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Die Lage spitzt sich zu

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Academic year: 2022

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Editorial

4 Ärzteblatt Sachsen 1 / 2006

Kanzlerrücktritt, Bundestagswahl, Kanz- lerin, Koalitionspapier – 2005 war nicht eben von politischer Kontinuität geprägt.

Sacharbeit blieb oftmals auf der Strecke, weil Personalpoker wichtiger war. Das neue Jahr verspricht nicht besser zu wer- den: Umsetzung des Arbeitszeitgesetzes verschoben, Angleichung der GOÄ nach unten, Malusregelung bei Arzneimitteln.

Sieht so eine Gesundheitsreform aus, die eine hohe Qualität der medizinischen Versorgung garantieren und gleichzeitig Kosten sparen will? Aus ärztlicher Sicht bestimmt nicht, denn die Arbeitsbelastung der Klinikärzte bleibt trotz anders lau- tender Urteile des Europäischen Gerichts- hofes bestehen, die Bürokratie nimmt zu und an der ärztlichen Vergütung wird weiter gespart.

Viele Kollegen hat der Frust über die gesundheitspolitische Entwicklung auf die Straße getrieben, auch in Sachsen gab es an Kliniken und in Praxen Protestver-

anstaltungen. Unsere Patienten reagierten größtenteils mit Verständnis.

Die Arbeitsbedingungen für Ärzte werden auch mit einer Gesundheitsreform 2006 offensichtlich nicht besser. Burn out und Abwanderung in alternative Berufsfelder oder ins Ausland bleiben an der Tagesord- nung. Wie wir in Sachsen mit dieser Art der Bundesgesundheitspolitik dem Ärzte- mangel begegnen wollen, ist fraglich.

Bisher hat nur die konzertierte Aktion der sächsischen Selbstverwaltungskörperschaf- ten und des Sächsischen Staatsministeri- ums für Soziales zu einer ersten Linde- rung der gröbsten Ärzte-Defizite in Kli- niken und Praxen geführt.

Die alte und neue Bundesgesundheitsminis- terin versucht indessen, die Schmerzgrenze der Koalitionspartner auszutesten, indem sie mit nicht abgesprochenen Vorschlägen an die Öffentlichkeit geht. Intern erklärt sie ihren Parteigenossen, wie sie es tat- sächlich gemeint hat, zum Beispiel mit der Angleichung der GOÄ. In einem mir vorliegenden Papier schreibt Frau Ulla Schmidt: „Benachteiligt sind Hausärzte und Ärzte in ländlichen Regionen, spe- ziell in den neuen Bundesländern, die keinen nennenswerten Anteil an Privat- patienten behandeln. Eine Lösung dieser Problematik sieht sie in einer verstärkten Anwendung pauschalierter Vergütungen im ambulanten Bereich.

Was pauschalierte Vergütungen bewirken können, erleben wir derzeit an den Kran- kenhäusern: Pro Jahr immer mehr Pati- enten bei kürzeren Liegezeiten und weni- ger Personal, Behandlung der aus ökono- mischer Sicht besten Diagnose. Für Fol- gekrankheiten ist eine Wiedereinweisung notwendig, und die ambulanten Ärzte müssen die teure Nachsorge überneh- men.

Aus meiner Sicht spitzt sich die Lage ins- gesamt zu, weil die drängenden Probleme

der Gesundheitspolitik durch die Koali- tion nur verschoben wurden. Lösungen sind nicht absehbar. In Sachen Bürgerver- sicherung oder Gesundheitsprämie wird es wohl einen Kompromiss aus beiden Modellen geben. Die Frage ist nur wann?

Bis dahin wird am bestehenden unterfi- nanzierten System zulasten der Patienten und Ärzte herumgebastelt. Leistungsbe- schränkungen sind an der Tagesordnung.

Aber nicht die Bundespolitiker sondern wir Ärzte müssen sie vermitteln. Damit besteht die Gefahr, dass es mit einem nachgewiesenen weltweit sehr guten Gesundheitssystem in kürzester Zeit bergab geht.

Machen wir Dienst nach Vorschrift, heißt es, wir lassen unsere Patienten im Stich.

Deshalb wäre die beste Protestdemonstra- tion eine Demonstration der Patienten.

Doch welcher Patient hat schon Lust, sich mit einer Erkrankung auf die Straße zu stellen?

Was also bleibt zu sagen zum Jahresbe- ginn? Vielleicht so viel: Die Ärzte und die Patienten müssen damit rechnen, dass es zu weiteren Eingriffen in das Arzt- Patienten-Verhältnis kommen wird. Die Selbstverwaltung ist mehr denn je gefor- dert, ihre am Allgemeinwohl orientierten Berufs- und Standesinteressen in die Waagschale zu werfen. Die Sächsische Landesärztekammer wird verstärkt am politischen Prozess partizipieren und den Kontakt nach Berlin suchen, um spezi- fische sächsische Probleme zu vermitteln.

Und wir Ärzte dürfen bei allen politischen Streitigkeiten einen nicht aus den Augen verlieren: Den Patienten, den kranken hilfsbedürftigen Menschen. Dafür lohnt es sich, noch immer mit Tatkraft und Zuversicht in das neue Jahr zu gehen.

Prof. Dr. med. habil. Jan Schulze Präsident

Die Lage spitzt sich zu

Prof. Dr. med. habil. Jan Schulze

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