnlich ausgerichteten Königshäuser der islamischen Welt. DieseTendenz
zur Religionsentfremdungwurde
noch durch die imperialistischen54
europäischen
Mächte
verstärkt, die den Orient besetztenund den
letztennoch verbliebenen Geist der
Fömmigkeit und
desVerantwortungsbewußtseins für die Gemeinschaft vernichteten. Die Reichen nützten
nun
schamlos dieArmen
aus und versetzten sie mit Hilfe der Untersuchungsbehörden des Königshauses und der Fürsten in erniedringende Abhängigkeitund
Angst. Bis heute lebt diese Art der Leibeigenschaft in unseren Landen, aber sie hat ihren Ursprung nichtim
Islam, er ist nicht verantwortlich dafür, so wie er es auch nicht war, als er noch in unseremLand
regierte. Heute regieren die europäischen Gesetze, die Schüler des Westens insLand
brachten,und
an denen sie in der Abhängigkeitvon
Leibeigenen festhängenund
die feudalistische Tradition fortfuhren!* • •