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Archiv "Herztransplantationen: Sprachkenntnisse als Kontraindikation?" (20.10.2000)

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Bei der jüngsten CTT-Finanzkrise war deshalb die Mithilfe der Banken notwendig: „Mit allen beteiligten Geld- instituten konnte grundsätzliches Ein- vernehmen über die jeweiligen Beiträ- ge zur Bereinigung der bilanziellen Überschuldungen erzielt werden“, schrieb Schuh Anfang September an die CTT-Beschäftigten. Nach Informa- tionen der regionalen Tageszeitung

„Trierer Volksfreund“ verzichteten die Banken auf 20 Millionen DM Altschul- den, um eine Pleite zu verhindern.

Dank der Finanzhilfen hat es bislang noch keine Entlassungen bei der CTT geben müssen: „Wir haben immer pünktlich die Gehälter zahlen können und sind voll zahlungsfähig“, betont Schuh. Als Problem könnten sich aller- dings fünf Altenheime erweisen, die derzeit gebaut werden und deren Fi- nanzierung noch nicht endgültig gesi- chert sei. Sicher ist jedoch, dass die CTT alles daransetzen wird, die Schadenser- satzzahlung in Höhe von 3,5 Millionen DM (zu der Doerfert in einem Zivilpro- zess verurteilt worden war) auch wirk- lich zu bekommen. „Das Urteil ist rechtskräftig. Die Vermögenswerte, die wir aus seinem Privatbesitz festgesetzt haben, werden von uns liquidiert“, kün- digte der CTT-Vorstandschef an.

Ausgeblieben ist bislang die be- fürchtete Schlammschlacht vor Ge- richt. Doerfert, der sich gerne für seine

„ausgezeichneten Kontakte“ zur Poli- tik rühmt, erklärte lediglich, er habe niemals politische Entscheidungen kau- fen wollen – auch nicht mit den Geld- zahlungen an den Fußballverein 1. FC Saarbrücken, dessen Präsidenten sei- nerzeit der heutige Bundesverkehrs- minister Reinhard Klimmt (SPD) und der saarländische Innenminister Klaus Meiser (CDU) waren. Die Staatsan- waltschaft ermittelt gegen Klimmt und Meiser wegen Beihilfe zur Untreue.

Doerfert verneinte den Verdacht, er ha- be mit der Zahlung von 615 000 DM an den Club einen geplanten Bettenabbau in CTT-Hospitälern verhindert. Klare Worte fand Doerfert zum Trierer Bi- schof Spital. Dieser sei in alle Geschäfte eingeweiht gewesen; der Vorwurf, er habe das in ihn gesetzte Vertrauen ent- täuscht, habe ihn „menschlich sehr ge- troffen“. Der Bischof ist als Zeuge vor das Landgericht geladen. Jens Flintrop

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A2744 Deutsches Ärzteblatt½½½½Jg. 97½½½½Heft 42½½½½20. Oktober 2000

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egen der sozialen Lage und der nicht vorhandenen Sprach- kenntnisse“ hatte das Herzzen- trum Bad Oeynhausen einer 56-jähri- gen Türkin eine Herztransplantation verweigert. Die fehlenden Sprach- kenntnisse seien allerdings keineswegs der ausschlaggebende Grund für die Ablehnung der Aufnahme in die Trans- plantationsliste gewesen, betonte die Klinik (dazu Deutsches Ärzteblatt, Heft 36/2000). Weil allerdings nach dem Eingriff lebenslang starke Medikamen- te eingenommen und strenge Verhal- tensregeln eingehalten werden müss- ten, sei ein Mindestmaß an Sprach- kenntnissen unverzichtbar.

„Minimaler deutscher Sprachschatz“

Diese Auffassung vertritt auch Prof. Dr.

med. Axel Haverich, Leiter der herz- chirurgischen Universitätsklinik Han- nover, in Cardio News. „Wir selbst ha- ben in Hannover über 20 Patienten, auch türkische, transplantiert, von de- nen sicher die Hälfte bei der Erstvor- stellung kein Deutsch sprach. Auch die- se Patienten haben wir nicht unmittel- bar auf die Warteliste übernommen, denn die Compliance für die Mitarbeit ist für den Patienten lebenswichtig.“

Wenn ein Patient zu Hause beispiels- weise Herzrhythmusstörungen oder Luftnot bekommt, sei ein Übersetzer nicht verfügbar. Der Patient müsse sich in dieser Situation aber umgehend im Klinikum melden. „Ohne einen mini- malen deutschen Sprachschatz geht das einfach nicht. Unsere Politik in solchen

Fällen: Wir sprechen mit den Angehöri- gen, damit möglichst rasch ein Crash- kurs absolviert wird und dann unmittel- bar die Aufnahme in die Warteliste er- folgt.“

Dr. med. Yasar Bilgin, erster Vorsit- zender der Türkisch-Deutschen Ge- sundheitsstiftung, hält die Forderung, einen Sprach-Crashkurs zu absolvie- ren, allerdings in vielen Fällen für un- zumutbar. „Wie kann jemand, der schwer krank ist, innerhalb kurzer Zeit eine Fremdsprache erlernen?“

fragt er. Gerade türkische Frauen sei- en oft Analphabetinnen, was das Er- lernen einer so schweren Sprache wie Deutsch in einem Crashkurs völlig un- möglich mache. Bilgin kritisiert, dass Transplantationszentren es ablehnen, Patienten mit mangelhaften Sprach- kenntnissen auf die Warteliste zu set- zen. Und dies sei durchaus keine Sel- tenheit, sagte er. Das geht aus Arzt- briefen hervor.

„Auch wir haben erhebliche Schwie- rigkeiten mit Patienten gehabt, die nicht über ausreichende Kenntnisse der deutschen Sprache verfügen, und sind deshalb zu dem Entschluss gekommen, Patienten ohne ausreichende Kenntnis- se in der deutschen oder englischen Sprache nicht zu transplantieren“, heißt es in einem Arztbrief. „Frau . . . hat sich am . . . als potenzielle Transplantat- empfängerin in unserer Transplantati- onsambulanz vorgestellt. Vom somati- schen Befund her gibt es bei der Patien- tin keine Kontraindikationen hinsicht- lich der Durchführung einer Nieren- transplantation, allerdings wird auf- grund der absolut fehlenden deutschen Sprachkenntnisse (trotz des 15-jährigen

Herztransplantationen

Sprachkenntnisse

als Kontraindikation?

Mangelnde Deutschkenntnisse können zu Schwierigkeiten

bei der Nachsorge führen. Transplantationsmediziner, die

Türkisch-Deutsche Gesundheitsstiftung und die Ständige

Kommission Organtransplantation suchen nach Lösungen.

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Aufenthaltes der Patientin in Deutsch- land!) mit vielen Verständigungspro- blemen zu rechnen sein. Um diese Pro- bleme zu minimieren, sollte sich die Pa- tientin Grundkenntnisse der deutschen Sprache aneignen. Nach Erreichen die- ses Zieles kann sich die Patientin jeder- zeit in unserer Transplantationsambu- lanz erneut vorstellen.“

Dass bei Patienten wegen sozialer Kontraindikationen Transplantationen abgelehnt werden, ist allerdings nach Aussage von Haverich sehr selten:

„Weniger als ein Prozent der Patienten, die mit der Frage zur Transplantation vorgestellt werden.“ In den-

meisten Transplantations- zentren würden die Ärzte in einem Gespräch mit einem Psychosomatiker oder Psy- chologen die psychosoziale Bewertung vornehmen.

Die Türkisch-Deutsche Gesundheitsstiftung hat in- zwischen Kontakt mit der Bundesärztekammer und dem Bundesgesundheitsmi- nisterium aufgenommen und bietet sich als Ansprechpart- ner an.

Einzelfallentscheidung

In den Richtlinien für die Warteliste der Ständigen Kommission Organtrans- plantation der Bundesärztekammer ist festgelegt, dass bei der Beurteilung der eventuellen Kontraindikationen für ei- ne Transplantation stets der körperli- che und seelische Gesamtzustand eines Patienten gewürdigt und eingeschätzt werden soll. Nach Auffassung der Stän- digen Kommission müsse zur Überwin- dung von Sprachbarrieren gegebenen- falls auch ein Dolmetscher hinzugezo- gen werden, da ein Patient ohne Ver- ständigungsmöglichkeit oft nicht in der Lage sei, über seinen Gesundheitszu- stand ausreichend Auskunft zu geben, was für die Nachsorge jedoch zwingend notwendig sei. Die Verständigungsfähig- keitfalle unter den Begriff der Compli- ance, nicht jedoch die zur Verständigung verwendeten Sprachen. Der transplan- tierende Arzt müsse deshalb in jedem einzelnen Fall entscheiden, ob eine Com- pliance gegeben sei. Gisela Klinkhammer

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Deutsches Ärzteblatt½½½½Jg. 97½½½½Heft 42½½½½20. Oktober 2000 AA2745

Sprachkurse für medizinisches Personal

Geldgeber gesucht

Wenn Ärzte und Patienten sich nicht verstehen, dann kann das entweder zu gravierenden Behandlungsfehlern führen oder dazu, dass die Patienten nicht in den Genuss bestimmter Therapien kommen.

In Essen beschlossen Klinikärzte, Krankenschwestern und Hebammen schon vor 20 Jahren, etwas gegen die Verständigungsschwierigkeiten zu unter- nehmen. Aus ihrer Privatinitiative entstanden 1980 die ersten Türkisch-Kurse speziell für Klinikpersonal. Daraus wuchs das regelmäßige Kursangebot „Tür- kisch am Krankenbett“. Rund 300 bis 400 Mitarbeiter aus der Krankenpflege, der medizinischen Betreuung und der beratenden Berufe nutz- ten die Kurse seither jedes Jahr zur Fortbildung.

Im nordrhein-westfälischen Gesundheitsministerium gilt das Projekt als „ungeheuer innova- tiv“. Dennoch ist die Zukunft von

„Türkisch am Krankenbett“ ge- fährdet, weil die Finanzierung nicht mehr gesichert ist.

Dr. Rosemarie Neumann ist wissenschaftliche Mitarbeiterin am Fachbereich „Literatur- und Sprachwissenschaften“ der Uni- versität Gesamthochschule Es- sen, ein Schwerpunkt von ihr ist die Lehre von Deutsch als Fremdsprache.

Dr. Neumann und ihre Kollegen haben in den vergangenen Jahren „Türkisch am Krankenbett“ wissenschaftlich begleitet, haben die Unterrichtsmaterialien erstellt und die Dozenten eingearbeitet. Um den Fortbestand des Projektes zu garantieren, sind Neumanns Angaben zufolge mindestens 30 000 DM pro Jahr nötig.

Bis vor zwei Jahren war der Finanzbedarf noch geringer, denn die örtliche Volkshochschule (VHS) stellte ihre Dozenten unentgeltlich zur Verfügung.

Als die VHS diesen Aufwand nicht mehr übernehmen wollte, mussten die Kurse zunächst ausfallen. Erst im zweiten Halbjahr 1998 sprang das Gesund- heitsministerium ein. Seither übernimmt die Landesregierung alljährlich ei- nen Teil der Kosten. Im laufenden Jahr spendiert sie knapp 9 000 DM, und auch im Jahr 2001 will sie ihren Teil dazu beitragen, „Türkisch am Kranken- bett“ zu erhalten. Eine vollständige Kostenübernahme steht aber nicht zur Debatte.

Drei Dinge, sagt Rosemarie Neumann, braucht „Türkisch am Kranken- bett“, um auf längere Sicht ein sinnvolles Angebot bereitstellen zu können:

Die mittelfristige Finanzierung müsse gesichert sein, damit die Kurse ausrei- chend früh im Voraus geplant werden können. Das Angebot müsse eine aus- reichende Anzahl von Kursen differenzierter Qualität beinhalten, um unter- schiedliche Lernbedürfnisse bedienen zu können. Schließlich müsse der Un- terricht für die Teilnehmer entgeltfrei sein.

Um „Türkisch am Krankenbett“ zu erhalten, sucht das Gesundheitsministe- rium jetzt nach weiteren Partnern, die bereit sind, das Projekt mitzufinanzieren.

Ein wenig Zeit ist noch. Ende Oktober bis Mitte November, heißt es, sollen Dr. Neumann und ihre Kollegen Planungssicherheit haben. Alexandra Endres Damit Patienten optimal betreut werden, ist es

wichtig, dass Ärzte sie verstehen. Foto: Peter Wirtz

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Nach Auffassung der Stän- digen Kommission müsse zur Überwin- dung von Sprachbarrieren gegebenen- falls auch ein Dolmetscher hinzugezo- gen werden, da ein Patient ohne

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