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Archiv "Gutartige Osophaguserkrankungen im Erwachsenenalter aus chirurgischer Sicht - Teil I: Achalasie, Divertikel, Spontanruptur, Tumoren" (28.04.1977)

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ÜBERSICHTSAUFSATZ

Gutartige

Osophaguserkrankungen im Erwachsenenalter

aus chirurgischer Sicht

Teil I: Achalasie, Divertikel, Spontanruptur, Tumoren

Friedrich-Wilhelm Schildberg und Jens Witte

Aus der Chirurgischen Klinik der Universität München (Direktor: Professor Dr. med. Georg Heberer)

Eine Vielzahl von gutartigen Ösophaguserkrankungen geht mit unterschiedlichen Funktionsstörungen einher.

Diese können heute mit gezielten Untersuchungsme- thoden, deren Leistungsfähig- keit besprochen wird, erfaßt werden. Für die chirurgische Therapie ist die Kenntnis der Pathophysiologie unbedingt erforderlich, da heute ver- schiedene Behandlungsprin- zipien zur Verfügung stehen, die je nach Schweregrad der Erkrankung unterschiedlich eingesetzt werden können.

Dadurch konnte die Zahl der Eingriffe bei gleichbleibend guten Langzeitergebnissen reduziert werden.

Die Speiseröhre nimmt im Ver- dauungstrakt Transportfunktionen wahr. Leitsymptome von Erkrankun- gen mit gestörter Funktion sind da- her Dysphagie und Schmerzen, de- ren Ursache im Einzelfall mit Hilfe spezieller Untersuchungstechniken zu klären ist (Tabellen 1 und 2). Die Speiseröhre ist bei zahlreichen Er- krankungen (neuromuskuläre Stö- rungen, Kollagenosen, Infektionen usw.) in unterschiedlichem Ausmaß mitbeteiligt. Diese können ebenso wie Funktionsstörungen (zum Bei- spiel diffuser Ösophagusspasmus) zu sehr starken subjektiven Be- schwerden Anlaß geben. Solche Er- krankungen sind jeweils in die diffe- rentialdiagnostischen Überlegun- gen chirurgisch zu behandelnder Krankheiten miteinzubeziehen be- ziehungsweise bei kombinierten Störungen von diesen abzugrenzen.

Achalasie

Bei der Achalasie der Speiseröhre handelt es sich um eine mangelnde Öffnungsfähigkeit des terminalen Ösophagus bei eingeschränkter oder fehlender Speiseröhrenperi- staltik.

Die Erkrankung manifestiert sich ohne Geschlechts- oder Rassendis- position vornehmlich bei Erwachse- nen, gehäuftes Vorkommen in ein-

zelnen Familien ist bekannt, jedoch bestehen keine Hinweise auf eine Vererbung.

Die Achalasie ist eine neuromusku- läre Erkrankung der gesamten Spei- seröhre mit bis heute unklar geblie- bener Ätiologie und Pathogenese.

Zwar finden sich im Stammhirn Ver- minderungen von Ganglienzellen (mot. Vaguskerne) und degenerative Veränderungen (Nucleus ambi- guus), ihre klinische Relevanz ist je- doch wegen der fraglichen Möglich- keit einer transsynaptischen Dege- neration bis heute umstritten. Ana- tomische Schäden des Nervus vagus bilden das Substrat für die häufig festzustellende vagale Dysfunktion mit eingeschränkter Säuresekretion des Magens im Insulintest. Im Öso- phagus findet sich neben zellulären Infiltrationen und Vernarbungen im Plexus myentericus die Zahl der Ganglienzellen bevorzugt im mittle- ren, aber auch im distalen Ösopha- gus eingeschränkt, wobei beson- ders der Rückgang argyrophiler Zel- len auffällt, denen eine Aufgabe bei Stimulierung und Koordination der Ösophagusmotilität zugesprochen wird. Die Speiseröhrenmuskulatur kann sowohl atrophisch als auch hy- pertrophiert sein, die Muskelzellen selbst weisen in unterschiedlichem Ausmaß autolytische Veränderun- gen auf.

Auf funktioneller Ebene ist die ge- steigerte Ansprechbarkeit gegen- über pharmakologischer Stimulie- rung durch Cholinergika auffallend.

Die muskelerschlaffende Wirkung von Sympathomimetika ist voll er- halten.

Die Kontraktion des unteren Öso- phagussphinkters ist nach Gabe von Pentagastrin übernormal gesteigert, die erschlaffende Wirkung von Glu- kagon, Sekretin und Cholezystoki- nin nicht gestört. Sie kann zur diffe- rentialdiagnostischen Abgrenzung gegenüber organischen Stenosen genutzt werden.

Symptome

Leitsymptom der Achalasie ist die Dysphagie, die sich in unterschiedli- cher Schwere anamnestisch häufig über viele Jahre verfolgen läßt und bei den meisten Kranken mit der Re- gurgitation retinierter Speisen ein- hergeht. Schmerzen finden sich nur gelegentlich, besonders in den frü- hen Stadien der Achalasie, sie las- sen bei erweitertem Ösophagus häufig nach. Dauer und Schwere der Erkrankung, subjektive Beschwer- den und röntgenologische Verände- rungen korrelieren nicht.

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Ösophaguserkran kungen

Diagnostik

Röntgenologisch findet sich gele- gentlich ein erweitertes Mediasti- num, eventuell kombiniert mit einer Spiegelbildung, die im seitlichen Bild besonders deutlich nachweis- bar ist. Der Kontrastbrei wird wegen der unkoordinierten oder aufgeho- benen Peristaltik nur langsam wei- tertransportiert, in späteren Stadien ist der Ösophagus unterschiedlich stark erweitert und weist in seinem

terminalen Abschnitt eine bis zu sechs Zentimeter lange, konisch zu- laufende Enge auf (Abbildung la), die sich zum Beispiel auf intravenö- se Gabe von Glukagon (60 µg/kg KG) öffnet (Abbildung lb). Pseudo- divertikel können für ulkusähnliche Bilder verantwortlich sein.

Manometrisch (Tabelle 3) bleibt beim Schluckakt die regelrechte schluckreflektorische Erschlaffung ganz aus, oder der untere Ösopha-

gussphinkter zeigt nur einen unvoll- ständigen, vorzeitigen und unkoor- dinierten Druckabfall (Abbildung 2).

Dabei ist im Corpus oesophagei eine propulsive Peristaltik nicht mehr nachweisbar, vielmehr bestehen lo- kale ungeordnete Kontraktionen, die sich spontan wiederholen können.

Die Amplitude dieser Kontraktions- wellen ist je nach Ausprägung des Megaösophagus niedriger als nor- mal. Der Ruhedruck im Speiseröh- renkörper ist dabei höher als der Fundusdruck. Nach Gabe von Gluk- agon wird ein Abfall des Sphinkter- ton us registriert.

Endoskopisch findet sich im präste- notischen Anteil durch die Nah- rungsretention häufig eine Ösopha- gitis mit Erosionen, Verdickung der Schleimhaut, Ulzera und Leukopla- kien.

Das Gastroskop kann die sichtbare Kardiaenge meist passieren. Biop- tisch lassen sich degenerative Ver- änderungen der intramuralen Gan- glienzellen mit Plexus myentericus sowohl des unteren Ösophagus- sphinkters als auch des Speiseröh- renkörpers nachweisen.

Differentialdiagnostisch ist in erster Linie das Kardia- und Ösophagus- karzinom (Abbildung 3) abzugren- zen (Endoskopie-Biopsie), die Cha- gaserkrankung (Serologie) wird in Europa nicht angetroffen. Die Skle- rodermie (negativer Mecholyltest) zeigt eine verminderte Peristaltik, je- doch keine terminale Engstellung, bei dem diffusen Ösophagusspas- mus sieht man zumindest teilweise eine geordnete Schluckperistaltik mit phasengerechter Erschlaffung des unteren Ösophagussphinkters.

Komplikationen

Ösophagitische Veränderungen fin- den sich vielfach als Folge einer Stase, sie sind jedoch in der Regel nicht sehr ausgeprägt. Bronchopul- monale Infektionen durch Aspiration von Ösophagusinhalt werden bei 5 bis 10 Prozent aller Patienten meist mit ausgeprägten Formen beobach- Tabelle 1: Symptomatologie gutartiger Ösophaguserkrankungen

Symptome Ätiologie

• Dysphagie in der Regel neuromuskuläre Er- ( = Passagehemmung ge- krankungen

schluckter Nahrung) a) Phase I:

vom Mund in den Ösophagus

b) Phase II: Ösophagitis, Divertikel, Ulkus, Tu- zum Ösophagus moren, Aortenaneurysmen, Strik-

turen, Verätzungen, Spasmen c) Phase III: Achalasie, peptische Stenosen, vom Ösophagus in den Magen Narbenstrikturen, tiefsitzende Tu- moren, in den Ösophagus vor- wachsendes Kardiakarzinom

• Regurgitation und Erbre- Obstruktion durch hochgradige

chen peptische Stenosen, Tumoren, Zen-

kersche Divertikel, epiphrenale Di- vertikel (DD: Geschmack sauer — al- kalisch — faulig. Alter der Speisen, Abhängigkeit von Lagepositionen, Menge, Zeitintervall)

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Schmerz (Art und Lokali- Reflux sauren Mageninhalts in den sation) Ösophagus durch Kardiainsuffizienz a) Sodbrennen (gesteigert durch Adipositas, Gravi- dität, liegende oder gebückte Haltung)

b) epigastrischer oder retro- Ösophagitis, Tumoren, Ösophagus- sternaler Schmerz ru ptu r

O Husten Sofort nach dem Schlucken typisch für neuromuskuläre Erkrankungen.

Auftreten nach mehreren Schluck- akten. Hinweis auf „Überlaufen" der Speiseröhre bei Achalasie oder bei kleiner, frisch aufgetretener ösopha- go-trachealer Fistel (Karzinom, be- sonders während Bestrahlungsthe- rapie)

1138 Heft 17 vom 28. April 1977 DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

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Tabelle 2: Untersuchungsverfahren

Methode Technik Leistung

Darstellung mit Bari- umbrei oder bei Ver- dacht auf Perforation mit wasserlöslichem Kontrastmittel

pH-Sonde im termi- nalen Ösophagus vor der Kardia. Reflux- provokation durch Steigerung des ab- dominellen Druckes

Form, Peristaltik, Pas- sagehindernisse, Diver- tikel, Hiatushernie, ga- stro-ösophagealer Reflux (in Kopftieflage)

Direkte Schleimhautbe- trachtung, Weitenbestim- mung des Lumens, Bi- opsieentnah men aus Schleimhaut und Tumoren

Qualitative und quantita- tive Erfassung einer In- suffizienz am unteren

Ösophagussphinkter (Kardia), Motilitäts- störungen (Achalasie, Kollagenosen, diffuse

Ösophagusspasmen, neuromuskuläre Erkran- kungen)

pth-Änderungen infolge gastro-ösophagealen Refluxes

O Röntgen- untersuchung

0 pH-Metrie

• Endoskopie Ösophago- gastroskopie

• Manometrie Kontinuierliche Ab- leitung der intralumi- nalen Ösophagus- und Kardiadrücke mit H 20-perfundier- ten Kathetern (unter

Ruhebedingungen sowie nach Stimula- tion beziehungswei- se Inhibition durch

Polypeptidhormone, zum Beispiel Penta- gastrin oder Gluk- agon)

ösophaguserkrankungen

Zugang aus durchgeführt wird. Die Divertikel Letalität des Eingriffs liegt unter 2

Prozent.

tet. Das Ösophaguskarzinom ist Mit durchschnittlich 4 Prozent häufiger als in der gesunden Bevölkerung, jedoch zählt die Achalasie nicht zu den Krebsrisikoerkrankungen.

Therapie

Das Ziel der Behandlung liegt in der Beseitigung des Passagehinder- nisses.

Medikamentöse Maßnahmen (Spas- molytika, Glukagon) sind nur kurz- fristig und besonders bei intravenö- ser Gabe wirksam, Sedativa können gelegentlich vorteilhaft sein.

Schmerzhafte Ösophagusspasmen sollen sich mit Nitroglycerin ( 1-3 kps ä 0,8 mg) kupieren lassen. Ein dauerhafter Behandlungserfolg darf nur nach Dehnung oder operativer Erweiterung des terminalen Öso- phagus erwartet werden.

Zur Dehnungsbehandlung haben sich das mechanische System (Starckscher Dilatator) und das hy- drostatische System bewährt; in den letzten Jahren kommt jedoch zuneh- mend die pneumatische Dehnung (zum Beispiel Brown-McHardy- Sonde) zum Einsatz, mit der der ter- minale Ösophagus schrittweise und unter zunehmendem Druck (bis 200

— 300 mm Hg) auf 3 bis 4 Zentimeter Weite gedehnt wird (Abbildung 4).

Mit Komplikationen in Form von Perforation oder als Pleuraerguß ohne röntgenologisch nachzuwei- sende Ruptur muß in ca. 4 Prozent gerechnet werden.

Unter den operativen Maßnahmen spielt heute die extramuköse Öso- phago-Kardiomyotomie mit Längs- spaltung der Muskulatur bis auf die Schleimhaut auf eine Länge von ca.

10 Zentimetern die größte Rolle. In ca. 20 Prozent der so Operierten muß jedoch später mit dem Auftre- ten einer Refluxerkrankung der Speiseröhre gerechnet werden, weshalb dieser Eingriff mehr und mehr mit refluxverhütenden Opera- tionen (zum Beispiel Fundoplikatio) kombiniert und vom abdominalen

Ergebnisse

Die unmittelbaren Ergebnisse beider Therapieverfahren sind ausgezeich- net, auch nach mehreren Jahren kann noch in ca. 80 Prozent mit gu- ten oder sehr guten Ergebnissen ge- rechnet werden. Wegen der ver- gleichbar guten Spätergebnisse be- vorzugen wir zunächst einen kon- servativen Behandlungsversuch mit ein- oder zweimaliger Dehnung, eine Operationsindikation sehen wir bei unzureichendem Ergebnis einer Dehnungsbehandlung.

Divertikel des Ösophagus sind orts- ständige Aussackungen, deren Wand entweder alle Schichten der Speiseröhre enthält (zum Beispiel angeborene Formen und Traktions- divertikel) oder nur aus Mukosa und Submukosa besteht, die infolge ei- nes erhöhten intraluminalen Druk- kes (Pulsionsdivertikel) durch eine Muskellücke aufgetreten sind. Öso- phagusdivertikel sind im oberen Drittel (Zenkersche Divertikel), im mittleren und im unteren Drittel (epi- phrenale Divertikel) bekannt.

Das Zenkersche Divertikel (Abbil- dung 5 links) entwickelt sich als Pro-

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Ösophaguserkran kungen

laps von Mukosa und Submukosa an Stellen herabgesetzter Festigkeit in der hinteren Pharynxwand, vor- nehmlich im Laimerschen und Ki- lianschen Dreieck, aber auch an an- deren Lokalisationen. Es wird heute diskutiert, daß ein erhöhter intralu- minaler Druck im Ösophagus für die Entstehung von Divertikeln mitver- antwortlich ist. Dieser kann seine Ursache in Koordinationsstörungen wie Spasmen haben, zum Beispiel als Folge eines „Säurereizes" bei gastro-ösophagealem Reflux (Abbil- dung 5 rechts) oder in einer verzö- gerten Relaxation des oberen Öso- phagussphinkters (Musculus crico- pharyngeus). Meist handelt es sich um ein vorzeitiges Einsetzen der Kontraktion des Sphinkters vor Be- endigung der Kontraktion des Pharynx.

Symptome

Beschwerden entwickeln sich in Ab- hängigkeit von der Divertikelgröße in Form von Trockenheit, Fremdkör- pergefühl und Dysphagie erst relativ spät, eine sichtbare Anschwellung des Halses ist selten (30 Prozent).

Typisch ist die Regurgitation von

Tabelle 3: Manometrische Kriterien der Achalasie

• Segmentale oder keine Schluckperistaltik

fp

Ruhedruck des unteren Ösophagussphinkters deut- lich erhöht

• Fehlende oder unkoordi- nierte schluckreflektorische Erschlaffung des unteren Ösophagussphinkters

• Stimulierbarkeit des unte- ren Ösophagussphinkters durch Dosishalbierung von Pentagastrin möglich

(I)

Untere Ösophagus- sphinkter-Erschlaffung durch Glukagon

flüssigen und festen Speisen in wechselndem Abstand von der Nah- rungsaufnahme, besonders in lie- gender Stellung. Komplikationen

durch Aspiration von Divertikelinhalt mit nachfolgender Pneumonie, durch Ulzerationen mit oder ohne Perforation, durch Blutung (Karzi- nom!) und gelegentlich durch eine Rekurrensparese sind bekannt.

Die Diagnose kann aufgrund des ty- pischen Röntgenbildes leicht ge- stellt werden (Abbildung 5, links), endoskopische Untersuchungen sind allenfalls zum Ausschluß von anderen Erkrankungen oder mali- gner Veränderungen vertretbar, sie sollten zur Vermeidung von Kompli- kationen (Perforation!) immer erst nach der Röntgenuntersuchung durchgeführt werden.

Therapie

Eine abwartende Einstellung ist nur bei kleinen symptomlosen Aussak- kungen berechtigt. Bei symtomati- schen und größeren Divertikeln ist die chirurgische Therapie angezeigt, wobei das Divertikel abgetragen und der Ösophagus zweischichtig ver- schlossen wird. Komplikationen sind in Form der Nervus-recurrens- Parese (2 bis 10 Prozent) und der ösophagokutanen Fistel bekannt,

Abbildung 1: Links: Ösophagogramm bei Achalasie - Mitte: 3 Minuten nach 60 i.tg/kg KG Glukagon i. v. Öffnung der Kardia - Rechts: Kontrolle ein Jahr nach pneumatischer Dehnung (ohne Glukagon)

1140 Heft 17 vom 28. April 1977 DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

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Abbildung 3 (links): Plattenepi- thelkarzinom im distalen Öse- phagus

Abbildung 4 (rechts): Schrittweise Dehnung einer Achalasie mit der Brown-McHardy-Sonde

Ösophag userkrankungen

andere Störungen (Mediastinitis, Osophagusstenose) sind selten. Da die Operationsletalität unter 1 Pro- zent liegt, sollten diese Divertikel auch im hohen Alter noch operiert werden. Wenngleich die Frühergeb- nisse der Operation sehr gut sind, treten später häufig Rezidive auf, die jedoch oft symptomlos bleiben. In- wieweit sich diese Rezidivrate durch die in den letzten Jahren durchge- führte zusätzliche Myotomie des oberen Osophagussphinkters noch vermindern läßt, bleibt abzuwarten.

40 Osaphagus

40 Cardia

0 40

Fundus

0

mm Hg

Schlucken

Abbildung 2: Drei-Punkt-Manometrie: unvollständige schluckreflektorische Erschlaffung der Kardia. Der Druck in Höhe des unteren ösophagussphinkters (mittlere Kurve) sinkt während des Schluckens nur bis auf 25 mm Hg (normal: 0 mm Hg) ab

Divertikel des mittleren ösophagus Es handelt sich bei dieser Lokalisa- tion meist um sogenannte Trak- tionsdivertikel, die in der Nachbar- schaft tuberkulöser oder mykoti- scher Lymphknoten, gutartiger in- tramuraler ösophagustumoren oder -erkrankungen als zipfelförmige Ausziehungen aller Wandschichten der Speiseröhre entstehen, meist klein (< 2 cm 0) sind und keine Speisereste retinieren. Pulsionsdi- vertikel oder gemischte Divertikel sind in dieser Lokalisation extrem selten.

Symptome

Meist bleiben Traktionsdivertikel asymptomatisch. Gelegentliche Hu-

stenanfälle als Folge von Verwach- sungen mit dem Tracheobronchial- baum oder Komplikationen durch Entzündung, Fistelbildungen zum Mediastinum, Tracheobronchial- baum, Perikard, Vena cava usw. sind selten. Dysphagien lassen sich meist auf andere Ursachen zurückführen.

Die Diagnose wird durch die Rönt- genuntersuchung gestellt, endosko pisch sollten Tumoren, Strikturen und andere ösophaguserkrankun- gen ausgeschlossen werden.

Therapie

Soweit die Traktionsdivertikel Zu- fallsbefunde ohne Krankheitswert darstellen, erübrigt sich jede Thera- pie. Entzündungen werden konser- vativ (Diät, eventuell Antazida, gele- gentlich Antibiotika) behandelt.

Chirurgische Interventionen kom- men zur Therapie der Komplikatio- nen (Mediastinalabszesse, Fistelbil- dung) in Frage.

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Ösophag userkran kungen

Epiphrenale Divertikel

Diese Pulsionsdivertikel in der dista- len Hinterwand des Ösophagus mit Projektion überwiegend in die rechte Thoraxhälfte sind in ihrer Ätiologie zwar bis heute ungeklärt, doch läßt das auffallend häufige Zu- sammentreffen (ca. 50 bis 70 Pro- zent) mit anderen Ösophaguser- krankungen (Hiatushernie, diffuser Ösophagusspasmus, Achalasie, Ösophagitis) und manometrisch festzustellenden Störungen der Ösophagusmotilität an einen kausa- len Zusammenhang denken.

Symptome und Diagnose

Eindeutig auf das Divertikel zu be- ziehende Beschwerden wie Dyspha- gie und Regurgitation finden sich nur bei wenigen Kranken. Meist bleibt das Divertikel symptomlos, oder vorhandene Beschwerden las- sen sich auf eine der Begleiterkran- kungen zurückführen. Komplikatio- nen durch Entzündungen, eventuell mit Ulzerationen, Perforationen und Fistelbildung, und die Entstehung eines Tumors im Divertikel wurden

beschrieben. Gefürchtet sind bron- chopulmonale Infektionen nach Re- gurgitation von Speiseresten aus dem Divertikel.

Die Diagnose ergibt sich häufig als Zufallsbefund bei der Röntgenunter- suchung der Speiseröhre (Abbil- dung 6).

Die Verbindung zwischen Speise- röhre und Divertikel kann dabei kurz und weit sein, eine schmale, „ge- stleite' ? Verbindung begünstigt die Retention von Speisen. Verlagerung und Kompression des distalen Öso- phagus durch das Divertikel sind be- kannt. Die endoskopische Untersu- chung, die — wenn überhaupt — mit größter Sorgfalt durchzuführen ist, dient dem Ausschluß von Begleit- erkrankungen.

Therapie

Asymptomatische Divertikel bedür- fen keiner Behandlung. Treten Symptome auf, so ist der Kausalzu- sammenhang mit dem Divertikel eventuell durch konservative Thera- pie einer Begleiterkrankung zu klä-

ren. Die chirurgische Behandlung durch Abtragen des Divertikels sollte immer mit der Kausaltherapie eventuell vorhandener Begleiter- krankungen des unteren Ösophagus und des Zwerchfells kombiniert werden.

Spontane bsophagusruptur (Boerhaave-Syndrom)

Eine spontane Ruptur der Ösopha- guswand entsteht durch raschen Druckanstieg bei anhaltendem star- ken Erbrechen (Alkoholabusus), bei der Defäkation, im Zusammenhang mit Preßwehen oder epileptischen Anfällen, eine gleichzeitige Erkran- kung des Ösophagus (Ösophagitis) wirkt begünstigend. Die bevorzugte Lokalisation ist das untere Ösopha- gusdrittel links dorsolateral, die Er- krankung tritt zu 85 Prozent bei Männern auf.

Symptome und Diagnostik

Leitsymptome sind der retrosternale oder epigastrische Schmerz und die Dysphagie. Ein leichtes Mediastinal-

Abbildung 5 (links): Zenkersches Divertikel

— Rechts: Hiatushernie

Abbildung 6: Epiphrenales Divertikel Abbildung 7: Leiomyom des Osophagus, oso- phagogramm

1142 Heft 17 vom 28. April 1977 DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

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emphysem kann von Anfang an von einem Pleuraerguß begleitet sein, der später in ein Pleuraempyem, eventuell kombiniert mit Pneumo- thorax, übergeht. Die Kombination von Oberbauchschmerz und subku- tanem Emphysem im Halsbereich sollte immer an die Ösophagusrup- tur denken lassen. Nackensteifigkeit weist auf die Ausbreitung der Infek- tion unter Mitbeteiligung des retro- pharyngealen Raumes hin. Röntge- nologisch kann das Mediastinalem- physem schon früh erkennbar sein, die Gabe von (wasserlöslichem!) Kontrastmittel zeigt die Lokalisation der Ruptur.

Therapie

Unbehandelt hat die Ösophagusrup- tur, von wenigen Ausnahmen abge- sehen, wegen der sich rasch aus- breitenden Mediastinitis eine un- günstigte Prognose. Die operative Therapie muß unmittelbar nach der Diagnose einsetzen. Der Verschluß der Perforationsöffnung durch Naht wird zwar von uns immer ange- strebt, er kann jedoch, besonders bei längerem Bestehen der Ruptur, schwierig oder unmöglich sein. Die Rate der Nahtinsuffizienzen ist hoch, die ösophago-pleuralen Fi- steln heilen bei belassener Pleura- drainage häufig spontan aus. Die Behandlungsergebnisse sind unbe- friedigend, auch bei frühzeitiger Operation in den ersten 24 Stunden muß mit einer Letalität von 25 bis 35 Prozent gerechnet werden, bei ver- späteter Diagnostik und Operation steigt sie auf mehr als 50 Prozent an.

Gutartige Tumoren

Nur 0,5 bis 2,5 Prozent der Neubil- dungen im Ösophagus sind gutartig.

Histologisch handelt es sich bei den intramural wachsenden Tumoren um Leiomyome, enterogene Zysten, Hamartome, Lipome oder Fibrome, die intraluminären Geschwülste sind meist Fibrome, Myxofibrome oder Fibrolipome submukösen Ur- sprungs. Das männliche Geschlecht ist doppelt so häufig betroffen. In etwa 30 bis 50 Prozent bleiben gut- artige Ösophagustumoren sym-

ösophaguserkrankungen

ptomlos und werden zufällig ent- deckt, bei den übrigen Kranken fin- den sich Dysphagie, Schmerzen so- wie respiratorische Störungen als Folge von Trachelkompression und -verlagerung beziehungsweise Aspi- ration von Ösophagusinhalt.

Tumoren sind meist im mittleren oder unteren Drittel der Speiseröhre lokalisiert (Abbildung 7). Röntgeno- logisch finden sich Mediastinalver- breiterung und Verlagerung von Trachea und Bronchien nur bei grö- ßeren Tumoren, nach Kontrastmit- telschluck sieht man einen Fül- lungsdefekt mit glatten Konturen, der beim Schluckakt beweglich ist.

Endoskopisch lassen sich durch den sichtbaren Pelottierungseffekt mit darüber gelegener intakter Schleim- haut erste Hinweise auf die Gutartig- keit der Erkrankung gewinnen.

Die Notwendigkeit einer Biopsie sollte sehr sorgfältig geprüft wer- den, weil dadurch Verwachsungen zwischen Schleimhaut und Tumor entstehen, die das Auftreten von Schleimhautperforationen im Rah- men der chirurgischen Tumor-Enu- kleation begünstigen. Die Broncho- skopie wird zum Abschluß infiltrativ wachsender Bronchuskarzinome empfohlen.

Eine operative Indikation ist bei den meist jüngeren Patienten und dem geringen Operationsrisiko von 1 Prozent meist gegeben. Die Opera- tionsergebnisse sind gut, da sich gutartige Tumoren nach Spaltung des Muskelschlauches ohne Eröff- nung der Schleimhaut im allgemei- nen leicht entfernen lassen.

Anschrift der Verfasser:

Privatdozent Dr. med.

Friedrich-Wilhelm Schildberg Dr. med. Jens Witte

Chirurgische Klinik der Universität München Nußbaumstraße 20 8000 München 2

AUSSPRACHE

Klinik und Therapie der Pedikulosen

Ergänzende Anmerkungen der Autoren

zu ihrem Beitrag

in Heft 5/1977, Seite 293 ff.

Die zahlreichen Zuschriften an den Verlag und die Autoren sowie das Interesse der Tagespresse an unse- rem Artikel über die Pedikulosen un- terstreichen die zunehmende Be- deutung des Läusebefalls und das Interesse der Öffentlichkeit an die- sem wieder aktuellen Problem.

Selbstverständlich ist dies ein Thema, welches Zoologen, Parasito- logen, Entomologen, Hygieniker, Hautärzte und Hausärzte gleicher- maßen interessiert. Auch der HNO- Arzt wie jeder andere praktizierende Mediziner hat das Recht und die Verpflichtung, sich aus den genann- ten Gründen verstärkt um dieses Er- krankungsbild zu kümmern. Wegen der allgemeinen Bedeutung wollen wir zusätzlich noch auf das hilfrei- che Merkblatt Nr. 51, Ausgabe No- vember 1973, mit dem Titel: Kopf- lausbefall (Pediculosis capitis), Ver- hütung und Bekämpfung, Ratschlä- ge an Ärzte, hinweisen, welches vom Bundesgesundheitsamt in Berlin herausgegeben wird und aus- schließlich beim Deutschen Ärzte- verlag, 5023 Lövenich, Postfach 14 40 bezogen werden kann. Dane- ben werden von den Gesundheits- ämtern verschiedener Städte Merk- blätter herausgegeben, die sich an die Betroffenen selbst wenden. Das Merkblatt des Informationszentrums der Gesundheitsbehörde der Stadt München trägt den Titel: „Fort mit den Kopfläusen".

Gemäß § 45 Abs. 1 des Bundesseu- chengesetzes dürfen Lehrer, zur Vorbereitung auf den Beruf des Leh- rers schultätige Personen, Schüler, Schulbedienstete und in Schulge- bäuden wohnende Personen, die verlaust oder dessen verdächtig sind, die dem Unterricht dienenden

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