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Archiv "Hormonsubstitution in der Menopause: 1: Europäische Konsensus-Empfehlungen" (08.12.1995)

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THEMEN DER ZEIT

gang die Entscheidung für einen No- belpreiskandidaten in seinem Sinne beeinflussen könnte, wie Dagens Nyheter generell vermutet, hält Rin- gertz aufgrund des komplizierten Auswahlverfahrens für ausgeschlos- sen: „Nachdem namhafte Wissen- schaftler aus aller Welt unterschiedli- che Nobelpreiskandidaten vorge- schlagen haben, vergehen viele Jahre, in denen nacheinander mehrere, un- abhängige vom Nobelkomitee beauf- tragte Fachgremien die Aktualität und Bedeutung der Entdeckungen je- des einzelnen nominierten Kandida- ten wiederholt prüfen."

Eine kleine Anzahl von Kandi- daten überwindet diese Hürden und wird nach einstimmigem Be- schluß des 15köpfigen Nobelkomitees schließlich im Herbst jedes Jahres der aus 50 Mitgliedern bestehenden No- belversammlung zur Abstimmung vorgeschlagen. Diese treffen die End- auswahl des künftigen Preisträgers.

„Es wäre undenkbar, daß in diesem komplizierten Auswahlverfahren ein einzelnes Mitglied einen unwürdigen Kandidaten erfolgreich lancieren könnte", so Ringertz.

Die Debatte über eine mögliche Käuflichkeit des Nobelpreises zog weite Kreise. In den folgenden Wo- chen erschienen viele Stellungnah- men in mehreren schwedischen Zei- tungen. Ein Wissenschaftshistoriker aus Uppsala, Tore Frängsmyr, wider- legte in einem in der Konkurrenzzei- tung Svenska Dagbladet veröffent- lichten Kommentar die von Dagens Nyheter vorgebrachten Argumente nach logischen Gesichtspunkten.

„Die Journalisten der Zeitung haben aus unzusammenhängenden Fakten eine Handlungskette konstruiert, oh- ne dabei einfachste Regeln der Logik zu beachten. Kein Historiker, mit dem ich darüber gesprochen habe, hält die Argumente für akzeptabel", erklärte Frängsmyr. Auch die Fachzeitschrif- ten Science und Nature verteidigten das Nobelkomitee gegen den Ver- dacht der Korruption.

Eher nachdenkliche Worte fand hingegen einer der bekanntesten schwedischen Schriftsteller, der Medi- ziner P. C. Jersild, in einer Kolumne von Dagens Nyheter. Er sieht keinen Beweis für einen erfolgreichen Beste- chungsversuch des Nobelkomitees,

BERICHTE

kritisiert aber eine nach seiner An- sicht wieder einmal deutlich geworde- ne zu enge Verquickung zwischen wirtschaftlichen und medizinisch-wis- senschaftlichen Interessen, deren Be- ziehung zueinander er als ein „Netz- werk von gegenseitiger Abhängig- keit" beschreibt. Jersild vermißt hier eine Bereitschaft von einflußreichen Institutionen wie dem Nobelkomitee, sich hier auf eine grundlegende ethi- sche Diskussion einzulassen.

Unerwarteten Beistand erhält Jersild von einem Mitbetroffenen der Zeitungsaffäre. Der ehemalige Vor- standsvorsitzende von Fidia, Frances- co de la Valle, vermißt „generelle Re- geln und Richtlinien, sowohl für Wis- senschaftler als auch für Industrielle, wie diese Wechselbeziehung aufzu-

Unter mittleren Geburtswehen haben europäische Experten bei einer Konsens-Findung den kleinsten ge- meinsamen Nenner gesucht, auf den sich Nutzen, Risiken, Indikationen und Kontraindikationen der Hor- monsubstitution in der Menopause bringen lassen.

Den Grund formulierte der Prä- sident der europäischen Menopause- Gesellschaft, Prof. Henry Rozen- baum: Europa ist nicht Amerika — schon gar nicht beim Umgang mit der Menopause: Unterschiedlich sind die Regime bei der Hormonsubstitution, unterschiedlich die eingesetzten Prä- parate — und damit die Basis aller epi- demiologischen Studien. In den USA werden konjugierte equine Östrogene bei weitem bevorzugt, in Europa da- gegen 17-13-Estradiol. Und während in den Staaten lange nur eine Östro- gen-Substitution erfolgte, ist in Euro- pa die Kombination mit Gestagenen üblich. Und: Innerhalb Europas exi- stieren erhebliche Unterschiede in der Verbreitung der Substitution, bei den Zufuhrrouten der Präparate, aber auch in der Compliance.

nehmen und wie mit ihr umzugehen ist". In dem in Science veröffentlich- ten Brief schreibt er: „Wo sind die Grenzen, jenseits derer die finanzielle Unterstützung der Forschung auch Verschwendung wird? Was sollte ein unabhängiger Forscher im Sinne ei- ner Kooperation mit der Industrie an- nehmen, was sollte er zurückweisen?"

Für die Wissenschaftler Schwe- dens ist der Ruf des Nobelkomitees wiederhergestellt. An eine erfolgte Bestechung von einzelnen Mitglie- dern glaubt keiner mehr. Aber grund- legende Fragen über die Beziehungen zwischen Wissenschaft und Ökono- mie tauchten im Zusammenhang mit der Diskussion wieder einmal auf und warten, nicht nur in Schweden, auf ei- ne Antwort. Bernhard Albrecht

Die Probleme sind nicht neu: Die Akzeptanz bei den Frauen wird mas- siv beeinträchtigt durch Krebsangst (50 Prozent), Angst vor Gewichtszu- nahme (15 bis 17 Prozent), Ableh- nung von Blutungen (vier Prozent) oder ungewünschte Medikation.

Wichtig ist hier die Einstellung des Arztes, würden doch 75 Prozent der Frauen, die keine Hormone nehmen wollen, sich diesen Entschluß nochmal überlegen, wenn der Arzt dazu raten würde. Für die länger- und langfristige Therapietreue dagegen sind Nebenwirkungen und Blutungen entscheidend — beides kann durch ei- ne individualisierte Therapie umgan- gen oder behoben werden.

Für die Betreuung der einzelnen Frau sind folgende Punkte wichtig:

• Risiken wie etwa Brustkrebs müssen in Relation zu den bekannten Risikofaktoren — Familienanamnese, frühere benigne Brusterkrankungen mit atypischen Zellen, späte natürli- che Menopause, Alkohol — gesetzt werden. In gewissen genetisch iden- tifizierbaren Subgruppen wird, so der vorläufige Konsens, das vorhandene

Hormonsubstitution in cer Menopause

1: Europäische

Konsensus-Empfehlungen

A-3462 (34) Deutsches Ärzteblatt 92, Heft 49, 8. Dezember 1995

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THEMEN DER ZEIT

Risiko durch die Substitution erhöht, beim Großteil der Frauen wird jedoch der Nutzen weitaus überwiegen.

• Beim Nutzen der Hormonga- be werden oft nur vasomotorische, psychische und urogenitale Be- schwerden genannt. Der Effekt der Östrogene erstreckt sich jedoch auch auf extragenitale Bereiche wie Haut, Augen und Gelenke — ein nicht unwe- sentlicher Beitrag zum generellen Wohlbefinden.

• Östrogene beeinflussen die Plastizität des Gehirns, ein Mangel beeinträchtigt die kognitiven Funk- tionen ebenso wie die Schmerzemp- findung und die Vigilanz. Möglicher- weise kann durch eine Substitution das Auftreten eines Morbus Alzhei- mer hinausgeschoben werden. Ob- wohl kein Antidepressivum im klassi- schen Sinne, sind Östrogene hilfreich bei „depressiven Verstimmungen" in den Wechseljahren.

• Eine präventive Wirkung ge- gen kardiovaskuläre Erkrankungen und Osteoporose ist erst nach einer mindestens siebenjährigen Substitu- tion zu erwarten. Noch fehlen zwar Daten, inwieweit die Frakturrate un- ter Substitution gesenkt werden kann, der Nutzen bei Risikopatien- tinnen ist jedoch unbestritten. Für die Primärprävention von kardiovas- kulären Erkrankungen sprechen sehr viele epidemiologische Daten — unter der Substitution sinkt das rela- tive Risiko auf knapp die Hälfte.

Hinsichtlich der Sekundärprophyla- xe erwies sich die Datenlage jedoch nicht als so klar, daß ein Konsens er- zielt wurde.

• Bei den urologischen Sympto- men sprechen atrophiebedingte Störungen gut auf Östrogene an, um- stritten sind Dauer und Art der Präparate. Die irritative Symptoma- tik bei bestehender Harninkontinenz ist gut zu beeinflussen, anatomische Defekte nicht. Bei inkontinenten Frauen im höheren Alter sollte des- halb eine Kombination mit alpha-ad- renergen Substanzen erfolgen.

• Die Frage, ob in Spezialfällen zusätzlich Testosteron verabreicht werden sollte, wird erneut aufgewor- fen. So könnte bei beidseitiger Ovar- ektomie eine Indikation vorliegen, weil hier die Testosteronspiegel auf die Hälfte des Normwertes abfallen.

BERICHTE

Das Konsensus-Papier weicht zu- mindest in zwei Punkten von den gän- gigen Empfehlungen der Gesellschaf- ten ab: Zum einen bestand Einigkeit darüber, daß ein Gestagenzusatz nur bei nicht-hysterektomierten Frauen notwendig und sinnvoll ist. Zum an- deren wird eine länger zurückliegen- de Brustkrebs-Anamnese nicht mehr als generelle Kontraindikation ange- sehen; nach einer erfolgreichen The- rapie kann - nach eingehender Nut- zen-Risiko-Abwägung — eine indivi- duelle Entscheidung für die Sub- stitution fallen.

Einhellig forderten die Experten eine Änderung der Beipackzettel — auch hinsichtlich einer europäischen Harmonisierung. Ausschlaggebend sind aber medizinische Gründe, denn die aufgelisteten Kontraindikationen sind stark revisionsbedürftig — teilwei- se sogar zu Indikationen geworden

„Depressive Verstimmungen" in den Wechseljahren sind keine Indi- kation für eine Hormontherapie, denn meist sind psychosoziale Fakto- ren ursächlich für den Distreß der Frauen. Wie Dr. Myra Hunter (Lon- don) bei den Vorträgen zur Konsen- sus-Bildung in Montreux darlegte, sind auf diesem Feld viele Fragen of- fen: Frühere Studien zum Zusammen- hang zwischen Depressionen oder psychischen Problemen in den Wechseljahren hätten unterschied- liche Resultate erbracht, in prospekti- ven Untersuchungen zeichne sich eher keine Relation ab.

Depressionen im psychiatrischen Sinne in der Lebensmitte der Frau werden laut Hunter determiniert durch:

• frühere Depressionen

• sozioökonomischen Status und

• belastende „life events".

Da die Inzidenz echter Depres- sionen in den Wechseljahren nicht er- höht ist und die Stimmung nicht mit den Östrogenspiegeln korreliert und zudem der Beweis aussteht, daß Östrogene eine depressive Verstim-

oder auf dem besten Weg dorthin. Da- zu zählen: Adipositas, Nikotinabusus, bestimmte Formen von Migräne, kar- diovaskuläre Erkrankungen. Als Kon- traindikation gegen eine Hormonsub- stitution bleiben nach heutigen Kennt- nissen der Experten nur noch

• unklare vaginale Blutungen

• akute, schwere Lebererkran- kungen

• akute tiefe Venenthrombosen oder thromboembolische Erkran- kungen

• akuter Apoplex

• kurz zurückliegendes Mam- makarzinom

• kongenitale Störungen des Li- pidstoffwechsels.

Der akute Myokardinfarkt wur- de nicht einhellig als Kontraindi- kation anerkannt — in Skandinavien und England werden hier sogar thera- peutisch Östrogene erprobt. Le

mung beheben können, ist für Frau Hunter die Hormon-Substitution bei menopausalen Frauen mit diesem Be- schwerdebild nicht gerechtfertigt.

Bei postmenopausalen Frauen mit nichtpsychiatrischen „depres- siven" Beschwerden dagegen atte- stierte die Referentin einen geringen positiven Einfluß von substituierten Östrogenen auf die Stimmung.

Professor John Studd (London) vertrat vehement den Standpunkt, daß ein Hormonumschwung durchaus ursächlich sein könne für eine nieder- geschlagene Stimmung — sowohl beim prämenstruellen Syndrom, der post- partalen als auch der klimakterischen Depression. „Es existieren auch genü- gend Beweise, daß Östrogene bei pe- rimenopausalen Verstimmungen bes- ser sind als Psychopharmaka", be- hauptete er. Während Frau Hunter konterte, daß dies nicht durch Studien zu belegen sei, stimmte die französi- sche Kommentatorin dem männli- chen Kollegen insofern zu, daß ein Versuch mit Östrogenen sicher „bes- ser ist als die Gabe von Psychophar- maka". Dr. Renate Leinmüller

2: Östrogene nicht als

Antidepressiva verwenden

Deutsches Ärzteblatt 92, Heft 49, 8. Dezember 1995 (35) A-3463

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