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Archiv "Sinnvolle Diagnostik und Therapie des Symptoms Schwindel" (13.09.1996)

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Man sollte nicht glauben, daß über 100 Jahre nach der exzellenten Beschreibung des Schwindels als so- matischem Äquivalent der Angst in einer Anleitung zur differentialdia- gnostischen Abklärung des Sym- ptoms Schwindel dieser Aspekt völlig übergangen wird. Sigmund Freud be- schrieb bereits 1895 in „Über die Be- rechtigung, von der Neurasthenie ei- nen bestimmten Symptomkomplex als ,Angstneurose‘ abzutrennen“ den lokomotorischen Schwindel als Form des Angstanfalls: „(. . .) er besteht in einem spezifischen Mißbehagen, be- gleitet von den Empfindungen, daß der Boden wogt, die Beine versinken, daß es unmöglich ist, sich weiter auf- recht zu halten (. . .). Zum Hinstürzen führt dieser Schwindel nie.“ Durch ei- ne frühzeitige tiefenpsychologische Diagnostik könnte somit rasch die In- dikation zu einer Psychotherapie ge- stellt und einer Chronifizierung vor- gebeugt werden, von den eingespar- ten Kosten ganz zu schweigen.

Dr. med. Steffen Häfner Arzt – Psychotherapie – Collinistraße 5

Wohnungsnummer 05.09 68161 Mannheim

Auf dem Hintergrund der Tatsa- che, daß mittlerweile vor über 20 Jah- ren die Fächer Medizinische Psycho- logie und Psychosomatische Medizin Bestandteil der Ausbildung eines je- den Mediziners geworden sind, macht der Artikel des Kollegen mich betrof- fen. Da versuchen wir, unseren Stu- denten beizubringen, daß der Patient ganzheitlich zu sehen ist, möglicher- weise als ein Leidender in einer kon- flikthaften Situation, daß seine Sym- ptomatik immer auch auf dem Hinter-

grund seines Lebens zu erfassen ist, und nun fällt Herr Kollege Stoll mit seinem Artikel wieder in die graue Vorzeit zurück, wo erst nach maxima- lem erfolglosem diagnostischem Auf- wand in der Apparatemedizin eine seelische Bedingtheit in Erwägung gezogen wird!

Ist ihm denn nicht bekannt, daß Schwindel ein körperliches Korrelat der Angst und ein häufiges Konversi- onssymptom ist? Im Medizinischen Staatsexamen Teil II würde die von

ihm favorisierte Vorgehensweise als iatrogene Fixierung bezeichnet wer- den. Sie würde dem Patienten im Fall einer psychogenen Komponente die Möglichkeit eines psychodynami- schen Zugangs sehr erschweren mit dem Effekt, daß die Prognose zweifel- haft würde.

Nicht nur für Studenten, sondern auch für erfahrene Kollegen sollte im Jahre 1996 klar sein, daß psychosoma- tische Diagnostik grundsätzlich ne- ben der neurologischen, internisti- schen und otologischen ablaufen muß, um chronische Leidenswege zu verhindern.

Dr. med. Isolde Mäder-Kruse Am Guggenloch 13

97222 Maidbronn

Es ist erfreulich, daß sich das Deutsche Ärzteblatt eines so wichti- gen und alltäglichen Symptoms wie des Schwindels angenommen hat.

Leider wird in dem Artikel von W.

Stoll Häufiges und Seltenes unge- wichtet nebeneinander genannt. Da-

bei kommt der benigne paroxysmale Lagerungsnystagmus als häufigste Ursache von Attackenschwindel (1) im höheren Lebensalter zu kurz. Die Lagerungsprobe gibt bei dieser Er- krankung pathognomonisch Auf- schluß. Dabei ist es nicht etwa so, daß die Änderung des Liquordruckes eine Rolle spielt (wir müßten ja sonst bei einer Liquorpunktion vestibulären Nystagmus beobachten, was nicht der Fall ist). Auch Änderungen des Blut- druckes bei der Lagerungsprobe führen nicht zu vestibulärem Schwin- del und Nystagmus. Leider fehlt in dem Artikel auch ein Hinweis auf die Behandlung des benignen paroxys- malen Lagerungsschwindels. Wer ei- nen Patienten mit einem Befreiungs- manöver nach Sémont (2) einmal von seinem lästigen Lagerungsschwindel befreit hat, kann schwer verstehen, warum diese einfache und billige Heilmethode den Lesern des Deut- schen Ärzteblattes vorenthalten wird.

Dagegen sind die in dem Artikel emp- fohlenen „durchblutungsfördernden Therapien“ wenig überzeugend. Sie sind bei Durchblutungsstörungen der A. basilaris und ihrer Äste nicht wirk- sam und es ist schwer verständlich, warum sie ausgerechnet bei einem Basilarisast – nämlich der A. laby- rinthi – wirksam sein sollen. Bei einer hochgradigen Vertebralis- oder Basi- laris-Stenose kann dagegen eine Anti- koagulation erforderlich werden.

Ich stimme mit Herrn Kollegen Stoll darin überein, daß Anamnese und klinische Untersuchung wesentli- chen Anteil an der Differenzierung von Schwindel haben. Es ist allerdings nicht richtig, daß peripher ausgelöster Nystagmus meist horizontal ist. Ent- scheidend für die Nystagmusform ist, welcher Bogengang gereizt wird und rein horizontaler Nystagmus entsteht nur bei Reizung des lateralen Bogen- ganges. Letzterer ist vom benignen paroxysmalen Lagerungsschwindel allerdings nur ausnahmsweise betrof- fen (3). Liegt abgesprengtes Oto- lithenmaterial im hinteren Bogen- gang – eine der häufigsten Schwindel- A-2324 (60) Deutsches Ärzteblatt 93,Heft 37, 13. September 1996

M E D I Z I N DISKUSSION

Sinnvolle Diagnostik und Therapie des Symptoms Schwindel

Zu dem Beitrag von

Prof. Dr. med. Wolfgang Stoll in Heft 8/1996

Tiefenpsychologische Behandlung hilfreich

Häufiges und Seltenes

ungewichtet nebeneinander

Beitrag macht betroffen

(2)

A-2325

M E D I Z I N

Deutsches Ärzteblatt 93,Heft 37, 13. September 1996 (63) Prof. Stoll unternimmt in seinem

Artikel den dankenswerten Versuch, die vielfältigen Symptome des Schwindels in seinen zahlreichen Fa- cetten aufzuzeigen. Was aus Sicht von psychosomatisch Arbeitenden leider ganz fehlt, ist die Berücksichtigung des psychogenen Schwindels. Dies scheint mit sowohl vom Ansatz als auch von der Häufigkeit psychogener Schwindelzustände nicht gerechtfer- tigt. Schon quantitativ wird in speziali- sierten Schwindelambulanzen die Diagnose „Psychogener Schwindel“

bei rund einem Fünftel der Patienten gestellt. So verbirgt sich häufig hin- ter dem Symptom „Schwindel“ eine Angsterkrankung, manchmal auch ei- ne Depression.

Zu bedenken ist aber auch, daß ein psychogener Schwindel ausgelöst werden kann durch eine organische Erkrankung. Aus diesem Grunde scheint es geboten, daß auch und spe- ziell bei Schwindelproblematiken, so- wohl in der Diagnostik als auch in der Therapie, somatische und psychogene Ansätze berücksichtigt werden. Der von Stoll gezogene Schluß, daß der Psychologe erst zu Rate gezogen wer- den sollte, wenn organische Schäden sicher ausgeschlossen sind, wird dem komplexen Krankheitsbild nicht ge- recht und führt leider zu oft auch auf

therapeutische Umwege. Bei der The- rapie des subakuten und chronischen Schwindels scheint uns das Gleichge- wichtstraining, wie es auch von Stoll beschrieben wurde, als das Mittel der Wahl. Wir setzen in unserer Klinik kein Betahistin ein, da weder unsere Erfahrungen Anhalt für eine Verbes- serung geben, noch die dazu zur Ver- fügung stehenden Studien. Wir sind im Gegenteil mit Paparella der Meinung, daß es extrem zweifelhaft ist, daß ir- gendein sogenanntes gefäßerweitern- des Medikament im Labyrinth signifi- kant den Blutfluß im Innenohr beein- flußt.

Dr. Helmut Schaaf

Oberarzt der Tinnitus-Klinik Arolsen Große Allee 3 · 34454 Arolsen

Bei den therapeutischen Emp- fehlungen lassen sich eigentlich keine sehr rationalen Zusammenhänge mit der schwindelverursachenden Auslö- sung erkennen. Dies liegt sicher an der Nichterwähnung statisch beding- ter Irritationsformen der Nacken- strombahn, die die allerüberwiegende Ursache des Schwindels ist.

Das vertebrobasiläre Syndrom dürfte sicher zu den häufigsten uner- formen – dominiert ein vertikaler

Nystagmus mit rotatorischer Kompo- nente. Umgekehrt gibt es auch zen- trale Schwindelformen, die mit hori- zontalem Nystagmus einhergehen, zum Beispiel bei Kleinhirninfarkten.

Die Regel „Horizontaler Nystagmus spricht für eine peripher-vestibuläre Genese“ gilt also nicht einmal „cum grano salis“.

Was sind „Schäden der Halswir- belsäule“? Zuhauf werden bei unkla- ren Schwindelbeschwerden Röntgen- aufnahmen der Halswirbelsäule ange- fertigt. Die degenerativen Verände- rungen, die man auch bei vielen ge- sunden älteren Menschen röntgeno- logisch nachweisen kann, werden dann fälschlich als Ursache des Schwindels angeschuldigt. Wenn- gleich die Existenz eines zervikalen

Schwindels wissenschaftlich umstrit- ten ist, scheint es mir zweifelsfrei, daß diese Schwindelform in der Praxis weit überschätzt wird. Dies führt lei- der oft zu inadäquaten Behandlungs- maßnahmen.

Literatur

1. Brandt TH: Vertigo: its multisensory syn- dromes. London: Springer-Verlag, 1991 2. Sémont et al.: Curing the BPPV with a libe-

ratory maneuver. Adv Otorhinolaryngol 1988; 42: 290-3

3. Meilleure et al.: Benign paroxysmal posi- tional vertigo of the horizontal canal. J Neurol Neurosurg Psychiat 1996; 60: 68-71 Prof. Dr. med. A. Ferbert

Neurologische Klinik Städtische Kliniken Kassel gemeinnützige GmbH Postfach 10 36 67 34112 Kassel

DISKUSSION

Teilaspekte unbeachtet

Rationale

Zusammenhänge unklar

kannten Erkrankungen zählen mit sel- teneren dramatischen Attacken, meist im chronischen Stadium mit zum Teil unglaublich langen und extremen Ko- sten befrachteten Irregängen. Ursache ist eine Verdrehung der hinteren Bo- genwurzeln der oberen HWK, oft zu- sammen mit einer Lateralisation von C1. Der Tastbefund läßt sich mit Ziel- aufnahmen der oberen HWS bestäti- gen, der immer eintretende Erfolg durch Normalisierung der Gleichge- wichtsteste und der supraaortalen Dopplersonographie.

Eine Chirogymnastik gegen die Fehlstellung ist physiologisch, denn die Gegendrehung wird mit gleicher Dynamik durchgeführt, die auch die gegenläufige Fehlstellung verursach- te. Die aktive und vorsichtige Thera- pie kann nicht so gefährlich sein, sonst wären die Laientherapeuten und Heilpraktiker auch ohne Vordiagnose nicht so erfolgreich.

Der Schwindel wird oft nicht er- wähnt, man muß nach ihm fragen, Unterbergscher Tretversuch und Romberg gehen schnell. Viele haben sich zwangsläufig daran gewöhnt, auch mit einer Ersatzdiagnose, so steigt die Zahl erheblich über zehn Prozent, die statistisch als Leiden an- gegeben werden.

Dazu kommen noch die Folgen der Durchblutungsverminderung:

¿ Unerklärte hypertone Krisen durch Alarmierung der zerebralen Barorezeptoren.

À Hörstörungen, Ohrensausen.

Á Sehstörungen, optische Ver- zerrungen.

 Depressionen, Angstzustän- de, Verstimmungen.

à Störung der Merkfähigkeit.

Ä Vielfach Gefühle einer Per- sönlichkeitsveränderung.

Neben der lokalen statischen Ver- ursachung, die auch migräneauslösend wirkt, besteht häufig eine Ausgleichs- drehskoliose der gesamten Wirbelsäu- le durch Iliosakralgelenkssubluxati- ons-bedingte Beckenfehlstellung und damit statischer Beinverkürzung, die mit ruckartiger Streckung in Längs- richtung ausgeglichen werden kann (Derbolowsky-Griff).

Dr. med. Armin Färber Bahnhofstraße 8–10 86825 Bad Wörishofen

(3)

Der Beitrag von Herrn Stoll über das Symptom Schwindel weist ihn als einen großen Kenner der Materie aus.

Um so unverständlicher ist es für mich, daß ein Hinweis über die Be- deutung einer arteriellen Durchblu- tungsstörung – den Vertebraliskreis- lauf – fehlt. Es reicht nicht aus, so gra- vierende Beschwerden wie „Kopf- leere, Kopfdruck, Benommenheit, Schwarzwerden vor den Augen, Schwäche in den Beinen, Atemnot, Doppelsehen und Scheinbewegun- gen“ über eine zerebrale Hypoxie zu erklären, ohne auf eventuelle Hilfen hinzuweisen. Doppelseitige Verände- rungen an den Vertebralarterien kön- nen alle diese sogenannten Beschwer- den hervorrufen. Gefäßchirurgen sind heutzutage in der Lage, Verände- rungen an den Abgängen der Verte- bralarterien (Elongationen und/oder Stenosen) durch eine Reinsertion in die Carotis communis zu beseitigen.

An unserer Klinik haben wir in- zwischen Erfahrungen an über 500 derartigen Operationen im Vertebra- lisgebiet gesammelt und erstaunlich gute Erfolge beobachten können (über 80 Prozent Heilung oder Besse- rung). Gerade bei einem Krankheits- bild, das den alten, alleinstehenden Menschen an seine Wohnung bindet und ihn sozial zusätzlich isoliert, sollte man bei Versagen der konservativen Medizin auch an die gefäßchirur- gischen Möglichkeiten denken.

Prof. Dr. med. Ulf Stockmann Franziskus-Krankenhaus Budapester Straße 15–19 10787 Berlin

Man kann sich fragen, wie das sein kann, daß ein Artikel, der im Deutschen Ärzteblatt als Titelthema angekündigt wird und den Anspruch erhebt, interdisziplinär sein zu wol- len, das Fach Psychosomatik in kei- ner Weise berücksichtigt, zumal es dieses Fach seit 1970 innerhalb der

Schulmedizin gibt! Im Artikel liest man folgendes: „Das subjektive Schwindelgefühl ist global gesehen Ausdruck eines gestörten neuronalen Entladungsmusters in den kortikalen Projektionsgebieten. Die Vielzahl neuronaler Verschaltungen erklärt den Einfluß labyrinthärer, proprio- zeptiver, spinaler, hirnbasaler, korti- kaler, zerebellarer, optischer und psy- chischer Impulse auf das gleichge- wichtshaltende System.“ Dann ver- weist der Autor auf seine Grafik 1. In der Grafik 1 taucht aber der erwähn- te psychische Impuls schon nicht mehr auf.

Die Psyche kann man dann im weiteren Verlauf des Artikels nicht mehr entdecken. Aus psychosomati- scher Sicht muß gesagt werden, daß die große Gruppe von Patienten, die unter psychogenem Schwindel lei- den, auch oft umschrieben mit dem Begriff funktioneller Schwindel, in diesem Artikel keine Berücksichti- gung finden. Bei diesen Patienten be- steht ein großer Leidensdruck, ganz zu schweigen von den enormen Ko- sten, die sie bei unadäquater Behand- lung verursachen.

Schwindel ist eine subjektive Empfindung von Gleichgewichts- störung in physischer und/oder psy- chischer Hinsicht. Häufig tritt Schwindel im Zusammenhang mit emotionaler Spannung, vor allem im Zusammenhang mit Angst, zum Teil zusammen mit Hyperventilation auf.

Schwindel kann auch Konversions- symptom sein (1).

Epidemiologische Untersuchun- gen in verschiedenen Industrienatio- nen haben ergeben, daß 30 bis 60 Prozent aller Kranken, die einen Arzt oder ein Krankenhaus aufsu- chen, zu der Gruppe von Patienten mit sogenannten „funktionellen Syn- dromen“ gehören, das heißt Kranke, die ohne organische Ursachen krank sind.

Untersuchungen aus der Bun- desrepublik haben ergeben, daß es im Durchschnitt 7 bis 11 Jahre dauert, ehe bei diesen Patienten die richtige Diagnose gestellt wird (Reimer et al., 1979, zitiert in [2]) (2). Herr Stoll er- wähnt dann in seiner Arbeit doch noch einmal die Psyche, wenn er schreibt: „Der Psychologe sollte erst zu Rate gezogen werden, wenn orga-

nische Schäden sicherlich ausge- schlossen sind.“ Man beachte, es wird der Psychologe erwähnt, als gäbe es weder das Fach Psychosomatik noch den Facharzt für Psychotherapeuti- sche Medizin, als gäbe es nicht die Möglichkeit vieler kassenärztlichen Kollegen, die im Rahmen der Psy- chosomatischen Grundversorgung auch Patienten mit funktionellem oder psychogenem Schwindel adä- quat behandeln. Herr Kollege Stoll geht dann innerhalb des Kapitels Therapie recht gut auf eine Fülle von Therapiemaßnahmen ein, die die Domäne der Krankengymnasten und Ergotherapeuten darstellen.

Um so mehr drängt sich mir die Frage auf, warum auf die Psychoso- matik gar nicht eingegangen wurde.

Auch hier könnte noch aus psychoso- matischer Sicht ergänzt werden, daß es bei Patienten, die an einer schwe- ren Erkrankung, wie zum Beispiel ei- nen Hörsturz mit Labyrinthbeteili- gung leiden, notwendig ist, ihnen da- bei zu helfen, Coping-Strukturen zu entwickeln, also der psychischen Be- wältigung der Krankheit. Es ist auch zu fragen, warum zum Beispiel bei dieser Übersichtsarbeit nicht auf Pa- nikattacken eingegangen wurde?

Diese manifestieren sich mit multi- plen Symptomen.

Die häufigsten Symptome wäh- rend einer Attacke sind: Dyspnöe, Palpitationen; Schmerzen in der Brust oder Unwohlsein; Erstickungs- oder Beklemmungsgefühle; Benom- menheit, Schwindel (3). Ich möch- te abschließend noch auf Ausführun- gen der Psychotherapierichtlinien verweisen: Die psychosomatische Grundversorgung wird in den Psy- chotherapierichtlinien folgender- maßen definiert:

¿ Diagnosestellung: Ein kom- plexes Krankheitsgeschehen ist ätio- logisch in Richtung einer psycho- somatischen „Gesamtdiagnose“ zu klären;

À Indikationsstellung: Es ist ei- ne gemeinsame Zuordnung von So- mato-, einschließlich Pharmakothera- pie und seelischer Krankenbehand- lung nach den Erfordernissen der ak- tuellen Krankheitssituation anzustre- ben;

Á Begrenzte Zielsetzung: Die- se umfaßt eine Symptombeseitigung, A-2326

M E D I Z I N

(64) Deutsches Ärzteblatt 93,Heft 37, 13. September 1996 DISKUSSION

Mangelnde Durchblutung vergessen

Artikel gibt Anlaß

zur Verwunderung

(4)

A-2327

M E D I Z I N

Deutsches Ärzteblatt 93,Heft 37, 13. September 1996 (65) Der Beitrag von Herrn Professor

Stoll läßt leider wesentliche diagnosti- sche Aspekte und therapeutische Überlegungen zum Thema Schwindel außer acht, da er kein Wort zu psycho- genen Schwindelzuständen sagt. Nach neueren empirischen Untersuchungen an großen Patientenkollektiven ist Schwindel in 25 bis 35 Prozent psycho- gen verursacht (1, 2). Bei einem weite- ren großen Teil der Patienten mit ur- sprünglich organisch bedingten Schwindelzuständen tragen psychoge- ne Faktoren wesentlich zum Verlauf der Symptomatik, das heißt zur Chro- nifizierung, subjektiven Beeinträchti- gung und Länge der Arbeitsunfähig- keit bei (3, 4). Am häufigsten liegen den psychogen bedingten Schwindel- zuständen Angststörungen und de- pressive sowie dissoziative Störungen („Konversionsstörungen“) zugrunde.

An der Mainzer Universitätsklinik für Neurologie und Psychosomatische Medizin und Psychotherapie existiert seit drei Jahren eine interdisziplinäre Ambulanz für Patienten mit Schwin- del. Die Zusammenarbeit hat gezeigt, daß eine interdisziplinäre Diagnostik und Therapie von wesentlicher Bedeu- tung ist, um einer Chronifizierung der Erkrankung vorzubeugen. Leider ma- chen wir immer wieder die Erfahrung,

daß über lange Zeit zugrundeliegende schwerwiegende psychische Erkran- kungen, wie Angststörungen oder de- pressive Störungen nicht erkannt wer- den und den Patienten damit eine Be- handlung vorenthalten wird.

Organische Ursachen müssen natürlich ausgeschlossen werden, aber psychogene Ursachen müssen von Beginn an in die Diagnostik ein- geschlossen werden.

Literatur

1. Kroenke K, Lucas C, Rosenberg ML, Scherokman B, Herbers J: Causes of persi- stent dizziness, Annals of Internal Medi- cine 1992; 117: 898-904

2. Nedzelski JM, Barber HO, McIlmoyl L:

Diagnosis in a dizziness unit, The Journal of Otolaryngology 1986; 15: 101–104 3. Yardley L, Verschuur C, Masson E, Luxon

L, Haacke N: Somatic and psychological factors contributing to handicap of people with vertigo, British Journal of Audiology 1992a; 26: 283–290

4. Yardley L, Todd AM, Lacoudray-Harter MM, Ingham R: Psychosocial consequen- ces of recurrent vertigo, Psychology and Health 1992b; 6: 85–96

Dr. med. Annegret Eckhardt Universitätsklinik für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie

Untere Zahlbacher Straße 8 55131 Mainz

eine Einsichtsvermittlung in pathoge- ne somato-psychische/psycho-soma- tische Zusammenhänge und in die Notwendigkeit einer Umorientierung des Patienten;

 Der Therapiemethoden:

Durch verbale Intervention und durch übende und suggestive Tech- niken (4). „Psychotherapie, als Be- handlung seelischer Krankheiten im Sinne dieser Richtlinien, setzt vor- aus, daß das Krankheitsgeschehen als ein ursächlich bestimmter Prozeß verstanden wird, der mit wissen- schaftlich begründeten Methoden untersucht und in einem Theoriesy- stem mit einer Krankheitslehre defi- nitorisch erfaßt ist. Die Theoriesy- steme müssen seelische und körper- liche Symptome als Ausdruck des Krankheitsgeschehens eines ganz- heitlich gesehenen Menschen wahr- nehmen und berücksichtigen. Sie müssen den gegenwärtigen, lebens- geschichtlichen und gesellschaftli- chen Faktoren in ihrer Bedeutung für das Krankheitsgeschehen ge- recht werden.“ (5)

Literatur

1. Sopko J: Funktionelle Störungen in der HNO-Heilkunde. In: Psychosomatische Medizin/Thure von Uexküll. Hrsg. von Rolf Adler... – 4.,neubearb. u. erw. Aufl. – München; Wien; Baltimore: Urban u.

Schwarzenberg, 1990, S. 1080–1093 2. von Uexküll T, Wesiak W: Wissenschafts-

theorie und Psychosomatische Medizin, ein biopsychosoziales Modell. In: Psychoso- matische Medizin/Thure von Uexküll.

Hrsg. von Rolf Adler... – 4., neubearb. u.

erw. Aufl. – München; Wien; Baltimore:

Urban u. Schwarzenberg, 1990, S. 5–36 3. Diagnostisches und statistisches Manual

psychischer Störungen: DSM-III; übers.

nach d. 3. Aufl. d. Diagnostic and statistical manual of mental disorders d. American Psychiatr. Association/Dt. Bearb. u. Einf.

von K. Koehler und H. Saß Übers.: O. v.

Delbrück. Weinheim; Basel: Beltz, 1984 4. Faber FR: Kommentar Psychotherapie-

Richtlinien: Gutachterverfahren in der Psychotherapie; psychosomatische Grund- versorgung; Kommentar der Beihilfe-Vor- schriften für Psychotherapeuten/von Franz Rudolf Faber und Rudolf Haarstrick. Un- ter Mitw. von Dieter Kallinke. – 3., neu be- arb. Aufl. – Neckarsulm; Stuttgart: Jung- johann, 1994

5. Sonderdruck aus: Verträge der Kassenärzt- lichen Bundesvereinigung: Vereinbarung über die Anwendung von Psychotherapie in der vertragsärztlichen Versorgung, gültig ab 1. Oktober 1990, in der Fassung vom 1.

April 1994

Dr. med. R. Mathias Dunkel Arzt – Psychotherapie Kanzelstraße 5 65191 Wiesbaden

DISKUSSION/FÜR SIE REFERIERT

Ergänzungen

dringend notwendig

Der Autor hat auf ein Schlußwort verzichtet

In den letzten Jahren hat sich bei Hochrisiko-Patienten mit Gallenblase in situ und einer symptomatischen Choledocholithiasis die endoskopische Sphinkterotomie durchgesetzt. Die Autoren haben dieses Vorgehen mit der offenen Chirurgie in einer prospek- tiven Studie verglichen, an der 98 Pati- enten mit einem Durchschnittsalter von 80 Jahren teilnahmen. Das operati- ve Vorgehen war in 94 Prozent, das en- doskopische in 88 Prozent erfolgreich.

Unterschiede in Morbidität und Morta- lität fanden sich nicht. Bei einer Nach- beobachtungszeit von im Mittel 17 Mo- naten traten erneute biliäre Symptome

bei drei Operierten und bei zehn Sphinkterotomierten auf, von denen dann sieben operiert werden mußten.

Die Autoren kommen zu dem Schluß, daß auch bei Hochrisiko-Patienten das operative Vorgehen dem endoskopi- schen Zugang bei Patienten mit Gal- lenblase in situ vorzuziehen ist. w Targarona EM, Perez Ayuso RM, Bordas JM, Rös E, Pros I, Martinez J, Teres J, Trias M: Randomised trial of endoscopic sphincterotomy with gallbladder left in si- tu versus open surgery for common bile- duct calculi in high-risk patients. Lancet 1996; 347: 926–929

Service of General and Digestive Surgery Hospital Clinic, University of Barcelona, Villaroel 170, 08036 Barcelona, Spanien

Papillotomie oder bessere Anwendung der

offenen Chirurgie bei Choledocholithiasis?

Referenzen

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