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Archiv "Auszüge aus dem Tätigkeitsbericht der Bundesärztekammer: Arzt und Krankenhaus" (06.05.1976)

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AUSZÜGE AUS DEM TÄTIGKEITSBERICHT DER BUNDESÄRZTEKAMMER:

Arzt und Krankenhaus Ärzte im

öffentlichen Dienst

THEMEN DER ZEIT:

Medizin heute?

Wissenschaft, Kunst und Religion

Die ärztliche Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland

Gruppenpraxen sind im Kommen

BLICK ÜBER DIE GRENZEN:

Allgemeinmedizinische Ausbildung in den USA

FEUILLETON:

Der Arzt

im Kriminalroman

Das Krankenhaus nimmt in unse- rem Gesundheitswesen — gleich- berechtigt neben der freien Praxis

— eine zentrale Stellung ein. Diese beruht nicht nur auf der ärztlich- wissenschaftlichen Bedeutung des Krankenhauses für die stationäre Behandlung, sondern auch auf der Tatsache, daß das Krankenhaus in- zwischen die höchsten Ausgaben der gesetzlichen Krankenversiche- rung erfordert.

Neben dieser gesundheitspoliti- schen Bedeutung des Krankenhau- ses ist auch seine berufspolitische zu sehen: Als Beschäftigungsstätte von immer mehr Ärzten. Die Zahl der Ärzte im Krankenhaus hat in- zwischen nahezu die der niederge- lassenen erreicht. Zusammen mit der Zahl der Ärzte in Forschung und Verwaltung ist die Zahl der an- gestellten und beamteten Ärzte in- zwischen sogar größer als die der Ärzte in freier Praxis. Von den 114 661 berufstätigen Ärzten am Jahresende 1974 sind nach Anga- ben des Statistischen Bundesam- tes 43,9% im Krankenhaus, 9,1% in Verwaltung und Forschung und 47,00/0 in freier Praxis tätig gewe- sen. Dazu traten noch 5599 Medizi- nalassistenten. Das Durchschnitts- alter der Krankenhausärzte ist von 34,5 Jahren in 1968 auf 37 Jahre in 1974 angestiegen — ein Zeichen da- für, daß die Ärzte länger als bisher am Krankenhaus tätig bleiben.

Wenigstens bis vor einiger Zeit schien der Personalbedarf des Krankenhauses noch keineswegs befriedigt. Dies zeigte sich nicht zu- letzt in der ständig zunehmenden Zahl ausländischer Ärzte am Kran- kenhaus: Sie ist von 4509 im Jahre 1970 auf 6596 im Jahre 1974 gestie-

gen. Es bleibt abzuwarten, ob der Personalbedarf der Krankenhäuser in Zukunft weiter anwachsen, sta- gnieren oder sogar rückläufig sein wird. Insbesondere wird dies, wor- auf noch einzugehen ist, von der künftigen Krankenhauspolitik unter dem Vorzeichen der Kostenexpan- sion abhängen.

Krankenhausgremien der Bundesärztekammer

Die gesundheits- und berufspoliti- sche Bedeutung des Krankenhau- ses macht es selbstverständlich, daß sich die Bundesärztekammer immer wieder intensiv mit Kranken- hausfragen zu beschäftigen hat.

Sie hat hierfür zwei miteinander kooperierende Ausschüsse gebil- det: „Arzt im Krankenhaus" unter Vorsitz des Vizepräsidenten der Bundesärztekammer, Dr. Horst Bourmer, und „Krankenhaus und Praxis" unter Vorsitz des nord- rheinischen Ärztekammer-Präsi- denten, Dr. Friedrich-Wilhelm Koch. In beiden Ausschüssen ar- beiten neben einer Reihe von Per- sönlichkeiten, die der Vorstand be- rufen hat, auch Vertreter der Kas- senärztlichen Bundesvereinigung und der am Krankenhauswesen in- teressierten ärztlichen Verbände mit.

Zu diesen Ausschüssen tritt eine

„Ständige Konferenz für Kranken- hausfragen", in die die Landesärz- tekammern sachverständige Ver- treter entsandt haben und mit der

Mit den nachstehenden Abschnitten wird die auf den Seiten 1270 bis 1274 eingeleitete Veröffentlichung von Aus- zügen aus dem Tätigkeitsbericht '76 der Bundesärztekammer fortgeführt.

Auszüge aus dem Tätigkeitsbericht der Bundesärztekammer*)

Arzt und Krankenhaus

DEUTSCHES ÄRZTEBLATT Heft 19 vom

6. Mai

1976 1307

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insbesondere die Abstimmung der Landesärztekammern über kran- kenhauspolitische Fragen erreicht werden soll.

Die Geschäftsführung für die Kran- kenhausgremien hat der Vorstand der Bundesärztekammer über- gangsweise dem bei der Ärztekam- mer Nordrhein tätigen Geschäfts- führer Gerhard Vogt übertragen.

Krankenhausgesetzgebung

Die Gesetzgebung auf dem Gebie- te des Krankenhauswesens ist nach der Aufgabenteilung des Grundgesetzes weitgehend Sache der Bundesländer. Der Bund be- sitzt nur eine sog. Rahmenkompe- tenz für die Finanzierung der Kran- kenhäuser und die Regelung der Krankenhauspflegesätze. Er hat hiervon bei Erlaß des Kranken- hausfinanzierungsgesetzes vom 29.

Juni 1972 sowie bei der Bundes- pflegesatzverordnung vom 25. April 1973 Gebrauch gemacht.

Die Länder haben die Kranken- hausplanung und Krankenhausfi- nanzierung im einzelnen zu regeln.

Ein Teil von ihnen hat im Berichts- jahr oder schon früher Landes- krankenhausgesetze erlassen, die Finanzierungs- und Planungsfra- gen, teilweise aber auch Fragen der inneren Struktur der Kranken- häuser regeln. Aus der letzten Zeit sind insbesondere die Verabschie- dung des Landeskrankenhausge- setzes in Baden-Württemberg, In- itiativen für ein Landeskranken- hausgesez im Saarland von der dortigen FDP-Fraktion sowie von der SPD-Fraktion und ein Referen- tenentwurf des Gesundheitsmini- steriums in Niedersachsen zu er- wähnen.

Die Bundesärztekammer bemüht sich darum, die Landesärztekam- mern über den Gesetzgebungspro- zeß in den einzelnen Ländern zen- tral zu informieren, auf gesund- heitspolitisch interessante Entwick- lungen aufmerksam zu machen und die Kammern, soweit notwen- dig, auch zu beraten. Im übrigen

bemüht sich die Bundesärztekam- mer bei dieser Gelegenheit immer wieder, auf die Realisierung derje- nigen Prinzipien hinzuwirken, die der Deutsche Ärztetag 1972 in Westerland in den „Leitsätzen zur Struktur der Krankenhäuser und ih- res ärztlichen Dienstes" und 1974 in den „Gesundheits- und sozialpo- litischen Vorstellungen der deut- schen Ärzteschaft" zum Thema Krankenhaus sowie zu dem Be- reich Krankenhaus und Praxis er- arbeitet hat.

Realisierung der

Ärztetagsleitsätze ist notwendig Die Krankenhausgremien der Bun- desärztekammer sehen die Reali- sierung dieser Ärztetagsvorstellun- gen als eine ihrer wichtigsten Auf- gaben an. Leider sind sie bislang weder bei den Politikern noch bei den verantwortlichen Beamten in Bund und Ländern noch in der Ärz- teschaft selbst Allgemeingut ge- worden. Es bestehen offenbar noch immer weitgehende Mißverständnis-

se darüber, was mit diesen Leitsät- zen beabsichtigt wird und welche Bedeutung sie — weit über das Krankenhaus hinaus — für das ge- samte Gesundheitswesen haben können.

Ziel dieser Leitsätze ist nicht etwa eine mißverstandene „Demokrati- sierung" der ärztlichen Behand- lung am Krankenhaus, sondern der Versuch, die stationäre Behand- lung mehr als bisher zu individuali- sieren, die freie Arztwahl des Pa- tienten zu erleichtern, eine klare Verantwortung für die Behandlung eines jeden Patienten durch einen hierfür qualifizierten Arzt festzule- gen und die Kooperation der Ärzte am Krankenhaus zu erleichtern.

Zugleich soll das Zusammenwirken zwischen den Ärzten im Kranken- haus und in freier Praxis verbes- sert werden.

Die niedergelassenen Ärzte werden erkennen müssen, daß die von den Deutschen Ärztetagen bereits vor- gezeichneten Strukturreformen auch auf ihre Berufstätigkeit nach-

haltig einwirken können. An der Freiheit der ärztlichen Berufsaus- übung im Krankenhaus entscheidet sich auf lange Sicht auch ihre ei- gene berufliche Freiheit und Unab- hängigkeit. Angesichts der ständig zunehmenden Zahl niedergelasse- ner Fachärzte ist es darüber hin- aus notwendig, diese in sinnvoller Weise über ein modifiziertes, all- seits offenes Belegarztsystem wie- der an das Krankenhaus zu binden.

Das hätte nicht nur Vorteile für die- jenigen Ärzte, die an eine kollegia- le Zusammenarbeit im Kranken- haus gewöhnt sind, sondern si- cherte dem Patienten vor allem, daß ihm die Hilfe erfahrener Fach- ärzte auch nach deren Niederlas- sung erhalten bleibt.

Denn die Zahl der Fachärzte im Krankenhaus ist — trotz ständig steigender Zahl von Krankenhaus- ärzten insgesamt und trotz Anstei- gen ihres Durchschnittslebensal- ters — relativ gegenüber früher zu- rückgegangen. Das läßt die Aussa- ge zu, daß das Krankenhaus des Jahres 1976 zwar apparativ besser eingerichtet sein mag als etwa vor 10 Jahren, das aber die Möglich- keit der fachärztlichen Versorgung

— wegen des Mangels an Fachärz- ten im Krankenhaus — nicht allge- mein mitgewachsen ist. Die ange- strebten Strukturreformen sollen auch insoweit durch verschiedene zusammenwirkende Maßnahmen helfen, die Krankenhausversorgung für die Patienten zu verbessern.

In besonderem Maße hängt die breite Realisierung der Vorstellun- gen des Ärztetages davon ab, daß sie an mehreren Krankenhäusern praktisch erprobt werden und sich dabei bewähren können. Die Kran- kenhausgremien versuchen, Mo- delle in dieser Richtung zu unter- stützen, um damit schließlich alle Träger von der Richtigkeit dieses neuen Weges zu überzeugen. Ein wesentliches Problem wird dabei darin liegen, die Krankenhausträ- ger und ihre Verbände zu einer Ab- sage an liebgewordene administra- tiv begründete hierarchische Vor- stellungen zu gewinnen.

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Der Deutsche Krankenhaustag 1973, die Hauptversammlung der Deutschen Krankenhausgesell- schaft, hat in einer Schrift „Moder- ne Krankenhausstrukturen" ihrer- seits Vorschläge vorgelegt, die in mancher Hinsicht den Vorstellun- gen der Westerländer Leitsätze von 1972 entsprechen. In der zurücklie- genden Zeit war jedoch immer wie- der festzustellen, daß sich nicht nur auf Bundesebene, sondern vor allem in einzelnen Bundesländern, die Krankenhausträgerverbände immer deutlicher von ihrer Aussa- ge aus dem Jahre 1973 distanzier- ten.

Um so mehr dürfte nunmehr der Beratung dieser Fragen unter ei- nem gesonderten Tagesordnungs- punkt des kommenden 79. Deut- schen Ärztetages Bedeutung beizu- messen sein. Dabei gilt es auch, der Öffentlichkeit zu beweisen, daß die Realisierung der Westerländer Leitsätze auch und gerade in der gegenwärtigen Kostensituation not- wendig und zu verantworten ist.

Zu großes Angebot an Krankenhausbetten

Die Zahl der Krankenhausbetten hat sich im Jahre 1974 weiter ver- größert. Ihre Gesamtzahl in der Bundesrepublik stieg auf 707 460.

Allein in Krankenhäusern für Akut- kranke wuchs sie innerhalb eines Jahres von 481 142 auf 486 326. Es gab am Jahresende 1974 insge- samt 3494 Krankenhäuser, davon 2295 für Akutkranke. Von den Akut- krankenhäusern waren 936 öffent- lich-rechtliche, 931 frei-gemeinnüt- zige und 428 private. Vom Betten- angebot her wurden 53,9°/o der Akutbetten in den öffentlich-rechtli- chen, 41,9°/0 in frei-gemeinnützigen und 4,2°/o in privaten Krankenhäu- sern vorgehalten.

Die sog. „Bettendichte" beträgt 113,9 Krankenhausbetten auf je 10 000 Einwohner. Damit steht die Bundesrepublik im internationalen Vergleich an bevorzugter Stelle, vor allem, wenn man bedenkt, daß

es neben den gut ausgestatteten Krankenhäusern ein ebenso gut funktionierendes und ebenso dich- tes Netz von freipraktizierenden Ärzten für die ambulante Versor- gung der Bevölkerung gibt.

Die Kostenexpansion im Gesund- heitswesen hat allgemein die Er- kenntnis dafür gefördert, daß das Bettenangebot in der Bundesrepu- blik zu hoch ist. Da die Marktgeset- ze des freien Wettbewerbs mit ih- ren Regelmechanismen in diesem Bereich weitgehend nicht greifen, wird der Staat nunmehr die Aufga- be haben, im Wege der Kranken- hausplanung die Anzahl der Kran- kenhausbetten nach und nach zu reduzieren und damit kostenauf- wendige Überkapazitäten zu besei- tigen. Ansätze in dieser Richtung sehen die Krankenhausbedarfsplä- ne der Länder bereits vor, und zwar in unterschiedlicher Härte von Land zu Land. Nach Meinung der Bundesärztekammer wird es zugleich notwendig sein, das be- stehende Bettenangebot in fachli- cher und regionaler Hinsicht umzu- strukturieren, um es besser als bis- her dem ärztlich-medizinischen Be- darf anzupassen.

Krankenhausplanung und Bedarfsdeterminanten

Krankenhausplanung hängt im we- sentlichen von drei Bedarfsdeter- minanten ab: der Einweisungshäu- figkeit, der Verweildauer und dem durchschnittlichen Belegungsgrad.

Alle drei Faktoren sind variabel und von außen her beeinflußbar.

Der Bericht der Bundesregierung vom 30. 12. 1975 an den Bundestag über die Auswirkungen des Kran- kenhausfinanzierungsgesetzes hat die schon seit Jahren von der Bun- desärztekammer vorgetragene Auf- fassung bestätigt, daß ein Überan- gebot an Krankenhausbetten eine medizinisch nicht gerechtfertigte Nachfrage nach weiterer Kranken- hauspflege hervorruft, zumindest unter dem gegenwärtigen Finanzie- rungssystem. Es muß daher Aufga-

be aller Beteiligten unter Einschluß der Ärzteschaft sein, auf die hohe Krankenhauseinweisungshäufigkeit, die im internationalen Vergleich ebenfalls wesentlich überhöhte Verweildauer (1974 noch 17,6 Tage in Akutkrankenhäusern) und auch auf die durchschnittliche Aus- lastung der Krankenhausbetten, also den Belegungsgrad, Einfluß zu nehmen.

Die Bundesregierung führt in ihrem Krankenhausbericht aus, daß die Einweisungshäufigkeit in den ein- zelnen Versorgungsregionen der Bundesrepublik recht unterschied- lich ist und sich in ihren kausalen Determinanten weitgehend einer Meßbarkeit entzieht. Insbesondere wird auch die Wechselwirkung an- erkannt, die ein vorhandenes An- gebot an Krankenhausbetten aus- übt: einerseits begrenzt es die In- anspruchnahme nach oben, ande- rerseits wird durch ein Überange- bot mittelbar eine Nachfrage nach Krankenhausleistungen überhaupt erst erzeugt.

Ebenso vielgestaltig (und teilweise identisch) wie für die Krankenhaus- einweisung sind die Determinanten für die Verweildauer der Patienten im Krankenhaus. Sie ist, wie es der Bericht ausdrückt, in der Bundes- republik im Vergleich mit anderen Staaten sehr hoch. Auch bei der Verweildauer seien die einzelnen Faktoren schwer meßbar. Im Unter- schied zur Einweisungshäufigkeit könne das Krankenhaus selbst auf die Länge der Verweildauer im be- grenzten Ausmaß Einfluß nehmen, und zwar sowohl im Sinne einer Verkürzung als auch einer Verlän- gerung. Wörtlich heißt es dann:

Aufgrund des geltenden Selbstko- stendeckungsprinzips und des ein- heitlichen Pflegesatzes ist zu ver- muten, daß sich das wirtschaftliche Interesse des Krankenhausträgers an einer möglichst hohen Bele- gung der Betten dahingehend aus- wirkt, daß eine aus medizinischen Gründen nicht unbedingt erforder- liche Verlängerung der Verweildau- er die Folge ist. Schon die Handha-

DEUTSCHES .ÄRZTEBLATT Heft 19 vom 6. Mai 1976 1309

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bung der Aufnahme- und Entlas- sungspraxis der Krankenhäuser z.

B. am Wochenende könne von Ein- fluß auf die durchschnittliche Ver- weildauer sein.

Auch die Bettennutzung, also der durchschnittliche Belegungs- grad der Krankenhäuser sei weit- gehend steuerbar. Sie könne auf mehrfache Weise beeinflußt wer- den, nicht zuletzt auch vom Kran- kenbett selbst über die Verweildau- er. 1973 waren die Krankenhaus- betten im Bundesdurchschnitt noch zu 84,8°/o belegt, wobei seit Jahren schon eine sinkende Ten- denz feststellbar war. 1974/75 habe sich an vielen Stellen die durch- schnittliche Bettennutzung bis zu 70 oder 75°/o vermindert — offen- bar eine Folge des gestärkten Ko- stenbewußtseins.

Bei der Einflußnahme auf eine die- ser Bedarfsdeterminanten sei aller- dings vor dem Fehlschluß gewarnt, daß eine Verringerung der Kran-

kenhauseinweisungshäufigkeit oder der Verweildauer oder beider zugleich schon für sich allein ko- stensenkend wirkt, wie dies in po- pulären Darstellungen in Zeitungen und Zeitschriften immer wieder be- hauptet wird. In der Gesamtschau ist das Gegenteil der Fall: Bei ge- ringerer Belegung sinken die Ko- sten der Krankenhäuser kaum, weil die meisten Kostenfaktoren sta- tisch sind, insbesondere die Perso- nalausgaben als Hauptkosten- punkt. Ersparnisse treten im we- sentlichen nur bei der Verpflegung ein, ein relativ unbedeutender Po- sten. Wenn umgekehrt aber die na- hezu unveränderten Gesamtkosten des Krankenhauses auf eine gerin- gere Zahl von Pflegetagen — als Bemessungseinheit für die Aufbrin- gung der Betriebskosten — zu ver- teilen sind, erhöhen sich damit au- tomatisch die Pflegesätze. Dieser nur scheinbar paradoxe Effekt — Kostensteigerung im Einzelfall durch geringere Inanspruchnahme

— kann nur durch konsequenten Abbau von Krankenhausbetten un- ter gleichzeitiger Verringerung der Personal- und Sachaufwendungen erreicht werden.

Steigende Kosten und Pflegesätze

Die Kosten des Krankenhauswe- sens sind von Jahr zu Jahr wesent- lich schneller gestiegen als die all- gemeinen Lebenshaltungskosten.

Die gesetzlichen Krankenkassen gaben dafür 1960 etwa 1,6 Milliar- den DM und 1974 etwa 15,2 Milliar- den DM aus, das ist ein Plus von 938°/o! 1975 wird mit 17,8 Milliarden DM, für 1978 bei gleichbleibender Tendenz mit 27 bis 28 Milliarden DM gerechnet.

Zum Vergleich: In den Jahren 1960 bis 1974 haben sich die Ausgaben für ambulante ärztliche Behand- lung von 1,9 auf 9,6 Milliarden DM um 505%, die Ausgaben für Arznei- mittel von 1,1 auf 7,8 Milliarden DM um 709°/o und die für die zahnärzt- liche Behandlung und Zahnersatz von 0,7 auf 5,4 Milliarden DM um 771% erhöht.

Die Steigerungsrate im Kranken- haus ist also außergewöhnlich hoch, wesentlich höher als für die anderen Ausgabengruppen, und besonders fiel dies nach Inkrafttre- ten des Krankenhausfinanzierungs- gesetzes und der Bundespflege- satzverordnung auf.

Während die Aufwendungen für die ambulante ärztliche Behand- lung sich nach wie vor im Bereich von einem Fünftel der Gesamtaus- gaben der gesetzlichen Kranken- versicherung bewegen und sogar stark sinkende Tendenz haben, werden die Kosten für die Kranken- hauspflege alsbald mehr als ein Drittel des Gesamtetats der gesetz- lichen Krankenversicherung er- reichen.

Ebenso stiegen auch die Pflegesät- ze, mit denen jetzt die Betriebsko- sten des Krankenhauses abge- deckt werden. Noch 1966 lagen sie für allgemeine Krankenhausleistun- gen bei etwa 32,— bis 39,— DM täglich. 1974 schon bei 123,— bis 180,— DM und 1975 bei etwa 150,— DM. Die Höchstpflegesätze erreichten 1974 Werte von 180,—

DM und 1975 über 200,— DM. Ein Pflegesatz von 500,— DM täglich wird für den Beginn der achtziger Jahre prognostiziert.

Ursachen der Kostensteigerung nur teilweise

nicht zu beeinflussen

Die .Ursachen der Kostensteige- rung sind vielfältig. Sie liegen teil- weise im medizinischen Fortschritt begründet, der immer neue und wirksamere Methoden hervor- bringt, aber auch immer kostspieli- gere Einrichtungen und einen ver- mehrten Einsatz von qualifiziertem Personal erfordert. Man führe sich an Hand von Beispielen vor Augen, welche Fortschritte in der Kranken- behandlung auf fast allen Gebieten in den letzten 15 Jahren eingetre- ten sind. Die so begründete Ko- stensteigerung kommt in aller Re- gel dem Patienten zugute und ist damit gesundheitspolitisch er- wünscht und notwendig.

Angenehm für die Patienten, wenn auch sicherlich nicht immer abso- lut notwendig, ist dagegen die Ver- besserung des Komforts in den Krankenhäusern. Die ideologisch motivierte Diskussion um das

„klassenlose Krankenhaus" z. B.

hat zur Folge gehabt, daß heute in ambitionierten Krankenhausneu- bauten nur noch Ein- und Zweibett- zimmer, möglichst mit Dusche und WC, vorgesehen werden. Dabei lehnen viele Patienten — je nach ihrer Krankheit — ein größeres Zimmer mit den Möglichkeiten der Geselligkeit und der Hilfe unterein- ander keineswegs so kategorisch ab, wie dies in der politischen Dis- kussion unterstellt wird. Natürlich verteuern Ein- und Zweibettzimmer nicht nur die Investitionskosten, sondern erst recht die Kosten der laufenden Betriebsführung. Kom- fortinvestitionen dieser und ande- rer Art ziehen erhebliche Folgeko- sten nach sich, die mit den Pflege- sätzen aufzubringen sind. Die Ko- sten für ein Krankenhausbett wer- den zur Zeit im Durchschnitt aller Krankenhaustypen auf rund 150 000,— DM veranschlagt.

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Darüber hinaus unterliegen unab- weisbar auch die Krankenhäuser allen Kostensteigerungen, die sonst im Wirtschaftsleben zu ver- zeichnen sind, z. B. bei den Perso- nalkosten, aber auch im Sachbe-

reich.

Kostenstruktur

im Krankenhaus ändern

Daß die derzeitig hohen Pflegeko- sten aber nicht unabänderbar sind, möge ein Blick auf die Struktur der Betriebskosten zeigen. Der Kran- kenhausbericht der Bundesregie- rung weist aus, daß sich die Be- triebskosten der Krankenhäuser im Bundesdurchschnitt wie folgt auf- gliedern:

Personalkosten insgesamt 71,4°/o Kosten des medizinischen

Bedarfs 13,1%

Lebensmittel 5,7°/o

Wasser, Energie, Brennstoffe 8,0 0/0 Wirtschafts- und

Verwaltungsbedarf 2,9%

Sonstige Kosten 3,9%

100,0%

Der Anteil der Personalkosten ist in Großkrankenhäusern und Uni- versitätskliniken wesentlich höher;

er erreicht und übersteigt gelegent- lich sogar 80°/o der Gesamtkosten.

Umgekehrt liegt er in kleineren Krankenhäusern niedrig, was zu insgesamt auch geringeren Pflege- sätzen in diesen Häusern beiträgt.

Wenn man die Personalkosten aufgliedert, so ist hervorzuheben, daß 15,9% (bezogen auf die ge- samten Betriebskosten des Kran- kenhauses) auf den ärztlichen Dienst entfallen, 23,9°/o auf den Pflegedienst, 10,7 °/o auf den medi- zinisch-technischen und den Funk- tionsdienst und der Rest von 21,8%

auf Hauspersonal, Wirtschafts- und Verwaltungsdienst. Die Gesamtauf- wendungen der Krankenhausträger für den ärztlichen Dienst liegen da- mit bei weitem nicht so hoch, wie das gelegentlich behauptet wird.

Enttäuschte Erwartungen aus dem Krankenhausfinanzierungsgesetz In der öffentlichen Diskussion wird vielfach darauf hingewiesen, daß die Kostenexpansion im Kranken- hauswesen vor allem mit dem

Krankenhausfinanzierungsgesetz und der Bundespflegesatzverord- nung eingetreten sei, obwohl beide seinerzeit als gesundheitspoliti- scher Fortschritt allgemein gefeiert wurden. Technokraten des Gesund- heitswesens betonten damals vor allem, daß die Krankenhausversor- gung nunmehr eindeutig eine öf- fentliche Aufgabe geworden sei.

Der Staat werde jetzt — auf der Ba- sis einer umfassenden Kranken- hausplanung und einer geordneten Finanzierung — dafür sorgen, daß das Stiefkind Krankenhaus endlich seinen angemessenen und gesi- cherten Platz im deutschen Gesund- heitswesen beziehen könne.

Ein Teilziel des Gesetzes aber wur- de verfehlt: zu sozial tragbaren Pflegesätzen beizutragen. Die Fi- nanzierung der Krankenhäuser wurde zwar in Ordnung gebracht, zugleich schossen aber die Pflege-

sätze in unerwartete Höhen.

Die Gründe sind vielfältig und kei- neswegs allein und vordergründig den Krankenhausträgern anzula- sten. Vielmehr kamen viele Um- stände zusammen, u. a.

— der Rückstau aus Betriebsko- sten, die bis dahin nicht im Pflege- satz abgerechnet werden durften und vielfach von den Trägern aus eigenen Mitteln getragen wurden;

— die volle Pauschalierung prak- tisch aller Nebenkosten, die bisher gesondert neben dem Pflegesatz vergütet wurden; damit wurde die Vergleichbarkeit alter und neuer Pflegesätze praktisch unmöglich gemacht;

— der rapide Anstieg der Perso- nalkosten im öffentlichen Dienst durch Gehaltsverbesserungen, z. B.

1974 von 11% und hohe Sockel- beträge, volles 13. Monatsgehalt, bessere Bezahlung der Überstun- den und Bereitschaftsdienste;

— Personalvermehrungen u.

a.

wegen Einführung der 40-Stunden- Woche und natürlich auch im Rah- men der steigenden medizinischen Bedürfnisse;

— höhere Anspruchserwartungen beim Krankenhauskomfort, etwa beim Essen und bei der Unterbrin- gung (Trend zum kleineren Patien- tenzimmer);

— und schließlich auch die Neuordnung der Bezahlung für Krankenhauskomfort durch Fest- setzung neuer Äquivalenzzahlen in der Bundespflegesatzverordnung, die die teilweise Subventionierung der allgemeinen Pflegeklasse durch die Privatpatienten weitgehend ab- schnitt.

Mangelnde wirtschaftliche Anreize Ein wesentlicher Grund für die Ko- stensteigerung sind aber auch wirt- schaftliche Fehlentscheidungen.

Die Einführung des vollpauscha- lierten, für alle Behandlungstage gleichbleibenden Pflegesatzes hat für die Krankenhausträger Anreize für eine Intensivierung der Kran- kenhausbehandlung genommen. Im Gegenteil: Da die Kosten für einen Patienten in den ersten Tagen des Krankenhausaufenthaltes zumeist besonders hoch sind, muß das na- türliche Eigeninteresse der Kran- kenhäuser darin liegen, Patienten möglichst lange zu vollen Pflege- sätzen auch in Zeiten zu behalten, in denen sie weniger Kosten verur- sachen. Das derzeitige Finanzie- rungssystem, das weitgehend der Kameralistik entspricht, übt also nicht nur einen Sog aus, die vor- handenen Betten mit Patienten zu

„füllen", um auf diese Weise die erforderlichen Pflegesätze zu kas- sieren; es wirkt auch dem gesund- heitspolitisch notwendigen Verlan- gen nach Verkürzung der Verweil- dauer und Abbau von Kranken- hausbetten entgegen. Mit anderen Worten: Das Finanzierungssystem des Krankenhausfinanzierungsge- setzes und der Bundespflegesatz- verordnung kann Krankenhausträ- ger aus wohlverstandenen betriebs-

DEUTSCHES ÄRZTEBLATT Heft 19 vom 6. Mai 1976 1311

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wirtschaftlichen Gründen veranlas- sen, sich volkswirtschaftlich falsch zu verhalten. Natürlich wird ein sol- ches Fehlverhalten nur insoweit vorkommen, als Betten über den wirklichen Bedarf hinaus vorhanden sind. Krankenhäuser mit einer in der Bevölkerung anerkannten per- sonellen Besetzung an Ärzten und medizinischem Assistenzpersonal werden unter jedem Finanzierungs- system keine Probleme mit der Bet- tenbelegung haben, sondern im Ge- genteil bemüht bleiben, die vorhan- denen Betten jeweils so schnell wie möglich anderen wartenden Patien- ten zur Verfügung zu stellen.

Die Wahrung der Wirtschaftlichkeit im Krankenhaus ist auch im Kran- kenhausfinanzierungsgesetz und den meisten Krankenhausgesetzen der Länder vorgeschrieben. Die Überprüfung dieses Grundsatzes auf administrativem Wege stößt aber in der Praxis weitgehend auf Schwierigkeiten, zumindest solan- ge hierfür noch keine allgemein anerkannten Maßstäbe gesetzt sind. Dazu kommt, daß bei weitem noch nicht alle Krankenhäuser die nunmehr für sie vorgeschriebene kaufmännische Buchführung einge- führt haben.

Falscher Trend zum Großkrankenhaus

Erst in den letzten Jahren hat sich allgemein die Erkenntnis durchge- setzt, daß ein besonders hoher Be- stand an Krankenhausbetten kein Indikator für ein vorbildliches Ge- sundheitswesen ist. Eine insoweit bestehende Fehleinschätzung wird allmählich überwunden. Dasselbe ist aber auch notwendig für die mancherorts noch immer beste- hende Annahme, eine patientenge- rechte Krankenhausmedizin könne nur im Großkrankenhaus angebo- ten werden; demzufolge müßten kleinere Krankenhäuser stillgelegt oder anderen Zwecken zugeführt werden.

In dieser Verallgemeinerung ist dies sicherlich falsch. Die Betten-

zahl allein kann kein Kriterium für die Überlebensberechtigung eines Krankenhauses sein. Vielmehr ist diese — wie die Bundesärztekam- mer und die Landesärztekammern wiederholt betont haben — nach der ärztlich-medizinischen Lei- stungsfähigkeit und der Wirtschaft- lichkeit zu beurteilen. Dabei ist von einem nach Art, Größe und Lei- stungsfähigkeit differenzierten Sy- stem verschiedenartiger Kranken- häuser auszugehen, wie es auch das Krankenhausfinanzierungsge- setz vorsieht. Darin haben auch kleinere Krankenhäuser für be- stimmte Aufgaben der Basisversor- gung jetzt und in Zukunft ihren Platz. Ganz abgesehen davon wer- den kleinere Krankenhäuser im all- gemeinen von den Patienten, vor allem den älteren, bevorzugt: We- gen ihrer größeren Nähe zum Wohnort und ihrer persönlicheren Atmosphäre, die in größeren Kran- kenhäusern leider oft genug vor lauter Organisation verlorengeht.

Der Ausschuß „Arzt im Kranken- haus" wird sich nach dem Ärztetag gerade unter diesem Aspekt mit Fragen der Krankenhausplanung beschäftigen und dabei über Krite- rien für die Weiterführung kleinerer Krankenhäuser beraten. Dabei wird auch zu prüfen sein, inwieweit Empfehlungen für den Abbau von größeren Krankenhäusern oder für eine Umstrukturierung einzelner entbehrlicher Krankenhausabtei- lungen, z. B. auch in Psychiatri- sche Abteilungen, zu geben sind.

Kooperation der Krankenhäuser und krankenhausentlastende Einrichtungen

Ein Abbau von Krankenhausbetten setzt ferner voraus, daß soziale Gründe für eine Krankenhausein- weisung oder eine Verlängerung der Verweildauer weitgehend aus- geschaltet werden. Dazu gehört, wie auch schon im „Blauen Pa- pier" festgelegt, die Schaffung krankenhausentlastender Einrich- tungen: Sozialstationen, die die ambulante Pflege übernehmen können, Kranken- und Altenpflege-

heime, Nachsorgeeinrichtungen und Einrichtungen für eine Anschluß- rehabilitation.

Darüber hinaus muß nach Meinung der Bundesärztekammer künftig mehr denn je eine enge Koopera- tion der Krankenhäuser praktiziert werden. Diese kann sich auf den Bereich der wirtschaftlichen Ver- sorgung durch gemeinschaftliche Einkäufe oder gemeinsam unter- haltene Teilbetriebe (z. B. Bäcke- reien, Wäschereien) erstrecken.

Vor allem ist aber vielerorts noch eine bessere Kooperation der Krankenhäuser einer Versorgungs- region in ärztlich-medizinischer Hinsicht notwendig, etwa im Sinne einer Aufgabenteilung und Spezia- lisierung, um damit einen besser gelenkten Einsatz des Personals und der Geräte zu erreichen.

Belegärztliche Versorgung

Eine besondere Rolle kommt in diesem Zusammenhang auch der belegärztlichen Versorgung zu, wie sie in den Westerländer Leitsätzen und insbesondere auch im „Blauen Papier" vorgeschlagen wird. Sie wäre ein besonders wichtiger Bei- trag, die Kooperation zwischen den Ärzten in Krankenhaus und freier

Praxis zu verbessern.

In der Krankenhausplanung der meisten Bundesländer wird die be- legärztliche Tätigkeit zwar als not- wendig für bestimmte Versor- gungsbereiche anerkannt. Eine echte Förderung ist aber nicht zu verzeichnen. Im Gegenteil: Der Trend in der Krankenhauspolitik geht immer weiter zum Abbau von Belegärzten und zu Abteilungen, die hauptberuflich von Chefärzten geleitet werden. Demzufolge sinkt die Anzahl der Belegärzte ständig.

Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes gab es Ende 1973 nur noch 6422 Belegärzte; 1960 wa- ren es noch 7601.

Bei der mangelnden staatlichen Förderung der belegärztlichen Tä- tigkeit dürfte auch eine Rolle spie- len, daß die Reformvorstellungen

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der Ärztetage noch nicht allgemein bekannt sind. Diese sehen, in zu- sammengefaßter Form, vor:

— Belegabteilungen an Belegkran- kenhäusern oder Anstaltskranken- häusern sollen in Zukunft von meh- reren Belegärzten der gleichen Fachrichtung versorgt werden.

— Damit soll das bisherige Einzel- belegarztsystem Zug um Zug durch ein Kollegialsystem abgelöst wer- den. Die Belegärzte in einem be- legärztlich geführten Krankenhaus oder in einer Krankenhausabtei- lung sollen in einem Kollegialsy- stem in Fachgruppen zusammen- wirken.

— Allen hierfür qualifizierten und daran interessierten niedergelasse- nen Ärzten im Einzugsbereich ei- nes belegärztlich versorgten Kran- kenhauses oder einer belegärztlich versorgten Krankenhausabteilung kann damit die Arbeit im Kranken- haus offenstehen.

Die Vorteile einer solchen Rege- lung sind groß:

— Erstens wird dazu beigetragen, die Trennung zwischen ambulanter und stationärer Behandlung unter Wahrung des Prinzips der freien Arztwahl und der Erhaltung des Vertrauensverhältnisses zwischen Patient und Arzt zu überwinden.

Ein „Systemwandel", der für Pa- tienten und Ärzte nur Nachteile hät- te, wird vermieden.

— Zweitens kann damit vielen Pa- tienten eine durchgehende Betreu- ung durch denselben Arzt in freier Praxis und am Krankenhaus ge- währt werden. Überweisungen mit all ihren Konsequenzen entfallen, unnötige Doppeldiagnostik wird verhindert.

— Drittens werden dem Patienten im Krankenhaus in größerem Um- fang als bisher auch die Erfahrun- gen und Kenntnisse niedergelasse- ner Ärzte erschlossen; gerade in Krankenhäusern der Grund- und Regelversorgung mangelt es bisher an Fachärzten.

— Umgekehrt werden viertens da- mit Fachärzte, die sich nach länge- rer Tätigkeit am Krankenhaus nie- derlassen, in stärkerem Maße als bisher in die stationäre Versorgung reintegriert.

— Fünftens trägt diese Regelung dazu bei, bestehende Engpässe, vor allem der fachärztlichen, aber auch der allgemeinärztlichen Ver- sorgung zu überwinden. Für viele niederlassungswillige Ärzte wäre es beruflich attraktiv, wenn mit der Niederlassung auf dem Lande oder in Stadtrandgebieten zugleich die Möglichkeit einer belegärztlichen Tätigkeit in einem Krankenhaus verbunden wäre.

Die vorgeschlagene neue Form der belegärztlichen Tätigkeit vermeidet Fehler der Vergangenheit. Insbe- sondere kann durch die Koopera- tion der Ärzte in Fachgruppen eine ständige ärztliche Präsenz im Krankenhaus gewährleistet wer- den.

Die Kooperation der Ärzte erlaubt, vor allem in den großen Fächern, auch Schwerpunktbildungen inner- halb der Fachgruppe — so etwa unter mehreren Internisten nach Kardiologie, Gastroenterologie, Ne- phrologie, Hämatologie — wie im Großkrankenhaus auch. In den operativen Fächern können dar- über hinaus durch gegenseitige Assistenz der Mitglieder der Fach- gruppe auch Eingriffe ermöglicht werden, die sonst in kleineren An- staltskrankenhäusern nicht mög- lich wären. Wie überhaupt die Vor- teile des Fachgruppensystems in den Möglichkeiten einer fachkom- petenten Konsultation und Koope- ration liegen.

Schließlich ist zu vermuten, daß das Belegarztwesen auch wirt- schaftlicher ist: Durch Vermeidung noch immer vorkommender unnöti- ger Doppeldiagnostik, wohl auch durch Verringerung der Kranken- hauseinweisungen und Kürzung der Verweildauer, wenn ausrei- chende Hauspflegedienste zur Ver- fügung stehen.

Ein kooperatives Belegarztsystem, wie es die Ärztetage gefordert ha- ben, wäre im internationalen Ver- gleich nicht ungewöhnlich. Man findet es in dieser oder ähnlicher Form z. B. auch in den Vereinigten Staaten und den anderen Ländern des englischsprachigen Raumes.

Es wäre mit Sicherheit auch bei uns erfolgreich zu verwirklichen, wenn alle Beteiligten — Politiker, Verwaltungsbeamte, Krankenhaus- träger und auch Ärzte — nur um- denken wollten.

Der 77. Deutsche Ärztetag 1974 hat das kooperative Belegarztsystem bei uns empfohlen

— für die Krankenhäuser der Grund- und Regelversorgung bis zur Größenordnung von etwa 300 Betten, und zwar für alle Abteilun- gen,

— bevorzugt für Krankenhäuser in Stadtrandgebieten und auf dem Lande, um Anreize für die Nieder- lassung vor allem von Fachärzten zu schaffen,

— in Schwerpunkt- und Zentral- krankenhäusern, die als Anstalts- krankenhäuser betrieben werden:

für die Wahrnehmung von ärztli- chen Spezialaufgaben in einer mit hauptberuflichen Krankenhausärz- ten besetzten Abteilung und

— allgemein für die sogenannten Organfächer.

Auch in belegärztlich versorgten Krankenhäusern oder belegärztlich versorgten Abteilungen muß — wie im Anstaltskrankenhaus auch — durch eine ärztliche Leitung die Kooperation des ärztlichen Dien- stes, des Pflegedienstes, die Zu- sammenarbeit der verschiedenen Fachgebiete sowie die Abstim- mung über die gemeinsame Nut- zung zentraler Einrichtungen ge- währleistet werden.

Die Bundesregierung bereitet ein Forschungsvorhaben über einen Wirtschaftlichkeitsvergleich der verschiedenen Formen der ambu- lanten und stationären Versorgung

DEUTSCHES ÄRZTEBLATT Heft 19 vom 6. Mai 1976 1313

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vor, in dessen Rahmen auch die Vor- und Nachteile der belegärzt- lichen Versorgung im besonderen Maße untersucht werden sollen.

Ambulante Behandlung durch die

Institution Krankenhaus

Im Berichtszeitraum gingen die Be- strebungen zur Einführung einer vor- und nachstationären Behand- lung durch die Institution Kranken- haus weiter. Sie wurden in der Öf- fentlichkeit vor allem mit der Be- hauptung vertreten, damit könnten erhebliche Kosten eingespart wer- den. Höhepunkt dieser Entwicklung bildete eine Empfehlungsvereinba- rung, die die Deutsche Kranken- hausgesellschaft am 15. Juli 1975 mit den Bundesverbänden der Krankenkassen schloß und die Mo- dellversuche an einer größeren Zahl von Krankenhäusern vorsah.

Die Bundesärztekammer hat sich gegen diese Bestrebungen schon früher nachdrücklich ausgespro- chen. Deren Realisierung würde ei- nen Systemwandel im deutschen Gesundheitswesen zur Folge ha- ben. Dieser wäre weder ökono- misch sinnvoll, noch brächte er für die Patienten eine Verbesserung.

Im Gegenteil wäre damit zu rech- nen, daß durch eine weitere Institu- tionalisierung des Gesundheitswe- sens die Betreuung der Patienten sich verschlechtern würde (vgl.

Deutsches Ärzteblatt 1975, Seite 937 und Seite 2587).

Die Bundesärztekammer hat daher auch im Berichtsjahr durch zahlrei- che Einzelverhandlungen mit be- troffenen und verantwortlichen Per- sönlichkeiten und Organisationen sowie in Veröffentlichungen darauf hingewiesen, daß sich die vor- und nachstationäre Behandlung nicht als sinnvoll erweisen wird und von der Ärzteschaft nachdrücklich ab- gelehnt werde. Es müsse vielmehr nach anderen Möglichkeiten zur Senkung der Krankenhausverweil- dauer und zur besseren Verbin- dung von Krankenhaus und Praxis gesucht werden.

Im Sommer 1975 hat das Bundes- gesundheitsministerium dem Deut- schen Krankenhausinstitut in enger Verbindung mit der Deutschen Krankenhausgesellschaft einen Forschungsauftrag mit dem Titel

„Personelle und finanzielle Entla- stungsmöglichkeiten der Kranken- hausversorgung durch Differenzie- rung der Krankenhausaktivitäten nach vollstationärer und semistatio- närer Behandlung" erteilt. Dazu soll auch eine anschließende Mo- delluntersuchung über die Mög- lichkeiten einer vor- und nachsta- tionären Behandlung im Kranken- haus gehören.

Die Deutsche Krankenhausgesell- schaft hat im November 1975 die Krankenkassenverbände und die ärztlichen Organisationen davon in Kenntnis gesetzt, daß sie unter Aufrechterhaltung der am 15. Juli 1975 geschlossenen Empfehlungs- vereinbarung die Durchführung von Modellversuchen über die vorsta- tionäre Diagnostik und nachstatio- näre Behandlung im Krankenhaus zunächst zurückstellen werde. Es solle jetzt das Ergebnis des o. a.

Forschungsauftrages abgewartet werden, den das Bundesgesund- heitsministerium an das Deutsche Krankenhausinstitut erteilt habe.

Gegebenenfalls sollen im Anschluß an die theoretischen Untersuchun- gen dieses Instituts Modellversu- che an zwei oder drei Krankenhäu- sern im Bundesgebiet stattfinden.

Die Deutsche Krankenhausgesell- schaft hat zugesagt, in ihre Unter- suchungen auch die von der Ärzte- schaft vorgeschlagenen Modelle für eine bessere Verzahnung von ambulanter und stationärer Versor-

gung mit einzubeziehen.

Kooperation zwischen

Krankenhaus und freier Praxis Im Hinblick auf die geschilderten Bemühungen um Einführung einer vor- und nachstationären Behand- lung durch die Institution Kranken- haus, die von der Ärzteschaft abge- lehnt wird, hat sich die Bundesärz- tekammer weiterhin bemüht, die

Kooperation zwischen den Ärzten im Krankenhaus und in freier Pra- xis weiter zu fördern. Insbesondere geht es dabei darum, die in den näheren Einzelheiten in den „Ge- sundheits- und sozialpolitischen Vorstellungen der deutschen Ärzte- schaft" niedergelegten Vorschläge auf breiter Front durchzusetzen.

Dem soll auch eine Ergänzung der Berufsordnung für die deutschen Ärzte gelten, die der Ausschuß

„Krankenhaus und Praxis" vorge- schlagen hat und die dem Ärztetag 1976 zur Beschlußfassung vorgelegt wird.

Im Berichtszeitraum haben weitere Kassenärztliche Vereinigungen und Ärztekammern die Kassenärzte aufgerufen, alle Möglichkeiten der vorstationären ambulanten Diagno- stik in freier Praxis auszunützen, bevor sie einen Patienten ins Krankenhaus einweisen. In Berlin wurde darüber hinaus eine förmli- che Vereinbarung mit den Kran- kenkassen über eine präoperative Diagnostik in freier Praxis in die Wege geleitet.

Berufliche Situation der Krankenhausärzte

Die Krankenhausgremien der Bun- desärztekammer haben bei ihren Beratungen wiederholt feststellen müssen, daß sich die berufliche Si- tuation der Krankenhausärzte teil- weise verschlechtert. So bieten z. B.

immer mehr Krankenhausträger ihren Bewerbern für die Stelle ei- nes leitenden Krankenhausarztes Verträge an, die das Recht auf Pri- vatbehandlung und damit auch die Möglichkeit der Privatliquidation für stationäre Patienten nicht mehr vorsehen oder aber stark ein- schränken. Vor allem in konfessio- nellen Krankenhäusern hat sich dieser Trend verstärkt, seitdem die beiden Trägerverbände entspre- chende Empfehlungen gegeben ha- ben. Diese Empfehlungen sind zwar rechtlich nicht verbindlich und gelten naturgemäß auch nur für neu abzuschließende Verträge.

Gleichwohl werden sie, wenn sie

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allgemein angewandt werden soll- ten, auf Dauer die Stellung der lei- tenden Krankenhausärzte entschei- dend schwächen.

Liquidationsrecht kann nur ein Arzt haben

Nach Auffassung der Bundesärzte- kammer kann ein Liquidationsrecht für eine vom Patienten gewünschte Privatbehandlung nur der ausfüh- rende Arzt, aber nicht die Institution Krankenhaus haben. Das ergibt sich sowohl aus der Rechtsnatur der Gebührenordnung für Ärzte als auch aus dem Sinngehalt der Bun- despflegesatzverordnung. Zur Zeit wird diese Frage auch im Rechts- zuge geklärt.

Die Private Krankenversicherung wird, wie sie erklärt und durch ein Rechtsgutachten von Prof. Dr. jur.

Wolfgang Gitter, Bochum, erhärtet hat, „Honorarrechnungen" der In- stitution Krankenhaus nicht erstat- ten. Im übrigen ist vom Standpunkt des Patienten aus nicht einzuse- hen, wieso er das Krankenhaus als Institution für eine höchstpersönli- che Leistung honorieren soll, die ein anderer, nämlich der Arzt, er- bracht hat. Honorarforderungen sollten deshalb aus grundsätzli- chen Erwägungen stets vom Arzt in eigenem Namen geltend gemacht werden.

Darüber hinaus hat der Ausschuß

„Arzt im Krankenhaus" festgestellt, daß eine generelle Einschränkung des Honorarrechts auf einen nied- rigeren Satz als das Sechsfache der Einfachsätze der GOÄ recht- lich außerordentlich problematisch ist und auf keinen Fall das Rechts- verhältnis zwischen Patient und Krankenhausarzt berührt.

Unabhängig davon hat die Bundes- ärztekammer die Krankenhausärzte aufgerufen, sich darüber im klaren zu sein, daß sie beim Verzicht auf das Liquidationsrecht keine Mög- lichkeit haben, qualifizierten ärztli- chen Mitarbeitern eine angemesse- ne Honorarbeteiligung zu garantie- ren. Dem Bewerber für eine Chef-

arztstelle kann daher nur empfoh- len werden, Angebote eines Kran- kenhausträgers sorgfältig zu prü- fen. Keineswegs sollte er aus Uner- fahrenheit Bedingungen akzeptie- ren, die vor ihm andere Bewerber schon abgelehnt haben. Zur gleich- mäßigen Information über Vor- und Nachteile eines Angebotes sollte die Vertragsberatung bei den Ärz- tekammern in Anspruch genom- men werden.

Außerdem hat die Bundesärzte- kammer darauf hingewiesen, daß die Ablösung des Liquidations- rechts durch erhöhte Festgehälter der Krankenhausträger problema- tisch ist. Es sind bereits Fälle be- kannt geworden, in denen die Krankenkassen und die zuständi- gen Preisbehörden derartige Aus- gaben der Krankenhäuser bei der Pflegesatzfeststellung beanstandet haben.

Liquidationsrecht maßvoll ausüben Am 6. Juni 1975 hat der Vorstand der Bundesärztekammer im Deut- schen Ärzteblatt eine Entschließung über die Wahrnehmung des Liqui- dationsrechts der Krankenhausärz- te veröffentlicht (Deutsches Ärzte- blatt 1975 Nr. 27, S. 1981). Die darin niedergelegten Grundsätze sollten von allen Ärzten berücksichtigt werden. Außerdem hat die Bundes- ärztekammer den Landesärztekam- mern empfohlen, bei der Prüfung von Rechnungsbeschwerden diese Empfehlung zugrunde zu legen.

Schließlich hat der Vorstand durch eine Verlautbarung die ärztlichen Organisationen und Verbände noch einmal auf die Einhaltung des

§ 12 Abs. 2 der Berufsordnung für die deutschen Ärzte hingewiesen, der eine angemessene Beteiligung der ärztlichen Mitarbeiter liquida- tionsberechtigter Krankenhausärzte an deren Honorareinnahmen vor- schreibt.

Sorgen mit den Stellenplänen Im Zuge einer verschärften Wirt- schaftlichkeitsprüfung bei den

Krankenhäusern wurden in mehre- ren Teilen des Bundesgebietes Be- strebungen deutlich, die Stellenplä- ne auf die Richtwerte von 1969 zurückzuführen. Dabei wird jedoch übersehen, daß die seither einge- tretene wissenschaftliche Entwick- lung unter Umständen einen zu- sätzlichen Einsatz von Ärzten erfor- dert. Darüber hinaus berücksichti- gen die im Jahre 1969 geltenden Anhaltszahlen noch nicht die erst später eingeführte 40-Stunden-Wo- che für alle Krankenhausbedienste- ten.

Eine schematische Kürzung der Stellenpläne der Krankenhäuser in diesem Sinne muß als ein Sparen am falschen Ende angesehen wer- den. Es muß sich letztlich zu La- sten der Patienten, die auf ärztliche Hilfe angewiesen sind, auswirken.

Klinikfortbildung

Der 78. Deutsche Ärztetag 1975 hatte den Vorstand der Bundesärz- tekammer aufgefordert, sich dafür einzusetzen, daß niedergelassene Ärzte die Möglichkeit haben, für einen individuell festgelegten Zeit- raum an einer Kankenhausabtei- lung tätig zu werden. Im Wechsel dafür soll ein Arzt der jeweiligen Krankenhausabteilung auf freiwilli- ger Basis die Praxis des niederge- lassenen Arztes führen. Dem nie- dergelassenen Arzt wäre dadurch die Möglichkeit gegeben, die aktu- ellen Methoden der Diagnostik und Therapie am Krankenhaus, gege- benenfalls im turnusmäßigen Ab- lauf über Jahre hin, kennenzuler- nen. Der Krankenhausarzt wäre da- gegen in der Lage, sich mit den Problemen der freien Praxis zu be- schäftigen und diese bei seiner Tä- tigkeit im Krankenhaus zu berück- sichtigen.

Diese Idee eines regelmäßigen Austausches zwischen niederge- lassenen und Krankenhausärzten zu Fortbildungszwecken wurde von den zuständigen Gremien der Bun- desärztekammer als einleuchtend und wünschenswert begrüßt. Ob- wohl es in Einzelbereichen Bei-

DEUTSCHES ÄRZTEBLATT Heft 19 vom 6. Mai 1976 1315

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spiele dafür gibt, daß ein solcher ständiger Austausch funktioniert, wurde aber auch auf die bestehen- den Schwierigkeiten hingewiesen.

Zwar sei es wenig problematisch und üblich, daß Krankenhausärzte niedergelassene Ärzte vertreten.

Umgekehrt würden aber Schwierig- keiten immer dann entstehen, wenn ein Krankenhausträger prak- tisch einen niedergelassenen Arzt als Arbeitnehmer einstellen müßte, der bei ihm unbezahlt tätig werde.

Die sich daraus ableitenden Fra- gen der Haftpflichtversicherung, Unfallversicherung und möglicher- weise auch der Sozialversicherung seien noch ungeklärt. Das hierüber vorgesehene Gespräch mit der Deutschen Krankenhausgesell- schaft hat bis zum Redaktions- schluß dieses Tätigkeitsberichtes noch nicht stattgefunden.

Ärzte im

öffentlichen Dienst

Auch im Berichtsjahr konnte von einer Entspannung der Situation der Ärzte im öffentlichen Dienst nicht die Rede sein. Vielmehr sind die Angaben über die bedrohliche Lage im öffentlichen Gesundheits- dienst nunmehr auch von offizieller Seite bestätigt worden. So verbrei- tete die Bundesregierung kürzlich:

Die Zahl der Gesundheitsämter ist von Ende 1970 bis Ende 1974 um 22,3 Prozent zurückgegangen, die Zahl der dort beschäftigten Ärzte sogar um 49 Prozent, die der Zahn- ärzte um 45,4 Prozent und die der dort beschäftigten Sozialarbeiter

um 29,4 Prozent.

Die ärztlichen Organisationen ha- ben wiederholt auf die Grundübel des öffentlichen Gesundheitsdien- stes hingewiesen, die einmal in der Überalterung der Ärzte und im Nachwuchsmangel zu suchen sind, in der Unsicherheit über die zu- künftigen Aufgaben, ferner auch in der Aushöhlung des Aufgabenkata- loges und insgesamt in der Unat- traktivität der Laufbahn.

Die Neuordnung des öffentlichen Gesundheitsdienstes ist längst überfällig. Kein Bundesland hat sich bisher ernsthaft die Richtlinien für Ländergesetze zur Weiterent- wicklung der Aufgaben des öffentli- chen Gesundheitsdienstes zu eigen gemacht. Ansätze sind im Lande Hessen erkennbar, allerdings rech- ter Schwung fehlt diesem Unter- nehmen auch dort.

Dies ist um so erstaunlicher, als nahezu alle im Deutschen Bundes- tag vertretenen Parteien in pro- grammatischen Äußerungen nicht nur der Gesundheitspolitik einen hohen Stellenwert eingeräumt ha- ben, sondern vor allem auch dem öffentlichen Gesundheitswesen.

Gleichwohl — das ist festzustellen

— ist recht wenig getan worden, um die Zielvorstellung auch in die Tat umzusetzen. Auch die wieder- holten Alarmrufe der Deutschen Ärztetage und der ärztlichen Be- rufsverbände sind ohne merkliches Echo verhallt. Allerdings ist die un- befriedigende Besoldungssituation der Ärzte im öffentlichen Dienst durch die Gesundheitsminister der Länder in einer grundsätzlichen Stellungnahme anerkannt worden.

Die Minister und Senatoren er- kannten die sich immer bedrohli- cher entwickelnde Lage des öf- fentlichen Gesundheitsdienstes

und gaben erstmals 1968 in den so- genannten „Schlangenbader Be- schlüssen" ihrer Besorgnis Aus- druck, wobei sie Forderungen auf- stellten, die geringfügige Verbesse- rungen der Besoldungssituation brachten. Die allgemeinen Sparbe- schlüsse für den öffentlichen Sek- tor ließen aber eine Verbesserung der Situation für den öffentlichen Dienst in der jüngsten Vergangen- heit nicht erwarten.

Auch das im Berichtsjahr im Bun- destag verabschiedete „Zweite Ge- setz zur Vereinheitlichung und Neugliederung des Besoldungs- rechts in Bund und Ländern (BSVNG)" beinhaltet kaum Korrek- turansätze. Vor allem wurde eine funktionsgerechte Besoldung, die vielfach von der deutschen Ärzte- schaft gefordert wurde, nicht auf-

genommen. Diese Entwicklung und Beschlußfassung ist vor dem Hin- tergrund der Beschlüsse der Bun- desregierung und der Regierung der Länder vom 19. Dezember 1974 zu sehen, die aus wirtschafts-, haushalts- und finanzpolitischen Gründen davon absahen, kosten- wirksame strukturelle Maßnahmen bis zum 31. Dezember 1976 zu tref- fen. Allerdings eröffnet dieses so- genannte „Besoldungsmoratorium"

die Möglichkeit, zu prüfen, ob im Bereich des öffentlichen Gesund- heitsdienstes für beamtete Ärzte noch vor dem 1. Januar 1977 durch die sogenannte „Funktionszuwei- sungsverordnung" nach § 20 Ab- satz 2 Satz 3 des Bundesbesol- dungsgesetzes eine Verbesserung der Besoldungssituation zu errei- chen ist.

Auch diese vom Gesetzgeber ge- schaffenen Möglichkeiten der Be- soldungsverbesserung wurden im Berichtsjahr nicht ausgeschöpft. Es war vielmehr festzustellen, daß auch in dem so eilig verabschiede- ten „Haushaltsstrukturgesetz" der Sache der Ärzte im öffentlichen Dienst durch Veränderung der Re- lation aller Planstellen in den Be- soldungsgruppen A 13 und A 14 kein Dienst erwiesen worden ist.

Die Bundesärztekammer hat in ei- ner ausführlichen Stellungnahme an den Präsidenten des Deutschen Bundesrates auf die daraus für den öffentlichen Dienst resultierenden Konsequenzen aufmerksam ge- macht.

Auch die Maßnahmen des Gesetz- gebers zur Studienförderung von Bewerbern für den öffentlichen Ge- sundheitsdienst erscheinen grund- sätzlich und auch aus der speziel- len Problematik des öffentlichen Dienstes heraus nicht geeignet, die prekäre Nachwuchssituation für diese Arztgruppe zu verbessern.

Voraussetzung einer sinnvollen und erfolgreichen Reform muß nicht nur die attraktivere Gestal- tung des Tätigkeitsfeldes sein, son- dern auch eine Verbesserung der organisatorischen und verwal- tungsmäßigen Strukturen der Ärzte

im öffentlichen Dienst.

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