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Archiv "Diphtherie — Erfahrungen im Raume Köln 1976 und 1977" (10.08.1978)

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Epidemiologie

Mit dem Auftreten der Diphtherie in Düsseldorf und Karlsruhe 1975 (P. Naumann et al. 1975), in Ham- burg 1976 (G. B. Roemer 1977) so- wie in Köln 1976 und 1977 (Sorgo et al. 1976, B. Niehues et al. 1977) sind Entstehen und Vergehen einer fast vergessenen Erkrankung erneut in die Diskussion gerückt. Es zeigte sich, daß eine ganze Reihe wichtiger Fragen ohne Klärung zurückgetre- ten war, daß ferner den meisten jün- geren Kollegen diese Erkrankung nach ihrer jahrzehntelangen Latenz klinisch unbekannt war.

Obwohl immer wieder warnend auf die säkularen Perioden der Diphthe- rieepidemien verwiesen wurde, galt unterschwellig, daß die sozialen Umwälzungen mit ihrer Wirkung auf die Hygiene sowie der Einsatz neue- rer Antibiotika und Impfstoffe einen Erregerwandel herbeigeführt hätten.

So wurden in Deutschland beispiels- weise 1938 noch 165 547 Diphtherie- fälle gemeldet (G. Ruckdeschel 1977), in der Bundesrepublik Deutschland 1970 jedoch lediglich noch 70 Fälle. Es sei deshalb ergän- zend erwähnt, daß beispielsweise in der Medizinischen Universitätsklinik Köln zwischen 1965 und 1975 kein Fall einer Diphtherieerkrankung be- handelt wurde. In der gleichen Klinik wurden 1976 innerhalb weniger Wo- chen insgesamt 15 Patienten mit vorwiegend toxischer und maligner Diphtherie betreut.

Die Diphtherieerfahrungen im Rau- me Köln 1976 und 1977 scheinen zu belegen, daß tatsächlich ein Erre- gerwandel eingetreten ist, nicht aber

im Sinne der Keimvernichtung, son- dern im Sinne einer Pathomorphose zu überwiegend primär kardiotoxi- schen Verläufen (vgl. G. B. Roemer 1977).

Erkrankungen im Raum Köln Im Frühjahr 1976 und auch im Früh- jahr 1977 erkrankten im Kölner Raum insgesamt 40 Personen an Diphtherie, von denen sechs an den Folgen dieser Diphtherieerkrankung verstarben. Etwa 50 Prozent der Er- krankungen verlief unter dem Bild schwerer kardiopulmonaler und neurologischer Komplikationen.

Die Diphtherie im Raume Köln im Frühjahr 1976 lief in zwei Epidemie- phasen ab mit unterschiedlichen epidemiologischen und teils auch mikrobiologischen Merkmalen. Die erste Phase der Epidemie vom 31.

März bis zum 25. April 76 erfaßte mit 20 Erkrankungen überwiegend Per- sonen der Altersgruppe von 17 bis 25 Jahren. Vier dieser Erkrankten verstarben (ca. 20 Prozent).

Die zweite Phase der Epidemie vom 14. Mai bis zum 24. Juni 76 erfaßte überwiegend Angehörige eines Köl- ner Kinderheimes oder deren Kon- taktpersonen, zumeist also Kinder im Alter von 6 bis 14 Jahren.

Insgesamt wurden 19 Diphtheriefälle gezählt mit Todesfolge bei zwei Pa- tienten. Überwiegend (Verhältnis 3:1) erkrankten männliche Perso- nen. 1977 erkrankte lediglich ein Pa- tient mit letalem Verlauf. Der größte Teil der in der ersten Phase an Diph- therie Erkrankten entstammte sozial schwächeren Schichten.

Bei dringendem klinischen Verdacht auf das Vorliegen einer Diphtherieerkrankung kann der behandelnde Arzt nicht das Ergebnis der bakte- riologischen Untersuchung abwarten. da der möglicher- weise lebensrettende Thera- piebeginn mit Antitoxin nicht verzögert werden darf. Den- noch sollte die bakteriologi- sche Sicherung der Diagnose auch bei klinisch scheinbar ty- pischen diphtherischen Infek- tionen angestrebt werden, um das weitere therapeutische Vorgehen und vor allem die erforderlichen epidemiologi- schen Kontrollmaßnahmen abzusichern. Es liegt deshalb in der Weitsicht des Arztes, nicht durch allzu rasch einset- zende, ungezielte antibioti- sche Maßnahmen vor der Si- cherung von Abstrichmaterial die diagnostischen und epide- miologischen Aussagen zu erschweren.

Von 18 Kindern, bei denen eine Impfanamnese erhoben werden konnte, waren sieben eindeutig nie aktiv gegen Diphtherie geimpft wor- den, vier hatten unvollständige Imp- fungen erhalten, vier weitere erhiel- ten ihre erste Impfung in der Inkuba- tionszeit ihrer Erkrankung. Bei 21

*) Gemeinschaftsarbeit unter Mitwirkung von B. Leidel, G. Wiegand, Gesundheitsamt der Stadt Köln, leitender Medizinaldirektor: Dr.

Wiegand; K. P. Schaal, H. Leupold, Hygie- ne-Institut der Universität Köln, Direktor:

Professor Dr. G. Pulverer; H. Haug: Städti- sches Kinderkrankenhaus, 5000 Köln 60, Abteilung für Innere Medizin, Direktor: Pro- fessor Dr. H. Ewerbeck; G. Weger: Städti- sches Krankenhaus Köln-Holweide, Chef- 'uzt der Medizinischen Klinik: Professor Dr.

C. Overzier; W. Fäaux de Lacroix, Patholo- gisches Institut der Universität Köln, Direk- tor: Professor Dr. R. Fischer; E. Gibbels, K. Fasshauer, M. Berger, Nervenklinik der Universität Köln, Direktoren: Professor Dr.

W. Scheid, Professor Dr. Stammler; D. See- gers und K. G. Rose, Hals-Nasen-Ohren-Kli- nik der Universität Köln, Direktor: Professor Dr. Dr. F. Wustrow; B. Niehues, D. W. Beh- renbeck, Medizinische Universitätsklinik Köln, Lehrstuhl Innere Medizin III — Kardio- logie, Direktor: Professor Dr. H. H. Hilger;

R. Gross, H. Reitz, E. Lechler, Medizinische Universitätsklinik Köln, Direktor: Professor Dr. R. Gross.

Diphtherie —

Erfahrungen im Raume Köln 1976 und 1977

Gemeinschaftsarbeit der Kölner Kliniken und Institute*), zusammengestellt von Rudolf Gross und Hans Reitz

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4 (3,5%) 38 (33%)

116 (100%)

Tabelle 1: Die Diphtherieverdachtswelle nach den Diphtherieerkran- kungen 1976 und 1977 am Beispiel der stationären Aufnahmen der Medizinischen Universitätsklinik Köln (N = 76 stationäre Aufnah- men im Diphtherieverdacht 1976, 8 Aufnahmen 1977)

Fallzahl 20

15—

10—

5—

0 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 1 2 3 4 5 6 7 8

1976 1977 Monat

Erläuterung: 1- ---2 Diphtherieverdacht, 2 1 Diphtherieerkran- kung

Tabelle 2: Diphtherieverdachtsfälle der Universitäts-HNO-Poliklinik 1976

als Diphtherieverdacht

gekommen

49 ( 42% )

von HNO-Ambulanz

als diphtherie- verdächtig angese-

hen 25 (22%)

tatsächlich an Diphtherie

erkrankt

4 (3,5%) von Ärzten

zugewiesen aus eigenem An- trieb gekommen

67 ( 58%) 13 (11%) 0

Zur Fortbildung Aktuelle Medizin Diphtherie

Jugendlichen und Erwachsenen mit nachgewiesener Diphtherieerkran- kung konnte lediglich in einem Fall eine unvollständige Diphtherieimp- fung belegt werden. In einem weite- ren Fall erfolgte die Impfung in der Inkubationszeit der Erkrankung. Ein Zusammenhang dieses Impfzeit- punktes mit dem anschließend auf- tretenden Sanarelli-Shwartzman- Phänomen wird diskutiert. Von Be- deutung erscheint, daß lediglich ein Patient, der an einer Haut- und Bronchialdiphtherie erkrankte, ton- sillektomiert war.

Während der Diphtherieepidemie herrschte in Köln eine allgemeine Diphtherieangst in der Bevölkerung bei gleichzeitiger Unsicherheit der ärztlichen Kollegen, die vielfach die- se Erkrankung niemals gesehen hat- ten. Dies zeigte sich beispielsweise im sprunghaften Ansteigen der Diphtherieimpfungen im Gesund- heitsamt Köln auf die 1976 mit 16 183 mehr als fünffache Zahl der Impffälle des Vorjahres. Dies führte auch dazu, daß unverhältnismäßig häufig die Verdachtsdiagnose einer Diphtherie gestellt wurde (Tabelle

1). Strenggenommen hätte bei je- dem Patienten mit diesem „Ver- dacht" sofort eine Antitoxinbehand- lung erfolgen müssen, was sicher- lich bei der Vielzahl der falsch-posi- tiven Diagnosestellungen nicht ver- tretbar gewesen wäre.

Klinische Erfahrungen

Von Vorteil war in diesem Zusam- menhang die reibungslose interdis- ziplinäre Zusammenarbeit der Klini- ken und Institute, die ohne nennens- werte zeitliche Verzögerung die größtenteils lebensgefährlich er- krankten Patienten einer Diagnose- stellung, Isolierung und Behandlung zuführten.

Erschwert, wenn auch nicht ausge- schlossen, wurde die bakteriologi- sche Sicherung der Diagnose durch eine antibiotische Vorbehandlung ohne vorherige Abnahme eines Ra- chen-, Nasen- oder Wundabstriches.

Schwierig gestaltete sich ferner auch die interne Isolierung diphthe- rieverdächtiger Patienten von ei- gentlich Diphtherieerkrankten zum Aufnahmezeitpunkt, wo die Diagno- sen für beide Gruppen noch nicht gesichert waren. Deshalb wurde die Diagnose in erster Linie nach dem klinischen Gesamtbild gestellt, was durch die Pathomorphose der Diph- therie mit mehr primär kardiotoxi- schen Verläufen internistische Zu- satzbefunde erforderlich machte.

Positive und falsch-positive Fälle In dieser Zeit wurden in der Universi- täts-HNO-Poliklinik 116 Patienten mit Diphtherieverdacht vorgestellt.

49 waren von niedergelassenen Ärz- ten zugewiesen worden, wovon 23 als diphtherieverdächtig an die Me- dizinische Klinik, zwei an die Kinder- klinik weiterüberwiesen wurden. Bei vier Patienten dieser Gruppe bestä- tigte sich der Diphtherieverdacht (Tabelle 2).

67 der 116 Patienten kamen aus ei- genem Antrieb. Sie hatten Angst, an einer Diphtherie erkrankt zu sein. 12 dieser Patienten wurden an die Me-

1820 Heft 32 vom 10. August 1978 DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

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dizinische Klinik, einer an die Kin- derklinik weiterverwiesen. Keiner dieser Patienten hatte letztlich eine Diphtherie.

In der Medizinischen (Notfall-)Am- bulanz sowie direkt auf der Infek- tionsstation wurden 101 Patienten vorstellig mit der Einweisungsdia- gnose „Diphtherieverdacht" (Tabel- le 3). Ein Teil dieser Patienten wurde nach internistischer Untersuchung in die HNO-Poliklinik zur ambulan- ten Verlaufskontrolle überwiesen. 65 erhielten nach weiterer klinischer Diagnostik und Serumvortestung als diphtherieverdächtig Antidiphthe- rie-Pferdeserum. Von diesen 65 Pa- tienten waren 15 an Diphtherie er- krankt, was etwa jedem vierten Fall entsprach. Bei einem Patienten, bei dem später Diphtheriebazillen nach- gewiesen wurden, wurde die Dia- gnose Diphtherie nicht gestellt (1 Prozent falsch-negativ).

In 18 Fällen von 21 Diphtherieer- krankungen des Erwachsenen- und Jugendalters aller beteiligten Klini- ken konnten Corynebakterien nach- gewiesen werden. Entsprechend den Hinweisen von P. Naumann et al. (1975) und G. B. Roemer (1977) können wir bestätigen, daß gerade bei toxischen und malignen Verläu- fen ein Keimnachweis häufig er- schwert ist.

Krankheitsverläufe

Von 27 an drei Kliniken betreuten Patienten wiesen 16 primär kardio- toxische Verlaufsformen auf, wäh- rend primär kruppartige Krankheits- bilder, die eine sofortige Tracheoto- mie erforderlich machten, nur in zwei Fällen beobachtet wurden.

Neben ausgeprägten EKG-Verände- rungen mit lebensbedrohlichen Rhythmusstörungen und Zeichen der manifesten Herzinsuffizienz fan- den sich bei allen schweren Ver- laufsformen Lähmungen der Schlund- und Atemmuskulatur (ca.

70 Prozent) sowie im späteren Sta- dium Zeichen der Tetraplegie (ca. 50 Prozent der Erwachsenen und Ju- gendlichen).

An EKG-Veränderungen gingen al- len Reizleitungs- und -bildungsstö- rungen Repolarisationsstörungen voraus. Die AV-Blockierungen wa- ren höhergradig, bei fünf Patienten trat ein AV-Block 3. Grades auf, vier Patienten mußten mit einer tempo- rären Schrittmachersonde versorgt werden. Das Auftreten von Kammer- flattern konnte in vier Fällen durch hohe Dosen von Xylocain bzw. Defi- brillation beherrscht werden, in zwei weiteren Fällen war es unbeherrsch- bar (Tabelle 4).

Neun Patienten boten Zeichen der Herzinsuffizienz, die innerhalb der ersten 14 Tage der Erkrankung ma- nifest wurden und denen schwerste EKG-Veränderungen vorausgingen.

Bei drei Patienten trat ein medika- mentös nicht beherrschbares Lungenödem auf. In einem dieser Fälle konnte durch lntubation und Beatmung mit positiv endexspirato- rischem Druck (PEEP) sowie durch vorsichtige Digitalisierung und Di- urese eine Befundnormalisierung erreicht werden. Bei zwei weiteren Patienten kam es im Rahmen der manifesten Herzinsuffizienz mit in- terstitiellen und zum Teil alveolären

Ödemen zum deutlichen Abfall des P0 2 auf 60 mm Hg. Ferner traten trotz antibiotischer Abschirmung entzündliche Infiltrationen auf, die nach Beherrschung der Herzinsuffi- zienz rasch verschwanden.

Drei Patienten verstarben unter dem Bild des kardiogenen Schocks bei perakut verlaufender Diphtherie. In einem dieser Fälle trat gleichzeitig ein Sanarelli-Shwartzman-Phäno- men auf.

Bei den Diphtherieerkrankten in der Medizinischen Klinik mit asympto- matischem und lokalisiertem Verlauf wurde die charakteristisch niedrige Temperatur ohne Leukozytose ge- funden. Erst bei toxischen und mali- gnen Verlaufsformen ergab sich der klinische Eindruck, als sei der Diph- therie eine zusätzliche Racheninfek- tion aufgepfroft, das heißt es fanden sich die Zeichen einer hochfieber- haften (eitrigen) Angina.

Es kann nach der vorliegenden Keimart und -zahl nicht belegt wer- den, welchen Einfluß eine hier ange- nommene Superinfektion auf das Toxinbildungsvermögen der Diph- Tabelle 3: Diphtherieverdachtsfälle der Medizinischen Universitäts- klinik 1976

Einweisungen mit Von der Klinik als Diph- davon an Diphtherie Diphtherieverdacht therieverdacht angese- erkrankt

hen (Serumgabe)

101 65 15

= 100% = 65% = 15%

Tabelle 4: Kardiale Komplikationen bei Diphtherie

Von 27 an drei Kliniken wegen Diphtherie behandelten Patienten boten 16 pathologische EKG-Veränderungen.

Repolarisationsstörungen 10

AV-Blockierungen 6. (5 111 °)

Extrasystolen ventrikulär 4

supraventrikulär 3

Schenkelblockbilder 3

SA-Blockierung 4

Kammerflattern 4

Kammerflimmern 2

9 von 27 Patienten boten Zeichen der manifesten Herzinsuffizienz.

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0 00 Min A iiirierr

toxisch- maligne

einfache 0110181111%iiing 11111111 1.111 MN. 0111.1 *** 100814.444

37°C

370C

Tabelle 5: Typischer Temperaturverlauf bei einfacher (Schweregrad 1 und 2) und toxisch-maligner (Schweregrad 3 und 4) Diphtherie Zur Fortbildung

Aktuelle Medizin Diphtherie

theriebakterien hat. Interessant er- scheint aber eine Häufung bestimm- ter Mischkeime bei toxischen und malignen Verläufen.

Die neurologischen Erscheinungen folgten in Korrelation zum Schwere- grad der Erkrankung dem normier- ten Verlauf nach älteren Erfahrun- gen (Scheid 1948).

Das Hirnnervensyndrom und die Atemmuskellähmungen erreichten ihren Höhepunkt um den 45. Tag, das Tetraplegiesyndrom um den 90.

Tag mit jeweiliger Rückbildung der Lähmungen über die Zeitdauer ihrer Entwicklung. Kernstück des zuerst aufgetretenen unteren Hirnnerven- syndroms war die Gaumensegel- und Schlundmuskulatur. Zum später einsetzenden oberen Hirnnerven- syndrom gehörten die Akkommoda- tionsparese sowie Ausfälle von sei- ten des Nervus trigeminus und Ner- vus facialis. Bei den Atemmuskelläh- mungen spielten Paresen der Mus- culi intercostales die wichtigste Rolle.

Der Liquor wies häufig eine mäßige Eiweißvermehrung vom Typ der Schrankenstörung auf. Stärkere Pleozytosen fehlten. Infolge der Markscheidenschädigung war die Nervenleitgeschwindigkeit deutlich vermindert. Sekundäre Axonschä- den bewirkten im Elektromyogramm

eine Denervationsaktivität neben neurogenen Veränderungen. Die unten genannten muskelbiopti- schen Befunde sowie die elektro- myographischen Untersuchungen gaben Hinweise auf primär myogen wirkende Veränderungen, mögli- cherweise als Ausdruck einer toxi- schen Myopathie. Insgesamt fünf Patienten mit dem Vollbild neurolo- gischer Komplikationen mußten be- treut werden. In allen Fällen konnte bis auf eine verbliebene Reflexab- schwächung sowie in einem Fall Restparesen eine Restitution er- reicht werden.

Pathologische Anatomie

Histologisch wiesen die Rachen- schleimhautveränderungen lokal ei- ne teils oberflächliche, teils tiefe fi- brinös-eitrige pseudomembranöse Entzündung auf mit ulzerös-nekroti- sierenden Läsionen im Bereich der Tonsillen. Herdförmig war das um- gebende Binde- und Muskelgewebe ebenfalls in die Nekrose einbezo- gen. Die Halsweichteile waren deut- lich ödematös verquollen. Kein Nachweis von Corynebakterien (C.) im histologischen Material. Der leta- le Verlauf der Diphtherie war bei al- len untersuchten Fällen (insgesamt 6) auf die diffuse, infektiös-toxische Schädigung des Myokards zurück- zuführen, die offensichtlich von der

Dauer und Schwere des Krankheits- bildes abhängig war. Die Herzmus- kelzellen zeigten bereits nach sie- bentägigem Krankheitsverlauf scholligen Zerfall und wachsartige Degeneration. Nach zwölftägigem Verlauf waren Myozytolysen Lind Granulationsgewebe neben einer entzündlich-zelligen Reaktion zu beobachten.

Histologisch ist die Nervenschädi- gung durch Markscheidenzerfall, Axonschwellung und interstitielle entzündlich-zellige Infiltration ge- kennzeichnet, die in den vorliegen- den Fällen nur in sehr diskreter Aus- prägung gesehen wurden.

Erregernachweis

Zusätzlich zu der vielfach beschrie- benen Schwierigkeit, gerade in schwersten Verlaufsfällen Erreger nachzuweisen, wird heute die An- züchtung von C. diphtheriae offen- bar dadurch weiter erschwert, daß oft zu schnell und unbedacht vor ausreichender Materialsicherung mit einer ungezielten Antibiotikathe- rapie begonnen wird.

Zusätzlich darf in Epidemiezeiten mit einer sprunghaften Zunahme der Materialeinsendung gerechnet wer- den. So erhielt das Hygieneinstitut der Universität Köln unter dem Ein- fluß der 1976 ablaufenden Diphthe- rie statt der 245 Untersuchungen auf C. diphtheriae des Vorjahres 1975 um 1385 Prozent (!) auf 3639 erhöhte Einsendungen.

Trotz der genannten, verschiedenar- tigen Erschwernisse gelang bei 33

Patienten die Kultivierung und Iden- tifizierung von C. diphtheriae aus

insgesamt 55 verschiedenen Mate- rialproben.

Bei 27 dieser Patienten war schon vom einweisenden Arzt ein Krank- heits- oder Ansteckungsverdacht geäußert worden, so daß die bakte- riologische Untersuchung gezielt ausgerichtet werden konnte. Bei den restlichen sechs Fällen, die mit einer Ausnahme sämtlich nicht zu Beginn der Epidemie auftraten, fehl-

1822 Heft 32 vom 10. August 1978 DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

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Zur Fortbildung Aktuelle Medizin

Tabelle 6: Herkunft der 55 Corynebacterium-diphtheriae-Isolate

Abstriche von Rachen Nase Trachea Ohr Wunde

Ziel der Untersuchung Operations-

material

Gesamtzahl der positiven Kulturergebnisse

Primärdiagnose 32 3 0 0 3 39

Kontrolluntersuchung in vivo 10 0 0 0 3 0 13

Kontrolluntersuchung post mortem 1 0 1 1 0 3

Total 43 3 1 6 1 55

Art der Ergebnisse 1 2 3 4 5 6 7 8 10 Tagen

Tabelle 7: Zeitdauer der bakteriologischen Diphtheriediagnostik (n = 55 positive Befunde) Zahl der positiven Befunde nach

mikroskopische Verdachts- diagnose (von Kultur) endgültige Erreger- identifizierung

Nachweis der Toxinbildung

32 11 6 4 1 1

5 19 16 7 5 3

9 19 9 5 6 3 1 3

te jeglicher Hinweis von seiten des Klinikers, daß eine Infektion mit Diphtheriebakterien vorliegen kön- ne.

Positive Kulturbefunde wurden bei 20 von den 33 Patienten nur einmal erhoben, und zwar aus dem ersten Untersuchungsmaterial. In fünf wei- teren Fällen ließ sich der Erreger- nachweis aus zwei oder drei si- multan zugestellten Primäruntersu- chungsproben führen. Nur bei sie- ben Erkrankten konnten Diphtherie- bakterien auch noch aus später ge- wonnenen Abstrichen gezüchtet werden, und zwar in fünf Fällen bei einer Wiederholungsuntersuchung, in zwei Fällen sogar bei je vier von- einander unabhängigen Kontrollen.

Sektionsmaterial, das nur von zwei der verstorbenen Patienten zur bak- teriologischen Untersuchung ge- langte, zeigte in drei verschiedenen Kulturansätzen Wachstum von C.

diphtheriae.

Wie positive Kontrolluntersuchun- gen beweisen, scheint die Kultivier- barkeit von Erregern nicht durch an- tibiotische Behandlung so rasch und so vollständig verlorenzugehen, wie dies Naumann et al. (1975) dis- kutieren (Tabelle 6).

Die meisten der in Köln isolierten Diphtheriebakterien zeigten die mi- krobiologischen Charakteristika des Typs Mitis von C. diphtheriae. Au- ßerdem verfügten sie über ein unge- wöhnlich starkes Toxinbildungsver- mögen. Bemerkenswerterweise ver- hielten sich aber die Isolate von vier Patienten aus der zweiten Epidemie- welle auffällig anders; sie waren eher dem Gravis-Typ zuzuordnen.

Diese Isolate zeigten eine wesentlich schwächere Toxinbildung. Deshalb kann diskutiert werden, ob es sich um einen neuen, vorher epiphytären Stamm oder eine Variante des ur- sprünglichen Epidemiestammes handelte.

Prädilektionsstelle für die Ansied- lung der Diphtheriebakterien ist si- cherlich der Rachenring, denn die weitaus größte Zahl positiver Kultu- ren (43 von 55) wurde von Rachen- abstrichen erhalten (78 Prozent). Die Erstisolierung des Diphtherieerre- gers ist jedoch je dreimal aus Nasen- und peripheren Wundsekreten er- folgt. Bei einem der positiven Wund- abstriche blieb die Untersuchung korrespondierend eingesandter Ra- chenabstriche ohne Ergebnis. Bei einem weiteren Patienten ließ sich der Erreger erst aus dem Inneren der

exstirpierten Tonsillen anzüchten und die Erkrankung damit diagno- stizieren.

Damit sei daran erinnert, daß es im Verlauf einer Diphtherie zu bakte- riellen Absiedlungen in andere Kör- perregidnen kommen kann, aus de- nen der Erreger leichter anzüchtbar wäre. Zudem gibt es klinische Hin- weise dafür, daß bei einer Gruppe Erwachsener die Keimverschlep- pung durch Parasiten und Wundse- krete mitbedingt war.

Atypische Manifestionen

Ohne den Grundsatz sofortiger Anti- toxingabe bei hinreichend sicherem klinischen Verdacht auf eine Diph- therieerkrankung in Frage zu stel- len, kann das Ergebnis der bakteriel- len Untersuchung, besonders bei lo- kalisierten, asymptomatischen (lar- vierten) oder atypischen Verläufen, dem Arzt wertvolle Entscheidungs- hilfen geben.

Unsere Erfahrungen mit der Kölner Epidemie von 1976 haben gezeigt, daß das nach Neisser gefärbte, mi- kroskopische Originalpräparat von Rachenabstrichen nahezu völlig un-

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Tabelle 8: Gruppierung nach dem Schweregrad der Erkrankung Gruppe Schweregrad Symptome Häufigkeit im

Kölner Krankengut 1 asymptomatische Zufallsbefund ca. 13%

Diphtherie (ges. Keimträger?)

2 lokalisierte Symptome der ca. 20%

Diphtherie Lokalinfektion

3 toxische organisch nachw. ca. 20%

Diphtherie Toxinschaden

4 maligne lebensbedrohliche ca. 47%

Diphtherie Komplikationen Zur Fortbildung

Aktuelle Medizin Diphtherie

geeignet ist. Bei der überwiegenden Mehrzahl der Fälle ließ sich der Erre- ger mikroskopisch nicht auffinden.

Zudem ist die Gefahr falsch-positi- ver Aussagen auch für den erfahre- nen Untersucher groß. Viel verläß- lichere Aussagen im Sinne einer Verdachtsdiagnose erlaubt dagegen ein Neisser-Präparat, das nach 12- bis 20stündiger Bebrütung von den Primärkulturen angefertigt wird (32 von 55 Kulturbefunden, entspre- chend 58 Prozent) (Tabelle 7).

Die Schnelligkeit von Toxinnachwei- sen war abhängig von der Stärke des Toxinbildungsvermögens der Stämme und gerade bei den gravis- ähnlichen Isolaten stark verzögert.

Entsprechend Naumann und Mitar- beiter (1975) ist die Auswahl und Kombination von Nährböden von entscheidender Bedeutung, da alle verwendeten Medien eine nicht un- erhebliche Versagerquote aufwie- sen. Neben Selektivmedien wäre we- nigstens der Einsatz eines hochwer- tigen Universalnährbodens zu emp- fehlen.

Bei nur 12 von 15 Diphtheriefällen der Medizinischen Universitätsklinik konnten Diphtheriebakterien nach- gewiesen werden. Bei den drei falsch-negativen Befunden (ca. 20 Prozent) handelte es sich um kli- nisch eindeutige, toxische oder maligne Erkrankungsfälle. In minde- stens einem dieser Fälle erfolgte ei- ne antibiotische Vorbehandlung vor

Klinikeinweisung und Abstrichsi- cherung. In einem weiteren dieser Fälle erfolgte aus Indolenz die Auf- nahme wegen des späten Aufsu- chens eines Arztes erst im Stadium der postdiphtherischen Spätschä- den (oberes und unteres Hirnner- vensyndrom mit beginnender Atem- insuffizienz). Schwerere kardiale Synkopen ließen sich anamnestisch belegen und wurden überlebt.

Einteilung der Diphtherie

Nach dem Schweregrad der Erkran- kung scheint die in Tabelle 8 gezeig- te klinische Gruppierung sinnvoll (vgl. J. Ströder u. Niggemeyer 1963, Chr. Franz et al. 1977).

Dabei kann dokumentiert werden, daß jeder 2. Diphtheriefall im Ju- gend- und Erwachsenenalter in sei- ner Erkrankung einen malignen Ver- lauf nahm, der nur unter raschem Einsatz der modernen intensivmedi- zinischen Möglichkeiten ein Überle- ben ermöglichte.

Gerade wegen der häufig abrupt einsetzenden lebensbedrohlichen Wende im Krankheitsbild der Diph- therie sollte jeder Diphtheriefall in einem Krankenhaus isoliert werden, das über die Möglichkeiten zur Langzeitbeatmung, Schrittmacher- versorgung, Nottracheotomie, Defi- brillation, Blutgasanalyse, pulmona- len Druckmessung u. a. verfügt, da in jedem zweiten Fall mindestens ei-

ne Komplikation dieser Art zu erwar- ten ist (Tabelle 8).

Behandlung

Wie mehrfach erwähnt, sollte jeder Patient mit begründetem Diphthe- rieverdacht sofort Antidiphtheriese- rum erhalten. Zum Zeitpunkt der all- gemeinen Diphtherieangst haben wir von dieser Gesetzesregel inso- fern eine Ausnahme gemacht, als wir jede Einweisung oder Aufsu- chung mit Diphtherieverdacht — al- lein schon wegen der Bettensitua- tion — zunächst nur als „Vorver- dacht" gelten ließen. Der eigentliche und begründete Diphtherieverdacht wurde von HNO-ärztlichen oder in- ternistischen Kollegen ausgespro- chen, die mit der Diphtherieerkran- kung vertraut waren.

Falls bei den Patienten schon schwerere Toxinwirkungen nach- weisbar waren, konnte auch bei Se- rumgaben von 1500 IE/kg KG prak- tisch kein Effekt nachgewiesen wer- den, der über die lokale Demarkie- rung von Membranen hinausging.

Wir vermuten, daß die erforderlichen Serumkonzentrationen zu diesem Zeitpunkt des Krankheitsgesche- hens ein Vielfaches der empfohle- nen Dosis betragen.

Vor der Pferdeserumgabe wurde von uns eine Intrakutantestung in den Konzentrationsstufen 1/100 und 1/10 und 1/1 durchgeführt im jewei- ligen Zeitabstand von 15 min. Bei zweifelhafter Bewertung wurde ein Konjunktivaltest vorgenommen (Ta- belle 10).

Im Falle der Allergie gegen das be- nutzte Pferdeserum wurde 2,5 g un- spezifisches Humangammaglobulin verabreicht oder eine Desensibilisie- rung in den Konzentrationen 1/

10 000, 1/10, 1/1, 20/1 versucht.

Nach unseren Erfahrungen wird ein positiver Schicktest erst nach Gabe von mehr als 500 IE/kg KG negativ, so daß die Antiserumgabe bei Pfer- deserum 1000 IE/kg KG nicht unter- schreiten sollte.

Bei zwei von 65 Patienten trat nach ca. 10 Tagen auf die Gabe von

1824 Heft 32 vom 10. August 1978 DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

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Tabelle 9: Aufnahmebefunde bei Diphtheriekranken in Abhängigkeit vom Schweregrad der Erkrankung (N = 15)

Schweregrad Coryne- bakterien

Toxinbildung in vitro

Retention Urinbefund

Herzbefund Im weiteren Verlauf:

Neurologische Ausfälle

der der

Hirn- peripheren nerven Nerven 0

0 mitis

mitis

0 0 1

(+)

0 0 2

gravis g ravis mitis

spät + spät +

0 0

+)

3

m itis mitis

4

mitis

m itis mitis miti s mitis

*) keine peripheren neurologischen Komplikationen wegen letalem Verlauf innerhalb weniger Tage

80 000 IE Antidiphtherie-Pferdese- rum eine Serumkrankheit auf (3 Pro- zent). Dies entspricht etwa der Zahl der im gleichen Kollektiv beobachte- ten Penicillinallergien (2,4 Prozent).

Bei der Intrakutantestung zeigten et- wa 5 Prozent der Patienten eine deutliche allergische Reaktion in Form einer lokalen Rötung und Schwellu ng.

Nach ausreichender Sicherung von Rachen-, Nasen- und Wundsekreten wurde in zweiter Linie mit Penicillin G in der Dosis von 2 x 10-20 Mega/

die behandelt, um die Ansteckungs- zeit zu verkürzen und möglichst eine Diffusion des Antibiotikums (ähnli- ches Prinzip wie bei streptokokken- allergischer Endokarditis) zu errei- chen.

Mit J. Ströder und K. Sandhage (1977) möchten wir empfehlen, mit Diphtherieverdacht erkrankte Kinder ausschließlich in Kinderkliniken zu betreuen.

Vorbeugung in Epidemiezeiten Zur Prophylaxe der Diphtherie beim betroffenen Pflegepersonal und bei Kontaktpersonen wurden von den verschiedenen Kliniken und Institu- ten folgende Methoden alternativ angewandt:

• Antibiose (Penicillin G, Tetrazy- kline)

Antiserumgabe in low dose (2000 IE)

Gammaglobuline

• Schicktest

• Antiserumgabe und Impfung in aktiver Form (Simultanimpfung)

• Impfung nach Ablauf einer diph- theriefreien Zeit von ca. fünf Tagen Von den angewandten Methoden scheint als Screeningtest zur Unter-

suchung einer Diphtherieempfäng lichkeit der Schicktest am praktika- belsten zu sein, da er einen Großteil von Patienten als nicht diphtherie- gefährdet ausschließt.

Obwohl sogar Wiedererkrankungen an Diphtherie beschrieben wurden (Sturm 1965), halten wir das Risiko einer Zweiterkrankung bei negati- vem Schicktest insbesondere des Personals für gering. Gleichzeitig erlaubt der Schicktest Aussagen über die Effektivität von Impfungen.

In Zweifelsfällen, wenn bei dringend diphtherieverdächtigen Patienten keine C. diphtheriae nachgewiesen wurden, erlaubt der Schicktest ei- nen abschließenden Ausschluß oder eine Bestätigung der Diagnose, da nach Ablauf von ca. 20. Tagen nach Serumgabe diphtherieerkrankte Pa- tienten Schick-negativ bleiben, wäh- rend Patienten mit anderen Erkran- kungen wieder Schick-positiv wer- den.

(8)

5,4% 25%

Tabelle 10: Antidiphtherie-Pferdeserum-lntrakutantestungen Allergische

Lokalreaktion*)

Patienten (N = 130) 7

Personal (N = 8) 2

*) lokale Rötungen nach ca. 20 min

Diphtherie Zur Fortbildung Aktuelle Medizin

Erwähnenswert erscheint auch die Beobachtung, daß ein Teil der Pa- tienten trotz Serumgabe zunächst Schick-positiv wird und erst nach Ablauf von drei Tagen die Toxinwir- kung in der Haut verblaßt.

In Ermangelung eines Erwachse- nenimpfstoffes (vgl. o. Sprockhoff im Kommentar zu G. B. Roemer 1977) erscheint eine Simultanimp- fung nach Art der Tetanusprophyla- xe empfehlenswert. Die alleinige An- tiserumgabe aber erscheint uns als Möglichkeit der Reihenimpfung we- nig vertretbar, da intrakutane Vorte- stungen erforderlich sind und die Gefahr einer Sensibilisierung gegen Pferdeserum besteht.

Aktive Impfungen zu Epidemiezeiten sind nicht unbedenklich. So sind al- lein für den Zeitraum der Kölner Epi- demie von 1976 vier Inkubations- impfungen bekanntgeworden. Zwei dieser Patienten verstarben durch ihre Diphtherieerkrankung. Im Fall eines Jugendlichen kann nicht aus- geschlossen werden, daß mögliche Beziehungen zwischen dem mali- gnen Diphtherieverlauf (Tod sechs Tage nach der Impfung) mit dem bisher einzigartigen Auftreten eines Sanarelli-Shwartzman-Phänomens und der Inkubationsimpfung beste- hen.

Entsprechend dem vorliegenden Untersuchungsmaterial scheint die Tonsillektomie einen Schutz gegen eine Diphtherieerkrankung zu brin- gen, wenn dieser auch nicht absolut ist. So erkrankte beispielsweise ein tonsillektomierter Patient an Haut- diphtherie. Bei diesem Patienten be- stand gleichzeitig ein Skabiesbefall.

Zusammenfassend darf wiederholt werden, daß nach jahrzehntelanger

Latenz 1976 und 1977 insgesamt 40 Diphtheriefälle im Raum Köln regi- striert wurden, von denen sechs an den Folgen ihrer Erkrankung ver- starben.

Dabei zeigte sich mit ca. 50 Prozent malignen Krankheitsverläufen im Er- wachsenenalter eine Pathomorpho- se der Diphtherie zu fast ausschließ- lich primär kardiotoxischen Ver- laufsformen.

Literatur

Naumann, P., Tomaschoff, E., Rosin, H., Hage- dorn, H. J., und Sternschulte, W.: Diphtherieer- krankungen mit toxischem Verlauf in Düssel- dorf, Dt. Ärztebl. 72 (1975) 3409-3412 - Nie- hues, B., Grosser, K. D., Reitz, H., Behrenbeck, D. W., und Lechler, E.: Intensivmedizinische Maßnahmen zur Behandlung der kardialen Komplikationen bei Diphtherie, Intensivmedi- zin 14 Suppl. 11 (1977) 67-78 - Roemer, G. B.:

Epidemiologie der Diphtherie, DEUTSCHES ÄRZTEBLATT 74 (1977) 793-798 - Ruckde- schel, G.: Erregerwandel in der Inneren Medi- zin, Internist 18 (1977) 360-367 - Sorgo, W., Franz, Chr., Gladtke, E.: Klein-Epidemie von Diphtherie in einem Kölner Kinderheim, Münch. med. Wschr. 118 (1976) 1631-1634 - Wehrspann, P.: Diphtheriefälle im Raum Ham- burg in den Jahren 1975-77, Dt. Ärztebl. 74 (1977) 793-798 - Windorfer, A.: Infektionsbe- dingte Krankheiten in der Bundesrepublik Deutschland, Dt. Ärztebl. 71 (1974) 3745-53 - Zeh, E., Ringelmann, R., Saether-Höhn, B., Riegner, U.: Tödlicher Verlauf einer Diphtherie bei einem 26jährigen Mann, Immunität und In- fektion 4 (1976) 168-173

Anschrift für die Verfasser:

Professor Dr. med. Rudolf Gross Medizinische Universitätsklinik 5000 Köln 41

Verbesserte

Impulsübertragung beim Lambert-Eaton-Syndrom nach Kühlung

Bei zwei Patienten entwickelte sich ein L.-E.-Syndrom mit Schwäche in den Beinen, bevor Monate später ein Bronchialkarzinom entdeckt wurde.

Elektromyographisch ähneln die Be- funde denen bei Myasthenia gravis.

Guanidin allerdings führt zu deutli- cher Besserung. Eine ähnlich gute Wirkung hat auch die Unterkühlung der Muskulatur. Eine erhöhte Frei- setzung von Acetylcholin, die als Ur- sache der Besserung nach Guanidin vermutet wird, nehmen die Autoren auch für die Abkühlung des unter- suchten Muskels um 10°C an. Egl

Ricker, K.; Hertel, G.; Stodieck, S.: The influ- ence of lokal cooling on neu romuscular trans- mission in the myasthenic syndrome of Eaton and Lambert, J. Neurol. 217 (1977) 95-102

Hämodialyse und urämische

Polyneuropathie

Die Entwicklung einer Polyneuro- pathie ist bei der Urämie die Regel, selbst wenn sie nur bei etwa der Hälfte aller Patienten klinisch sicht- bar wird. Entgegen älterer Auffas- sung bessert sich die Polyneuropa- thie unter der Dialysebehandlung nicht. Bei einigen Patienten nahmen die Funktionsstörungen langsam zu.

Die elektromyographische Untersu- chung des Peronaeus enthüllt sehr frühzeitig die Beteiligung des Ner- vensystems und wird daher empfoh- len. Eine elektromyographische Ver- laufsuntersuchung aber ist nicht sinnvoll, da Rückschlüsse auf die Urämie nicht gezogen werden kön- nen und die Verschlechterung elek- trophysiologischer Befunde wäh- rend der ersten Jahre der Dialyse rasch, später langsam fortschrei- tet. Egl

Caccia, M. R.; Mangili, A.; Mecca, G.; Ubiali, E.;

Zanoni, P.: Effects of hemodialytic treatment on uremic polyneuropathy, J. Neurol. 217 (1977) 123-131

FÜR SIE GELESEN

1826 Heft 32 vom 10. August 1978 DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

Referenzen

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