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Archiv "Radikale Reformen" (20.01.1984)

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DAS AKTUELLE BUCH

E

inen mutigen Beitrag zur Dis- kussion um die Direktbeteili- gung in der sozialen Krankenver- sicherung hat jetzt der renom- mierte Münchner Sozialökonom Prof. Dr. rer. pol. Frank E. Mün- nich geleistet. Anstoß für diese gutachtliche Expertise gaben der 83. Deutsche Ärztetag 1980 in Ber- lin und das damals verabschiede- te sozial- und gesundheitspoliti- sche Grundsatzprogramm der deutschen Ärzteschaft, in wel- chem die (zumindest) modellhafte Erprobung von sozial tragbaren Selbstbeteiligungsformen emp- fohlen worden war.

Gutachter Münnich, der sämtliche im politischen Raum bereits erör- terten und theoretisch denkmög- lichen Spielarten der Direktbetei- ligung kritisch unter die Lupe nimmt, beachtete drei grundsätz- liche Vorgaben:

1. Die Direktbeteiligung der so- zialversicherten Patienten darf die soziale Sicherung gegen das Krankheitsrisiko nicht beeinträch- tigen und darf nicht zu sozialen Härten führen.

2. Das Prinzip der Solidarhaftung der Versichertengemeinschaft darf nicht aufgegeben werden; und es sollte ein Prozeß der Ent- solidarisierung durch Selbstbetei- ligungsverfahren (etwa Wahltari- fe) vermieden werden.

3. Selbstbeteiligungssysteme sollten steuerungswirksam sein und nicht zur bloßen Beschaffung zusätzlicher Finanzmittel aktiviert werden; sie dürfen in keinem Fall zu einer Risikohäufung bei be- stimmten Versichertengemein- schaften führen.

Die Empfehlungen und Warnun- gen Münnichs sind folglich be- grenzt auf die Regelungs- und Steuerungssituation bei der Nach- frage nach Gesundheitsgütern und -dienstleistungen·. Metaöko- nomische Anliegen hat der Ver- fasser so gut wie ausgeklammert; er hat sich vielmehr auf eine über- sichtliche Pro- und Contra-Diskus- sion beschränkt. Dennoch stellen

DEUTSCHES XRZTEBLATT

Radikale Reformen

die Anregungen Münnichs, eines Volkswirts liberaler Prägung, ei- nen beachtlichen Denkanstoß für die politische und innerärztliche Beratung dar.

..,. Münnich bezeichnet in einer Kernthese eine prozentuale und sozial plafondierte Direktbeteili- gung in Höhe von 20 bis 30 Pro- zent an den Gesamtaufwendun- gen für die ambulante ärztliche

Ordinarius Münnich: .,Die Eigenbeteili- gung muß fühlbar sein!" Foto:,Ciade

und konservative zahnärztliche Behandlung als .,erwägenswert".

Bei den Gesamtaufwendungen für die stationäre Behandlung, soweit sie über Pflegesätze verrechnet werden (also unter Ausschluß der Kapitalkosten), empfiehlt Mün- nich entweder eine prozentuale Direktbeteiligung des Versicher- ten bis zu einem sozial tragbaren Höchstsatz oder aber eine ange- messene direkte Entschädigungs- zahlung des Versicherten in Höhe der ersparten Eigenaufwendun- gen (etwa bei Krankenhauspfle- ge) oder eine sogenannte Interes- senquote etwa bei Kuren. Um den

Versicherten den Wert der Sozial- leistungen einzuimpfen, rät Mün- nich zu einem "Sonderopfer", zu- mindest zur Anrechnung von Ur- laubstagen auf den Kuraufenthalt ("immaterielle Eigenbeteili- gung"). Bei allen Lenkungsversu- chen über den Preis ist, mahnt Münnich, das Ziel nicht die zu- sätzliche Beschaffung neuer Fi- nanzmittel, sondern die Absicht, die Versicherten zu einer pfleg- lichen Inanspruchnahme und ei- ner konsequenten Arzt-Patienten- Compliance anzuhalten. Bei den Aufwendungen für Heil- und Hilfs- mittel, für Material- und Laborko- sten beim Zahnersatz sowie bei den Aufwendungen für kieferor- thopädische Leistungen emp- fiehlt Münnich eine proportionale Belastung des Versicherten am Gesamtaufwand der beanspruch- ten Leistungen. Zusätzlich könnte erwogen werden, bestimmte Lei- stungen selektiv aus der Erstat- tungspflicht auszusch I ießen ("Ausgrenzung"). Direktbeteili- gungen seien auch bei kosmeti- schen und "Luxus"-Sachmitteln indidziert.

Bei eindeutig nachweisbaren

"Selbstbeschädigungen" ein-

schließlich des Alkohol- und Niko- tinabusus vertritt Gutachter Mün- nich das radikale Verursacher- und Äquivalenzprinzip: Um den Heilungsaufwand bei "eigenver- ursachter Mißbrauchsschädi-

gung" abzudecken, sollten Alko-

hol-, Tabak- und Zuckerwaren künftig mit einer Sonderabgabe belastet werden, deren Finanzauf- kommen der Fiskus nach Einzel- abrechnungen der Erkrankten auf die einzelnen Versicherungsträ- ger verteilt. Harald Clade Franz E. Münnich: Steuerungsmöglich- keiten in der gesetzlichen Krankenver- sicherung. Zur Beeinflussung der Aus- gabenentwicklung in den einzelnen Lei- stungsbereichen auf Grundlage des der-

zeit geltenden Sachleistungsprinzips.

Band 4 der Schriftenreihe der Hans- Neuffer-Stiftung. Deutscher Ärzte-Ver- lag GmbH, Köln-Lövenich, 1983, 120 Sei-

ten, zu beziehen über die Hans-Neuffer-

Stiftung der Bundesärztekammer, Hae- denkampstraße 5, 5000 Köln 41.

92 (32) Heft 3 vom 20. Januar 1984 81. Jahrgang Ausgabe A

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