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Überblick über die Therapie der Leishmaniose beim Menschen

Zum ersten Mal wurde 1913 über die Therapie der KL und 1915 über die der VL mit trivalenten Antimon-Verbindungen berichtet (CROFT und YARDLEY 2002). Die Entwicklung weniger toxischer pentavalenter Antimon-Verbindungen führte 1945 zu der Synthese von Natrium-Stiboglukonat (Pentostam, Glaxo-Smith-Kline, USA) und wenig später zu der von N-Methylglukamin-Antimonat (Glucantime, Aventis, Frankreich). Der Wirkungsmechanismus der Antimon-Verbindungen ist bis heute nicht vollständig geklärt. So werden eine partielle Hemmung der Adenosindiphosphat-Phosphorylierung in der Glykolyse oder eine Hemmung der β-Oxidation von Fettsäuren des Parasiten vermutet (BERMAN et al. 1985, BERMAN 1989). Die Nebenwirkungen dieser Therapien sind groß. Es kommt zu Übelkeit, Anorexie, Myalgie und Gelenkschmerzen, häufig begleitet von einer transienten Panzytopenie, einer Pankreatitis und Herzrhythmusstörungen. Es kann zur chronischen Schädigung der Leber kommen (LEE et al. 2003). Die pentavalenten Antimon-Verbindungen stellten für sechs Jahrzehnte das Mittel der Wahl zur Therapie der KL und der VL dar. Über 20-28 Tage werden täglich 20 mg Antimon/kg Körpergewicht intravenös verabreicht. Häufig wird diese Therapie kombiniert mit der oralen Gabe von Allopurinol, einem Pyrazolopyrimidin, das durch die Hemmung der Purin- und Pyrimidinsynthese in die DNA-Replikation der Leishmanien eingreift (BERMAN 2003, MARTINEZ et al. 1997). Diese Kombinationstherapie ist besonders bei der Behandlung der Leishmaniose des Hundes von Interesse, wo sie signifikant bessere Ergebnisse als eine alleinige Therapie mit Antimon-Verbindungen erzielt (DENEROLLE und BOURDOISEAU 1999). Diese klassische Behandlungsmethode führt auf Grund immer weiter zunehmender Resistenzen in der Therapie der VL des Menschen nur noch bei 37 % der Patienten in Indien zur Heilung (DAVIES et al.

2003). Nach der Behandlung von mit Leishmanien und HIV co-infizierten Patienten kommt es in der Regel zum Rückfall (WHO 2000). Frühe noch nicht entzündliche Läsionen der KL können lokal behandelt werden, indem sie alle 2 Tage bis zu ihrer Abheilung unterspritzt werden, was die Nebenwirkungen minimiert (HEPBURN 2003). Die Wirksamkeit dieser Therapie der KL ist sehr unterschiedlich. Bei der KL durch L. braziliensis schwanken die Angaben über Heilungserfolge zwischen 30 und 60 % (MACHADO et al. 2002), bei Infektionen mit L. major sprachen 70-85 % der Patienten auf die Therapie an (MOMENI et al. 2002).

Amphothericin B ist sehr potent bei der Therapie der VL mit Heilungsraten von 97 %.

Durch seine Bindung von Ergosterol, dem dominierenden Plasmamembran-Sterol der Leishmanien kommt es zur Porenbildung in der Zellmembran des Parasiten.

Amphothericin B ist stark kardio- und nephrotoxisch. Die intravenöse Injektion von einer Lipid-Verbindung des Amphothericin B (AmBisome, Gilead Sciences) ist weniger toxisch und ist das Mittel der Wahl bei antimonresistenten Infektionen (SUNDAR et al. 2002). Jedoch handelt es sich um eine sehr teure Therapie und ist daher in Entwicklungsländern nur schlecht praktikabel. In der Therapie der KL zeigt Amphothericin B keinen deutlichen Effekt (BERMAN 1997).

Parenteral verabreichtes Pentamidin, ein aromatisches Diamidin, wurde seit 1952 alternativ bei antimonresistenten Fällen der VL und KL eingesetzt (THAKUR et al.

1991) und ist das Mittel der Wahl bei der Behandlung der DKL durch L. aethiopica (CROFT und YARDLEY 2002). Limitiert wird sein Einsatz durch eine Nephrotoxizität und das häufige Auftreten von Tachykardie, Hypoglykämie und Diabetes. Häufig wird es in Kombination mit Antimon oder Allopurinol verwendet. Der Heilungserfolg durch Pentamidin kombiniert mit Allopurinol liegt in Studien bei 91 % und als Monotherapie bei nur 74 % (DAS et al. 2001).

Die Heilungserfolge der VL durch die parenterale Gabe des Aminoglykosid-Antibiotikums Paromomycin liegt bei 69-89 % (THAKUR et al. 2000). Die Kombination mit Antimon-Verbindungen scheint einen synergistischen Effekt zu haben. Eine topische Anwendung von Paromomycin in Salben zur Behandlung der KL der Alten Welt führte bei 74 % der Patienten zu einer Heilung (ASILIAN et al.

2003), bei der KL Südamerikas lag die Heilungsrate bei 85 % (ARANA et al. 2001).

Aminoglykoside besitzen eine Nephro- und Ototoxizität.

Die lokale Hitzeanwendung in Form von Mikrowellen brachte in der Behandlung einzelner noch nicht ulzerierter Läsionen der KL Heilungserfolge zwischen 73 % und 90 %. Bei der Cryotherapie, z. B. mit flüssigem Stickstoff, schwanken die Heilungserfolge zwischen nur 27 % und 68 %. In Kombination mit lokalen Antimon-Injektionen lagen sie jedoch bei fast 100 % (LEE und HASBUN 2003).

Ein neues topisches Therapeutikum der KL ist der Immunmodulator Imiquimod, der ursprünglich zur Behandlung von Genitalwarzen entwickelt wurde. Er wirkt über den Toll-like-Rezeptor 7 und aktiviert unspezifisch das Immunsystem (TAKEDA et al.

2003). In Südamerika erbrachte er in Kombination mit lokalen Antimon-Injektionen Heilungserfolge von 90 % bei Patienten, die zuvor auf eine alleinige Therapie mit Antimonverbindungen nicht ansprachen (AREVALO et al. 2001).

Azole inhibieren die Sterol-Synthese des Parasiten. Die orale Gabe von Fluconazol, über 6 Wochen bei durch L. major verursachter KL führt zu einem Heilungserfolg von 59 % (ALRAJHI et al. 2002). Die Gabe von Ketokonazol hat einen ähnlichen Erfolg.

Die Wirksamkeit von Ketokonazol bei KL durch L. major liegt bei 70 % (WEINRAUCH et al.1987) und in einer neueren Studie bei 89 % (SALMANPOUR et al. 2001). Bei der durch L. mexicana verursachten KL Südamerikas sind ähnliche Erfolge zu verzeichnen (NAVIN et al. 1992), dagegen liegt der Heilungserfolg bei Infektionen mit L. tropica, L. aethiopica und L. braziliensis mit ca. 30 % weit darunter (WEINRAUCH et al.1987, NAVIN et al. 1992).

Miltefosine, ein Alkylphosphocholin, das ursprünglich zur Brustkrebstherapie entwickelt worden ist, greift in den Lipidstoffwechsel des Parasiten ein. 2002 wurde es als orales, über 3-4 Wochen zu verabreichendes Therapeutikum der VL in Indien zugelassen. In Studien zeigte es einen Heilungserfolg von 94 % (SUNDAR et al.

2002). Auch in der Therapie der KL zeigte sich derselbe Erfolg (SOTO et al. 2001).

Begleitet wird die Anwendung von Übelkeit und Diarrhöe, die wenige Tage anhält.

Jedoch gibt es Hinweise auf eine Resistenzentwicklung bei L. donovani gegen Miltefosine (PEREZ-VICTORIA et al. 2003). Die Rückfallrate bei gleichzeitig mit HIV

infizierten Patienten liegt bei 60 % (CLIVE et al. 2003). Dies entspricht auch den Erfahrungen mit anderen bei der HIV-Co-Infektion angewandten Therapien. Um einen klinischen und einen Parasiten dezimierenden Effekt zu erreichen, müssen die Behandlungen länger als gewöhnlich andauern. Die Nebenwirkungen bei den Standardtherapien sind bei mit HIV und Leishmanien co-infizierten Patienten noch gravierender. Es sprechen 60 % der Patienten klinisch auf eine Therapie an, jedoch kommt es bei 25-60 % innerhalb eines Jahres zu einem Rückfall (PARADES et al.

2003).

Dieser Überblick über die verfügbaren Therapeutika zeigt, dass bis zum heutigen Zeitpunkt keine effiziente und zuverlässige Therapie der Leishmaniose existiert. Des Weiteren kommt es zu einer zunehmenden Resistenzentwicklung gegen die bisherigen Standardtherapeutika. Fast alle bisher verwendeten Pharmaka besitzen starke Nebenwirkungen. Daraus ergibt sich ein dringender Bedarf an neuen Therapieansätzen. Das neue Therapeutikum sollte möglichst oral zu verabreichen sein, da diese Darreichungsform keinen großen Aufwand an Hygiene und speziell ausgebildetem medizinischem Personal erfordert. Des Weiteren ist eine kurze Therapiedauer wünschenswert. Es sollte eine kostengünstige Therapie sein, um sie auch in den Entwicklungsländern standardmäßig und großflächig einsetzen zu können.