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Teil III – Orientierungen für die Planungspraxis

10.1 Ermittlung von Planungsgrößen aus den statischen Stichtagszahlen von KDW

10.1.1 Allgemeine Erörterung der Problemstellungen bei der Zahlenanalyse

Häufig wird in diesem Zusammenhang fälschlicherweise angenommen, dass die noch verfügbare Platzkapazität aus der Differenz zwischen der Zahl genehmigter Plätze und der Zahl betreuter Kin-der bestimmt werden kann und daran bestehende AusbauerforKin-dernisse oKin-der Fehlplanungen be-messen werden können. Diese Annahme führt jedoch aus mehreren Gründen zu einer gänzlich falschen Vorstellung über die tatsächlich bestehenden bzw. noch verfügbaren Kapazitäten. Vor-rangig rührt dies daher, dass weder die Zahl der genehmigten Plätze mit der Zahl belegbarer noch die Zahl der betreuten Kinder mit der Zahl tatsächlich belegter Plätze (exakt) übereinstimmt. Zu-dem lässt der Stichtagszeitpunkt zum jeweiligen 01.03. die zweite Hälfte des Kindergartenjahres außen vor, was ebenfalls zu Verzerrungen führt (s.u.). In der Folge ist die faktisch zur Verfügung stehende Zahl belegbarer Plätze erheblich kleiner, als die einfache Differenz beider Zahlen sugge-riert.

Nachfolgend wird ausführlich erläutert weshalb sich die in Tabelle 2, Abschnitt 1.2 berichteten Zah-len in dieser Form nicht für die Bestimmung der faktisch vorhandenen Kapazitäten eignen und wie dennoch eine Annäherung an diese möglich ist. Das Hauptproblem für die Abweichung der statisti-schen Zahlen und der faktistatisti-schen Ressourcen ist in der statistatisti-schen Stichtagsbeobachtung zu sehen.

Diese Momentaufnahme wird unter bestimmten statistisch fixen Randbedingungen erstellt und sie

bildet die örtlichen Gegebenheiten z.T. nur stark verzerrt ab. Zudem bleiben bei der exklusiven Be-trachtung eines Stichtags einflussreiche Trends verborgen. Diese Divergenz zwischen Statistik und Empirie ist auf sechs Hauptgründe97 zurückführen, die im Nachgang erörtert werden:

Erstens, die Variabilität der Maximalbelegung eines jeden Betreuungsangebotes wird nicht berück-sichtigt. Zweitens, bei einfacher Stichtagsbetrachtung bleiben bedeutende Strukturumbrüche in An-gebotsformen außen vor. Drittens, entstehen Verzerrungen durch die zahlenmäßige Unvollständig-keit des Merkmals „betreute Kinder“. Viertens, resultieren Verzerrungen aus der Annahme, dass für die betriebserlaubten Plätze immer ausreichend Personal verfügbar ist. Fünftens, trägt auch die fehlerhafte Interpretation von Aggregatzahlen bzw. Unterschlagung örtlicher Diversität zu dieser Divergenz bei. Und sechstens und letztens, spielen hier auch Grenzen der Planbarkeit und Verga-besteuerung eine Rolle.

Die ersten beiden Gründe führen zu einer fehlerhaften Bestimmung der Zahl faktisch (noch) beleg-barer Plätze. Die dadurch entstehende Verringerung der tatsächlichen Platzzahlen lässt sich in Teilen exakt bestimmen. Anders ist dies für die Gründe 3 bis 6, die nochmals einen Einfluss auf die

„belegbaren Plätze netto“ haben (vgl. Tabelle 2). Für sie können zwar Aussagen bzgl. der Wir-kungsrichtung getroffen, aber nur bedingt konkrete Zahlenwerte ausgewiesen werden. Daher sind sie nicht in der Tabelle 2 unten aufgeführt, sondern sie werden hier lediglich erörtert. Nachfolgend werden alle sechs Gründe in ihrer Wirkungsweise näher erläutert. Sie werden dabei jeweils als Verzerrung der Platzkapazitäten bezeichnet. Für eine nachvollziehbare Erläuterung der benannten Problemstellungen ist jedoch zunächst noch die Klärung der Begriffe „Höchstgruppenstärke“, „ge-nehmigte Plätze“, „belegbare Plätze“, „betreute Kinder“, „belegte Plätze“, „freie Plätze“, „obsolete Plätze“, „belegbare Plätze netto“ und „verfügbare Platzkapazitäten“ erforderlich. Alle Ausführungen hier beziehen sich auf Angebote in nach § 45 SGB VIII betriebserlaubnispflichtigen Einrichtungen:

Höchstgruppenstärke: in der Betriebserlaubnis hinterlegte Maximalzahl der in einer Angebots-form nach § 1 Abs. Nr. 1 KiTaVO oder außerhalb KiTaVO maximal zu betreuenden Kinder; sie reduziert sich: bei Unterschreitung der Mindestgröße oder bei mangelnder Eignung des Grup-penraums, in Abhängigkeit der Alterszusammensetzung und bei Zeitmischung, wenn mehr als 10 Kinder über 7 Stunden betreut sind98

genehmigte Plätze: gibt an wie viele Plätze der Höchstgruppenstärke tatsächlich zur Verfü-gung stehen (ohne AusnahmegenehmiVerfü-gung); geregelt über die ausgestellte Betriebserlaubnis15

belegbare Plätze: Ausgangsgröße für belegbare Plätze sind die genehmigten Plätze; werden von diesen alle vorhandenen variablen Plätze abgezogen (vgl. „1. Variable Höchstgruppen-stärke“ unten), erhält man die Zahl belegbarer Plätze

betreute Kinder: Zahl der Kinder, die tatsächlich betreut werden (vgl. freie Plätze)

97 „Hauptgründe“ meint, dass weitere Faktoren existieren, die einen Einfluss auf die Platzkapazitäten haben, diese aber nicht von zentraler Bedeutung sind und hier nicht berücksichtigt werden. Hierunter fallen z.B. die „Pufferplätze“ (ursprünglich nur als „Notplätze“ gedacht) bei den Angebotsformen der Regel- und Halbtagsgruppen sowie Gruppen mit verlängerter Öffnungszeit (VÖ). Bei diesen werden als Höchst-gruppenstärke 25 bzw. 28 und bei VÖ-Gruppen 22 bzw. 25 angegeben (also jeweils drei Pufferplätze). Wird mit der kleineren Zahl kalku-liert, besteht ein gewisser Platzpuffer der u.a. zum Auffangen kurzfristig entstehender Bedarfe (etwa unvorhersehbarer Zuzug) dienen kann. Dieser Puffer ist nicht vorgeschrieben, sondern lediglich als Orientierung zu verstehen (vgl. KVJS – Voraussetzungen zur Erteilung einer Betriebserlaubnis nach § 45 SGB VIII, 2014).

98 Weitere Ausführungen hierzu: KVJS – Voraussetzungen zur Erteilung einer Betriebserlaubnis nach § 45 SGB VIII, Seite 6 f.

nicht belegte Plätze: entsprechen der Differenz zwischen belegbaren Plätzen und betreuten sowie vorgemerkten Kindern; i.d.R. schwer exakt zu bestimmen, da aufgrund zumeist kompli-zierter Vergabeprozesse Plätze, die für Kinder vorgemerkt sind, aktuell nicht belegt sind, künftig aber (sehr wahrscheinlich) belegt sein werden

freie Plätze: sind entsprechend in Abhängigkeit vom Zeitpunkt, zu dem eine Vormerkung vor-liegt oder zu erwarten ist, zu einem unterschiedlichen Ausmaß „frei“

obsolete Plätze: nicht belegte Plätze, bei denen infolge sachlogischer Überlegungen und sta-tistischer Beobachtungen eine sehr niedrige Wahrscheinlichkeit einer Wiederbelegung zu er-warten ist (z.B. wg. fehlender Attraktivität der Angebotsform; vgl. „2. Strukturelle Umbrüche der Angebotsformen“ unten)

belegbare Plätze netto: nicht belegte Plätze, die mit hoher Wahrscheinlichkeit in Anspruch ge-nommen werden (Differenz zwischen belegbaren und obsoleten Plätzen)

verfügbare Platzkapazitäten: ergeben sich aus den belegbaren Plätzen netto, abzüglich der betreuten Kinder und der Berücksichtigung aller in den u.s. Punkten 2 bis 6 benannten Verzer-rungen (tlw. nicht exakt bestimmbar)

Diese Ausführungen sollten verdeutlicht haben, dass je nach verwendetem Begriff zwischen statis-tischen Größen und den Gegebenheiten vor Ort teils sehr große Unterschiede bestehen können.

Nachfolgend finden sich die Erläuterungen der Verzerrungspotentiale, die dazu führen, dass die tatsächlichen Platzkapazitäten deutlich geringer ausfallen, als der Abgleich der Zahl genehmigter Plätze und betreuter Kinder nahelegt.

Verzerrung der Platzkapazitäten: 1. Variable Höchstgruppenstärke

Bei der Berechnung der genehmigten Plätze werden i.d.R. immer die nach Betriebserlaubnis mög-lichen Höchstgruppenstärken verwendet und zwar auch dann, wenn entweder aus rechtlicher Sicht oder aufgrund von Orientierungswerten des KVJS-LJA in einer Gruppe nicht mehr alle Plätze zur Verfügung stehen (sollten).99

Mit Blick auf rechtliche Grundlagen ist zunächst die Aufnahme von Kindern unter drei Jahren in al-tersgemischten Gruppen bzw. von Kindern im Alter ab zwei Jahren und neun Monaten in anderen Angeboten als Krippen- bzw. Kleinkindgruppen oder Betreuten Spielgruppen zu nennen. Mit jedem weiteren Kind unter drei Jahren bzw. ab zwei Jahren und neun Monaten ist dabei die Höchstgrup-penstärke bzw. Zahl der belgebaren Plätze faktisch je um einen Platz zu reduzieren (vgl. KVJS – Voraussetzungen zur Erteilung einer Betriebserlaubnis nach § 45 SGB VIII, 2014, Seite 6 f.). In ähnlicher Weise sind die belegbaren Plätze in sogenannten zeitgemischten Angeboten variabel.

Hier können Gruppen bspw. als Ganztagesgruppen betriebserlaubt sein, aber die Höchstgruppen-stärke bei 25 statt 20 Kindern liegen. Die Bedingung dafür ist, dass maximal zehn Kinder mehr als sieben Stunden (also ganztags) und die übrigen Kinder höchsten sieben Stunden betreut werden (vgl. KVJS – Voraussetzungen zur Erteilung einer Betriebserlaubnis nach § 45 SGB VIII, 2014,

99 Rechtliche Sicht bezieht sich u.a. auf strikte Regelungen zur Reduktion der Höchstgruppenstärke etwa bei der Aufnahme unterdreijäh-riger Kindern (s.u.) und die Orientierungswerte auf Empfehlungen zur Reduktion der Höchstgruppenstärke, die nicht rechtlich verbindlich sind und zudem nach Bewertung des Einzelfalls zur Anwendung kommen sollten.

Seite 6 f.). Beide Faktoren führen dazu, dass die ausgewiesene Zahl genehmigter Plätze eben nicht der faktisch belegbaren Platzzahl entspricht, sondern diese i.d.R. (deutlich) übersteigt.

Neben den beiden rechtlichen Faktoren spielt auch die Aufnahme von Kindern mit erhöhtem För-derbedarf eine Rolle (Kinder mit mindestens einer körperlichen, geistigen oder bestehenden bzw.

drohenden seelischen Behinderung) sowie von Kindern mit besonderem erzieherischem Bedarf (nach §§ 27 ff. SGB VIII). Um dem in ersterem Fall bestehenden erhöhten Förderbedarf nachzu-kommen, lässt sich als Orientierungsgröße eine Verringerung der Höchstgruppenstärke um ein bis drei Plätze je aufgenommenem Kind nennen. Eine solche integrative Gruppe (nach § 1 Abs. 4 Ki-TaG) ist zudem mit mindestens zwei Fachkräften während der gesamten Öffnungszeit zu besetzen (vgl. KVJS – Inklusive Erziehung, Bildung und Betreuung von Kindern mit und ohne Behinderun-gen in KindertageseinrichtunBehinderun-gen, 2017, S. 8 f.). Ohne festen Schlüssel wird auch bei der (integrati-ven) Betreuung von Kindern, denen Hilfen zur Erziehung nach §§ 27 ff. SGB VIII gewährt wurden (mit Ort der Durchführung im Kindergarten), empfohlen, die Rahmenbedingungen hinsichtlich Gruppenstärke und Personal anzupassen (vgl. KVJS - Orientierungshilfe zur Bedarfsplanung in der Tagesbetreuung, 2011, S. 17 f.). Es wird deutlich, dass sowohl bei Kindern mit erhöhtem För-derbedarf als auch Kindern mit besonderem erzieherischem Bedarf neben den Platzzahlen die Ausstattung mit Fachkräften eine zusätzliche Rolle spielt, welche im vierten Punkt nochmals dezi-diert aufgegriffen wird.

Verzerrung der Platzkapazitäten: 2. Strukturelle Umbrüche der Angebotsformen

Die strukturellen Umbrüche der Angebotsformen werden im Kitabericht 2015 auf den Seiten 16 ff.

ausführlich beschrieben. Allerdings werden dort keine Erörterungen der Auswirkungen für die Platzressourcen vorgenommen. Dies soll hier exemplarisch für die beiden Umbrüche mit der größ-ten Tragweite exerziert werden. Dabei handelt es sich einerseits um das Angebot der Regelgrup-pen (mit Vormittags- und Nachmittagsbetreuung und Unterbrechung am Mittag) und andererseits um das Angebot der Ganztagsgruppen. Die Vorzeichen sind dabei gänzlich unterschiedlich. Wäh-rend sich die Zahl der Regelgruppen seit der ersten Berichterstattung im Jahr 2005 drastisch redu-ziert hat (bis 2016 um mehr als 75%) und damit diese Angebotsform massiv an Bedeutung verlo-ren hat, sind die Zuwachsraten bei den Ganztagsgruppen im gleichen Zeitraum ungebrochen hoch, was dieser Angebotsform einen enormen Bedeutungsgewinn beschert hat. In der Folge kann auch bei korrekter Ermittlung der noch belegbaren Plätze in Gruppen beider Angebotsformen nicht davon ausgegangen werden, dass diese als noch verfügbare Platzkapazität zu verstehen sind.

Weshalb das so ist, wird zunächst anhand der Regelgruppen unter Einbeziehung der Zahlen aus Tabelle 2 (Seite 9) und unter der Ermittlung der noch belegbaren Plätze bei einfacher Differenzbil-dung zwischen genehmigten Plätzen und betreuten Kindern verdeutlicht (ohne Berücksichtigung der variablen Anteile; vgl. 1. oben).100 Wäre man zum Stichtag 01.03.2015 davon ausgegangen, dass noch rund 13.500 Plätze in dieser Angebotsform belegbar sind, hätte man sich 2016 ge-täuscht gesehen, denn die Zahl der genehmigten Plätze hat sich in dieser Zeit um 7.604 reduziert.

Ebenso hat sich im gleichen Zeitraum die Zahl der in Regelgruppen betreuten Kinder um 5.796

100 Aus didaktischen Gründen wird an dieser Stelle durch die Verwendung der einfachen Differenz zwischen genehmigten Plätzen und betreuten Kinder die tatsächliche Komplexität verringert. Die bereits unter diesen Bedingungen erkennbar werdende Platzknappheit, ge-rade mit Blick auf die Ganztagesangebote, verschärft sich bei Verwendung der „korrekten“ Zahlen (vgl. die nachfolgenden Punkte 2. bis 6.) nochmals deutlich.

reduziert. Damit hätte sich nicht nur die Zahl der noch belegbaren Plätze spürbar verringert, son-dern wären zeitgleich auch die potentiellen „Abnehmer“ deutlich weniger geworden.

Die im Jahr 2015 vermeintlich noch verfügbare Platzkapazität ist folglich vor allem Ausdruck des-sen, dass in der Mehrzahl der Fälle, mit gewissen regionalen Ausnahmen, der Rückbau der Regel-gruppen mit der Ablehnung dieser Angebotsform durch die Eltern nicht schritthält.101 Das bedeutet für die örtliche Planung, dass gerade beim Betrieb solcher Gruppen eine enge Rückbindung zu den Eltern, den Einrichtungsleitungen und ggf. den (freien) Trägern unterhalten werden sollte, um die Bedarfe genau zu kennen und auch deren Veränderung früh zu antizipieren. Im Zweifel bzw.

im Fall (sehr) heterogener Bedarfe besteht aber auch die Möglichkeit zeitgemischte Gruppen vor-zuhalten, in denen dann unterschiedliche Betreuungsangebote gemeinsam realisiert werden kön-nen (vgl. KVJS – Voraussetzungen zur Erteilung einer Betriebserlaubnis nach § 45 SGB VIII, 2014).

Unabhängig von den örtlichen Bedingungen hat der zuvor angesprochene Attraktivitätsverlust der Regelgruppen zur Folge, dass die in ihnen noch belegbaren Plätze zumindest bei der Bewertung der Ressourcen für gesamt Baden-Württemberg nicht den verfügbaren Platzkapazitäten zugerech-net werden können, da die Wiederbelegung höchst unwahrscheinlich ist (vgl. unten/oben).

Aber damit nicht genug hat diese Entwicklung auch zur Folge, dass die Kinder, die nicht mehr in Regelgruppen betreut werden (können), in anderen Angebotsformen betreut werden (müssen).

Und auch deshalb besteht ein erhöhter Ausbaubedarf, da die Höchstgruppenstärke in Regelgrup-pen mit 28 Plätzen deutlich größer ist, als die der anderen Angebotsformen, die gemessen an der Inanspruchnahme als attraktiver bezeichnet werden können. Im Fall der Angebote mit verlängerter Öffnungszeit sind es drei und im Fall der Ganztagesangebote gar acht Plätze weniger. Folglich müssten bspw. bei „Schließung“ von fünf Regelgruppen sieben Ganztagesgruppen in Betrieb ge-hen, um bei sonst gleichen Bedingungen die gleiche Platzzahl anbieten zu können. Mit Blick auf die räumlichen wie personellen Anforderungen (vgl. vgl. KVJS – Voraussetzungen zur Erteilung einer Betriebserlaubnis nach § 45 SGB VIII, 2014, Seite 6 f.) ist damit eine nicht unerhebliche Her-ausforderung benannt.

Richtet man den Blick nun zurück auf die Bedeutung für die Bestimmung der verfügbaren Platzka-pazitäten kann festgehalten werden, dass nicht belegte Plätze in Regelgruppen, kein Bestandteil der noch verfügbaren Platzkapazitäten sein können. Das Problem hinsichtlich mangelnder Attrakti-vität und daher schwindender Zahlen bzgl. genehmigter aber auch belegter Plätze gilt in gleicher Weise für die Betreuten Spielgruppen und die Hortgruppen. Daher wird in Tabelle 2 die Summe der Differenzen zwischen belegbaren Plätzen und betreuten Kindern für diese drei Angebotsfor-men als „belegbare Plätze obsolet“ ausgewiesen (s.o.).

Genau entgegengesetzt stellt sich nun die Situation bei der Angebotsform der Ganztagsgruppe dar. Zum Stichtag 01.03.2015 gab es in ihnen 78.568 genehmigte Plätze. Hätte es den Ausbau auf 86.506 Plätze zum Stichtag 01.03.2016 nicht gegeben, wäre in der Summe die Belegungsquote heute bei 97,4% (bei 76.545 betreuten Kindern zum Stichtag 01.03.2016) und das auch nur unter der Annahme, dass jeder genehmigte Platz auch tatsächlich zur Verfügung steht, was aus in „1.

101 In einigen Kommunen haben bestimmte Angebotsformen eine größere Bedeutung als in anderen, u.a. weil dort andere familiäre Struk-turen und/oder andere erwerbsbezogene Lebensentwürfe seitens der Frauen/Mütter bestehen bzw. möglich sind.

Variable Höchstgruppenstärke“ genannten und noch weiteren zu nennenden Gründen ausge-schlossen ist. In der Folge trägt der Ausbau, der in der jeweils aktuellen Berichtsperiode einen Ausbau für Leerstand suggeriert, nur dem zwingenden Erfordernis kommende bzw. bereits beste-hende Bedarfe zu decken Rechnung.

In ähnlicher Weise wie zuvor kann daher auch im Fall der Ganztagsgruppe die noch vorhandene Platzkapazität nicht einfach aus der Differenz zwischen der korrigierten102 Zahl der maximal beleg-baren Plätze und der betreuter Kinder bestimmt werden. Im Unterschied zu den Regelgruppen zu-vor kann hier jedoch bereits aus sachlogischen Gründen bei den noch belegbaren Plätzen nicht einfach von obsoleten Plätzen gesprochen werden. Denn einerseits wäre dies mit der Wortbedeu-tung nicht vereinbar, andererseits sind die in der Zahl noch belegbarer Plätze zum Ausdruck kom-menden Platzkapazitäten sehr wohl noch verfügbar, allerdings mit hoher Wahrscheinlichkeit be-reits zum Beginn des nächsten Kindergartenjahrs aufgebraucht. Wie diese noch belegbaren Plätze nun bei der Bestimmung der Platzkapazitäten berücksichtigt werden können, wird bei Abschnitt 5.1.2 aufgegriffen.

Verzerrungen der Platzkapazitäten: 3. Unvollständigkeit „betreute Kinder“

Während sich das Verzerrungspotential der zuvor beschriebenen Problematik mit den variablen Höchstgruppenstärken rechnerisch relativ valide korrigieren lässt, können für das nachfolgend vor-gestellte Problem wie auch alle folgenden (4. bis 6. unten) nicht so leicht belastbare Zahlen gene-riert werden. Das Prinzip ist trotzdem relativ simpel. Die in der Kategorie „betreute Kinder“ ausge-wiesene Zahl entspricht nicht exakt der Zahl tatsächlich belegter Plätze. Das hat zwei Gründe. So führen zum einen Vormerkungen von Kindern für Plätze in Tageseinrichtungen dazu, dass die Zahl der betreuten Kinder kleiner ist als die Zahl faktisch belegter Plätze (vgl. „freie Plätze“ oben). Vor-merkungen können vorliegen für in Kleinkindgruppen betreute Kinder, die das dritte Lebensjahr noch nicht vollendet haben, aber für die bereits ein Kindergartenplatz reserviert ist. Diese Kinder müssten quasi doppelt zu Buche schlagen. Ähnliches gilt für Kinder, die sich noch in keinem Be-treuungsverhältnis befinden, aber ebenfalls bereits vorgemerkt wurden. In beiden Fällen existieren also bereits Kinder, die künftig einen Platz in Anspruch nehmen, der betreffende Platz selbst er-scheint aber in der Statistik als nicht belegt. Hinzu kommt, dass auf Grundlage einer Stichtagser-hebung über solche Zugänge in Einrichtungen nach dem Stichtag nichts ausgesagt werden kann.

Die betreffende Zeitspanne, in der noch Kinder in Einrichtungen aufgenommen werden können, beträgt dabei 6 Monate (bis zum 31.08. des jeweiligen Jahres). Um die Bedeutung dieser Kinder hinsichtlich der Kapazitätsfrage in der Spanne zwischen den Stichtagen angemessen beurteilen zu können, sind weitere Untersuchungen erforderlich.

Auf kommunaler Planungsebene, besteht dazu die Möglichkeit z.B. bei Anwendung des KDW-Mo-duls „Zentrale Vormerkung“ (ZV), einen sehr genauen Überblick über die betreffenden Zahlen zu erhalten und daher diese Problemstellung recht genau beziffern zu können (Informationen zum Modul ZV finden sich im Anhang dieses Berichts). Für eine erste Abschätzung der hier skizzierten Problemstellung lassen sich im Rahmen dieser Berichterstattung zwei Informationen heranziehen.

102 Um die Zahl der maximal belegbaren Plätze zu bestimmen, sind von der Zahl der genehmigten Plätze die Zahlen aufgenommener Kinder unter drei Jahren (nur bei Kindergartengruppen) abzuziehen sowie diese mit Blick auf aufgenommene Kinder mit erhöhtem För-derbedarf, eine bestehende Zeitmischung etc. zu korrigieren (s.o.).

Einerseits sind hier Ergebnisse von Elternbefragungen aus dem Jahr 2011 zu nennen, die besa-gen, dass Eltern von Kindern, die nach Februar das dritte Lebensjahr vollenden, ein deutlich gerin-geres Interesse haben, ihre Kinder noch vor Beginn des neuen Kindergartenjahrs in Kindertages-betreuung zu geben (vgl. Orientierungshilfe zur Bedarfsplanung in der TagesKindertages-betreuung, KVJS 2011, Seite 10). Zu relativieren ist dieser Befund jedoch insofern, als aus den Stadt- und Landkrei-sen vermehrt Rückmeldungen kommen, dass die Aufnahme von Kindern nach dem 01.03. seit die-ser Zeit deutlich zugenommen hat. Dies ist wohl auch auf den seit 01.08.2013 gültigen Rechtsan-spruch für die Betreuung von Kindern unter drei Jahren zurückzuführen, der erst nach dieser Be-fragung Einfluss auf das „Inanspruchnahmeverhalten“ haben konnte.

Andererseits lassen sich immerhin konkrete Zahlen zu Kindern, die zum aktuellen Stichtag älter als zwei Jahre sind und sich in Kleinkindgruppen befinden, ausweisen. Dabei handelt es sich um rund 2.000 Kinder, die in Krippengruppen (1.873) bzw. Betreuten Spielgruppen (109) betreut werden.

Die Kinder, die nach Beginn des Kindergartenjahres (01.09.) ihr drittes Lebensjahr vollendet haben und bis zum Stichtag noch nicht in Einrichtungen aufgenommen wurden, können bei dieser Be-trachtung nicht berücksichtigt werden, stehen aber dennoch im Raum. Es ist daher anzunehmen, dass sich hier je nach örtlichen Gegebenheiten, durchaus große Herausforderungen bis zum Ende des Kindergartenjahres ergeben. Mit Blick auf die o.g. Zahlen zu den überzweijährigen Kindern in Kleinkindbetreuung ist zudem zu erwähnen, dass knapp 1.700 dieser rund 2.000 Kinder in Betreu-ungsangeboten betreut werden, die zumindest einer verlängerten Öffnungszeit entsprechen (Ganztagsbetreuung: 992 Kinder) und für die eine adäquate Anschlussbetreuung im Kindergarten seitens der Eltern erwartet wird.

In der Gesamtabschätzung lässt sich resümieren, dass die Zahl der zum 01.03. betreuten Kinder zwar keine abschließende Grundlage darstellt, um die Zahl der belegten Plätze exakt zu bestim-men (hier ist vor allem das Problem fehlender Informationen über vorgemerkte Kinder zu nennen).

Gleichzeitig ist das Verzerrungspotential in der Aggregatbetrachtung mit Bezugspunkt Baden-Württemberg und dem Stichtag 01.03.2016 aber als marginal zu bezeichnen. Anders sieht es

Gleichzeitig ist das Verzerrungspotential in der Aggregatbetrachtung mit Bezugspunkt Baden-Württemberg und dem Stichtag 01.03.2016 aber als marginal zu bezeichnen. Anders sieht es

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