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Archiv "Arteriosklerose — Eine bedrohliche Entwicklung fordert Präventivmaßnahmen" (15.04.1983)

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Zur Fortbildung Aktuelle Medizin

ÜBERSICHTSAUFSATZ

Nach wie vor beansprucht die Ar- teriosklerose unsere ganze Auf- merksamkeit als Ärzte. Ist sie doch noch immer die führende Krank- heits- und Todesursache in den Industrieländern. Sie kann nicht nur das Schicksal des einzelnen bestimmen, sondern sie beeinflußt den Gesundheitszustand ganzer Völker.

Die von der Arteriosklerose verur- sachten Kosten werden in der Bundesrepublik Deutschland mit 30 bis 60 Milliarden DM pro Jahr angesetzt, je nachdem, ob man die direkten Aufwendungen für die Krankheit oder auch alle Folgeko- sten, z. B. durch frühzeitige Be- rentung oder Tod, berücksichtigt.

Rechnet man die anfallenden Ko- sten für die Versorgung der Hin- terbliebenen hinzu, so kommt man auf eine Summe, die mit 60 Milliar- den etwa 20 Prozent des Bundes- haushaltes ausmacht.

Es muß daher ein vordringliches Anliegen der Ärzte, aber auch all jener, die sich mit Gesundheits- und Krankheitsproblemen befas- sen, sein, die Entstehung der Arte- riosklerose und deren Verlauf zu beeinflussen. Dies ist keine Uto- pie, sondern in vielen Ländern ist bereits ein Rückgang der arte- riosklerosebed i ngten Todesursa-

chen gesichert. Wir sind darauf kürzlich im Heft 51/52 vom 27. De- zember 1982 des DEUTSCHEN ÄRZTEBLATTES (8) näher einge- gangen.

Der massive Rückgang der tödli- chen Schlaganfälle und Herzin- farkte, für den Australien, Kanada, Finnland und die USA beispielhaft sind, muß auch bei uns angestrebt werden. In der Bundesrepublik nehmen die tödlichen Schlagan- fälle ab, die Zahl der tödlichen Herzinfarkte hat sich in den letzten Jahren aber nicht wesentlich ver- ringert.

Der drastische Anstieg der Koro- narmortalität in den Jahren zwi- schen 1950 und 1975 hat sich al- lerdings wesentlich abgeflacht.

Man kann davon ausgehen, daß die heute mit 80 000 Herzinfarktto- ten pro Jahr angegebene Zahl kor- rekt ist.

Dagegen ist die viel höher anzu- setzende Krankheitsquote bisher nicht sicher zu erfassen oder auch nur abzuschätzen, sind doch Dia- gnose und Differentialdiagnose der koronaren Herzkrankheiten auch heute noch trotz zahlreicher Fortschritte der modernen Medi- zin nicht selten recht schwierig.

Selbst mit angiographischen Ver-

Die Arteriosklerose gilt nach wie vor als Krankheits- und Todesursache Nr. 1. An ihren Folgen sterben in der Bun- desrepublik täglich 600 Men- schen. Da sie vor allen in den Industrieländern. stark zu- nimmt, ist anzunehmen, daß ihr Entstehen und ihr Ablauf durch die Lebensweise be- einflußt werden. Sie ist da- her keine Krankheit, die schicksalhaft hingenommen werden müßte. Ihre Beein- flussung ist ganz im Gegen- teil eine gesundheitspoliti- sche und sozialmedizinische Aufgabe allerersten Ranges.

fahren und ausgefeilter Funktions- diagnostik ist die Beurteilung der Arteriosklerose im Einzelfalle oft problematisch.

Die herdförmige Anlage der typi- schen Arteriosklerose, die Ent- wicklung spontaner Kollateralen und die permanenten Umbauvor- gänge der Arterien, nicht zuletzt der Funktionszustand der versorg- ten Organe, erschweren die Kurz- zeit-Prognose ebenso wie die

Langzeit-Beurteilung.

Ein kleiner, ungünstig gelegener arteriosklerotischer Herd, etwa im Reizleitsystem des Herzens, kann zum plötzlichen Herztod führen, während ausgedehnte arterioskle- rotische Arterienverschlüsse jahr- zehntelang ohne Ausfälle toleriert werden.

Angina pectoris, Herzinfarkt und Herzrhythmusstörungen als wich- tigste Äußerungen der koronaren Herzkrankheit können unter- schiedlich auf vorsorgliche und therapeutische Interventionen rea- gieren. Das gleiche gilt für Durch- blutungsstörungen des Gehirns, der Eingeweide und der Extre- mitäten. Der natürliche Verlauf der arteriosklerotischen Durchblu- tungsnot muß in alle Bemühungen einbezogen werden.

ARTERIOSKLEROSE-SERIE:

Arteriosklerose —

Eine bedrohliche Entwicklung fordert Präventivmaßnahmen

Einführung in eine Artikelserie

über arteriosklerotische Erkrankungen

Gotthard Schettler

Aus der Medizinischen Universitätsklinik der Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg

(Direktor: Professor Dr. med. Dr. h. c. mult. Gotthard Schettler)

Ausgabe A DEUTSCHES ARZTEBLATT 80. Jahrgang Heft 15 vom 15. April 1983 37

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Zur Fortbildung Aktuelle Medizin

EDITORIAL

Die Arteriosklerose

Rudolf Grass

Nach dem neuesten Statisti- schen Jahrbuch der Bundes- republik Deutschland (1982), . herausgegeben vom Statisti-

schen Bundesamt (Verlag W.

Kohlhammer, Stuttgart), ste- hen zwei große "Killer" wei- terhin an der Spitze der Mor- talitätsstatistik: Die Erkran- kungen des Kreislaufsy- stems und die bösartigen Neubildungen.

Bei den absoluten Todesur- sachen für 100 000 Einwoh- ner 1980 erreichen sie fol- gende Prozentzahlen:

..,. Neoplasien 20,74 ..,. Kreislaufkrankheiten

50,34 davon:

zerebro-vasku läre

Herzkrankheiten 14,33 ischämische

Herzkrankheiten 18,14 Auch bei den sogenannten standardisierten Sterbezif- fern, das heißt bei Berück- sichtigung der natürlichen Altersverteilung (durch Be- zugnahme auf die Alters- und Geschlechtsverteilung des Jahres 1970) überschrei- tet keine andere Todesursa- che die beiden genannten, die zusammen über zwei Drittel der gesamten Sterb- lichkeit in der Bundesrepu- blik Deutschland ausma- chen. Ähnliches gilt auch für die Zugänge im Bereich von Erwerbs- und Berufsunfä- higkeit, bei denen allerdings die seelischen Störungen

und die Erkrankungen des Nervensystems, die Erkran- kungen des Bewegungsap- parates sowie die Unfallfol- gen das Bild etwas ver- schieben.

Wegen der hohen Morbidität und wegen derverbesser- ten Behandlungsmöglichkeit des Diabetes mellitus hat das DEUTSCHE ÄRZTE- BLATT diesem Krankheits- komplex eine besondere Se- rie von Beiträgen gewidmet, die in absehbarer Zeit abge- schlossen werden dürfte.

Hinsichtlich der Tumorlei- den sind Verabredungen mit der Deutschen Krebsgesell- schaft getroffen worden, we- nigstens die wichtigsten Richtlinien für die Frühdia- gnostik, Therapie und Nach- sorge in kürzeren Beiträgen zu veröffentlichen.

Die in diesem Heft beginnen- de Serie gilt der häufigsten Todesursache, den arterio- sklerotischen Erkrankungen des Herzens, des Gehirns und anderer Organe. Für die Wahl waren nicht nur die ge- nannten epidemiologischen Daten entscheidend. Auch das morphologische, rheolo- gische und biochemische Verständnis dieser Krank- heitsgruppe hat in den letz- ten Jahren eine beträchtli- che Ausdehnung erfahren.

Wichtiger noch: Viele früher schicksalhafte Verläufe kön- nen heute durch die Fort- schritte der Gefäßchirurgie beherrscht werden. Dane- ben haben raffinierte Tech- niken mit Ballonkathetern auch der konservativen Be- handlung ganz neue Mög- lichkeiten eröffnet. Dazu kommen die gezielten und systemischen Anwendungen thrombolytischer Behand-

Iungen, die sich gegenüber bisherigen Erfahrungen be- sonders in der Frühphase ar- terieller Verschlußleiden als viel wirksamer erwiesen ha- ben. Über die Prophylaxe von Infarkten bei koronarer Herzkrankheit und bei zere- bra-vaskulären Leiden durch Antikoagulantien und durch Aggregationshammer liegen inzwischen umfangreiche prospektive und randomi- sierte Studien vor. Gleich- wohl sind die Ergebnisse ge- zielter Prophylaxe bisher we- der eindeutig noch abschlie- ßend.

Vergessen wir bei einem so vielgestaltigen Krankheits- bild wie der Arteriosklerose auch die Diagnostik nicht!

Sie bezieht sich vor allem auf drei Komplexe:

0

Abgrenzung arterioskle- rotischer Veränderungen von einem Tumor, etwa bei der häufigen Depression äl- terer Menschen;

8

Nachweis der Lokalisa- tion und des Ausmaßes "kri- tischer" Gefäßveränderun- gen als Grundlage der The- rapie;

0

Erkennung ungewöhnli- cher Symptome (in praktisch allen Disziplinen der Medi- zin) als Folge einer Durch- blutungsstörung.

Das DEUTSCHE ÄRZTE- BLATT dankt seinem Fach- redakteur Professor Dr. Dr.

h. c. mult. Gotthard Schett- ler- wohl einem der besten Arteriosklerosekenner im deutschsprachigen Raum-, daß er diese Serie sorgfäl- tig vorbereitet hat und nam- hafte Autoren für die ein- zelnen Beiträge gewinnen konnte.

38 Heft 15 vom 15. April 1983 80. Jahrgang DEUTSCHES ARZTEBLATT Ausgabe A

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Zur Fortbildung Aktuelle Medizin Arteriosklerose

Die klinischen Folgen der Arterio- sklerose, nämlich die Verhärtung, der Elastizitätsverlust und die Lichtungseinengung der Arterien werden im wesentlichen durch krankheitsauslösende und krank- heitsfördernde Faktoren be- stimmt. Wir müssen freilich davon ausgehen, daß diese klinisch bestimmte Definition auf sehr verschiedenen morphologischen Substraten beruht.

Arteriosklerose ist also ein Sam- melbegriff für krankhafte Umge- staltungen der Arterien. Die Verän- derungen können von allen drei Schichten der Arterien ausgehen, also von der Intima, der Media und der Adventitia. Primär entzündli- che Veränderungen, degenerative Störungen der elastischen Ele- mente und der Grundsubstanz, die Ablagerung fetthaltiger Plaques und die Entwicklung von Throm- ben sind die wesentlichen patho- genetischen Prozesse.

Die den Verlauf der Arteriosklero- se bestimmenden Gefäßverschlüs- se sind in hohem Maße durch wandständige und obturierende Thromben bedingt. Das auf Franz Büchner (3) zurückgehende Kon- zept der Herzinfarktentstehung wurde in den letzten Jahren nicht zuletzt dadurch bestätigt, daß ge- rinnungshemmende und fibrinauf- lösende Maßnahmen die Entwick- lung und den Verlauf von Herzin- farkten maßgeblich verändert ha- ben. Die geschilderte Verminde- rung der tödlichen Herzinfarkte beruht natürlich auch auf der Ver- besserung der therapeutischen Versorgung unter Einschluß inten- sivmedizinischer Maßnahmen.

Auf der anderen Seite gibt es heu- te keine Zweifel, daß die langfristi- ge Prävention den Verlauf der Ar- teriosklerose weltweit beeinflußt hat und noch beeinflußt. Präven- tion bedeutet, die krankmachen- den Faktoren zu vermeiden, sie zu beseitigen, wenn sie bereits beste- hen, oder ihre Folgen zu lindern und zu heilen. Damit sind die pri- märe, sekundäre und tertiäre Prä- vention definiert.

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat es sich seit Jahrzehn- ten zur Aufgabe gemacht, die Kon- zepte der Prävention der Herz- und Gefäßkrankheiten zu aktuali- sieren. Empfehlungen zur Verhü- tung der koronaren Herzkrankhei- ten wurden 1982 veröffentlicht und im DEUTSCHEN ÄRZTE- BLATT (8) referiert.

Die Schriftleitung des DEUT- SCHEN ÄRZTEBLATTES hat be- schlossen, in den nächsten Mona- ten eine Reihe von Originalbeiträ gen erscheinen zu lassen, die sich mit dem gegenwärtigen Stand der Arteriosklerose-Probleme und den Fortschritten auf diesem Gebiet beschäftigen.

Die Grundzüge der Morphologie und die organbezogenen Fol- gen der Arteriosklerose werden ebenso abgehandelt wie Verlauf und Klinik der wichtigsten arteriel- len Verschlußkrankheiten und de- ren Therapie. Gerade auf diesem Sektor gibt es zahlreiche neue Er- kenntnisse, welche auf den Ergeb- nissen der Physiologie und spe- ziell der Rheologie beruhen. Im Heft 2 (1982) 137-178 der Zeit- schrift Hämostaseologie wurden die wesentlichen Ergebnisse der humoralen Auswirkungen auf die Arterien referiert. Daraus ergeben sich wichtige Hinweise für die Pro- phylaxe und die Therapie. Auch diese werden in der vorgesehenen Artikelserie abgehandelt.

Da sich arteriosklerotische Äqui- valente in jedem Gefäßsystem und in allen Altersklassen entwickeln, wird man die Frage der krank- heitsfördernden und -unterhalten- den Faktoren besonders sorgfältig beachten müssen. Es kann auf- grund von Langzeitbeobachtun- gen gar keine Frage sein, daß Risi- kokonstellationen, sogenannte Ri- sikobündel, die Entstehung und den Ablauf der arterioskleroti- schen Verschlußkrankheiten maß- geblich beeinflussen.

Es gibt allerdings auch Herzinfark- te, welche sich ohne erkennbare Risikokonstellationen entwickeln.

Sie sind selten, ebenso wie die noch selteneren Gehirnschläge ohne scheinbare Risiken. Ein Teil dieser Fälle ist zweifellos dadurch erklärt, daß primär entzündliche Prozesse am Arteriensystem und in den betroffenen Organen zu- grunde liegen.

So ist die Gruppe der plötzlichen, unerwarteten Herz-Todesfälle durchaus nicht allein die Folge arteriosklerotischer Koronarver- schlüsse. Die vielfältigen Ursa- chen des plötzlichen Herztodes hat W. Doerr dargestellt (4). Ange- borene Anomalien, vor allem aber die Myokarditis in den ihr eigenen Formen und Ätiologien sind hier zu nennen. Solche Ereignisse be- dürfen keiner der landläufigen Ri- sikokonstellationen.

Die Masse der koronaren und ze- rebralen vaskulären Ereignisse ist aber zweifellos durch krankma- chende Risiken hervorgerufen und unterhalten.

Man muß beachten, daß das Ereig- nis eines Herzinfarktes die aktuel- le Risikokonstellation massiv ver- ändern kann. Das gilt für vorher bestehenden Bluthochdruck ebenso wie für eine massive Hy- percholesterinämie, die unmittel- bar und in den ersten Wochen nach dem Infarkt nicht selten ver- schwinden. Das Nachlassen der Herzmuskelkraft als Folge des Herzinfarktes kann mit Rückgang einer chronischen Hypertonie ver- bunden sein. Selbst massive Hy- percholesterinämien und Hyperli- poproteinämien werden durch das Schockereignis des Herzinfarktes reduziert. Normalwerte verschlei- ern dann die primär pathologi- schen Konstellationen über Wo- chen und Monate. Unsere thera- peutischen Maßnahmen können ferner zum Wiederanstieg des Blutdruckes bis zur präexistenten Hypertonie führen. Diese ist dann wiederum therapiebedürftig.

Ferner ist zu beachten, daß das Schicksal eines Herzinfarktkran- ken nicht allein vom Weiterbeste- hen von Risikokonstellationen ab- Ausgabe A DEUTSCHES ÄRZTEBLATT 80. Jahrgang Heft 15 vom 15. April 1983 41

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Zur Fortbildung Aktuelle Medizin

hängt, sondern vom Zustand der Herzmuskulatur und insbesondere des Herzreizleitungssystems.

Herzrhythmusstörungen in ihren verschiedenen Manifestationen bestimmen häufig das Schicksal eines Koronarkranken. Ihre Diffe- renzierung und Therapie sind da- her in jedem Einzelfalle besonders wichtig. Bei allen großartigen Fortschritten, die wir hier gemacht haben, bleibt noch immer eine große Zahl von Herztoten, welche infolge Kammerflimmerns die Kli- nik nicht mehr erreichten. Die Auf- stellung sogenannter Infarktregi- ster, welche regionär, etwa auf kommunaler Basis, alle Fälle von koronaren Herzkrankheiten erfas- sen, hat uns bereits wertvolle Da- ten über ihre Ätiologie und ihren Verlauf, aber auch über die Sozio- logie und Psychosomatik geliefert.

Auch darüber wird im einzelnen berichtet werden.

Zurückkommend auf die Risiko- faktoren ist es selbstverständlich wichtig, ihre Entstehung abzuklä- ren. Abgesehen von den relativ wenigen Fällen angeborener Stö- rungen ist die Masse der Risikoträ- ger das Opfer einer falschen Le- bensführung. Daß dies recht pro- blematisch ist, läßt sich an jedem Einzelfall von Hypertonie, Hyper- lipämie, Zigarettenrauchen und für viele Fälle von Übergewicht mit und ohne Stoffwechselstörung nachweisen. Eine wesentliche Aufgabe der Vorbeugung wird es daher sein, krankheitsfördernde Konstellationen auf ihren ver- schiedenen Ebenen zu erfassen und zu beeinflussen.

Die kommunale Prävention, die auch in der Bundesrepublik Deutschland bereits erfolgreiche Ansätze erkennen läßt und die er- ste Ergebnisse erzielte, ist eine der enorm wichtigen Aufgaben der Ärzteschaft. Ohne ihre Mitwirkung ist die kommunale Daseinsfürsor- ge im Sinne von E. Nüsse! nicht zu realisieren. Die enge Zusammen- arbeit mit Psychologen und Sozio- logen bzw. Sozialmedizinern wird noch weitere Erfolge erwarten las-

sen. Daß die allgemeine Lebens- führung gerade für die Entwick- lung der Herzgefäßkrankheiten von großer Bedeutung ist, braucht nicht besonders betont zu werden.

So wurde immer wieder dargelegt, wie problematisch das Phänomen Streß in seinen Auswirkungen auf den individuellen Krankheitsfall ist. Streß in all seinen Sonderfor- men ist aber nur als Teil eines Risi- kobündels krankheitsbestim- mend. Im Wechselspiel aller Teil- faktoren dieses Risikobündels liegt eine wesentliche Ursache für den unterschiedlichen Verlauf cler Arteriosklerose.

Wenn es auch noch viele ungelö- ste Fragen gibt, so zeigt doch die weltweite Entwicklung der letzten Jahre, daß die Arteriosklerose für den einzelnen keine schicksalhaf- te Bedrohung darstellt, sondern daß sie eine Krankheit ist, welche bedeutungsdiagnostisch zu klären ist, um die entsprechenden vor- sorglichen und therapeutischen Maßnahmen zu ergreifen. Den- noch bedroht die Arteriosklerose noch heute den einzelnen wie ganze Nationen. Sie verhindert den Gewinn an lebenswerten Jah- ren und beeinträchtigt unser Be- finden. Sie hat den Charakter ei- ner echten Epidemie. Rudolf Vir- chow gab die Parole aus für die künftige Entwicklung, wenn er for- mulierte, daß „Epidemien großen Warnzeichen gleichen, an denen der Staatsmann von großem Stil ablesen kann, daß in dem Entwick- lungsgang seines Volkes eine Stö- rung eingetreten ist, welche selbst eine sorglose Politik nicht länger übersehen darf."

Wir Ärzte haben daraus entspre- chende Konsequenzen zu ziehen.

Literatur beim Verfasser Anschrift des Verfassers:

Professor Dr. med. Dr. h. c. mult.

Gotthard Schettler

Direktor der Medizinischen Universitätsklinik

Bergheimer Straße 58 6900 Heidelberg

Die klinische Prüfung von Medikamenten durch den Praktiker

Der niedergelassene Arzt, der auf die Einführung eines Arzneimittels kaum Einfluß hat, hat später je- doch eine Schlüsselfunktion, da die Medikation letztlich durch ihn erfolgt. Hierbei stellt sich ihm na- türlich die Frage, ob er sich blind auf die Angaben von Pharmaver- tretern, Arzneimittelwerbung, Ärz- teinformationen, Fachjournalisten usw. verlassen will, oder ob er das neue Mittel anhand seiner bisheri- gen Erfahrung mit der unbehan- delten Krankheit oder aber der mit anderen Medikamenten behandel- ten Krankheit selbst erproben möchte. Die klinische Erfahrung der Praktiker wird von Fachleuten oft belächelt, da viele Fehlinter- pretationen möglich sind; es sei denn, es handelt sich um neu ent- deckte Nebenwirkungen, die durchaus ernst genommen wer- den. Die klinischen Erfahrungen des Praktikers können zwar, müs- sen aber nicht falsch sein. Der Au- tor kommt zu dem Schluß, daß kli- nische Erfahrungen nützlicher sind als allgemein angenommen wird, und daß niedergelassene Ärzte sich ein eigenes Urteil bilden sollten und „offizielle" Dosisemp- fehlungen aufgrund eigener Er- fahrungen durchaus einmal redu- zieren oder erhöhen können.

(Mehr als eine Dosisempfehlung des Herstellers ist aufgrund von Hinweisen des Praktikers schon revidiert worden.) Da es in klini- schen Versuchen nicht darum geht, welches Arzneimittel besser oder am besten für einen be- stimmten Patienten geeignet ist, sondern darum, wie ein Präparat durchschnittlich bei einer Gruppe kranker Menschen wirkt, müssen Praktiker, die den Patienten indivi- duell behandeln, sich oft eigene Daten erarbeiten. Dpe

Lasagna, L.: Historical Controls — The Rrac- titioner's Clinical Trials, The New Englän-d Journal of Medicine 307 (1982) 1339-1340, Louis Lasagna, MD, University of Rochester, School of Medicine, Rochester, NY 14642, U.S.A.

FÜR SIE GELESEN Arteriosklerose

42 Heft 15 vom 15. April 1983 80. Jahrgang DEUTSCHES ARZTEBLATT Ausgabe A

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