erklärung als realistisch bezeichnet wird.
Der hier – wie auch in der Bundes- tagsdebatte – als Begründung aufge- führte Verweis auf die Europäische Leit- linie ist dabei jedoch völlig sinnlos, da diese nur den Prozess betrifft und kein Beleg für den Nutzen ist. Gerade die Frage nach der Wirksamkeit bezie- hungsweise dem Nutzen steht jedoch im Mittelpunkt von EbM. Auch bei wohlwollender Betrachtung ist der Aus- sage: „Im Vordergrund sollten in Zu- kunft vielmehr die positiven Ergebnisse der Länder stehen, die ein evidenzba- siertes Brustkrebs-Screening bereits ein- geführt haben und in denen die Sterb- lichkeit zu sinken beginnt“, aus Sicht der EbM nur mit Verständnislosigkeit zu be- gegnen.
Überzeugende wissenschaftliche Be- lege dafür, dass die Sterblichkeit (wel- che?) in den angesprochenen Ländern aufgrund des Mammographie-Screen- ings sinkt und nicht nur „zu sinken be- ginnt“, stehen bisher leider aus. Ohne solche Belege kann nur ein von uns
schon früher kritisierter opportunisti- scher Gebrauch des Begriffs „evidenz- basierte Medizin“ konstatiert werden.
Dieser kurze Blick auf die Bundes- tagsdebatte und darüber hinaus zeigt deutlich, dass die Frage der Evidenz in der gegenwärtigen Diskussion von un- tergeordneter Bedeutung ist und der Be- griff nur instrumentalisiert wird, um den eigenen Argumenten Gewicht zu verlei- hen. Dies ist umso bedauerlicher, als die gegenwärtige, auch vom Sachverständi- genrat für die Konzertierte Aktion im Gesundheitswesen festgestellte äußerst unbefriedigende Situation dringend ei- ner Verbesserung bedarf.
Dazu gehören auch wohl durchdachte Konzepte zur Evaluation der Screening- Maßnahmen. Die gegenwärtige Diskus- sion hat sich von der wissenschaftlichen Grundlage gelöst und ist nur noch Aus- druck von opportunistischen Äuße- rungen und von Partikularinteressen.
Die Einführung eines flächendeckenden Screenings kann aus Sicht des DNEbM nicht mit dem Prädikat „evidenzbasiert“
versehen werden. Zum jetzigen Zeit- punkt, also gerade zum kürzlich erfolg- ten Beginn der drei Modellprojekte der KV, eine flächendeckende Einführung zu fordern, zeigt das Desinteresse an fundierter Information zu den Realisie- rungsmöglichkeiten eines qualitätsgesi- cherten Screenings unter deutschen Be- dingungen.
Das DNEbM hält die Rückkehr zu ei- ner rationalen Diskussion über Nutzen und Schaden von Screening-Maßnah- men, bei sorgfältiger Unterscheidung zwischen dem Screening gesunder Frau- en und der diagnostischen Abklärung bei Tumorverdacht, für unbedingt notwen- dig. Aufgrund der unklaren Evidenzlage muss ein Höchstmaß an Transparenz und Information gewährleistet sein, auch um damit die Voraussetzungen für infor- mierte Entscheidungen der betroffenen Frauen zu schaffen.
Für den Vorstand des Deutschen Netzwerks Evidenzbasierte Medizin e.V.
Dr. rer. nat. Dr. Gerd Antes Deutsches Cochrane Zentrum, Freiburg P O L I T I K
Deutsches Ärzteblatt½½½½Jg. 98½½½½Heft 50½½½½14. Dezember 2001 AA3347
Bislang galt ein Herzschrittmacher als absolute Gegenanzeige zur Durchfüh- rung einer Kernspintomographie. Nach neueren Erkenntnissen kann dieses bildgebende Verfahren auch bei Pa- tienten mit einem implantierten Herz- schrittmacher sicher durchgeführt wer- den, wobei aber nur Geräte mit nied- riger Magnetfeldstärke eingesetzt wer- den dürfen. Außerdem muss auf die richtige Betriebsart des Herzschritt- machers geachtet werden, und wäh- rend der Untersuchung sollte die Herz- funktion des Patienten überwacht wer- den.
Die Kontraindikation war damit be- gründet, dass infolge des starken Ma- gnetfeldes und der eingestrahlten Ra- diowellenpulse eine Erhitzung oder Verschiebung des Herzschrittmachers sowie eine Schädigung der Herzschritt- macher-Elektronik und des Herzmus- kels befürchtet wurde. In den vergange-
nen Jahren wurde mehrfach berichtet, dass die Kernspintomographie auch bei Patienten mit einem Herzschrittmacher erfolgreich angewendet werden kann, sofern die Geräte mit einer vergleichs- weise geringen Magnetfeldstärke ein- gesetzt werden.
Vor diesem Hintergrund wurde im Rahmen einer klinischen Studie bei 44 Herzschrittmacher-Patienten, die we- gen verschiedener diagnostischer Pro- blemstellungen dringend eine Kernspin- Untersuchung benötigten, die Durch- führbarkeit und Sicherheit dieser Me- thode systematisch untersucht, wobei ein Gerät mit einer niedrigen Magnet- feldstärke von lediglich 0,5 Tesla ver- wendet wurde. Der Herzschrittmacher wurde während der gesamten Unter- suchung in einem asynchronen Modus betrieben, in welchem der Herzrhyth- mus durch einen externen Taktgeber vorgegeben wird. In dieser Betriebsart
ist der Herzschrittmacher deutlich weniger störungsanfällig als im übli- cherweise verwendeten synchronen Modus, in welchem die vom Herz abgegebenen Signale von einem Sen- sor aufgenommen und an den Schritt- macher weitergegeben werden. Außer- dem wurde die Herz- und Lungenfunk- tion der Patienten kontinuierlich über- wacht.
Die Auswertung der aufgezeichne- ten Daten ergab, dass die Kernspinto- mographie bei keinem der Patienten ei- ne Störung des Herzrhythmus und kei- ne Erhöhung der Pulsfrequenz verur- sachte (Radiology 2000; 215: 869–879).
Ferner berichteten die Patienten weder über ein Hitzegefühl, noch Druckge- fühl in der Herzgegend und die pro- grammierten Einstellungen des Herz- schrittmachers wurden durch die kern- spintomographische Untersuchung nicht verändert. Aufgrund der vorliegenden Erkenntnisse kann die Kernspintomo- graphie auch bei einem großen Teil der Patienten mit einem implantierten Herzschrittmacher sicher durchgeführt
werden. EB