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Archiv "Tätigkeitsbericht der Bundesärztekammer 1976/7:7 Arzt und Krankenhaus -Fortsetzung der Dokumentation aus Heft 19/1977" (19.05.1977)

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Das Krankenhaus nimmt in unserem Gesundheitswesen — gleichberech- tigt neben der freien Praxis — eine besonders wichtige Stellung ein.

Diese beruht nicht nur auf der hohen ärztlich-wissenschaftlichen Bedeu- tung des Krankenhauses für die sta- tionäre Behandlung der Patienten, sondern auch auf der Tatsache, daß das Krankenhaus inzwischen ein be- sonders großer Ausgabenposten der gesetzlichen Krankenversicherung geworden ist. Inzwischen geben die Krankenkassen etwa jede dritte Mark aus ihrem Beitragsaufkommen für Krankenhauspflege aus .. . Die hohe gesundheits- und berufs- politische Bedeutung des Kranken- hauses macht es selbstverständlich, daß sich die Bundesärztekammer immer wieder intensiv mit Kranken- hausfragen zu beschäftigen hat.

Hierfür wurden zwei miteinander kooperierende Ausschüsse gebildet:

„Arzt im Krankenhaus" unter Vorsitz des Vizepräsidenten der Bundesärz- tekammer, Dr. Horst Bourmer, und

„Krankenhaus und Praxis" unter Vorsitz des nordrheinischen Ärzte- kammer-Präsidenten, Dr. Friedrich- Wilhelm Koch. In beiden Ausschüs- sen arbeiten neben einer Reihe von Persönlichkeiten, die der Vorstand der Bundesärztekammer berufen hat, auch Vertreter der Kassenärztli- chen Bundesvereinigung und der am Krankenhauswesen interessier- ten ärztlichen Verbände mit.

Zu diesen beiden Ausschüssen tritt eine „Ständige Konferenz für Kran- kenhausfragen", in die die Landes- ärztekammern sachverständige Ver- treter entsandt haben und mit der insbesondere die Abstimmung der Landesärztekammern über kranken- hauspolitische Fragen erreicht wer- den soll.

Die Geschäftsführung für die Kran- kenhausgremien hat der Vorstand

der Bundesärztekammer über- gangsweise dem bei der Ärztekam- mer Nordrhein tätigen Geschäfts- führer Gerhard Vogt übertragen.

Die Gesetzgebung auf dem Gebiet des Krankenhauswesens ist nach der Aufgabenteilung des Grundge- setzes weitgehend Sache der Bun- desländer. Der Bund besitzt nur eine sogenannte Rahmenkompetenz für die Finanzierung der Krankenhäuser und die Regelung der Krankenhaus- pflegesätze. Er hat hiervon bei Erlaß des Krankenhausfinanzierungsge- setzes vom 29. Juni 1972 sowie bei der Bundespflegesatzverordnung vom 25. April 1973 Gebrauch ge- macht.

Wichtigste gesundheitspolitische Maßnahme der Bundesregierung im Berichtsjahr war die Einbringung des Regierungsentwurfs für ein

Krankenversicherungs-Kosten- dämpfungsgesetz (KVKG). Es ent- hält auch zahlreiche Vorschriften, die für das Krankenhauswesen ins- gesamt sowie für die Tätigkeit der Krankenhausärzte und deren Zu- sammenarbeit mit den Ärzten in freier Praxis von eminenter Bedeu- tung sind.. .

Diese Pläne sind in entscheidenden Teilen nicht nur bei der Bundesärz- tekammer und den Verbänden der Krankenhausärzte, sondern im be- sonderen Maße auch bei den Kran- kenhausträgern auf Widerstand ge- stoßen. Die Deutsche Krankenhaus- gesellschaft hat bereits Klage vor dem Bundesverfassungsgericht an- gekündigt, falls derartige Pläne, ins- besondere im Finanzierungsbe- reich, realisiert werden sollten.

Kostenexpansion im Krankenhaus und ihre Ursachen

Gerade auch im Krankenhauswesen sind die Kosten von Jahr zu Jahr

wesentlich schneller gestiegen als die allgemeinen Lebenshaltungsko- sten. Die gesetzlichen Krankenkas- sen gaben dafür 1960 etwa 1,6 Mil- liarden DM und 1975 etwa 17,5 Mil- liarden DM aus.

Diese Steigerung ist außergewöhn- lich hoch, wesentlich höher als für alle anderen Ausgabengruppen, so etwa auch für ärztliche Honorare.

Ein besonders hoher Kostenzu- wachs trat nach Inkrafttreten des

Krankenhausfinanzierungsgesetzes und der Bundespflegesatzverord- nung ein. Während die Aufwendun- gen für die ambulante ärztliche Be- handlung sich nach wie vor im Be- reich von einem Fünftel der Gesamt- ausgaben der gesetzlichen Kranken- versicherung bewegen und dabei sogar eine sinkende Tendenz auf- weisen, werden die Kosten für die Krankenhauspflege alsbald mehr als ein Drittel des Gesamtetats der ge- setzlichen Krankenversicherung er- reichen. Ebenso stiegen auch die Pflegesätze, mit denen jetzt die Be- triebskosten des Krankenhauses ab- gedeckt werden. Noch 1966 lagen sie für allgemeine Krankenhauslei- stungen bei etwa 32 bis 39 DM täg- lich, 1974 schon bei 123 bis 180 DM und 1975 bei etwa 150 DM. 1976 trat aber auch hier eine Beruhigung ein.

Nach Mitteilung der Deutschen Krankenhausgesellschaft sind im abgelaufenen Kalenderjahr die Pfle- gesätze durchschnittlich um etwa 8 Prozent angestiegen.

Die Ursachen dieser Kostensteige- rung sind vielfältig. Sie liegen teil- weise im medizinischen Fortschritt begründet, der immer neue und wirksamere Methoden hervorbringt, aber auch immer kostspieligere Ein- richtungen und einen vermehrten Einsatz von qualifiziertem Personal erfordert. Neue Methoden der Kran- kenhausbehandlung kommen in al- ler Regel aber den Patienten zugute und sind damit gesundheitspolitisch erwünscht und notwendig.

Nach einer Untersuchung der Bun- desregierung gliedern sich die Be- triebskosten der Krankenhäuser im Bundesdurchschnitt wie folgt auf (in Prozent): >

Tätigkeitsbericht der Bundesärztekammer 1976/77

Arzt und Krankenhaus

Fortsetzung der Dokumentation aus Heft 19/1977

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Personalkosten insgesamt 71,4 Kosten des medizinischen

Bedarfs 13,1

Lebensmittel 5,7

Wasser, Energie, Brennstoffe 3,0 Wirtschafts- und Verwaltungs-

bedarf 2,9

Sonstige Kosten 3,9

zusammen: 100,0

Der Anteil der Personalkosten ist in Großkrankenhäusern und Universi- tätskliniken wesentlich höher. Er er- reicht und übersteigt gelegentlich 80 Prozent der Gesamtkosten.

Von den Personalkosten wiederum entfallen etwa 16 Prozent auf den ärztlichen Dienst, 25 Prozent auf den Pflegedienst, 10 Prozent auf den medizinisch-technischen und den Funktionsdienst und der Rest von 20 Prozent auf Hauspersonal, Wirt- schafts- und Verwaltungsdienst.

Die Krankenhausträger machen fol- gende quantitative und qualitative Entwicklungen des Leistungsum- fangs der Krankenhäuser für die Ko- stensteigerung geltend:

— Steigerung des Bettenangebotes von 1960 bis 1973 um 21,2 Prozent

— Steigerung der Fallzahlen von 1960 bis 1973 um 36,1 Prozent

— Steigerung der Krankenhaushäu- figkeit von 1960 bis 1973 um 21,7 Prozent

— Steigerung der Pflegetage von 1960 bis 1973 um 12,5 Prozent

— Senkung der durchschnittlichen Verweildauer im Akutbereich von 1960 bis 1973 um 16,1 Prozent

— Senkung der Anzahl der je Arzt zu betreuenden Patienten von 1960 bis 1973 um 32,8 Prozent

— Senkung der Anzahl der je exami- nierter Pflegeperson zu betreuen- den Patienten von 1960 bis 1973 um 26,5 Prozent

— Personalsteigerung durch Perso- nalzuwachs aufgrund des zuvor ge-

nannten Leistungsanstiegs und der Arbeitszeitverkürzungen

— Anstieg der Tariflöhne und Gehäl- ter sowie Anpassung der Besoldung an das allgemeine Einkommensni- veau

— Anhebung der Überstundenver- gütungen und der Vergütungen des Bereitschaftsdienstes

— Ersetzen von ausscheidenden Or- densschwestern durch freie Schwe- stern.

Unabhängig davon haben sich na- türlich auch die allgemeinen Ent- wicklungen des Preisniveaus sowie besondere Preissteigerungen im Be- reich des medizinischen Bedarfs ausgewirkt. Schließlich erfordert der Vollzug neuer sozialer Gesetze auch im Krankenhaus Mehraufwendun- gen, zum Beispiel im Bereich des Arbeits- und Umweltschutzes sowie der beruflichen Bildung.

Einsparmöglichkeiten

Zweifellos müßte es aber möglich sein, auch im Krankenhauswesen in erheblichem Maße zu sparen. Ange- nehm, wenn auch sicherlich nicht immer notwendig, ist zum Beispiel die Verbesserung des Komforts in den Krankenhäusern. So werden heute — als Folge der ideologisch motivierten Diskussion um das klas- senlose Krankenhaus — in vielen Ländern Krankenhausneubauten nur noch mit Ein- und Zweibettzim- mern versehen, möglichst sogar mit Dusche und WC. Dabei lehnen viele Patienten — je nach der Art ihrer Krankheit — ein größeres Zimmer mit den Möglichkeiten der Geselligkeit und der Hilfe untereinander keines- wegs so kategorisch ab, wie dies in der politischen Diskussion unter- stellt wird. Ein- und Zweibettzimmer verteuern aber nicht nur die Investi- tionen, sondern belasten erst recht die Kosten der laufenden Betriebs- führung.

Kritisch ist auch festzustellen, daß die Bundespflegesatzverordnung mit ihrem vollpauschalierten Pflege- satz — wie überhaupt die Gesamtsy- stematik der Krankenhausfinanzie-

rung — primär administrativen und nicht wirtschaftlichen Vorstellungen folgt. Es fehlen ökonomische Anrei- ze für den einzelnen Krankenhaus- träger.

Schon im Vorjahr hatte das Bundes- gesundheitsministerium im Rahmen seiner Überlegungen zur Eindäm- mung der Kostenexpansion ver- sucht, den Anstieg der Kranken- hauspflegekosten mit einem globa- len Prozentsatz nach oben hin zu begrenzen; hierfür waren 6,5 Pro- zent im Gespräch. Eine entspre- chende Entschließung der Gesund- heitsministerkonferenz scheiterte jedoch insbesondere am Widerstand der von der CDU/CSU-regierten Länder. Der Staatssekretär im Bun- desgesundheitsministerium, Profes- sor Dr. Wolters, hat später die vorge- schlagene Begrenzung des Kosten- anstiegs auf 6,5 Prozent vor dem Bundestag — unter Rücknahme frü- herer Absichten — dahingehend in- terpretiert, daß dieser Wert nicht als absolute Obergrenze, sondern als Richtwert für die Berücksichtigung von Kostenentwicklungen angese- hen werden solle.

Auch die Bundesärztekammer hat aufgrund von Beratungen in ihren Krankenhausgremien festgestellt, daß es nicht möglich ist, den Ausga- benzuwachs im Krankenhaus global zu beschränken, wenn man an dem im Krankenhausfinanzierungsgesetz festgelegten Prinzip der Kostendek- kung festhalten will. Für eine Plafon- dierung ist die Struktur der Kranken- häuser zu unterschiedlich; außer- dem sind die Kosten nicht transpa- rent genug. Schließlich sind die Ko- sten im Krankenhaus in wesentli- chen Teilen nicht durch die Kran- kenhausträger beeinflußbar; so sind zum Beispiel die Personalausgaben und ihre Zuwachsraten weitgehend durch die Tarifabschlüsse der Ge- werkschaften mit den Arbeitgeber- organisationen festgelegt.

Andererseits haben jedoch Maßnah- men in einzelnen Bundesländern bewiesen, daß es möglich ist, die Kostenentwicklung im Krankenhaus ohne allzu große Eingriffe in einem gewissen Rahmen zu beeinflussen.

DEUTSCHES ÄRZTEBLATT Heft 20 vom 19. Mai 1977 1347

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Dementsprechend sind auch weitere Wirtschaftsprüfungen in Kranken- häusern, vor allem im administrati- ven Sektor, sinnvoll und notwendig.

Anhaltszahlen für die personelle Besetzung der Krankenhäuser

Im September 1974 hat die Deutsche Krankenhausgesellschaft neue An- haltszahlen für die Besetzung der Krankenhäuser mit Ärzten und Pfle- gekräften herausgegeben. Damit wurden die am 19. September 1969 herausgegebenen Anhaltszahlen der inzwischen eingetretenen Ent- wicklung der Krankenhausmedizin sowie der Arbeitszeitverkürzung an- gepaßt. Im Zuge der Überlegungen für Einsparungen im Krankenhaus- wesen haben schon zu Beginn des Jahres 1976 einige Länderministe- rien nach Beratung in der Gesund- heitsministerkonferenz die beteilig- ten Behörden angewiesen, bei künf- tigen Pflegesatzverhandlungen wie- der von den Anhaltszahlen von 1969 unter Berücksichtigung der inzwi- schen eingetretenen Arbeitszeitver- kürzung auszugehen. Diese Absicht stieß auf den Einspruch der beteilig- ten Organisationen. Insbesondere die Deutsche Krankenhausgesell- schaft, aber auch der Marburger Bund und der Verband der leitenden Krankenhausärzte machten darauf aufmerksam, daß eine schematische Rückführung der Anhaltszahlen auf den Stand von 1969 zu einem Rück- gang der Leistungsfähigkeit der Krankenhäuser führen würde. Denn es würde nicht berücksichtigt, daß Fortschritte der Medizin den Perso- nalbedarf verändert haben. Beson- ders augenfällig ist diese Entwick- lung zum Beispiel im Bereich der Anästhesie.

Dementsprechend hat sich auch die Bundesärztekammer im Berichts- jahr für eine Beibehaltung der An- haltszahlen vom September 1974 ausgesprochen. Leidtragende einer Reduzierung auf den Stand von 1969 wären die Patienten.

Sollten die Bundesverbände der Krankenkassen, wie dies im Entwurf eines Kostendämpfungsgesetzes

vorgesehen ist, Kompetenzen bei der Aufstellung von Richtwerten für Personalkosten erhalten, wird mit zusätzlichen Schwierigkeiten zu rechnen sein. Anfang Januar 1977 verwies der Bundesverband der Ortskrankenkassen in seinem Infor- mationsdienst auf ein von ihm ver- anlaßtes Gutachten der „Arbeits- gruppe zur Planung und Beratung von Einrichtungen des Gesundheits- wesens". Aus ihm ergebe sich auf- grund der Anhaltszahlen ein durch- schnittlicher Zeitaufwand der Kran- kenhausärzte pro Tag und Patient von 24 bis 29 Minuten, während nach Meinung der Gutachter in ei- nem Allgemeinkrankenhaus ein al- lerdings von Disziplin zu Disziplin unterschiedlicher — durchschnittli- cher Zeitaufwand von 12 Minuten, in einer Universitätsklinik von 27 Minu- ten pro Patient ausreichend wäre, um ein gute ärztliche Versorgung si- cherzustellen. Es soll hier nicht auf die Simplizität einer solchen Argu- mentation eingegangen werden, auch nicht auf die grotesk unter- schiedliche Beurteilung zwischen Universitätskliniken und (großen) Allgemeinkrankenhäusern. Wenn der Vorschlag der Gutachter, dem sich der Bundesverband der Orts- krankenkassen offenbar anzuschlie- ßen geneigt ist, verwirklicht würde, würde das zu einer Halbierung der Zahl der Krankenhausärzte führen.

Offenbar wollen die Träger solcher Ideen Rationalisierungseffekte um jeden Preis erreichen, ohne die Pa- tienten als Individuen zu respek- tieren.

Überprüfung des Bettenangebots Ein wesentlicher Beitrag zur Effi- zienz der Krankenhauspflege wäre die Überprüfung des Bettenange- bots. Die Zahl der Krankenhausbet- ten hat sich im Bundesgebiet und im Lande Berlin zum 1. Januar 1976 weiter erhöht auf 729 791. In Kran- kenhäusern für Akutkranke wuchs sie auf 489 756. Es gab am 1. Januar 1976 insgesamt 3481 Krankenhäu- ser, davon 2260 für Akutkranke.

Mehr als die Hälfte der Kranken- hausbetten (53,4 Prozent) wurden von öffentlichen, 35,3 Prozent von freigemeinnützigen und 11,4 Pro-

zent von privaten Trägern vorge- halten.

Am 1. Januar 1976 gab es insgesamt 118,4 planmäßige Betten auf 10 000 Einwohner. Damit steht die Bundes- republik im internationalen Ver- gleich an bevorzugter Stelle, vor al- lem, wenn man bedenkt, daß es ne- ben den gut ausgestatteten Kran- kenhäusern ein gut funktionieren- des, dichtes Netz von freipraktizie- renden Ärzten für die ambulante Versorgung der Bevölkerung gibt.

Die Kostenexpansion im Gesund- heitswesen hat allgemein die Er- kenntnis dafür gefördert, daß das Bettenangebot in der Bundesrepu- blik zu groß ist und daß kostenauf- wendige Überkapazitäten beseitigt werden müssen. Der Umfang des Überangebotes, der sogenannte Bettenberg, wird allerdings unter- schiedlich beurteilt. Er hängt ent- scheidend auch von den Bedarfsde- terminanten ab, die der Kranken- hausplanung zugrunde gelegt wer- den (Bevölkerungsentwicklung, Ent- wicklung der Krankenhauseinwei- sung und der Verweildauer).

Nach Meinung der Bundesärzte- kammer ist es notwendig, nicht al- lein auf die absolute Zahl der Kran- kenhausbetten zu achten, sondern auch auf ihre regionale Verteilung und insbesondere auch auf die fach- liche Strukturierung.

Abzulehnen sind Maßnahmen, die einseitig bestimmte Trägergruppen oder Krankenhäuser bestimmter Größe benachteiligen. Wenn der Bund etwa an der Absicht festhalten sollte, alle Krankenhäuser zu Eigen- beteiligungen an ihren Investitions- kosten zu verpflichten, würde dies vor allem die privaten und konfes- sionellen Krankenhäuser treffen, weil diese nicht die Möglichkeit ha- ben, die Ausfälle an Staatsmitteln aus (kommunalen) Steuern zu dek- ken. Auf die Vielfalt der Krankenhäu- ser, bei der zum Beispiel auch die religiösen Bedürfnisse kranker Men- schen berücksichtigt werden, darf nach Auffassung der Bundesärzte- kammer auch in Zukunft nicht ver- zichtet werden. Abgesehen davon hat es sich gezeigt, daß private und

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frei-gemeinnützige Krankenhäuser in der Regel eher kostengünstiger wirtschaften als die öffentlich-recht- lichen.

Im letzten Jahr ist die durchschnitt- liche Bettennutzung der Kranken- häuser unter den Regelwert von 85 Prozent gesunken. Dies ist eine Folge verringerter Krankenhausein- weisung und verringerter Verweil- dauer. Allerdings sei hier vor dem Fehlschluß gewarnt, daß eine Ver- ringerung der Krankenhauseinwei- sung oder der Verweildauer oder beider zugleich schon für sich allein kostensenkend wirkt, wie dies in po- pulären Darstellungen in Zeitungen und Zeitschriften immer wieder be- hauptet wird. In der Gesamtschau ist das Gegenteil der Fall: bei geringe- rer Belegung sinken die Kosten der Krankenhäuser kaum, weil die mei- sten Kostenfaktoren statisch sind, insbesondere die Personalausgaben als Hauptkostenpunkt. Ersparnisse treten im wesentlichen nur bei der Verpflegung ein, ein relativ unbe- deutender Posten. Wenn umgekehrt aber die nahezu unveränderten Ge- samtkosten des Krankenhauses auf eine geringere Anzahl von Pflegeta- gen — als Bemessungsgrundlage für die Aufbringung der Betriebskosten zu verteilen sind, erhöhen sich da- mit automatisch unter sonst glei- chen Voraussetzungen die Pflege- sätze. Dieser nur scheinbar parado- xe Effekt — Kostensteigerung im Ein- zelfall durch geringere Inanspruch- nahme — kann nur durch konse- quenten Abbau von Krankenhaus- betten unter gleichzeitiger Verringe- rung der Personal- und Sachauf- wendungen erreicht werden. Dar- über müssen sich alle Beteiligten im klaren sein.

Rationellere Diagnostik und Therapie

Weitere Kosteneinsparungen im Krankenhauswesen wären denkbar, wenn Diagnostik und Therapie sy- stematisch rationeller gestaltet wer- den könnten. Bisher gibt es darüber kaum wissenschaftliche Veröffent- lichungen oder allgemein bestehen- de Erkenntnisse. Es scheint jedoch festzustehen, daß jüngere Ärzte, die

in der Diagnostik noch unsicher sind, einen größeren diagnostischen Aufwand verursachen als erfahrene ältere Ärzte. Dazu tritt bei jüngeren Ärzten ein erhöhtes Maß an Wissen- schaftsgläubigkeit, das ältere Ärzte durch ihre größere Erfahrung erset- zen. Auch hieraus leitet sich die seit Jahren erhobene Forderung ab, eine genügend große Zahl erfahrener Ärzte im Krankenhaus zu beschäfti- gen. Der Vorstand der Bundesärzte- kammer hat den Wissenschaftlichen Beirat gebeten, in einer Arbeitsgrup- pe Fragen der rationellen Diagnostik aufzugreifen und wenn möglich zu klären. Seine Überlegungen sollten sich gleichermaßen auf die ärztliche Tätigkeit in der freien Praxis und im Krankenhaus erstrecken.

Enttäuschte Erwartungen bei der Krankenhausplanung Nicht erst bei der Vorlage des Ko- stendämpfungsgesetzes, sondern schon seit längerem zeigte es sich, daß die sich an das — als Jahrhun- dertwerk gerühmte — Krankenhaus- finanzierungsgesetz des Bundes ge- knüpften Erwartungen nicht erfüllt haben. Dies gilt einerseits für das Finanzierungssystem, wie bereits dargelegt wurde, und andererseits für den Bereich der Krankenhaus- planung. Es ist inzwischen aner- kannt, daß ein Überangebot an Krankenhausbetten entsprechenden Bedarf erzeugt, durch Planung aber kaum abgebaut werden kann. Ein besonders hoher Bestand an Kran- kenhausbetten ist aber auch kein In- dikator für ein vorbildliches Gesund- heitswesen. Ebenso falsch ist auch die mancherorts noch immer beste- hende Annahme, eine patientenge- rechte Krankenhausmedizin könne nur im Großkrankenhaus angeboten werden; demzufolge müßten kleine- re Krankenhäuser stillgelegt oder anderen Zwecken zugeführt werden.

Nach Auffassung der Bundesärzte- kammer kann die Bettenzahl eines Krankenhauses allein kein Kriterium für dessen Überlebensberechtigung sein. Vielmehr ist diese allein nach der ärztlich-medizinischen Lei- stungsfähigkeit und der Wirtschaft- lichkeit zu beurteilen. Dabei ist von einem nach Art, Größe und Lei-

stungsfähigkeit differenzierten Sy- stem verschiedenartiger Kranken- häuser auszugehen, wie es auch das Gesetz vorsieht. Darin haben auch kleinere Krankenhäuser für be- stimmte Aufgaben jetzt und in Zu- kunft ihren Platz. Ganz abgesehen davon werden kleinere Krankenhäu- ser im allgemeinen von den Patien- ten, vor allem den älteren und chro- nisch Kranken bevorzugt: wegen ih- rer Bürgernähe und ihrer persönli- chen Atmosphäre, die in größeren Krankenhäusern leider oft genug lei- det. Es ist inzwischen auch in der Krankenhauswissenschaft aner- kannt, daß der von der staatlichen Krankenhausplanung geförderte Trend zum Großkrankenhaus erheb- lich und vermeidbar zur Kostenex- pansion im Krankenhauswesen bei- getragen hat.

Alsbald nach dem Ärztetag wird die Bundesärztekammer für die mit Fra- gen der Krankenhausplanung be- auftragten Damen und Herren bei den Landesärztekammern und Kas- senärztlichen Vereinigungen ein Se- minar für Krankenhausplanung durchführen, bei dem ein Gedan- kenaustausch über die Grundlagen der Krankenhausplanung unter Mit- wirkung von Fachleuten aus dem Bereich der Krankenhauswissen- schaft stattfinden soll.

Nach langen Vorbereitungen erließ die Bundesregierung im Sommer 1976 endlich die Verordnung über die Bildung eines Beirates zur Bera- tung des Ausschusses für Fragen der wirtschaftlichen Sicherung der Krankenhäuser gemäß § 7 Abs. 4 des Krankenhausfinanzierungsgesetzes.

In diesem Beirat, der bislang noch nicht zusammengetreten ist. sollen auch zwei Vertreter der Ärzteschaft mitwirken: Der Vorstand benannte die Herren Dr. Vilmar (Bremen) und Dr. Bösche (Köln) als Mitglieder in diesen Beirat; als Stellvertreter wur- den die Herren Dr. Hoppe (Solingen) und Dipl.-Volkswirt Wirzbach (Köln) benannt. Unverständlicherweise ist im KVKG vorgesehen, daß dieser Beirat, ehe er überhaupt seine Tätig- keit aufgenommen hat, wieder be- seitigt werden soll. Offenbar will man zumindest auf Bundesebene

DEUTSCHES ÄRZTEBLATT Heft 20 vom 19. Mai 1977 1349

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auf die Mitwirkung ärztlichen Sach- verstands im Rahmen der Kranken- hausplanung verzichten und allein administrativen Aspekten zum Durchbruch verhelfen.

..,.. Hinweis der Redaktion: Im An- schluß an diese Abschnitte beschäf- tigt sich der Tätigkeitsbericht der Bundesärztekammer dann im we- sentlichen mit ärztlichen Reformvor- stellungen zum Krankenhauswesen.

Diese sind Gegenstand eines Zwi- schenberichtes vor dem 80. Deut- schen Arztetag (durch Dr. Horst Bourmer); deshalb sei an dieser Stelle auf die Arztetagsberichterstat- tung zu dieser Frage verwiesen.

Ärzte

im öffentlichen Dienst

Der 1972 ins Leben gerufene Aus- schuß der Bundesärztekammer

"Ärzte im öffentlichen Dienst" wid- met sich vorrangig den Problemen der Arzte im öffentlichen Dienst. Un- ter dem Vorsitz von Dr. Wolfgang Schmidt, Berlin (bis 1975) und seit- dem unter dem Vorsitz des Präsi- denten der Arztekammer Nieder- sachsen, Dr. Gerhard Jungmann, Dassei-Markoldendorf, sieht der Ausschuß seine Aufgabe darin, Tä- tigkeit und Stellung des Arztes im öffentlichen Dienst innerhalb der Arzteschaft und in der Öffentlichkeit in Beziehung zu den übrigen ärztli- chen Gruppen im Krankenhaus und in der freien Praxis darzustellen.

So sind besondere Schwerpunkte der Ausschußarbeit vor allem in der Rechtsstellung und in der Besol- dung der beamteten Arzte zu sehen, ferner in einer generellen Neuord- nung des öffentlichen Gesundheits- dienstes und einer Befassung mit den Problemen, die aus der ange- strebten Reform eines gemeinsa- men, sozialärztlichen Dienstes re- sultieren. Im Berichtsjahr beschäf- tigte sich der Ausschuß "Arzte im öffentlichen Dienst" insbesondere mit dem Auftrag des Deutschen Arz- tetages, in die Neufassung der Wei-

terbildungsordnung eine Zusatzbe- zeichnung "Sozialmedizin" aufzu- nehmen. Begründet wurde dieser Beschluß mit der Tatsache: da für die gesundheits-und sozialpolitisch relevanten Sparten "Arzt für öffentli- ches Gesundheitswesen", .. Arzt für Arbeitsmedizi n", "Betriebsmedizin"

eine Gebiets- bzw. Zusatzbezeich- nung vorgeschrieben oder vorgese- hen ist, erscheint es ferner auch zwingend folgerichtig, die Bezeich- nung "Sozialmedizin" einzuführen.

Das Aufgabengebiet sollte folgen- dermaßen abgedeckt werden: Haupt- oder nebenamtliche ärztliche Tätigkeiten für die gesetzliche Ren- ten-, Kranken-, Unfall- und Knapp- schaftsversicherung und für die Ver- sorgungsverwaltung. Eingeschlos- sen werden sollen die in medizini- schen und beruflichen Rehabilita- tionsstätten tätigen Arzte.

Bei Drucklegung dieses Berichtes war die Diskussion in allen Fachgre- mien zu diesem Beschluß des Deut- schen Arztetages noch nicht abge- schlossen. Immerhin war so viel deutlich geworden, eine Gebietsbe- zeichnung "Sozialmedizin" oder

"Sozialversicherungsmedizin" in ei- ner neugefaßten Weiterbildungsord- nung nicht anzustreben und durch- zusetzen.

Zur Diskussion darf nur eine ent- sprechende Zusatzbezeichnung ste- hen. Als äußerst schwierig erweist sich allerdings die inhaltliche Aus- füllung dieses Begriffs im Rahmen der Weiterbildungsordnung und der Abgrenzung zu sonstigen Weiterbil- dungsgebieten, u. a. auch der Arbeitsmedizin ...

Eingehend haben den Ausschuß im Berichtsjahr die Bemühungen der Krankenversicherungsträger, insbe- sondere einen gemeinsamen sozial- ärztlichen Dienst zu schaffen, be- schäftigt. So stand vor allem zur Dis- kussion der Entwurf einer Verwal- tungsvereinbarung über den stufen- weisen Aufbau eines einheitlichen Sozialmedizinischen Dienstes. Die rechtlichen Aspekte dieser neuen Einrichtung des Gesundheitswesens lassen deutlich werden, daß man

gutachterlieh zwar auf verschiede- nen Ebenen schon die verwaltungs- rechtliche Seite abgeklärt hat, die Rechtsstellung des Arztes in einem neuen sozialärztlichen Dienst bleibt im wesentlichen dagegen ungeklärt.

Auch bei der weiteren Behandlung der Entwicklung sieht der Ausschuß die in den "Gesundheits- und sozial- politischen Vorstellungen der deut- schen Arzteschaft" niedergelegte Auffassung als zum gegenwärtigen Zeitpunkt noch unverändert an, wo- bei auch die von der Bundesversi- cherungsanstalt für Angestellte fa- vorisierte Alternative als mögliche Problemlösung anzusehen ist. Das Thema "Gemeinsamer sozialärztli- cher Dienst" wird, so ist zu verneh- men, nicht nur die Gremien der Arz- teschaft, sondern vor allem die In- itiatoren, die Krankenversicherungs- träger, im Laufe des Jahres 1977 ganz besonders intensiv beschäf- tigen.

Die Aufgabenabgrenzung des öf- fentlichen Gesundheitsdienstes war in gleicher Weise Gegenstand der Ausschußarbeit Dies sieht der Aus- schuß auch für eines seiner zukünf- tigen besonders intensiv zu bearbei- tenden Aufgabengebiete an, nicht nur um Divergenzen in den Auffas- sungen zu begegnen, sondern auch um grundsätzliche Vorstellungen für die Tätigkeit der Arzte im öffentli- chen Gesundheitsdienst zu entwik- keln. Dabei sollen auch Fragen be- rücksichtigt werden, die im Grenz- bereich ärztlicher Tätigkeit liegen.

Dies auch unter dem Aspekt der pre- kären Nachwuchssituation für die Gruppe der Arzte im öffentlichen Dienst. Die Maßnahmen des Gesetz- gebers zur Studienförderung bei Be- werbern für den öffentlichen Ge- sundheitsdienst scheinen zum ge- genwärtigen Zeitpunkt aus der aktu- ellen Problematik des Dienstes her- aus kaum geeignet, die Situation dieser Arztgruppe auf einen besse- ren Standard zu bringen. Die Ver- besserung der organisatorischen, verwaltungsmäßigen Strukturen des öffentlichen Dienstes muß Voraus- setzung einer sinnvollen und erfolg- reichen Reform zur attraktiveren Ge- staltung des Tätigkeitsfeldes für diese Arztgruppe sein. •

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