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Archiv "Neuer Weg der Wissensvermittlung:Kardiologische Fortbildung im Krankenhaus für die Praxis" (14.01.1987)

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DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

Basiswissen aufzufrischen und neue Erkenntnisse weiterzugeben ist die erklärte Aufgabe ärztlicher Fortbil- dung. Die Art und Durchführung von Fortbildungsveranstaltungen aber ist seit Jahren Gegenstand der Dis- kussion, wobei immer wieder die Ef- fizienz frontaler Wissensvermittlung in Frage gestellt und die Schwierig- keit der Umsetzung des Gehörten in die Belange der ärztlichen Praxis betont wird. Einen anderen Weg der Wissensvermittlung hat die Ab- teilung für Kardiologie der Frankfur- ter Universitätsklinik beschritten. Bei der Entwicklung dieses neuartigen Modells haben mitgewirkt: Bundes- ärztekammer, Berufsverband Deut- scher Internisten, Deutsche Herzstif- tung und Paul-Martini-Stiftung.

Neuer Weg der Wissensvermittlung

Kardiologische Fortbildung

im Krankenhaus für die Praxis

Martin Kaltenbach, L.-Rüdiger Hopf und Hans-Jürgen Frank-Schmidt

Die ärztliche Fortbildung erfolgt derzeit überwiegend durch Vor- tragsveranstaltungen. Daneben wer- den zusammenhängende Kurse und Seminare angeboten, die bestimmte Themen vertiefen und auch prak- tisch-technische Kenntnisse vermit- teln. Die meisten Veranstaltungen werden nicht in unmittelbarem Zu- sammenhang mit einer Tätigkeit am Krankenbett abgehalten.

Ein Nachteil dieser Art von Fortbildung besteht darin, daß der Fortzubildende nicht abschätzen kann, wie sich der Stellenwert des Fortbildungsinhaltes in der ärzt- lichen Praxis darstellt. Er hat keine Möglichkeit, die praktische An- wendbarkeit unmittelbar zu prüfen und sich beispielsweise darüber zu orientieren, ob es sich bei einer empfohlenen Maßnahme um eine Seltenheit oder um eine Routinean- wendung handelt.

Ein ähnliches Problem tritt auch bei der Lektüre ärztlicher Fachzeit- schriften auf. Der Nichtspezialist hat Orientierungsschwierigkeiten, die infolge der Praxisferne nicht selten unüberbrückbar bleiben. Wenn eine wissenschaftliche Lehrmeinung sich nach relativ kurzer Zeit ändert, ist für den Leser kaum erkennbar, ob sich nur eine theoretische Betrach- tung des Problems verschoben hat oder ein diagnostisch-therapeuti- scher Grundsatzwandel eingetreten ist. Die Enttäuschung über Fortbil-

dungsinhalte kann so weit gehen, daß Arzte sich von der wissenschaft- lich fundierten Schulmedizin abwen- den und Zuflucht zu paramedizini- schen Verfahren oder medizinischen Ideologien nehmen.

In Ansehung dieser Probleme wurde unter Mitarbeit der Bundes- ärztekammer und des Berufsverban- des Deutscher Internisten mit För- derung durch die Deutsche Herzstif- tung und die Paul-Martini-Stiftung ein Fortbildungsmodell konzipiert, das eine Überbrückung der Gegen- sätze zwischen Theorie und Praxis zum Ziel hat. Es handelt sich um ei- ne Fortbildungswoche für eine Gruppe von etwa zehn Ärzten, die ganztägig im Krankenhaus durchge- führt wird. Der Vormittag steht zur

In den Bereichen Kardiologi- sche Ambulanz und Kardiologische Visite wurden jeweils ein Patient un-

-1■111■111 -411.1MM

Abteilung für Kardiologie (Leiter: Profes- sor Dr. med. Martin Kaltenbach), Zentrum der Inneren Medizin, Klinikum der Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt/M,

Vermittlung praktischer Anschau- ung zur Verfügung, während am Nachmittag systematische Themen vorgetragen werden und das prak- tisch Gesehene durch Gespräche vertieft wird. Während an den Vor- mittagsveranstaltungen jeweils zwei Arzte teilnehmen, die während der Woche den Einsatzort wechseln, fin- den die Nachmittagsveranstaltungen in der gesamten Gruppe aller zehn Teilnehmer zusammen mit einem oder mehreren Klinikärzten statt.

Für eine Fortbildungswoche aus dem Gebiet der Kardiologie wurden folgende fünf Bereiche mit prakti- schen Übungen und praktischer An- schauung von Montag bis Freitag je- weils an einem Vormittag von zwei Ärzten besucht:

tersucht und Vorschläge für diagno- stische und therapeutische Maßnah- men gemacht. Im Bereich der nicht- invasiven Diagnostik wurde beson- derer Wert auf die Belastungs-Elek- trokardiographie gelegt, wobei auch eine eigene Belastung erfolgte. Zu- sätzlich zur Teilnahme in den fünf Bereichen wurde täglich angeboten:

1. Kardiologische Ambulanz 2. Kardiologische Visite

3. Nichtinvasive Diagnostik, Einschwemmkatheter, Katheterdilatation 4. Herzkatheter

5. Herzchirurgie, Schrittmacher, Intensivmedizin.

A-84 (36) Dt. Ärztebl. 84, Heft 3, 14. Januar 1987

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An einem Vormittag der Fortbildungswoche erfolgt für jeweils zwei teilnehmende Ärzte ein Erfahrungsaustausch unmittelbar am Krankenbett

12.15 bis 13.00 Uhr Klinikbe- sprechung, pathologisch-ana- tomische Demonstration, Pa- tientenvorstellung. In der Zeit von 14.00 bis 17.00 Uhr traf sich die gesamte Gruppe. Fol- gende Themen wurden syste- matisch behandelt:

III Schrittmacheranwendung, Langzeit-EKG

■ Belastungs-EKG, Indika- tion für nuklearmedizinische Verfahren

■ Antianginöse Therapie mit Nitraten, Kalziumantagoni- sten, Betablockern; Antiko- agulation und Antiaggregation

■ Behandlung der Herzinsuf- fizienz mit Digitalis, Salureti- ka, Vasodilanzien

■ Kardiologische Vorsorge, Bedeutung der Blutfette

■ Kardiologische Rehabilita- tion.

Zusätzlich wurde eine Abend- veranstaltung mit dem Thema „Ar- teriosklerose" durchgeführt. Die Ärzte sollten außerdem an einem Gruppenabend mit Bewegungsthe- rapie für Herzkranke aktiv teilneh- men.

Erfahrungen

In der Zeit vom 25. bis 30. No- vember 1985 wurde die 1. Fortbil- dungswoche mit zehn teilnehmen- den Ärzten durchgeführt. Die Grup- pe war weit gefächert und enthielt einen niedergelassenen Internisten, einen niedergelassenen Allgemein- arzt, Krankenhausärzte, Ärzte der pharmazeutischen Industrie sowie einen Betriebsarzt. Das anspruchs- volle Programm, das über die vorge- sehene Zeit von 8.00 Uhr morgens bis 17.00 Uhr nachmittags weit aus- gedehnt wurde und zum Teil schon um 7.00 Uhr begann und erst spät- abends endete, wurde von allen Teilnehmern intensiv wahrgenom- men. Am Nachmittag wurde jeweils

zunächst ein Thema systematisch be- handelt und dann aufgetretene Fra- gen eingehend diskutiert. Am Ende der Woche wurde eine gemeinsame Schlußveranstaltung mit Gelegen- heit zur Kritik abgehalten.

Die Teilnehmer erklärten nach Ablauf der Woche einheitlich, daß sie ungewöhnlich viel gesehen und gelernt hätten. Diese Feststellung wurde auch im Vergleich mit ande- ren Fortbildungsveranstaltungen ge- macht. Die Vermittlung von neuen Kenntnissen und fachlichem Wissen sei durch die Verbindung von prakti- scher Anschauung und eingehender Diskussion in der Gruppe in unge- wöhnlich guter Weise erreicht wor- den. Die persönliche Inanspruch- nahme durch Patientenuntersu- chung mit schriftlicher Niederlegung von diagnostischen und therapeuti- schen Vorschlägen sowie die Durch- führung einer Belastungsuntersu- chung an sich selbst wurden als we- sentlicher Inhalt angesehen.

Bezüglich organisatorischer Verbesserungen wurde unter ande-

rem vorgeschlagen, eine Einfüh- rungsstunde bereits am Sonntag- abend abzuhalten. Es wurde die Einbeziehung weiterer Methoden, insbesondere die der Ultraschall- Doppleruntersuchung sowie nu- klearmedizinischer Methoden vor- geschlagen. Von der Klinikseite wurde ein Nachmittag mit Auskulta- tionsübungen zusätzlich angeboten.

Diskussion

An der Verbesserungsbedürftig- keit der ärztlichen Fortbildung be- steht kein Zweifel. Um die rasanten Fortschritte in einzelnen Teilgebie- ten praktisch tätigen Kollegen zu vermitteln, bedarf es neuer Wege und Phantasie. Am Beispiel einer kardiologischen Fortbildungswoche wurde gezeigt, daß das konzipierte Modell praktisch brauchbar ist. Es ist offenbar besser als übliche Fort- bildungsveranstaltungen geeignet, zwischen praktischen Kenntnissen und systematischem Wissen zu ver- mitteln. Das Ziel einer Verbindung Ärztebl. 84, Heft 3, 14. Januar 1987 (37) A-85 Dt.

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zwischen praktischer Anschauung und theoretischer Bearbeitung läßt sich durch die praktische Arbeit und das individuelle Gespräch in der Gruppe weit besser als durch Vor- träge und Lektüre erreichen.

Steht der Erfolg in einem ver- nünftigen Verhältnis zum Aufwand?

Ohne Frage ist der Aufwand groß, weil eine gesamte Arbeitswoche für die Fortbildung eingesetzt wird. Da- zu kommen nicht unerhebliche Ko- sten, wenn eine relativ kleine Grup- pe von mehreren Dozenten betreut

Mittlerweile fand in der Zeit vom 27. Oktober bis zum

1. November 1986 eine zweite Fort- bildungswoche statt.

Für die dritte lie- gen bereits über 60 Anmeldungen vor.

wird und zusätzlich organisatorische Aufgaben zu bewältigen sind. Die- sem Aufwand muß der Erfolg entge- gengehalten werden. Nach dem Ur- teil aller Teilnehmer ist dieser grö- ßer als bei üblichen Veranstaltun- gen, einschließlich der Teilnahme an zweiwöchigen Seminaren. Diese er- fordern ebenfalls eine längere Ab- wesenheit vom Arbeitsplatz, lassen aber einen vergleichbaren Bezug zur Praxis nicht herstellen.

Der finanzielle Aufwand für die durchgeführte Veranstaltung betrug 5000,— DM einschließlich aller erfor- derlicher Honorare. Pro Teilnehmer würde das einen Anteil von 500,—

DM bedeuten. Im vorliegenden Mo- dellversuch wurden die Kosten von der Paul-Martini-Stiftung getragen.

Wenn man den Aufwand mit dem von Manager-Intensivkursen der In- dustrie vergleicht, dann erscheint der Kursbeitrag nicht inadäquat hoch. Auch bei medizinischen Semi- narveranstaltungen müssen inzwi- schen erhebliche Gebühren entrich- tet werden, sobald es sich um die

Vermittlung von praktisch-techni- schem Wissen handelt.

Der entscheidende Vorteil be- steht darin, daß der Fortzubildende aus der Situation des passiven Teil- nehmers in die des aktiv Handeln- den gebracht wird. Inhalt und Ver- lauf der Gesprächsrunde werden von ihm selbst mitbestimmt. Der Stellenwert des Fortbildungsinhaltes wird durch die Verbindung von Pra- xis und Theorie deutlich sichtbar und kann von ihm selbst erkannt werden. Er gewinnt die Möglichkeit zur Orientierung, das heißt, er lernt neueste Erkenntnisse in ihrer Be- deutung zu relativieren und mit älte- ren Erfahrungen zu vergleichen; ei- ne Fähigkeit, die gerade jüngere Dozenten häufig nicht besitzen, ja gar nicht besitzen dürfen, um die ei- gene Forschung unbehindert betrei- ben zu können.

Die ersten Erfahrungen sind so ermutigend, daß eine Fortführung dieser Art von Weiterbildung sinn- voll erscheint. Die Kardiologie als ein Gebiet mit besonders schneller Entwicklung von diagnostischen Methoden und therapeutischen Konsequenzen ist sicher besonders geeignet. Es besteht aber kein Zwei- fel, daß auch auf anderen Teilgebie- ten der Inneren Medizin sowie in an- deren Fächern ein großes Bedürfnis für die Vermittlung von neuen Er- kenntnissen besteht. Wenn wir ver- hüten wollen, daß sich zwischen wis- senschaftlich orientierter Schulmedi- zin und praktischer Medizin Barrie- ren auftun, sollten wir versuchen, das beschriebene Modell zu nutzen.

Es kann helfen, den Graben zwi- schen der Medizin im Krankenhaus und in der Praxis zu überbrücken und neues Interesse für die Fort- schritte der Schulmedizin zu wek- ken.

Anschrift für die Verfasser:

Professor Dr. med.

Martin Kaltenbach Abteilung für Kardiologie Zentrum der Inneren Medizin der Universität Frankfurt Theodor-Stern-Kai 7

6000 Frankfurt am Main 70

Lithotripsie

nach Reposition

Harnleitersteine sind der Stoß- wellen-Lithotripsie ohne weiteres nur zugänglich, wenn sie oberhalb des Darmbeinkammes sitzen. Beim 28. Kongreß der Deutschen Gesell- schaft für Urologie (Würzburg, Sep- tember 1986) berichtete Dr. Ger- hard Fuchs (University of Califor- nia, Los Angeles, U.S.A.) über die Behandlung auch tiefer liegender Steine. Die „push-ESWL" besteht darin, daß in einer ersten Sitzung die unerreichbaren Steine zunächst an eine Stelle repositioniert werden, an der der Brennpunkt der Stoßwellen angelegt werden kann. Dies ist fast immer mit der Ureterschiene oder dem Ureteroskop möglich. Die Er- folgsquote liegt dann nach den Er- fahrungen des Referenten bei 98 Prozent. lgl/bt

Der abendliche

H2-Blocker: Wann?

Auf Untersuchungen von Merki (Berlin) geht die Empfehlung zu- rück, beim Ulcus-duodeni-Leiden eine Einmaldosis eines H 2-Blockers nach einer um 18 Uhr eingenomme- nen Abendmahlzeit zu applizieren, um die nächtliche Nüchternsekre- tion zu unterdrücken.

Johnston und Wormsley vom Ninewells Hospital, Dundee, haben diese Therapieempfehlung bei acht Freiwilligen überprüft, die 300 mg Ranitidin entweder um 18.15 Uhr oder um 22 Uhr nach einer Stan- dardmahlzeit um 18 Uhr erhielten.

Alternativ wurde der H 2-Blocker um 18.15 Uhr und die Abendmahlzeit um 22 Uhr gegeben. Die Einnahme des H2-Blockers um 18 Uhr führte zu einer geringeren Säurereduktion als die Einnahme um 22 Uhr, die Spätmahlzeit führte praktisch zu ei- ner Paralyse der Säurehemmung von Ranitidin. Bei den Ulcuspatienten wurde die nächtliche Sekretion voll- ständig supprimiert, gleichgültig, wann der H2-Blocker eingenommen wurde.

18. Tagung des European Gastro-Club, Erlangen 1986

A-86 (38) Dt. Ärztebl. 84, Heft 3, 14. Januar 1987

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