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Archiv "Das Krankenhaus unserer Großväter: Das Bild des deutschen Krankenhauses im 19. Jahrhundert" (01.02.1979)

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Spektrum der Woche Aufsätze • Notizen

GESCHICHTE DER MEDIZIN

hunderts der Heilkunde neue, bisher ungeahnte Horizonte.

Zeitgemäße Aufarbeitung der Medizingeschichte

Vielleicht kann diese kurze Skizzie- rung eine Vorstellung von der in Münster anhand von Ärzteporträts bildlich vorgeführten Medizinge- schichte geben. Diese kulturhistori- sche Ausstellung möchte die Ge- schichte der Medizin, den für uns alle so existentiell bedeutsamen historischen Wissenschaftszweig, nicht nur den Medizinern, sondern auch den interessierten Laien nahe- bringen. Zweifellos kann durch die zeitgemäße Aufarbeitung der Medi- zingeschichte die heute so kontro- vers um den Stand der Ärzte geführ- te Diskussion transparenter werden.

Hervorragend gestalteter Katalog Die Ausstellung wird von einem um- fassenden Katalog mit 320 Seiten, über 200 Abbildungen, begleitet (15 DM), der von Peter Berghaus, Hans-Dietrich Freiherr von Diepen- broick-Grüter und Axel Hinrich Mur- ken herausgegeben wurde. Den er- sten Abschnitt bilden verschiedene Aufsätze zur Medizin- und Kulturge- schichte, im zweiten Abschnitt wer- den die Graphiken ausführlich be- schrieben. Ein Ärzte- und Künstler- register sowie ein Literaturverzeich- nis runden diesen Katalog ab.

Ausstellung auch in Köln und Offenbach

Diese medizin- und kunsthistorische Ausstellung wird bis zum 18. Febru- ar 1979 im Westfälischen Landes- museum für Kunst und Kulturge- schichte Münster gezeigt. Sie wird anschließend im Stadtmuseum Köln (8. März 1979 bis 22. April 1979) und im Ritterhaus-Museum (29. April 1979 bis 27. Mai 1979) in Offenbach zu sehen sein.

Anschrift des Verfassers:

Professor Dr. med.

Axel Hinrich Murken Waldeyerstraße 27 4400 Münster

Axel Hinrich Murken

In der Städtischen Wessenberg-Ge- mäldegalerie, Konstanz, zeigt die

„Gesellschaft der Freunde und För- derer für ein Deutsches Kranken- hausmuseum e. V." vom 10. Februar bis zum 10. März 1979 die Ausstel- lung „Das Bild des deutschen Kran- kenhauses im 19. Jahrhundert". Die- se medizin- und kunsthistorische Ausstellung, die schon in Münster, Düsseldorf und München zu sehen war, bietet mit einer vielfältigen Aus- wahl von Krankenhausbildern des vorigen Jahrhunderts einen guten Überblick über die wichtigste Epo- che des Krankenhauswesens. Da- mals vor 150 bis 100 Jahren entwik- kelten sich die Krankenanstalten zu einer wesentlichen Institution des Gesundheitswesens. Innerhalb von drei Generationen wurde besonders der deutsche Raum gleichsam von Krankenanstalten überzogen, so daß man am Ende des 19. Jahrhunderts schon 6300 Kranken- und Heilan- stalten im Deutschen Reich zählte.

Heute ist diese Wohlfahrtsinstitu- tion, für die damals die wesentlich- sten baulichen, hygienischen und strukturellen Voraussetzungen ge- schaffen wurden, kaum noch aus unserem alltäglichen bürgerlichen Leben wegzudenken: Fast jeder Er- denbürger wird in einem Kranken- haus geboren, und jeder zweite von uns muß in den Anstaltsmauern sterben.

Realistische Darstellungen der damaligen Zeit

Über das im 19. Jahrhundert sich inmitten der bürgerlichen Stadt und

des von der Industrialisierung ge- prägten sozialen Lebens immer mehr ausbreitende Krankenhauswe- sen vermitteln uns die zahlreichen Ansichten von Krankenhäusern, die in dieser Wanderausstellung zur Krankenhausgeschichte ausgestellt sind, eine ausgezeichnete Vorstel- lung. In diesen, in der Regel sehr realistischen, Bildern der damaligen Zeit wird nicht nur das Äußere des Krankenhauses mit seiner Umwelt vor Augen geführt, sondern sie ge- währen uns auch unvergleichlich plastische Einblicke in das innere Gefüge der Anstalten. Gleichzeitig findet man auf diesen Bildern typi- sche Motive, die auf die Funktion des Gebäudes hinweisen: Kranken- träger, Diakonissinnen, Kranke oder Krankentransporte.

Die ältesten

„Krankenhaus"-Ansichten aus dem 18. Jahrhundert

Schon aus dem 18. Jahrhundert, in dem das Krankenhaus eigentlich be- gründet wurde, sind einige sehr sel- tene und daher sehr kostbare Kran- kenhausansichten bekannt gewor- den. So wurde die Charite in Berlin 1727 bald nach ihrer Umwandlung von einem Pesthaus zu einer Staats- krankenanstalt in einem großartigen Kupferstich aus der Vogelschau dar- gestellt, der in der Ausstellung zu betrachten ist. Doch überwogen in der Zeit der Aufklärung noch die Flugblätter von Pesthäusern und Le- prosorien, die häufig nichts weniger als reine Seuchen- und Siechenasy-

Das Krankenhaus unserer Großväter

Das Bild des deutschen Krankenhauses im 19. Jahrhundert

DEUTSCHES ARZIEBLATT Heft 5 vom 1. Februar 1979 319

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Abbildung 1: Blick in den „Pesthof" (der bis 1813 als Allgemeines Krankenhaus diente) in Hamburg um 1782. Zu der Darstellung gehören noch zwölf Versstrophen, in denen von Hamburgs Ruhm und blühender Wirtschaft gesprochen wird und in denen die Hamburger aufgefordert werden, aus Dankbarkeit zu Gott diese Anstalt zu unter- stützen

Spektrum der Woche Aufsätze • Notizen

Das Krankenhaus unserer Großväter

le waren (Abbildung 1). Auch vom Bamberger Allgemeinen Kranken- haus (1787-1789), einem der ersten Stadtkrankenhäuser im modernen Sinne, existieren einige Ansichten schon aus dem Ende des 18. Jahr- hunderts.

Faszinierende Bilder aus der Biedermeierzeit

Doch erst mit der Biedermeierzeit, als auch das Krankenhaus eine erste Blüte erlebte, schufen einige hervor- ragende Künstler eindrucksvolle Krankenhausansichten, die uns noch heute in ihren Bann ziehen. Als Beispiel seien die ausgestellten An- sichten vom Allgemeinen Kranken- haus St. Georg in Hamburg von den berühmten Hamburger Zeichnern Peter Suhr und Otto Spekter ge- nannt (Abbildung 2). Gerade aus der Biedermeierzeit sind weitere Reihen von qualitätsvollen Krankenhausbil-

dern im Rahmen der damaligen Ar- chitektur- und Landschaftsmalerei geschaffen worden.

Angesehene Künstler, die auf den Akademien gut ausgebildet worden wären, gaben auf vielfache Weise in Aquarellen, Zeichnungen, Lithogra- fien, Stahlstichen und Holzschnitten unter den herausragenden architek- tonischen und landschaftlichen Denkmälern ihrer Heimat auch das Krankenhaus wieder. Diese Bilder, häufig kostbar mit intensiven Farben koloriert, faszinieren noch heute den Betrachter und sprechen ihn auch wegen der ausgewogenen künstlerischen Qualität an (Abbil- dung 3).

Stahlstiche:

Aktualität und hohe Auflage Der Stahlstich, der gleichsam als Vorläufer der Fotografie seit 1820

die bereits zuvor entwickelte Litho- grafie verdrängte und für solche Darstellungen eine Zeitlang mit Vor- liebe benutzt wurde, ermöglichte Mitte des vorigen Jahrhunderts eine hohe, oft mehr als 40 000 Stück um- fassende Auflage von einer einzel- nen Ansicht sowie eine rasche Über- arbeitung. So konnte man sich schnell dem Wandel des damaligen Städtebildes anpassen und dem Bürger ein zeitnahes, aktuelles Bild vermitteln. Dabei verlor der künstle- rische Gehalt des grafischen Blattes keineswegs an Wert (Abbildung 4).

Schließlich erfaßten auch die Foto- grafen dieses Thema und überliefer- ten eine Reihe wertvoller Kranken- hausfotos.

Berichte und Bilder in Familienzeitschriften

Schon die immer stärkere Berück- sichtigung des Krankenhauses als Motiv der bildenden Kunst des 19.

Jahrhunderts seit dem Biedermeier beweist, wie im Laufe von zwei Ge- nerationen der Bürger nun allmäh- lich Vertrauen zu dieser Wohlfahrts- institution gewann. Auch die damali- gen Familien- und Hauszeitschriften wie etwa „Daheim", „Über Land und Meer", „Illustrirte Zeitung" oder

„Gartenlaube" widmeten dem Kran- kenhauswesen ihre Aufmerksam- keit, indem sie Berichte und Bilder von neuerbauten Anstalten brachten (Abbildung 5).

Einblicke ins Krankenhausleben durch die Fotografie

Schließlich führten in erster Linie die wachsenden Erfolge der Chirur- gie seit der allgemeinen Einführung von antiseptischen Verbands- und Operationsmethoden um 1870 dazu, eine immer größere Anteilnahme in weiten Kreisen der Bürgerschichten zu wecken. Es entstand nun ein ganz besonderer Bildtypus in der Darstellung von Operationsszenen (Abbildung 6). Das neue Medium der Fotografie und die neuen Reproduk- tionstechniken ermöglichten am En- de des 19. Jahrhunderts, reichhalti- ger als je zuvor verschiedene Aspek-

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Das Krankenhaus unserer Großväter

te des Krankenhauses zu zeigen (z. B. Einblicke in Krankenzimmer, in den Operationssaal, in den Kü- chenbetrieb, in die Krankenhaus- apotheke, Werkstätten oder in die Gartenanlagen).

Am Ende des 19. Jahrhunderts kann man das Krankenhaus auch auf den Bildpostkarten finden, die damals ihre Blütezeit erlebten. Über 400 Krankenhausansichten auf Bildpost- karten aus der Zeit von 1898 bis 1918 konnten bisher registriert werden (Abbildung 7).

Die derzeit in Konstanz gezeigte Ausstellung gibt anhand der Aus- wahl von über 130 Originalansichten eine erstmals plastische Vorstellung über die verschiedenen Perioden des Krankenhauswesens von 1780 bis 1918. Neben Aquarellen, Kupfer- stichen, Lithografien, Stahlstichen und Postkarten kann man auch so seltene Stücke wie einen Porzellan- teller, ein Badeglas oder eine Eisen- plakette mit Krankenhausabbildun- gen studieren.

Begleitschrift zur Wanderausstellung

Eine umfangreiche, reichbebilderte Schrift „Das Bild des deutschen Krankenhauses im 19. Jahrhundert"

(163 Seiten, über 70 Abbildungen, 15 DM, Verlag Murken-Altrogge, Kin- derhauser Straße 25, 4400 Münster), ist aus Anlaß dieser Wanderausstel- lung erschienen. Sie soll den Leser über die Präsentation der Ansichten

Abbildung 2 (rechts oben): Ansicht vorn neuen Allgemeinen Krankenhaus in Hamburg (1821-1823) von Peter Suhr aus dem Jahre 1837

Abbildung 3 (Mitte): Blick auf die Münch- ner Entbindungsklinik (1853-1856) mit lebhafter Figurenstaffage um 1856 Abbildung 4 (rechts unten): Das Diako- nissenkrankenhaus Bethanien in Berlin (1845-1847) wenige Jahre nach der Voll- endung (1852). Im Vordergrund erkennt man einen Krankentransport

Spektrum der Woche Aufsätze • Notizen

DEUTSCHES ARZIEBLATT Heft 5 vom 1. Februar 1979

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Abbildung 5 (links oben): Einsicht in ein Krankenzimmer der Berliner Diakonis- senanstalt Bethanien um 1848

Abbildung 6 (Mitte): Ernst von Bergmann im Kreise seiner Assistenten im Opera- tionssaal der Chirurgischen Universitäts- klinik in Berlin (1891)

Abbildung 7 (links unten): Sammelbild mit verschiedenen Ansichten von der Göttinger Chirurgischen Universitätskli- nik (1887-1889). Bildpostkarte um 1910

hinaus mit der Entwicklung des Krankenhauses und dem Wandel des Krankenhausbildes vertraut ma- chen. Dem Text und Bildteil schlie- ßen sich tabellarische Übersichten und über 300 Objektbeschreibungen an. Ein ausführliches Literaturver- zeichnis sowie ein Architekten-, Künstler- und Ärzteregister runden diese Publikation ab. Mit diesem Ka- talog soll über die Ausstellung hin- aus ein wichtiger Bereich unseres Gesundheitswesens dokumentiert und bildlich eindrucksvoll vor Augen geführt werden.

Zweifellos kann die Einsicht und das Verständnis in die historische Ent- wicklung dem Bürger seine kritische Stellungnahme zu den aktuellen Krankenhausreform-Bestrebungen erleichtern helfen. Jedenfalls war es der Wunsch der Freunde und Förde- rer für ein Deutsches Krankenhaus- museum, mit dieser Wanderausstel- lung einen Beitrag zur Erhellung der Krankenhausgeschichte und damit zur Humanisierung des Kranken- hauses zu leisten.

Die Ausstellung wird — zur Zeit bis zum 10. März in Konstanz (Städti- sche Wessenberg-Gemäldegalerie)

— noch in Berlin (Kulturzentrum Be- thanien vom 6. April 1979 bis zum 11. Mai 1979) und in Minden (Minde- ner Museum vom 30. September 1979 bis zum 31. Oktober 1979) prä- sentiert werden.

Anschrift des Verfassers:

Professor Dr. med.

Axel Hinrich Murken Waldeyerstraße 27 4400 Münster Spektrum der Woche

Aufsätze • Notizen

Das Krankenhaus unserer Großväter

322 Heft 5 vom 1. Februar 1979

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