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Bericht und Meinung DER KOMMENTAR
nem Sprachgebrauch Krankheits- und Krankenbehandlung. Sie setzt die Beseitigung der Krankheitsur- sachen voraus. Darum kann Ge- wichtsreduktion allenfalls zur The- rapie von Folgekrankheiten des Übergewichts gehören. Die Adipo- sitas selbst bedarf kaum der The- rapie, sondern vielmehr vernünf- tiger, kalorienarmer Ernährung.
Nahrungsmittel indes sind keine Arzneimittel. Zweckmäßige Ernäh- rung gehörtzur gesunden Lebens- weise, nicht zur Krankheitsbe- handlung. Ist Körperfülle aber gar keine Krankheit und gelten Beleib- te nicht schon wegen ihres Umfan- ges als Kranke, so ist kalorienarme oder kalorienfreie Kost von Rechts wegen nicht als Krankenkost (Diät) zu bezeichnen, auch nicht als Null-Diät. Aber selbst das Einhal- ten einer Diät stellt keine Behand- lung dar, es sei denn in übertrage- nem Sinne.
Wer ist verantwortlich?
Ein Urteil des Oberlandesgerich- tes Hamm vom 16. September 1977 hat zur Revision beim Bun- desgerichtshof geführt. Gesetzt den Fall, die Bundesrichter kämen zu dem Ergebnis, ernährungsbe- dingtes Übergewicht sei doch eine Krankheit und stationäre Null-Diät die entsprechende anerkannte Heilbehandlung, so bliebe immer noch die Frage, wer die Höhe des Körpergewichts zu verantworten hat, der Arzt, die Krankenversiche- rung oder der Übergewichtige selbst. Antwort auf diese Frage ha- ben nicht allein die Bundesrichter zu geben, sondern auch die Über- ernährten, ihre Ärzte, die Versi- cherungsträger und die Mei- nungsmacher. Sie alle sind ge- fragt, wer für den Abbau gesund- heitsgefährdender Fettspeicher aufzukommen hat.
Letzten Endes geht es nicht um eine Kostenbeteiligung der Versi- cherten, sondern um ihre Kosten- verantwortung. Wo enden wir, wenn jeder seinen Speck auf eige- ne Rechnung ansetzen, aber zu Lasten anderer abbauen könn- te? Rudolf Lehming
Pflegesätze - vorab erhöht
Zum 1. Januar dieses Jahres sind die Krankenhaus-Pflegesätze in sechs Bundesländern „vorweg"
angehoben worden, und zwar in Nordrhein-Westfalen um 3,4 Pro- zent, in Hessen, Rheinland-Pfalz und im Saarland um je 4 Prozent, in Baden-Württemberg um 4,15 und in Berlin um 4,5 Prozent.
Diese linearen Vorwegerhöhun- gen der Pflegesätze scheinen im- mer mehr gebräuchlich zu wer- den. Nach der Bundespflegesatz- verordnung vom 25. April 1973 (BPfIV) allerdings setzt die Lan- desbehörde die Pflegesätze auf der Grundlage der Selbstkosten für jedes Krankenhaus einzeln fest. Einheitliche Vorwegerhöhun- gen für ganze Bundesländer lie- gen daher – strenggenommen – außerhalb der Legalität. Auch durch § 17 (2) BPfIV sind sie nicht zu rechtfertigen. Danach kann bei der Festsetzung der Pflegesätze bestimmt werden, „daß zu diesem Zeitpunkt noch nicht feststehen- de Personalkostenänderungen in nicht unerheblichem Umfang, die sich aus Änderungen der Tarifver- träge oder der Arbeitsvertrags- richtlinien ergeben, nach Anhö- rung des Ausschusses für Pflege- satzfragen mit Wirkung vom Tage des Inkrafttretens der Änderung entsprechend den vom Kranken- haus nachgewiesenen Mehrko- sten von der zuständigen Landes- behörde durch einen Zuschlag zum Pflegesatz berücksichtigt werden."
Je länger und komplizierter die Gesetzesformulierung, um so mehr läßt sich offenbar machen.
Zum 1. Januar 1978 sind nach- weislich nur die Arbeitgeberbeiträ- ge für Arbeitnehmer über den Bei- tragsbemessungsgrenzen der Ar- beitslosen-, Renten- und Kranken- versicherung gestiegen. Diese er- höhten Beitragsanteile machen aber nicht 3,4 oder gar 4,5 Prozent der Personalkosten des Kranken- hauses aus, geschweige denn der
Pflegesätze. Zum 1. Februar wer- den allerdings höhere Tarifab- schlüsse rückwirkend in Kraft tre- ten. Aber noch niemand weiß, wann sie abgeschlossen und was sie bringen werden. Immerhin, ei- nes Tages werden die Kranken- häuser mit Mehrkosten rückwir- kend belastet werden. Für ent- sprechende Reserven sorgen So- zialleistungsträger und Selbstzah- ler heute schon durch höhere Pfle- gesätze.
Nicht bis spätestens zum 30. April, wie die Bundespflegesatzverord- nung vorschreibt, sondern erst zur Jahresmitte werden die Kranken-
häuser den Behörden ihre Selbst- kostenblätter mit den Kostenände- rungen für 1978 zuleiten. Erst dann werden die Behörden die Jahrespflegesätze für jedes Kran-
kenhaus einzeln festsetzen. Die Differenz zum vorweg angehobe- nen Pflegesatz wird in der zweiten Jahreshälfte zum Ausgleich zuge- schlagen oder abgezogen. Mit dem geltenden Recht läßt sich die- ses Verfahren nicht vereinbaren.
Aber das spricht mehr gegen das unpraktikable Gesetz als gegen die ungesetzliche Praxis. RL/DÄ
—ECHO
Zu: „Datenschutz noch unzurei- chend" von Dr. jur. Rainer Hess in Heft 2/1978. Seite 49 ff.
Bundesärztekammer kritisiert Datengesetz
„Als unzureichend hat derJu- stitiar der Bundesärztekam- mer, Rainer Hess, das neue
Bu ndesdatenschutzgesetz kritisiert. Im medizinischen Bereich bestehe die Gefahr, daß der Datenschutz bei der Krankenversicherung und in den Krankenhäusern durch Spezialbestimmungen unter- laufen werden könnte, schreibt Hess in der jüngsten Ausgabe des in Köln erschei- nenden DEUTSCHEN ÄRZ- TEBLATT" (Kieler Nachrich- ten; nach dpa)
474 Heft 9 vom 2. März 1978 DEUTSCHES ÄRZTEBLATT