Vor knapp zwei Jahren tauschten die Radiologen im 1 200-Betten-Klinikum in Krefeld ihre Leuchtkästen gegen digitale Bildschirmar- beitsplätze aus. Die digitale Radiologie hat die Kommu- nikation im Krankenhaus entscheidend verändert. Dr.
Volkhard Fiedler, Direktor des Instituts für Röntgendia- gnostik am Klinikum Kre- feld, dazu: „Seitdem der Röntgenfilm ausgedient hat, ist die Information in unse- rem Haus wesentlich dichter geworden.“
Im Jahr 1992 stand das Krankenhaus vor der schwie- rigen Aufgabe, die veraltete Radiologieabteilung mit Ge- räten aus dem Jahr 1972 zu modernisieren. Bald war klar, daß ein alternatives Konzept her mußte, das bisher in Deutschland einmalig geblie- ben ist. Die Röntgenabteilung sollte komplett neue Geräte erhalten. Zusammen mit ei- nem Krankenhausinformati- onssystem würden alle Abtei- lungen davon profitieren. Mit dem Gerätelieferanten han- delte die Klinik einen Nut- zungsvertrag über zehn Jahre aus, da das Investitionsvolu- men von 25 Millionen DM nicht auf einen Schlag aufzu- bringen war. Dieses Finanzie- rungsmodell stellte zudem si- cher, daß alle Geräte von ei- nem Hersteller kamen. Das System aus einem Guß garan- tiert einheitliche Standards bei der Verarbeitung der ver- schiedenen Bilddaten.
Neben den neuen Rönt- gengeräten mußten die Kre- felder ein Bildarchivierungs- und Kommunikationssystem (PACS) und ein Röntgenin- formationssystem (RIS) ein- richten. Das PACS verarbei- tet die großen Mengen der di- gitalen Bilddaten, verwaltet sie in einer Datenbank und exportiert die Daten an ande- re Systeme. Es stellt die Do- kumentation, Verteilung und Archivierung der digitalen Röntgenbilder sicher. Im RIS sind nicht nur alle Befunde, sondern auch der gesamte übrige Schriftwechsel gespei- chert. Der Archivserver des PACS hat eine Kapazität von 70 Gigabytes. Täglich produ- ziert die Röntgenabteilung rund 8 Gigabytes. Dies ent- spricht der Datenmenge, die bei einem Patienten während des durchschnittlich acht- bis neuntägigen Aufenthaltes an- fällt. Röntgenbilder aus die- sem Archiv sind innerhalb weniger Sekunden auf dem Bildschirm.
Jukeboxes
Das Klinikum in Krefeld versorgt pro Jahr rund 40 000 Patienten in seinen insgesamt 30 Abteilungen. Die Lang- zeitspeicherung dieser Daten- flut erfolgt auf WORM-CD (write once, read many), die in sogenannten Jukeboxes be- reitgehalten werden. Vier die- ser Jukeboxes nehmen 640 CD auf – Platz für Röntgenda- ten, die im Verlauf von einein-
halb Jahren anfallen. Zur Ausstattung gehören auch zwei Spiral-CT, Röntgenanla- gen mit digitaler Lumines- zenzradiographie (DLR), di- gitale Fluoroskopieräume und Angiographie- und MR-Ein- heiten. Sofort nach der Unter- suchung kann der Röntgen- arzt die Bilder auf den Moni- tor der PACS-Diagnosework- stations holen. Gleichzeitig können auch alle Stationen und Abteilungen über die Bil- der verfügen. Gleichzeitig geht kein Bildmaterial verlo- ren. Im Krankenhaus existie- ren 14 dieser Befundungs- Computer. Zusätzlich existie- ren zwei Demonstrationsanla- gen. Hier finden die täglichen Falldemonstrationen statt.
Weitere 40 Terminals sind mit dem RIS vernetzt. Insgesamt 60 PACS-Bildstationen ste- hen in Arbeitszimmern, Ope- rationssälen, Notaufnahmen und Stationen.
Die Kommunikation im Krankenhaus garantiert ein eigenes Glasfasernetz. Dieses Fiber Distributed Data Inter- face-(FDDI-)Netzwerk über- trägt 100 Megabits pro Se- kunde – soviel wie der Infor- mationsgehalt von rund 2 500 Textseiten. Mit diesem Netz- werk kann sich der Arzt vor jeder Untersuchung über an- dere laufende Untersuchun- gen oder Befunde des Patien- ten informieren. Zeitrauben- de Absprachen mit den betei- ligten Kollegen können mini- miert werden. Das interne Netzwerk stellt sicher, daß
die Daten nur den Ärzten zu- gänglich sind, die den Patien- ten behandeln.
Seit einem Jahr verbindet ein Krankenhausinformati- onssystem (KIS) das PACS mit dem Röntgeninformati- onssystem. Patientendaten und Bilddaten können so pro- blemlos miteinander kom- biniert werden – der Verwal- tungsaufwand sinkt.
Optimierung Für Dr. Fiedler zählt noch eine Reihe weiterer Vor- teile, die das neue System mit sich brachte. Die Erstellung der Aufnahmen wird für die Röntgenassistenten einfa- cher. Das ist vor allem in der Notaufnahme und der Inten- sivpflege wichtig. Der Arzt kann die Bilddaten jeder- zeit an einer diagnostischen Workstation nachprozessie- ren. Damit steigt der diagno- stische Wert der Bilder.
Falsche Expositionen fallen nicht mehr ins Gewicht. Vor allem bei Traumapatienten ist es entscheidend, daß dadurch die Zeit für die Untersuchun- gen verkürzt wird, da man we- niger Aufnahmen wiederho- len muß, so Fiedler. Hinzu kommen Einsparungen bei den Personalkosten: für das Jahr 1996 rund 1,4 Millionen DM. Zusätzlich wurden 877 000 DM Film- und Che- mikalienkosten gespart. Aber auch das interdisziplinäre Teamwork zwischen den Ra- diologen und den anderen Abteilungen habe von der di- gitalen Bildverarbeitung pro- fitiert. Die Bilder stehen on- line gleichzeitig an verschie- denen Stellen zur Verfügung.
Per Konferenzschaltung kön- nen sich die verschiedenen Fachleute einfach austau- schen. Dr. Lisa Kempe
A-225 Deutsches Ärzteblatt 95,Heft 5, 30. Januar 1998 (53)
V A R I A TECHNIK FÜR DEN ARZT