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Freigabe von Cannabis Problemlösung oder Problemverschärfung?

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Academic year: 2022

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Freigabe von Cannabis – Problemlösung oder Problemverschärfung?

Analyse der Für und Wider einer Freigabe in Österreich aus gesundheitlicher und rechtlicher Sicht

Legalization of Cannabis – Problem Solving or Problem Intensification?

Analysis of the Pros and Cons of a Legalization in Austria From a Health-related and a Legal Point of View

Masterarbeit

Zur Erlangung des akademischen Grades

Master of Arts in Business

der Fachhochschule FH Campus Wien Masterstudiengang: Public Management

Vorgelegt von:

Daniel LICHTENEGGER, BA

Personenkennzeichen 1510644030

ErstbetreuerIn:

Mag.a Dr.in Susanne KIRCHNER

ZweitbegutachterIn:

Mag.a Natalia HARTMANN

Eingereicht am:

21.05.2017

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Erklärung:

Ich erkläre, dass die vorliegende Masterarbeit von mir selbst verfasst wurde und ich keine anderen als die angeführten Behelfe verwendet bzw. mich auch sonst keiner unerlaubter Hilfe bedient habe.

Ich versichere, dass ich diese Masterarbeit bisher weder im In- noch im Ausland (einer Beurteilerin/einem Beurteiler zur Begutachtung) in irgendeiner Form als Prüfungsarbeit vorgelegt habe.

Weiters versichere ich, dass die von mir eingereichten Exemplare (ausgedruckt und elektronisch) identisch sind.

Datum: Unterschrift:

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Kurzfassung

Diese Arbeit beschäftigt sich mit der Thematik einer Cannabis-Freigabe als mögliche Problemlösung oder Problemverschärfung. Es wird eine Analyse der Für und Wider einer Freigabe in Österreich aus gesundheitlicher und rechtlicher Sicht durchgeführt. Schon seit vielen Jahren wird weltweit und somit auch in Österreich über die Freigabe des Cannabiskonsums diskutiert. Diverse ExpertInnen beschreiben die unterschiedlichsten Gefahrenpotenziale, die vom Cannabiskonsum ausgehen. Wissenschaftliche Untersuchungen dazu sind sehr rar und die Validität etlicher Veröffentlichungen fragwürdig.

Aufgrund der Tatsache, dass eine Freigabe von Cannabis nicht eindeutig positiv oder negativ bewertet werden kann, wird mit dieser Arbeit versucht, einer Klärung näher zu kommen. Das Ziel der Untersuchung ist, den politischen EntscheidungsträgerInnen eine Entscheidungsunterstützung für oder gegen eine Cannabisfreigabe aus gesundheitlicher und rechtlicher Perspektive zu liefern. Die gesundheitlichen Auswirkungen des Cannabiskonsums stellen einen wesentlichen Teilaspekt der Entscheidung dar. Mehrwert der vorliegenden Untersuchung ist es, dies auf Basis der Studienergebnisse besser bewerten zu können. Zudem soll aufgezeigt werden, warum eine Cannabisfreigabe überhaupt Diskussionspunkt ist, das heißt welche Annahmen über Probleme bestehen, die durch eine Freigabe gelöst werden sollen beziehungsweise durch eine Freigabe entstehen können. ExpertInnen aus dem Gesundheitsbereich sowie rechtlichen Umfeld sollen durch ihr ExpertInnenwissen und ihre Erfahrungen zur Klärung der Forschungsfragen beitragen.

Die Entkriminalisierung der CannabiskonsumentInnen wird als wichtiger Punkt der Problemlösung durch eine Cannabisfreigabe gesehen. Auf der anderen Seite spricht vor allem der Schutz der Gesundheit von Jugendlichen gegen eine (zumindest) uneingeschränkte Freigabe, da die gesundheitlichen Auswirkungen in jungen Jahren am Gravierendsten sind. Zumeist wird daher nicht von einer Freigabe gesprochen, sondern von einer differenzierten, regulierten Abgabe von Cannabis. Dennoch zeigt die Untersuchung, dass der Weg in Richtung Liberalisierung geht, jedoch unter Einbindung von FachexpertInnen ohne ideologische Denkmuster, um die teils komplexen Zusammenhänge zu analysieren und mögliche Folgeerscheinungen so klein wie möglich zu halten. Über die eigentlichen Studienergebnisse hinaus bringen die ExpertInnen- Interviews zum Vorschein, dass vermehrt wissenschaftliche Studien hinsichtlich der Wirkungsweisen des Cannabis auf den menschlichen Organismus notwendig sind. Die derzeitigen wissenschaftlichen Untersuchungen sind nicht eindeutig.

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Abstract

This thesis deals with the issue of a cannabis legalization as a possible problem solving or problem intensification. Therefore, an analysis of the pros and cons of a legalization in Austria from a health-related and a legal point of view is carried out. Since many years discussions are held worldwide and in Austria on whether the consumption of cannabis should be legalized or not. Various experts describe the different risk potentials of the consumption of cannabis. Scientific surveys dealing with that topic are scarce and the validity of many publications questionable. Due to the fact, that the legalization of cannabis cannot clearly be rated positively or negatively by now, this thesis tries to come closer to a clarification. This survey aims at supporting the policy makers in their decision making as to the pros or cons of the legalization of cannabis from a health-related as well as a legal perspective. The health effects of the cannabis consumption constitute an essential aspect for the decision. Benefit of this survey is to be able to rate this better on the basis of the survey results. Furthermore, it should be pointed out why the legalization of cannabis is an issue at all, i.e. what assumptions about problems exist that could be solved or intensified by the legalization of cannabis. Experts from the health as well as from the legal sector are asked to contribute to answering the research questions on the basis of their expert knowledge.

The decriminalization of the cannabis consumers is viewed as an important point in problem solving by legalizing cannabis. On the other hand, the protection of the health of adolescents stands against the (at least) unrestricted legalization, since the health effects are most severe in younger years. This is why it is mostly not talked about a legalization, but about a differentiated, regulated distribution of cannabis. However, this survey shows that the future heads into a legalization, but under involvement of experts not influenced by ideological patterns of thought, in order the analyze the partly complex contexts and to minimize possible aftereffects. Beyond the actual survey results the expert interviews show that more scientific surveys dealing with the impact of cannabis on the human organism are required. The current scientific surveys are not clear enough.

(5)

Abkürzungsverzeichnis

ARGE Österreichische Arbeitsgemeinschaft Suchtvorbeugung BMGF Bundesministerium für Gesundheit und Frauen

BMI Bundesministerium für Inneres BMJ Bundesministerium für Justiz CES Cannabisentzugssyndrom

EMCDDA European Monitoring Centre for Drugs and Drug Addiction EUROPOL European Union Agency for Law Enforcement Cooperation IQ Intelligenzquotient

LSD Lysergsäurediethylamid SMG Suchtmittelgesetz THC Tetrahydrocannabinol

UNGASS United Nations General Assembly Special Session UNO United Nation Organization

WHO World Health Organization

(6)

Schlüsselbegriffe

Cannabis Freigabe Problemlösung Problemverschärfung

(7)

Inhaltsverzeichnis

ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS ... iii

ABBILDUNGSVERZEICHNIS ... vii

1 EINLEITUNG ... 1

1.1 Begriffsklärung ... 1

1.2 Problemstellung ... 1

1.3 Zielsetzung und Aufbau der Arbeit ... 2

2 EINBLICK IN DIE PRAXIS UND STATUS-QUO ... 3

2.1 Erzeugung, Handel und Konsum von Cannabis ... 4

2.2 Wirkung und Gesundheitsfolgen ... 11

2.3 Prävention und Behandlung... 17

2.4 Repression und rechtlicher Rahmen ... 22

2.5 Legalisierung ... 27

2.6 Wirtschaftliche Rahmenbedingungen ... 27

2.7 Cannabisfreigabe anhand des Beispiels Niederlande ... 29

3 FORSCHUNGSFRAGEN ... 31

4 METHODIK ... 32

4.1 Empirische Sozialforschung ... 32

4.2 Qualitative Sozialforschung ... 33

4.3 ExpertInneninterviews ... 33

4.4 Leitfadengespräche ... 33

4.5 Auswahl der ExpertInnen ... 34

4.6 Transkription ... 36

4.7 Qualitative Inhaltsanalyse ... 37

5 AUSWERTUNG DER EXPERTINNENINTERVIEWS ... 39

5.1 Einstieg in den Cannabiskonsum ... 39

5.1.1 Resümee: Einstieg in den Cannabiskonsum ... 41

5.2 Cannabiskonsum ... 42

5.2.1 Resümee: Cannabiskonsum ... 43

5.3 Cannabis versus andere illegale und legale Suchtmittel ... 43

5.3.1 Resümee: Cannabis versus andere illegale und legale Suchtmittel ... 44

5.4 Soziodemografische Aspekte ... 44

(8)

5.4.1 Resümee: Soziodemografische Aspekte ... 46

5.5 Gesundheitliche Auswirkungen ... 46

5.5.1 Resümee: Gesundheitliche Auswirkungen ... 47

5.6 Behandlung ... 47

5.6.1 Resümee: Behandlung ... 48

5.7 Suchtprävention ... 48

5.7.1 Resümee: Suchprävention ... 49

5.8 Gesetzliche Grundlagen ... 49

5.8.1 Resümee: Gesetzliche Grundlagen ... 53

5.9 Schwarzmarkt ... 53

5.9.1 Resümee: Schwarzmarkt ... 54

5.10 Repression ... 54

5.10.1 Resümee: Repression ... 55

5.11 Zusammenarbeit der Organisation und Behörden ... 55

5.11.1 Resümee: Zusammenarbeit der Organisationen und Behörden... 56

5.12 Problemstellung ... 56

5.12.1 Resümee: Problemstellung ... 59

5.13 Dafür versus Dagegen ... 60

5.13.1 Resümee: Dafür versus Dagegen ... 62

5.14 Auswirkungen einer Cannabisfreigabe ... 63

5.14.1 Resümee: Auswirkungen einer Cannabisfreigabe ... 64

5.15 Ausblick ... 64

5.15.1 Resümee: Ausblick ... 66

5.16 Empfehlungen an EntscheidungsträgerInnen ... 66

5.16.1 Resümee: Empfehlungen an EntscheidungsträgerInnen ... 68

6 ZUSAMMENFASSUNG ... 69

7 AUSBLICK ... 73

LITERATURVERZEICHNIS ... 74

ANHANG 1: INTERVIEWLEITFADEN ... 77

(9)

Abbildungsverzeichnis

Abb. 1: Schätzungen des Cannabiskonsums in der Europäischen Union ... 10 Abb. 2: Behandlungsaufnahmen von CannabiskonsumentInnen ... 19 Abb. 3: Übersicht der Möglichkeit einer Haftstrafe bei Drogenbesitz für den

Eigengebrauch in Europa ... 23 Abb. 4: Entwicklung der Gesamtanzeigen nach dem SMG in

Österreich 2006 bis 2015 ... 24 Abb. 5: Anzeigen in Österreich 2015 bei Cannabiskraut und Cannabisharz ... 24 Abb. 6: Sicherstellungen von Cannabis in der Europäischen Union 2014 ... 25

(10)

1 EINLEITUNG

Dieses Kapitel stellt eine Einführung in die Thematik der Für und Wider einer Freigabe von Cannabis dar.

1.1 Begriffsklärung

Cannabis

Wenn in dieser Arbeit von Cannabis gesprochen wird, ist hier nicht nur von der Pflanze an sich die Rede, sondern ebenso von den weiter verarbeiteten Produkten wie Cannabiskraut (Marihuana), Cannabisharz (Haschisch) und Haschischöl.

Was ist Tetrahydrocannabinol?

Dieser Wirkstoff ist der Hauptinhaltsstoff des Cannabiskrauts und -harz und gehört zu den Cannabinoiden. Dieses Cannabinol ist ausschließlich im Hanf der Cannabis sativa vorhanden.1

Was bedeutet Prävalenz?

Hiermit wird die „Anzahl der Personen in einer Bevölkerung gemeint, die zu einem gegebenen Zeitpunkt an einer bestimmten Krankheit erkrankt sind“2.

1.2 Problemstellung

Es wird schon seit vielen Jahren weltweit und somit auch in Österreich über die Freigabe des Cannabiskonsums diskutiert. Diverse ExpertInnen beschreiben die unterschiedlichsten Gefahrenpotenziale, die vom Cannabiskonsum ausgehen.

Wissenschaftliche Untersuchungen dazu sind sehr rar und die Validität etlicher Veröffentlichungen fragwürdig. Aufgrund der Tatsache, dass eine Freigabe von Cannabis nicht eindeutig positiv oder negativ bewertet werden kann, werden die in dieser Arbeit angeführten Forschungsfragen einer Klärung zugeführt.

Das Interesse des Autors an dieser Fragestellung ergibt sich aus seiner langjährigen Tätigkeit im Exekutivdienst, in der dieser immer wieder mit ähnlichen Problemstellungen konfrontiert wurde.

1 Vgl. chemie.de o.J.

2 Dörner/Deufel/Dörner 2009, S. 46

(11)

1.3 Zielsetzung und Aufbau der Arbeit

Das Ziel der geplanten Untersuchung ist es, den politischen EntscheidungsträgerInnen eine Entscheidungsunterstützung für oder gegen eine Cannabisfreigabe aus gesundheitlicher und rechtlicher Perspektive zu liefern. Die gesundheitlichen Auswirkungen des Cannabiskonsums stellen einen wesentlichen Teilaspekt der Entscheidung dar. Mehrwert der geplanten Untersuchung ist es, dies auf Basis der Studienergebnisse besser bewerten zu können. Zudem soll aufgezeigt werden, warum eine Cannabisfreigabe überhaupt Diskussionspunkt ist, d.h. welche Annahmen über Probleme bestehen, die durch eine Freigabe gelöst werden sollen beziehungsweise durch eine Freigabe entstehen können. ExpertInnen aus dem Gesundheitsbereich sowie rechtlichen Umfeld sollen durch ihr ExpertInnenwissen und ihre Erfahrungen zur Klärung der Forschungsfragen beitragen.

(12)

2 EINBLICK IN DIE PRAXIS UND STATUS-QUO

Die Freigabe von Cannabis wird oft sehr kontroversiell diskutiert. Zudem sind wissenschaftliche und pseudowissenschaftliche Studien zur dieser Thematik noch nicht eindeutig genug, um ein klares Votum abgeben zu können.

Bevor im Laufe des 19. Jahrhunderts Cannabis das erste Mal in Europa als Heilmittel mit euphorisierender Wirkung seine Anwendung fand, wurde dieses schon 2.700 Jahre vor Christus in schriftlicher Form in China angeführt. In China als auch Indien hatte und hat diese Substanz als Arzneimittel sowie in der Volksheilkunde seinen Platz und wurde zum Beispiel gegen Schlaflosigkeit, Unwohlsein und dergleichen eingesetzt. Da die Pflanze in der Gegenwart als Suchtmittel eingestuft ist, hat sie jedoch nicht mehr diese Bedeutung als Heilpflanze.3

Auch Kreuter et al. geben an, dass Cannabis schon tausende Jahre als Nutz- und Heilpflanze in Gebrauch ist, jedoch erst im 19. Jahrhundert die berauschende Wirkung dieser Pflanze in europäischen Raum bekannt wurde und sie sich im 20. Jahrhundert massiv ausbreitete.4

Unabhängig von der Art der Nutzung der Cannabispflanze ist der Wirkstoffgehalt – der Tetrahydrocannabinol-Gehalt (THC-Gehalt) – für die behandelte Problemstellung bedeutend, da es Hinweise auf einen Zusammenhang zwischen der Höhe des THC- Gehalts und dem Cannabisentzugssyndrom (CES) gibt. Obgleich sich der durchschnittliche THC-Gehalt im Cannabiskraut sowie -harz bei etwa zwei bis fünf Prozent einpendelte und er sich im Laufe der letzten 20 Jahren in Deutschland nicht maßgeblich verändert hat, ist durch gezielte Züchtungen im Heimanbau ein Gehalt von mehr als 20 Prozent möglich geworden. Diesbezüglich gibt es Hinweise, die einen Zusammenhang zwischen dem gesteigerten THC-Gehalt und dem Cannabisentzugssyndrom herstellen können.5

3 Vgl. Spektrum der Wissenschaft 1999

4 Vgl. Kreuter et al. 2016, S. 88

5 Vgl. Bonnet 2013, S. 52

(13)

Auch Havemann-Reinecke et al. geben an, dass der wichtigste Inhaltsstoff in Cannabis, das Delta-9-Tetrahydrocannabinol (THC), durch verfeinerte Züchtungen im Verlauf der letzten Jahre stark gesteigert wurde.6

Im Folgenden werden die im Kapitel 3 angeführten forschungsleitenden Fragen aus theoretischem Blickwinkel betrachtet und ergänzend in der Auswertung sowie Zusammenfassung behandelt.

2.1 Erzeugung, Handel und Konsum von Cannabis

In diesem Kapitel wird auf die Herstellung, den Handel sowie das Konsumverhalten in Bezug auf Cannabis eingegangen.

Erzeugung:

Wie erfolgt eigentlich die Produktion beziehungsweise die Erzeugung von Cannabiskraut (Marihuana)? Marihuana selbst wird nach der Trocknung aus den zerkleinerten Teilen der betreffenden Pflanze gewonnen. Das ebenso auf den Markt befindliche Cannabisharz (Haschisch) stammt aus dem Harz der Blütenstände. Weiters ist es möglich, durch das Herauslösen von Wirkstoffen aus dem Cannabiskraut oder -harz unter Beimengung von organischen Lösungsmittel schwarzes Haschischöl zu produzieren.7

Durch die leichte Verfügbarkeit von Ausrüstung und Aufzuchtanlagen ist bei der Erzeugung von Cannabisprodukten in den eigenen vier Wänden ein Aufwärtstrend zu verzeichnen.

Ebenso ist die auf Gewinn ausgerichtete Produktion im Steigen begriffen. Die Erzeugung von Cannabisprodukten erfolgt immer öfter in sogenannten Indooranlagen, da diese einerseits einen höheren THC-Gehalt ermöglichen und andererseits gegenüber Außenanlagen nicht so sehr vom Wetter beeinflusst werden.8

Handel:

Der Handel mit Cannabisprodukten in Europa hat seinen Ausgangspunkt in Marokko sowie in Afghanistan bei Haschisch und in Albanien bei Marihuana. Der Schmuggel von Marokko nach Europa erfolgt vorwiegend mittels Schnellbooten, Fähren und Seecontainern über

6 Vgl. Havemann-Reinecke et al. 2015, S. 2

7 Vgl. Die Drogenbeauftragte der Bundesregierung 2016, S. 79

8 Vgl. BMI 2016, S. 22

(14)

den Seeweg, während der Schmuggel von Marihuana vorwiegend auf den Landweg mittels LKWs erfolgt.9

Österreich dient bei dem hier dargestellten Cannabisschmuggel hauptsächlich als Transitland, wobei dadurch gleichzeitig der inländische Markt abgedeckt wird. Als Transitroute für Marihuana von Albanien nach Europa wird sehr oft der Weg über die Balkanländer wie Mazedonien, Kosovo sowie Bosnien und Herzegowina genommen.10

Grundsätzlich ist der europäische Drogenmarkt als stabil anzusehen. Es gibt jedoch Hinweise auf einen verstärkten Missbrauch von Cannabisprodukten. Dieser verstärkte Missbrauch hat natürlich auch Auswirkungen auf den besagten Handel.11

Laut der Transform Drug Policy Foundation könnte nach einer Freigabe des Handels mit Cannabisprodukten durch diverse Kontrollmaßnahmen die Dosierung und Zubereitung reguliert werden. Hierfür würde die Kontrolle des maximalen Wirkstoffgehalts und der toxischen Inhaltstoffe helfen. Die Preiskontrolle würde eine Regulierung durch Festpreise oder festgesetzte Preisrahmen unterstützen und man könnte die Stärke der jeweiligen Produkte preislich unterschiedlich darstellen. Weiters wären Maßnahmen hinsichtlich der Fälschungs- und Kindersicherheit anzudenken und die Etikettierung entsprechend auszuführen.12

Bei der Werbung für Cannabisprodukte könnte auf die Erfahrungen mit Alkohol- und Tabak- Werbung zurückgegriffen werden. Ein generelles Werbeverbot für Cannabisprodukte wäre kontraproduktiv und auch flächendeckend nicht umsetzbar.13

Auch hinsichtlich der Lage und Zahl der Abgabestellen könnte es Einschränkungen geben.

Hierbei wird hinsichtlich der Lage beispielsweise die Nähe zu Schulen angeführt. Ebenso könnten die Größe und die Art der Abgabestellen definiert werden. Ein weiterer Ansatzpunkt für einen geregelten Handel mit Cannabisprodukten würde die VerkäuferInnen betreffen. Diesbezüglich könnte eine Lizenzvergabe geschehen. Auch eine zusätzliche Ausbildung für VerkäuferInnen sowie die Trennung von Cannabis- und

9 Vgl. Die Drogenbeauftragte der Bundesregierung 2016, S. 79

10 Vgl. BMI 2016, S. 22

11 Vgl. EMCDDA 2016, S. 13

12 Vgl. Transform Drug Policy Foundation 2009, S. 114f

13 Vgl. ebd., S 116

(15)

Alkoholausgabe könnte vorgenommen werden. Weiters wäre eine vorgeschriebene tägliche Höchstabgabemenge je Abgabestelle anzudenken und die Verkaufsmengen könnten reglementiert werden. Somit wäre es nicht möglich, dass eine Person in einem Lokal eine zu große Menge Cannabis erwirbt.14

Die Transform Drug Policy Foundation empfiehlt auch, ein behördliches Mindestalter einzuführen und die VerkäuferInnen dazu zu verpflichten, Ausweiskontrollen zur Bestimmung des Alters vorzunehmen. Eine lokale Lizenz für KonsumentInnen könnte angedacht werden, um nicht einen Tourismus zu erzeugen. Schlussendlich könnte durch die Begrenzung der Abgabe- und Konsumeinrichtungen eine Eingrenzung geschehen. Es könnten, ähnlich wie beim Tabakkonsum, gewisse Bereiche des öffentlichen Lebens für den Cannabiskonsum gesperrt und dieser gegebenenfalls auch sanktioniert werden.15

Europäischer Konsumüberblick mit Schwerpunkt Deutschland:

Das Ausmaß des Cannabiskonsums ist ein zentrales Thema, wenn es um die Freigabe und somit die Legalisierung geht. Beim Konsum von Cannabis gibt es eine stetige Steigerung in der Lebenszeitprävalenz. Der Missbrauch dieses Suchtmittels ist meist auf kurze Zeiträume im Leben eingegrenzt. Dadurch ist ein deutlicher Unterschied zwischen der Lebenszeitprävalenz und der Prävalenz des Konsums im letzten Monat zu erklären.16

Da die Dunkelziffer in diesem Bereich sehr hoch ist, kann jedoch keine genaue Zahl an Personen angegeben werden, die Cannabis in ihrem Leben einmal ausprobiert hat. Es ergeben sich in Europa aber beträchtliche Unterschiede. So betragen die Lebenszeitprävalenzen der Erwachsenen in Bezug auf den Konsum von Cannabis in Frankreich ca. 40 Prozent, in Dänemark sowie Italien über ein Drittel, bis hin zu weniger als 10 Prozent in Bulgarien, Malta, Rumänien, Ungarn und der Türkei.17

Nicht nur weltweit ist Cannabis das am weitesten verbreitete illegale Suchtmittel, auch in Deutschland ist Cannabis die am weitesten verbreitete illegale Droge mit etwa 600.000 erwachsenen KonsumentInnen. In den Jahren 2011 bis 2014 stieg der regelmäßige Konsum schon bei den 12- bis 17-jährigen Personen von 0,2 auf 1,5 Prozent.18

14 Vgl. Transform Drug Policy Foundation 2009, S. 117f

15 Vgl. ebd., S. 118f

16 Vgl. BMG 2016, S. 49

17 Vgl. EMCDDA 2016, S. 40

18 Vgl. Kreuter et al. 2016, S. 87

(16)

Auch Pabst et al. bestätigen durch eine epidemiologische Suchtumfrage in Deutschland im Jahr 2012 – bei über 9.000 Personen – die Anzahl von etwa 600.000 Personen, die eine klinische Diagnose hinsichtlich des Konsums von Cannabis haben.19

Demgegenüber wird im Bericht der Europäischen Beobachtungsstelle für Drogen und Drogensucht (EMCDDA) angeführt, dass man nach Betrachtung einiger europäischer Länder für den Zeitraum der letzten zehn Jahre eine gleichbleibende oder rückläufige Konsumprävalenz für Deutschland, Spanien und Großbritannien erkannte. Die Zahlen in Frankreich weisen seit dem Jahr 2010 eine steigende Tendenz auf. Bei Finnland ist ein Angleichen des Konsumverhaltens zum restlichen Europa ersichtlich. Aber es gibt nach wie vor Länder, die eine niedrige Prävalenzrate aufweisen. Dazu gehört zum Beispiel Schweden.20

Wie schon angeführt handelt es sich beim Cannabis um das weltweit am häufigsten konsumierte illegale Suchtmittel, bei dem auch in Deutschland in den letzten Jahren ein massiver Anstieg des Konsumverhaltens feststellbar ist.21 Auch Kreuter et al. deuten darauf hin, dass seit dem Jahr 2008 ein deutlicher Anstieg der CannabiskonsumentInnen unter jungen Erwachsenen im Alter von 18 bis 25 Jahren feststellbar ist.22 Bezogen auf die 12- Monats-Prävalenz beim Cannabiskonsum der 18- bis 24-Jährigen decken sich die Auswertungen von Kraus et al. mit einem massiven Anstieg des Konsums von 7,4 Prozent im Jahr 1980 auf 26 Prozent im Jahr 2003, jedoch gab es danach bis zum Jahr 2012 einen gleichbleibenden Rückgang auf 17,5 Prozent.23

Bonnet gibt an, dass in der gefährdeten Altersklasse der 12- bis 17-Jährigen über die Jahre ein stabiler chronischer Cannabiskonsum von 1,5 bis 2 Prozent ersichtlich ist. Aus dieser Gruppe bildet sich danach auch die Cannabisabhängigkeit bei Erwachsenen. Es wird davon ausgegangen, dass etwa 0,4 Prozent der deutschen Erwachsenen eine Abhängigkeit von Cannabisprodukten aufweisen. Wie schon erwähnt, befinden sich die meisten CannabiskonsumentInnen unter den 16- und 25-Jährigen. Ein Großteil der regelmäßig in den jungen Jahren konsumierenden Personen beendet den Konsum noch

19 Vgl. Pabst/Kraus/Gomes de Matos 2012, S. 329

20 Vgl. EMCDDA 2016, S. 41

21 Vgl. Bonnet 2013, S. 50

22 Vgl. Kreuter et al. 2016, S. 88

23 Vgl. Kraus et al. 2013, S. 337f

(17)

vor dem 30. Geburtstag.24 Auch Kreuter et al. geben an, dass in den Jahren 2011 bis 2014 der regelmäßige Konsum bei den 12- bis 17-jährigen Personen von 0,2 auf 1,5 Prozent stieg.25 Auch liegt der Anteil der weiblichen CannabiskonsumentInnen unter denen der männlichen, und zwar in jeder Altersgruppe.26

Ergänzend zur Altersstruktur der CannabiskonsumentInnen zeigt sich, dass sich der Gebrauch in westlichen Industrieländern bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen auf einem hohen Niveau befindet, wobei es in den letzten Jahren keine gravierenden Veränderungen hinsichtlich der Regelmäßigkeit sowie Häufigkeit des Konsums dieses illegalen Suchtmittels gibt. Es ist in Deutschland zu erkennen, dass die Suchthilfe mit den CannabiskonsumentInnen die größte Inanspruchnahme bei illegalen Suchtmitteln hat. Ein beachtlicher Teil der Personen, die regelmäßig Cannabis konsumieren, beginnt in der Pubertät damit.27

Kreuter et al. stellen klar, dass aus Sicht der deutschen Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin der Konsum von Cannabis ein Gesundheitsrisiko dargestellt und dieses Risiko in einem möglichen Diskussionsprozess berücksichtigt werden muss.28 Auch Havemann-Reinecke et al. geben an, dass mit dem Missbrauch von Cannabis auch oft andere Konsumverhalten und Abhängigkeiten in Bezug auf Alkohol, Tabak sowie weiteren Substanzen mit einhergehen.29 Es ist aber noch eine Vielzahl von Fragen hinsichtlich der gesundheitlichen Auswirkungen offen, die durch wissenschaftlich fundierte Studien erforscht werden muss.30

Verglichen mit den Prävalenzen bei Alkoholmissbrauch/-abhängigkeit von 3,1 zu 3,4 Prozent und Nikotinabhängigkeit von 10,8 Prozent, liegt der Missbrauch oder die Abhängigkeit bei Cannabis mit 0,5 Prozent im niedrigeren Bereich.31 Bei Überlegungen zur strafrechtlichen Verfolgung von CannabiskonsumentInnen ist die aus medizinischer Sicht dazukommende psychosoziale Belastung zu beachten, die die Stabilität von

24 Vgl. Bonnet 2013, S. 50

25 Vgl. Kreuter et al. 2016, S. 87

26 Vgl. Kraus et al. 2013, S. 337

27 Vgl. o.A. 2012, S. 12

28 Vgl. Kreuter et al. 2016, S. 88

29 Vgl. Havemann-Reinecke et al. 2015, S. 8

30 Vgl. Kreuter et al. 2016, S. 88

31 Vgl. Havemann-Reinecke et al. 2015, S. 3

(18)

KonsumentInnen beeinträchtigen kann. Jedoch kann der Kontakt mit der Justiz auch eine Möglichkeit zur Verhaltensänderung der betroffenen Personen bringen.32

Wie schon beschrieben, ist der Konsum von Cannabis nicht nur auf Erwachsene beschränkt. In allen Altersgruppen gibt es Missbrauchsfälle. Und von den illegalen Suchtmitteln wird Cannabis in allen Altersgruppen am häufigsten konsumiert. Dies erfolgt in der Regel durch Inhalation mittels Beimischung des Suchtmittels in handelsüblichen Tabak. Die Konsummuster sind sehr unterschiedlich. Diese können von GelegenheitskonsumentInnen bis hin zu Abhängigkeiten führen. Die EMCDDA schätzt in einem Bericht aus 2016, dass in Europa 16,6 Millionen Menschen im Alter zwischen 15 und 34 Jahren in den letzten zwölf Monaten Cannabis konsumiert haben. Bei diesen Personen ist der Männeranteil doppelt so hoch wie jener der Frauen.33

32 Vgl. Havemann-Reinecke et al. 2015, S. 7

33 Vgl. EMCDDA 2016, S. 40

(19)

Nachfolgende wird eine Abbildung der EMCDDA angeführt, die einen Überblick über den europäischen Cannabiskonsum von Erwachsenen sowie jungen Erwachsenen grafisch darstellt.

Abb. 1: Schätzungen des Cannabiskonsums in der Europäischen Union (Quelle: EMCDDA, Europäischer Drogenbericht 2016, S. 15)

Wenn man die erwachsene Bevölkerung betrachtet, liegt die Wahrscheinlichkeit, in den Kreis des Missbrauchs oder der Abhängigkeit von Cannabis zu kommen, bei etwa einem Prozent. Bei anderen Suchtmitteln beträgt der Wert unter einem Prozentpunkt. Weiters gibt es – wie schon erwähnt – große Unterschiede beim Konsumverhalten von Männern und Frauen. Bei Männern ist diese Droge häufiger in Verwendung als bei Frauen. Im Erwachsenenalter geht der Konsum bei beiden Geschlechtern zurück. Unbestritten zählt

(20)

der Konsum von Cannabis im Gegensatz zu anderen Suchtmitteln in Deutschland zur Nummer eins.34

Der Cannabisgebrauch befindet sich in westlichen Industrieländern bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen auf einem hohen Niveau, jedoch gibt es in den letzten Jahren keine gravierenden Änderungen hinsichtlich Regelmäßigkeit sowie Häufigkeit des Konsums dieses Suchtmittels. Es ist in Deutschland zu erkennen, dass die Suchthilfe mit den CannabiskonsumentInnen die größte Inanspruchnahme bei illegalen Suchtmitteln hat. Ein beachtlicher Teil der Personen, die regelmäßig Cannabis konsumieren, beginnt in der Pubertät damit.35

Auch im Suchtmittelbericht 2015 des österreichischen Bundeskriminalamtes waren in Bezug auf Cannabis keine Änderungen hinsichtlich des Konsumverhaltens feststellbar.

Somit führt dieses Suchtmittel – wie hier schon mehrmals angeführt – die Rangliste der meist konsumierten Suchtmittel an.36

Die in diesem Kapitel erfolgte Betrachtung des Konsumverhaltens wird im nachfolgenden Kapitel um mögliche gesundheitliche Folgen ergänzt.

2.2 Wirkung und Gesundheitsfolgen

Im vorigen Kapitel wurde vorwiegend die Erzeugung, der Handel und der Konsum von Cannabis beleuchtet. Durch das Konsumverhalten in unterschiedlicher Intensität kann es aber auch zu gesundheitlichen Folgeerscheinungen kommen, die in diesem Kapitel aufgezeigt und gegenübergestellt werden.

Es werden sehr oft Diskussionen geführt, in welcher Form der Konsum von Cannabis mit psychischen Erkrankungen in Verbindung steht. Hierbei geht es um den unmittelbaren Zusammenhang des Konsums mit etwaigen Krankheitsbildern oder möglicherweise des Zusammenhangs von einer früheren Erfahrung psychotischer Anzeichen und den Gebrauch von Cannabis zur Selbstbehandlung, der dann erst recht Zustände herbeiführt.37

34 Vgl. Die Drogenbeauftragte der Bundesregierung 2016, S. 60f

35 Vgl. o.A. 2012, S. 2

36 Vgl. BMI 2016, S. 21

37 Vgl. Füeßl 2011, S. 26

(21)

Die gesundheitlichen Auswirkungen von regelmäßigem Cannabiskonsum können sehr vielfältig sein. Diese reichen von verminderter Konzentrationsfähigkeit, Realitätsverlust über Depressionen bis hin zu Gedächtnisverlust. Auch die aktuelle Verfassung der KonsumentInnen kann in Verbindung mit dem Missbrauch Auswirkungen auf den Gesundheitszustand haben. Diese können sich in intensiveren Sinneswahrnehmungen, Verlust des Zeit- und Raumgefühls sowie einem verminderten Antrieb äußern.38

Weiters wird der Konsum von illegalen Suchtmitteln in Verbindung mit chronischen und akuten Problemen im gesundheitlichen Bereich gebracht. Diese Probleme ergeben sich auch durch die differenzierte Anwendung beim Konsum. Bei den chronischen Problemen wird auf Infektionskrankheiten hingewiesen. Durch etwaige Überdosierungen werden die akuten Probleme ausgelöst. Diese beiden gesundheitlichen Probleme stellen nur einen Ausschnitt dessen dar, in welcher Form etwaige Krankheitsbilder entstehen können.

Obgleich der hohen gesundheitlichen Problematiken und Schädigungen durch den Konsum von Opiaten – wie zum Beispiel Heroin –, kommt es auch durch die hohe Prävalenz bei CannabiskonsumentInnen zu Auswirkungen auf das Gesundheitssystem.39

Hierzu muss auch bemerkt werden, dass in den Jahren 2006 bis 2014 ein starker Anstieg des im Cannabiskraut sowie -harz enthaltenen Wirkstoffgehaltes (THC – Tetrahydrocannabinol) zu vernehmen war. Erklärbar sind die Steigerungen durch veränderte Produktionstechniken in Europa, aber auch die Verwendung neuer Pflanzen in Erzeugerländern wie zum Beispiel Marokko.40

Wie schon eingangs erwähnt, ist ein kausaler Zusammenhang zwischen Suchtmittelkonsum und diversen Schädigungen trotz einer Vielzahl von Forschungsarbeiten nicht eindeutig herzustellen. Ungeachtet dessen, kann der Konsum der illegalen Droge Nummer 1, Cannabis, Auswirkungen auf die Gesamtbevölkerung haben. Im Rahmen einer von der WHO (World Health Organization – Weltgesundheitsorganisation) durchgeführten internationalen Untersuchung wurde festgestellt, dass sich die Gefahr von psychotischen Anzeichen und Störungen verdoppelt, wenn ein regelmäßiger und länger ausgeübter Cannabiskonsum stattfindet. Weiters bestünde ein erhöhtes Risiko für Atemwegserkrankungen und eine etwaige Abhängigkeit.

38 Vgl. Die Drogenbeauftragte der Bundesregierung 2016, S. 79

39 Vgl. EMCDDA 2016, S. 55

40 Vgl. ebd., S. 23

(22)

Hinsichtlich des Zusammenhangs von Vorerkrankungen sowie anderen Faktoren mit dem Cannabiskonsum wären weitere Forschungen notwendig.41

In diese Kerbe schlägt auch ein Artikel der Münchner Medizinischen Wochenschrift (MMW), die anführt, dass eine Verbindung zwischen Psychosen und dem Konsum von Cannabis nicht immer eindeutig hergestellt werden kann, da man nicht weiß, ob etwaige auftretende Erkrankungen nicht ohnehin aufgetreten wären.42

Wird der Konsum von Cannabis in höheren Dosen und auf längere Zeit betrieben, können auch klinisch relevante Entzugserscheinungen auftreten. Hierzu zählen laut Bonnet das Substanzverlangen, innere Unruhen sowie Depressivität. Weitere Probleme, wie zum Beispiel Schlafstörungen, können bis zu 14 Tage anhalten.43

Inzwischen ist durch wissenschaftliche Untersuchungen gut dokumentiert, dass das Risiko für unterschiedlichste gesundheitliche Probleme bei langjährigem und regelmäßigem Cannabismissbrauch erhöht wird. Diese Risiken sind bei der gesellschaftlichen Debatte und dem Umgang mit dem Thema Cannabis zu berücksichtigen. Auch ist der medizinische Nutzen von Cannabis nur als gering einzuschätzen.44

Wenn man ebenso die wissenschaftlichen Daten im Bereich der Schmerz- und Palliativmedizin betrachtet, ist die Wirkung von Cannabinoiden einem Placebo nicht überlegen. Somit sind hier keine Vorteile einer möglichen Liberalisierung von Cannabisprodukten erkennbar.45

„Die Untersuchung der Gesundheitsrisiken von Cannabis wurde in der Vergangenheit durch die politische Debatte über den legalen Status verzerrt. Objektiv betrachtet sind die Risiken des Cannabiskonsums gut bekannt und erschöpfend beschrieben. Risiken bestehen besonders bei häufigem Gebrauch und dann besonders bei besonders starken Sorten.“46

41 Vgl. EMCDDA 2016, S. 56

42 Vgl. Füeßl 2011, S. 26

43 Vgl. Bonnet 2013, S. 53

44 Vgl. Kreuter 2011, S. 88

45 Vgl. Gottschling 2016, S. 19

46 Vgl. Transform Drug Policy Foundation 2009, S. 113

(23)

Im Universitätsklinikum des Saarlandes Homburg/Saar werden seit über zehn Jahren PatientInnen ab dem Säuglingsalter mit diversen cannabinoidhaltigen Rezeptoren behandelt, wobei es im Verlauf dieser Behandlungen weder zu Überdosierungen, relevante psychotrope Effekte oder sonstige Änderungen der Persönlichkeit kam.47 Verbindungen zu Krankheiten wie Lungenemphysem, Lungenkrebs oder Pneumonie können zwar nicht ausgeschlossen werden, sind aber derzeit nicht hinreichend belegt.48

Bonnet sieht das anders und gibt an, dass – wie bei den psychischen Folgeschäden auch – körperliche Schäden durch den Cannabiskonsum bekannt sind. Hierbei handelt es sich beim akuten Konsum um Tachykardie, Blutdruckschwankungen, Übelkeit, Erbrechen und Unfälle. Bei den möglichen Folgeschäden des regelmäßigen bis chronischen Konsums können chronische Bronchitis, Karzinome, Lungenemphysem und dergleichen vorkommen. Zu den unmittelbaren psychischen und körperlichen Folgeschäden können auch mögliche Begleiterkrankungen hinzukommen.49

Bei den psychischen Begleiterkrankungen eines chronischen Cannabiskonsums kann es sich um Persönlichkeits- und Verhaltensstörungen, Störungen des Sozialverhaltens, Anpassungsstörungen in Bezug auf soziale, depressive oder ängstliche Reaktionen, Angststörungen, Schizophrene und so weiter handeln.50

Kreuter et al. geben zwar auch an, dass weitere Erkrankungen bekannt sind, jedoch reichen aus diversen Gründen die vorliegenden Daten nicht aus, um definitive Aussagen tätigen zu können. Problematisch sind oft die nicht mögliche Differenzierung von Folgeerkrankungen beim Tabak- oder Cannabiskonsums. Viele Menschen – und hier vor allem KonsumentInnen – halten Alkohol und Tabak für schädlicher als Cannabis bzw.

sehen den Konsum von Cannabis als eher harmlos an.51

Es werden sehr oft Diskussionen geführt, in welcher Form der Konsum von Cannabis mit psychischen Erkrankungen in Verbindung steht. Hierbei geht es um den unmittelbaren Zusammenhang des Konsums mit etwaigen Krankheitsbildern oder möglicherweise den

47 Vgl. Gottschling 2016, S. 18

48 Vgl. Kreuter et al. 2016, S. 87

49 Vgl. Bonnet 2013, S. 51

50 Vgl. ebd., S. 52

51 Vgl. Kreuter et al. 2016, S. 88

(24)

Zusammenhang von einer früheren Erfahrung psychotischer Anzeichen und den Gebrauch von Cannabis zur Selbstbehandlung, der dann erst recht Zustände herbeiführt.52

Hinreichend wissenschaftlich belegt ist jedoch, dass bei frühem, langjährigem und regelmäßigem Konsum von Cannabis die Wahrscheinlichkeit im Alter an psychischen oder physischen Störungen zu leiden, erhöht ist. Aufgrund dieser Problematik ist speziell der Missbrauch von Cannabis im Kinder- sowie Jugendalter mit Sorge zu betrachten.53

Auch Havemann-Reinecke et al. sehen eine mögliche Verbindung zwischen dem Cannabismissbrauch sowie dem Auftreten von Psychosen, die mittlerweile durch zahlreiche Studien belegt wurde, und kann auch zu einem langfristigen psychotischen Krankheitsbild wie Schizophrenie führen.54

„Zwischen 50 % und 90 % aller cannabisabhängigen Personen hat [sic.] eine lebensgeschichtliche Diagnose einer weiteren psychischen Störung.“55

Im Zuge einer Studie mit 2.210 Personen der Geburtenjahrgänge 1970 bis 1981 aus 29 Stadtteilen von München wurde der Zusammenhang zwischen dem Konsum von Cannabis und dem Risiko für psychotische Symptome hergestellt. Durch diagnostische Interviews wurde diese Studie im Verlauf von Zehnjahresfristen wiederholt, um so ein aussagekräftiges Bild zu bekommen.56 Auch Havemann-Reinecke et al. geben an, dass der Cannabiskonsum zu Euphorie und Beeinträchtigungen der kognitiven Fähigkeiten, Verschlechterungen der Reaktionszeit sowie der Wahrnehmung und dergleichen führen kann.57

Bezogen auf körperliche und vor allem psychische Probleme kann eine rasche Beendigung eines chronischen Cannabiskonsums zu einem Cannabisentzugssyndrom (CES) führen.58

Hierbei spielen körperliche und vor allem psychische Probleme eine große Rolle. Im Zuge der Entzugserscheinungen können aber auch substanzbezogene Folgestörungen

52 Vgl. Füeßl et al. 2011, S. 26

53 Vgl. Kreuter et al. 2016, S. 88

54 Vgl. Havemann-Reinecke et al. 2015, S. 5

55 Ebd., S. 6

56 Vgl. Füeßl et al. 2011, S. 26

57 Vgl. Havemann-Reinecke et al. 2015, S. 5

58 Vgl. Bonnet 2013, S. 50

(25)

auftreten. Bei psychischen Folgeschäden eines akuten Konsums handelt es sich um Panikattacken, Psychosen, Verwirrtheit, Amnesie und Halluzinationen. Weiters können bei regelmäßigem und chronischem Cannabiskonsum ebenso Psychosen, Halluzinationen, kognitive Störungen, Flashbacks als auch soziale Entwicklungs- und Anpassungsstörungen auftreten.59

Nicht nur die bereits angeführten psychischen und körperlichen Folgeerscheinungen können durch Cannabiskonsum auftreten. In einer in Neuseeland durchgeführten Studie wurden 1.037 Personen in einem Beobachtungszeitraum von 20 Jahren auf deren neurokognitive Funktionen hin untersucht. Hierbei wurde festgestellt, dass bei längerem kontinuierlichem Cannabiskonsum die Intelligenz beeinträchtigt wird. Es kam weiters zur Beeinträchtigungen unter anderem bei Planungs- und Handlungsfähigkeiten. Während Personen ab den 18. bis zum 38. Lebensjahr eine Verminderung um etwa sechs IQ-Punkte aufwiesen, wiesen die Probanden, die vor dem 18. Lebensjahr eine Abhängigkeitsdiagnose gestellt bekamen, eine stärkere Verringerung des Intelligenzquotienten (IQ) auf.60

Der Gesundheitsaspekt im gesellschaftlichen Umgang und hier speziell in Bezug auf Kinder und Jugendliche sowie andere Risikogruppen sollte in politische Diskussionen über den Umgang mit dem Thema Cannabis einbezogen zu werden.61 Inzwischen ist durch wissenschaftliche Untersuchungen gut dokumentiert, dass das Risiko für unterschiedlichste gesundheitliche Probleme bei langjährigem und regelmäßigem Cannabismissbrauch erhöht wird. Daher sind diese Risiken bei der gesellschaftlichen Debatte sowie beim Umgang mit dem Thema Cannabis zu berücksichtigen. Auch ist der medizinische Nutzen von Cannabis nur als gering einzuschätzen.62

Wenn man ebenso die wissenschaftlichen Daten im Bereich der Schmerz- und Palliativmedizin betrachtet, ist die Wirkung von Cannabinoiden einem Placebo nicht überlegen. Somit sind aus gesundheitlicher Sicht keine Vorteile einer möglichen Liberalisierung von Cannabisprodukten erkennbar.63

59 Vgl. Bonnet 2013., S. 51

60 Vgl. Meier et al. 2012

61 Vgl. Kreuter et al. 2016, S. 94

62 Vgl. ebd., S.88

63 Vgl. Gottschling 2016, S. 19

(26)

Im ambulanten sowie stationären Bereich stellen CannabiskonsumentInnen eine der drei größten Diagnosegruppen der letzten Jahre dar. Mindestens zehn Prozent der CannabiskonsumentInnen entwickeln eine Abhängigkeitserkrankung und ein noch größerer Teil zumindest eine Suchtbegleiterkrankung. Aufgrund dessen, dass der Konsum von Cannabis mit dem des Tabaks in Verbindung gebracht wird, sind auch deren spezifischen Folgeerkrankungen zu erwarten.64

Im Vergleich zum Alkohol, der zwar eine stärkere toxische Wirkung als Cannabis hat, unterscheidet er sich doch in Hinblick auf die Möglichkeit der Auslösung diverser psychischer Symptome.65

Bezogen auf die wissenschaftlichen Untersuchungen zum Cannabiskonsum sind noch etliche Lücken vorhanden. Diese reichen über die Auswirkungen auf das Atmungssystem, den Zusammenhang mit dem Tabakkonsum, Auswirkungen auf das Immunsystem und so weiter. Ebenso gehören die Gesundheitskosten sowie die Auswirkungen auf Verkehrsunfälle noch näher betrachtet.66

Bezogen auf den medizinischen Nutzwert als Heilmittel liegen bei Cannabis derzeit kaum verwertbare wissenschaftliche Forschungen vor.67

Nach den nun getätigten Einblicken in mögliche gesundheitliche Folgeerscheinungen werden im nachfolgenden Kapitel die Behandlungsformen näher dargestellt.

2.3 Prävention und Behandlung

Wie in den vorangegangenen Kapiteln ersichtlich ist, wurde der Schwerpunkt auf den gesundheitlichen Aspekt des Cannabismissbrauchs gelegt. Dieses Kapitel gibt einen Einblick in die Prävention sowie Behandlungsmöglichkeit bei vor allem regelmäßigen Cannabiskonsum.

In den letzten Jahren wurde in Deutschland eine neue Drogen- und Suchtpolitik verabschiedet. Diese ging einen neuen Weg hin in Richtung eines Vier-Säulen-Prinzips.

64 Vgl. Havemann-Reinecke et al. 2015, S. 3f

65 Vgl. ebd., S. 8

66 Vgl. Kreuter et al. 2016, S. 94

67 Vgl. ebd., S. 88

(27)

Bei diesen vier Säulen handelt es sich um Prävention, Beratung/Behandlung, Schadensminimierung und Repression. Speziell beim Thema Schadensminimierung kam man zum Schluss, dass eine vollständige Verhinderung des Suchtmittelmissbrauchs nicht möglich ist. Somit wurde versucht, den betroffenen Personen über die Behandlung mit Substitutionsmedikamenten, Konsumräume und Programme zum Spritzenaustausch Aufklärung zu bieten, aber auch gesundheitliche und soziale Festigung und Rückhalt zu geben.68

Bezogen auf Österreich waren im Jahr 2014 wegen des Cannabismissbrauchs ca. 2.000 Personen in Betreuung. Diese Hilfestellungen bietet die Suchthilfe an. Auch hinzuzufügen ist, dass der Konsum von Cannabis des Öfteren im Rahmen eines multiplen Substanzgebrauches als behandlungsrelevant gewertet wird.69

Vergleicht man Österreich mit der Europäischen Union, so standen hier im Jahr 2014 ca.

1,2 Millionen Menschen wegen dem Gebrauch von illegalen Suchtmitteln in Behandlung.

Den ersten Platz bei den illegalen Suchtmitteln nehmen OpiadkonsumentInnen ein, am zweithäufigsten trifft es die Cannabis- und am dritthäufigsten die KokainkonsumentInnen.70

Auch in einem Artikel von Voss 2014 wird angegeben, dass immer öfter Personen wegen ihres Cannabiskonsums den Arzt zwecks einer Behandlung aufsuchen. Die Cannabis- Sucht ist nach der Heroinabhängigkeit der häufigste Grund für entsprechende Behandlungen. In Europa waren laut diesem Artikel rund 109.000 Personen dahingehend in Behandlung. In Deutschland waren es die meisten Fälle – diese wurden mit 23.418 Menschen beziffert. In Österreich sind solche Behandlungen beziehungsweise Konsultationen – wie schon zuvor angeführt – viel weniger verbreitet.71

Die steigende Anzahl von Behandlungsmaßnahmen aufgrund von Cannabiskonsum könnte laut dem Bericht der EMCDDA auch in Zusammenhang mit dem am Markt befindlichen stärkeren Wirkstoffgehalt stehen sowie mit einer besseren Verfügbarkeit geeigneter Therapien und auch der Veränderung bei Zuweisungen durch Ärzte.72

68 Vgl. Die Drogenbeauftragte der Bundesregierung 2016, S. 61

69 Vgl. BMG 2016, S. 53f

70 Vgl. EMCDDA 2016, S. 58

71 Vgl. Voss 2014, S. 22

72 Vgl. EMCDDA 2016, S. 42

(28)

Aufgrund der steigenden Nachfrage beim Cannabiskonsum steigt auch die Anzahl der Personen, die sich deswegen in Behandlung befinden. Die Zahl der Behandlungen von europäischen Erwachsenen stieg von 2006 bis 2014 von 45.000 auf 69.000 pro Jahr.73

In Österreich sind die Behandlungen grundsätzlich nicht auf eine Substanz, sondern in Richtung ganzheitliche Betreuung ausgerichtet. Jedoch gibt es, wo es notwendig ist, für individuelle AdressatInnen einige abgestimmte Behandlungsangebote.74

Bei nachfolgender Abbildung der EMCDAA werden die Behandlungsaufnahmen von CannabiskonsumentInnen einiger europäischer Länder plakativ dargestellt.

Abb. 2: Behandlungsaufnahmen von CannabiskonsumentInnen (Quelle: EMCDDA, Europäischer Drogenbericht 2016, S. 41)

Zusätzlich zu Behandlungsmaßnahmen werden in Österreich auch Präventionsmaßnahmen durch die Polizei gemeinsam mit den betreffenden Einrichtungen (Schulen, Vereine udgl.) durchgeführt. Diesbezüglich konnten im Jahr 2015 über 39.100 Personen beraten werden. Im Zuge der Umsetzung der Präventionsmaßnahmen wurde mit Beginn des Jahres 2016 durch die Polizei – in Zusammenarbeit mit den Gesundheitsbehörden – ein neues Schulprojekt ins Leben gerufen. Hierbei sollten die Jugendlichen ihre Persönlichkeit stärken und so der Sucht entgegentreten können. Im

73 Vgl. EMCDDA 2016, S. 41

74 Vgl. BMG 2016, S. 53

(29)

Zuge dessen wird auch auf Suchtmittel eingegangen, aber es werden auch andere Suchtfelder, wie zum Beispiel Internetsucht und dergleichen behandelt. Somit wird versucht, die polizeiliche Präventionsarbeit unter den Namen „Look@your.Life“

österreichweit zu vereinheitlichen und auf eine neue Qualitätsstufe zur bringen. Im Rahmen dieses Projekts, das bis zum Juni 2017 in Erprobung läuft, werden auch die Lehrenden sowie die Eltern eingebunden. Eine Prävention, die lediglich auf Abschreckung ausgerichtet ist, soll nicht mehr erfolgen. Der Umfang eines solchen Präventionsunterrichts beträgt insgesamt 19 Unterrichtseinheiten und wird in vier Module gegliedert.75

In Europa werden ähnliche Präventionsziele verfolgt, die zwar den Konsum von Cannabis im Blickpunkt haben, aber des Öfteren auch den Konsum von Alkohol und Tabak miteinbeziehen. Hierbei wird ein Unterschied zwischen einer selektiven Prävention für Risikogruppen sowie einer indizierten Prävention für gefährdete Personen gemacht.

Schwerpunkte solcher Präventionstätigkeiten gibt es im Bereich von Schulen, aber auch im Familienverbund werden solche Maßnahmen als positiv angesehen.76

„Entscheidend für die Behandlung von Cannabismissbrauchern ist das Verstehen und Ernstnehmen der spezifischen Funktionen von Cannabis. Die daraus resultierenden Therapieziele sind individuell und flexibel zu gestalten und sollten das jeweilige Störungsbild, sowie die entwicklungsspezifische Situation der Klienten berücksichtigen.“77

Die Anzahl der erstmaligen Drogentherapien aufgrund des Konsums von Cannabis ist in Europa laut Havemann-Reinecke et al. noch nie so hoch gewesen wie zum jetzigen Zeitpunkt.78

Eine Therapie betreffend Cannabisentzug erfolgt umfassend vor allem durch psychotherapeutische Maßnahmen wie der Motivationsstärkung. Durch weitere individuelle Maßnahmen wird die Therapie fortgesetzt und deren Wirksamkeit mittels kontrollierten klinischen Studien festgestellt.79

75 Vgl. BMI 2016, S. 26

76 Vgl. EMCDDA 2016, S. 56

77 Ganter 2004, S. 19

78 Vgl. Havemann-Reinecke et al. 2015, S. 7

79 Vgl. Bonnet 2013, S. 52

(30)

Problematisch sind aber auch die Kostenübernahmen durch Krankenkassen, da es im Gegensatz zu cannabinoidhaltigen Fertigarzneimitteln bei Cannabisblüten und deren Extrakten ungenügend wissenschaftliches Untersuchungsmaterial gibt.80

Wird der Konsum von Cannabis in höheren Dosen und auf längere Zeit betrieben, können auch klinisch relevante Entzugserscheinungen auftreten. Nach Beginn eines Entzugs sind die stärksten Entzugssymptome zwischen dem zweiten und sechsten Tag feststellbar. Das Cannabisentzugssyndrom hat etwa eine Dauer von 14 Tagen und kann der Stärke eines Tabakentzugs ähneln. Eine Behandlung des Cannabisentzugssyndroms erfolgt derzeit in ambulanter Behandlung und nicht in stationärer Durchführung. Die stationären Behandlungen werden erst bei den Folge- sowie Begleitstörungen sowie bei Entgiftungen durchgeführt. Dem Syndrom kann man mit körperlichen Trainings, Verhaltenstrainings und Arzneimitteln entgegentreten.81

Auch Ganter sieht eine stationäre Behandlung nur in Ausnahmefällen notwendig.82 Bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen erfolgt zusätzlich die Therapie unter Einbeziehung der Familien und des sozialen Umfelds der PatientInnen.83

Die Behandlung mit Cannabinoiden im Bereich der Palliativmedizin sowie von Personen mit Mehrfacherkrankungen findet dann ihre Anwendung, wenn keine anderen wirksamen Fertigarzneimittel verfügbar sind.84 Auch Ganter sieht bei Behandlungen von Cannabisabhängigen eine dem reinen Suchtaspekt erweiternden Ansatz und geht von einem psychotherapeutischen, integrativen sowie flexiblen Konzept aus.85

Durch die hier angeführten Beispiele von mehreren unterschiedlichen Behandlungsmethoden wird versucht, die PatientInnen bestmöglich aus der Sucht zu begleiten. Natürlich ist nicht nur der Entzug an sich ein schwieriges Unterfangen, es müssen auch die jeweiligen Begleitumstände berücksichtigt werden.

80 Vgl. Gottschling 2016, S. 18

81 Vgl. Bonnet 2013, S. 52f

82 Vgl. Ganter 2004, S. 19

83 Vgl. Bonnet 2013, S. 52

84 Vgl. Gottschling 2016, S. 18

85 Vgl. Ganter 2004, S. 18

(31)

2.4 Repression und rechtlicher Rahmen

Grundsätzlich ist jeder Staat aufgrund eines Übereinkommens der Vereinten Nationen verpflichtet, den Drogenhandel als strafbares Delikt zu behandeln. Inwieweit jedes Land die Straftat verfolgt, kann aber unterschiedlich sein. Manche Länder setzen auf feststehende Strafrahmen und andere unterscheiden bei diversen Handlungen zwischen Mindest- und Höchststrafen.86 Weiters ist laut Übereinkommen auch der Besitz von Drogen für den Eigengebrauch zu bestrafen. Dies muss jedoch unter Einhaltung der jeweiligen Verfassungsbestimmungen erfolgen. In diesem Bereich gibt es teils gravierende Unterschiede bei den Sanktionen in den jeweiligen Ländern. In einigen Ländern wird der Drogenbesitz mit Freiheitsstrafen geahndet und in manchen Staaten geht man mit nicht strafrechtlichen Sanktionen, wie Geldstrafen, vor. Ungeachtet der Strafen zeigt der Trend von Cannabismissbrauch in der Europäischen Union nach oben. Im Jahr 2014 wurden etwa 1,6 Millionen Suchtmitteldelikte gemeldet, die von rund 1 Million Personen begangenen wurden. Vom diesen ca. 1,6 Millionen Delikten standen rund 57 Prozent in Verbindung mit Cannabis. Weiters wird erwähnt, dass der Großteil, etwa 1 Million Delikte, sich auf den Konsum oder Besitz zum Eigengebrauch bezieht. Auch wird erwähnt, dass dies eine Steigerung von 2006 bis 2014 von 24 Prozent bedeutet.87

Es laut EMCDDA ein Trend nach oben bei den Besitzdelikten unter anderem bei Cannabis feststellbar.88 Auch ist die Herangehensweisen bei der Sanktionierung solcher Besitzdelikte zum Eigengebrauch sind in den europäischen Ländern unterschiedlich. Dies wird auf der nachfolgenden Seite grafisch dargestellt.

86 Vgl. EMCDDA 2016, S. 35

87 Vgl. ebd., S. 56

88 Vgl. EMCDDA 2016, S. 35

(32)

Auf der nachfolgenden Abbildung sind Staaten farblich gekennzeichnet, in denen eine Haftstrafe bei Besitz von Suchtmitteln für den Eigengebrauch möglich ist.

Abb. 3: Übersicht der Möglichkeit einer Haftstrafe bei Drogenbesitz für den Eigengebrauch in Europa

(Quelle: EMCDDA, Europäischer Drogenbericht 2016, S. 35)

(33)

In nachfolgender Abbildung wird die Entwicklung der Anzeigen nach dem Suchtmittelgesetz in Österreich von 2006 bis 2015 grafisch dargestellt.

Abb. 4: Entwicklung der Gesamtanzeigen nach dem SMG in Österreich 2006 bis 2015 (Quelle: BMI, Suchtmittelbericht 2015, S. 11)

Abb. 5: Anzeigen in Österreich 2015 bei Cannabiskraut und Cannabisharz (Quelle: BMI, Suchtmittelbericht 2015, S. 49)

Bezogen auf die unterschiedlichen Darreichungsformen von Cannabis sind hauptsächlich zwei Produkte bei den Sicherstellungen in Europa ausschlaggebend. Einerseits handelt es sich hier um Cannabiskraut (Marihuana) mit 574 Tonnen bei 453.000 Sicherstellungen, andererseits um Cannabisharz (Haschisch) mit 139 Tonnen bei 229.000 Sicherstellungen.89

89 Vgl. EMCDDA 2016, S. 22

(34)

Abb. 6: Sicherstellungen von Cannabis in der Europäischen Union 2014 (Quelle: EMCDDA, Europäischer Drogenbericht 2016, S. 21)

Im Vergleich zu den Sicherstellungen in Europa gab es im Vergleichsjahr 2014 in Österreich eine Sicherstellungsmenge von Cannabis (Cannabiskraut und -harz) von gesamt rund 1,326 Tonnen.90

Rechtlicher Rahmen des Cannabiskonsums

Die gesetzlichen Rahmenbedingungen hinsichtlich des Konsums von Cannabisprodukten sind im österreichischen Suchtmittelgesetz (SMG)91 geregelt. Im Sinne der Einzigen Suchtgiftkonvention vom 30. März 1961, die bei der UNO (United Nations Organization) in New York unterschrieben wurde, unterliegt auch die Cannabispflanze den Beschränkungen und somit dem österreichischen Suchtmittelgesetz.92

Die Strafbarkeit des Cannabiskonsums wird im § 27 SMG begründet. Dieser Paragraf regelt den unerlaubten Umgang mit Suchtgiften, der auch die Cannabisprodukte umfasst.

Der § 27 Abs. 1 SMG stellt das Grunddelikt dar und umfasst jemanden, der den Vorschriften zuwider Suchtgift und somit auch Cannabisprodukte (Cannabiskraut, Cannabisharz udgl.) „erwirbt, besitzt, erzeugt, befördert, einführt, ausführt oder einem anderen anbietet, überlässt oder verschafft“. Diese Handlungen sind grundsätzlich mit einer Freiheits- oder Geldstrafe pönalisiert. Unter dem Besitz wird der Konsum inkludiert.

90 Vgl. BMI 2016, S. 11

91 SMG – Bundesgesetz über Suchtgifte, psychotrope Stoffe und Drogenausgangsstoffe (Suchtmittelgesetz – SMG) BGBl I Nr. 112/1997

92 Vgl. § 2 SMG

(35)

Beim darauffolgenden Abs. 2 wird die im Abs. 1 genannte Straftat von der Strafhöhe abgeschwächt und ist verbunden mit dem ausschließlich persönlichen Gebrauch. Der Abs.

2 ist somit ausschlaggebend für die in dieser Arbeit angeführten, betroffenen Personen. 93

Wird nun eine Person durch ein Exekutivorgan beim Konsum von Cannabisprodukten betreten, wird im Sinne des § 13 Abs. 2b SMG vorgegangen. In diesem Absatz wird geregelt, dass die Kriminalpolizei in den Fällen des Cannabiskonsums die Bezirksverwaltungsbehörde (Magistrat beziehungsweise Bezirkshauptmannschaft) als Gesundheitsbehörde zu verständigen und die Staatsanwaltschaft einen sogenannten Abtretungsbericht zu übermitteln hat.94

Sehr wichtig ist jedoch auch der § 13 Abs. 3 SMG, der die weitere Vorgangsweise regelt, wie die Bezirksverwaltungsbehörde als Gesundheitsbehörde mit CannabiskonsumentInnen umzugehen hat. Diese weitere Vorgangsweise, die grundsätzlich eine Begutachtung im Sinne des § 12 SMG vorsieht und allenfalls gesundheitsbezogene Maßnahmen nach § 11 Abs. 2 SMG, hat aber bei CannabiskonsumentInnen keine Auswirkungen. Im § 13 Abs. 3 SMG ist nämlich auch der

§ 35 Abs. 4 SMG angeführt, der die Ausnahmen regelt.95

Somit hat die Gesundheitsbehörde aufgrund der Ausnahme § 35 Abs. 4 SMG keine Verpflichtung – anders als beim Konsum von zum Beispiel Heroin – eine Begutachtung beziehungsweise Untersuchung durchzuführen. Auch die Verfolgung der Staatsanwaltschaft endet bei CannabiskonsumentInnen, wenn der Besitz ausschließlich zum persönlichen oder den persönlichen Gebrauch eines anderen ohne Vorteilsnahme begangen wurde. Die Staatsanwaltschaft hat von der Verfolgung vorläufig zurückzutreten.

Diese Regelungen sind im § 35 SMG angeführt.96

Die vorangegangene Grobskizzierung zeigt die derzeitige Vorgehensweise bei von der Exekutive betretenen CannabiskonsumentInnen. Auf eine entsprechend detaillierte Darstellung der rechtlichen Grundlagen wird aufgrund des Umfangs nicht näher eingegangen, da diese den Rahmen dieser Masterarbeit sprengen würde.

93 Vgl. § 27 SMG

94 Vgl. § 13 SMG

95 Vgl. ebd.

96 Vgl. § 35 SMG

(36)

2.5 Legalisierung

Im Buch „Nach dem Krieg gegen die Drogen: Modelle für einen regulierten Umgang“, werden die Niederlande mit ihren Coffeeshops als gut entwickelt dargestellt. Im Lauf der Zeit wurden die Geschäftsmodelle evaluiert und gegebenenfalls nachgeschärft. Auch mussten einige Shop-BetreiberInnen schließen. Es erfolgten einige gegensätzliche Diskussionen. Grundsätzlich war der seit den 1970er-Jahren eingeschlagene Weg der Niederlande mit den sogenannten „Coffeeshops“ ein erfolgreicher. Auch die Zustimmung seitens der Polizei, der Politik, anderer gesundheitspolitischer Organisationen sowie der breiten Öffentlichkeit war immer gegeben.97

Jedoch kam es aufgrund des Modells der Niederlande zu Problemen mit Suchtmitteltourismus, die das Land wegen des legalen Erwerbs von Cannabis besuchten.

Es gibt weltweit eine Vielzahl an verschiedenen Regulatoren, die den Umgang mit Cannabis ordnen. Auch liegt eine Vielzahl an Literatur, Forschung und Erfahrungen vor, aus denen sich legale Modelle betreffend den Umgang mit Cannabis entwickeln ließen.

Hier gebe es etwa das Modell der Coffeeshops in den Niederlanden, die zwar den legalen Besitz sowie den lizenzierten Verkauf zuließen, aber die Produktion unter Verbot stellen.

Dieser Widerspruch ergibt sich aus der UN-Konvention, die auch die Niederlande unterzeichnet hat.98

Zum Beispiel der Niederlande wird unter Kapitel 2.7 nochmals näher eingegangen.

2.6 Wirtschaftliche Rahmenbedingungen

Dieser Punkt soll den Blick auf den wirtschaftlichen Aspekt der Freigabe von Cannabis lenken. Obgleich dieser Bereich nicht durch Forschungsfragen behandelt wird, soll durch diesen Punkt ein umfassender Blick auf die Thematik erreicht werden.

Schon jetzt wittern Geschäftsleute ihre große Chance, sollte Cannabis legalisiert und somit auch für den Handel freigegeben werden. Auch in Amerika, speziell im Bundesstaat Colorado, war die Anfangsstimmung sehr gut, als Ende 2014 der Handel mit Cannabiskraut (Marihuana) freigegeben wurde. Jedoch kam es sehr rasch zum Verfall der Preise und

97 Vgl. Transform Drug Policy Foundation 2009, S. 113

98 Vgl. ebd., S. 112

(37)

diese positive Stimmung verflog recht schnell. Waren die Preise pro Pfund im Oktober 2015 noch bei fast 2.600 Dollar, sank dieser bis August auf unter 1.000 Dollar. Wenn man bedenkt, dass die Herstellungskosten in Großbetrieben bei rund 750 Dollar und in Kleinbetrieben bei rund 1.000 Dollar pro Pfund liegen, ist der Druck auf die HerstellerInnen sehr groß. Weiters ist zu bedenken, dass es im Jahr 2016 etwa 600 HerstellerInnen von nichtmedizinischem Cannabiskraut in Colorado gab, weshalb der Preis auch aufgrund der vielen ProduzentInnen nicht steigen dürfte. Unbeachtet darf hierbei auch nicht die zusätzlich stattfindende illegale Marihuana-Produktion bleiben, die ebenso Auswirkungen auf die Preise hat. Aus diesem – nun legalen Geschäft – hielten sich bis dato die großen Konzerne fern. Nun hat Microsoft erstmalig diese Grenze überschritten und bietet in Kooperation mit einem Start-up-Unternehmen eine Software an, die den Behörden bei der Überwachung der Marihuana-Lieferkette helfen soll.99

Cannabisprodukte sind – wie schon mehrmals in dieser Arbeit erwähnt – das beliebteste, in vielen Ländern illegale Suchtmittel der Welt. In einigen Ländern beziehungsweise Teilen davon – wie beispielsweise in einigen Bundesstaaten der USA sowie Uruguay – sind Erzeugung, Handel und Konsum legalisiert. In der Europäischen Union geht der Weg auch in Richtung einer Lockerung des Umgangs mit Cannabisprodukten. Unbeschadet dieser Entwicklungen ist der Umgang mit Marihuana sowie Haschisch in Österreich nach wie vor verboten und wird sanktioniert. Bedenkt man, dass etwa 85 Millionen erwachsene Personen in Europa bereits einmal in ihrem Leben illegale Suchtmittel konsumiert haben, entfallen 77 Millionen auf den Konsum von Cannabisprodukten. Auch die Zahl der sogenannten „Heavy Smokers“ wird mit drei Millionen Personen festgehalten. Diese Einstufung erhält man, wenn man zumindest ein Mal pro Tag Cannabisprodukte konsumiert. In Österreich hatten rund 14,2 Prozent der Erwachsenen bereits einmal Kontakt mit diesem Suchmittel, d.h. konsumierten dieses. Laut einer Hochrechnung aus einer europäischen Drogenstudie geht man in Österreich von einem Einsparungspotenzial von rund 500 Millionen Euro aus, wenn man Cannabisprodukte legalisieren würde.

Unabhängig von diesem Einsparungspotenzial könnte man auch Einnahmen durch Steuererträge für den Staat lukrieren. Durch den österreichischen Hanfverband werden die möglichen Steuereinkünfte auf rund 60 Millionen Euro geschätzt.100

99 Vgl. Hohensee 2016, S. 48

100 Vgl. Voss 2014, S. 22

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