Deutsches Ärzteblatt
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Jg. 110|
Heft 33–34|
19. August 2013 A 1527D
as waren noch Zeiten, als Professor Brinkmann Mitte der Achtzigerjahre in seiner „Schwarz- waldklinik“ auf Visite ging. Die ganze Nation saß vor dem Fernseher. Und alle fieberten mit, wenn mal wie- der ein riskanter und meist schweißtreibender Eingriff auf dem OP-Plan stand. Natürlich hatte die ZDF-Serie schon damals mit der Realität nicht viel zu tun. Doch wer heute eine Folge der Schwarzwaldklinik auf DVD schaut, der fühlt sich wie ein Zeitreisender.Denn der Alltag in den Kliniken sieht inzwischen völlig anders aus: die Liegezeiten durchgetaktet, immer den Medizinischen Dienst der Krankenkassen im Nacken und natürlich der Wirtschaftlichkeit verpflichtet.
Erfolgreich ist ein Krankenhaus, wenn es lukrative Fallpauschalen abrechnet und dabei die Ausgaben – zum Beispiel für Personal – möglichst niedrig hält.
Doch nun scheint sich die Erkenntnis durchzusetzen, dass in einem solchen industrieähnlichen Prozess irgendwie etwas fehlt. Warum kommen schließlich Patienten in ein Krankenhaus? Sicher nicht, weil die Controller so gut rechnen können. Sie kommen wegen der Ärztinnen und Ärzte.
Der „Arzt als Marke“ kann eine wichtige Rolle im Wettbewerb um Patienten spielen. Das berichtet die Zeitschrift „KU Gesundheitsmanagement“ in ihrem Augustheft. Die Autoren empfehlen den Krankenhäu- sern, vor allem die Chefärzte im Sinne eines „Human Branding“ als strategisches Instrument zu nutzen. Sie schlagen dazu einen gezielten „Imageaufbau“ vor, die Schaffung einer „Personenmarke“. Welche Alleinstel- lungsmerkmale hat der Chefarzt? Dazu müssen dem Artikel zufolge die Bereiche kurative Medizin und For- schung analysiert werden. Nicht zuletzt geht es aber auch um die Persönlichkeit. Der optimale Chefarzt ist nicht nur fachlich kompetent und ein erfolgreicher For- scher. Er ist auch charismatisch, trifft bei den Patienten und seinen Mitarbeitern den richtigen Ton. Also ein bisschen wie Professor Brinkmann – während freilich die Arbeitsverdichtung im Unternehmen Krankenhaus nicht infrage gestellt wird.
„Tue Gutes und rede darüber“, heißt es immer so schön. Und so muss natürlich das positive Arztimage nach außen kommuniziert werden – an Patienten, Ein- weiser und potenzielle Mitarbeiter. Und auch der Chef- arzt hat etwas davon: Das Krankenhaus soll monetäre Anreize für „markenkonformes Verhalten“ in Aussicht stellen, schlagen die Autoren vor. Allerdings sehen sie auch Risiken: Wenn die „Marke Arzt“ zu übermächtig wird, dann droht eine „starke interne Verhandlungs- macht gegenüber der Geschäftsführung“.
Es ist gut, dass man sich offenbar darauf besinnt, dass der Arzt als Fachmann und Mensch im Kranken- haus eine wichtige Rolle spielt. Für manche liegt das schlicht auf der Hand. Andere nennen es „Human Bran- ding“ und machen es zum Teil einer für sie einträgli- chen Geschäftsstrategie. Dabei wäre das Geld, das man für Kommunikationsexperten oder Berater ausgibt, die
„Soll-Identitäten“ für Ärzte entwickeln, in der Patien- tenversorgung sicherlich besser aufgehoben. Es darf den Ärzten nicht egal sein, dass offenbar inzwischen andere festlegen, wie ein „guter Arzt“ zu sein hat. Die Ärzte wären gut beraten, sich dieser Frage selbst ver- stärkt zu widmen. Nicht zuletzt mit Blick auf die Iden- tität des ärztlichen Nachwuchses. Sonst wächst eine Generation heran, die es völlig normal findet, Teil eines Marketingkonzepts zu sein.
KRANKENHAUS
Die Marke Arzt
Dr. med. Birgit Hibbeler
Dr. med. Birgit Hibbeler Redakteurin für Gesundheits- und Sozialpolitik